Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Feiertagslohns bei Kurzarbeit

 

Orientierungssatz

1. Fällt ein gesetzlicher Feiertag in eine Kurzarbeitsperiode und wäre deshalb die Arbeit an diesem Tage ohnehin ausgefallen, so schuldet der Arbeitgeber Feiertagsvergütung nur in Höhe des Kurzarbeitergeldes, das der Arbeitnehmer ohne den Feiertag bezogen hätte.

2. Für den gekürzten Feiertagslohn, der zu zahlen ist, wenn ein gesetzlicher Feiertag in eine Kurzarbeitsperiode fällt, muß der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge alleine tragen.

3. Lohnsteuer ist hingegen einzubehalten und abzuführen, ohne daß der Arbeitgeber dafür einen Ausgleich an den Arbeitnehmer zahlen müßte.

 

Normenkette

AFG §§ 63, 65 Abs. 3, § 162 Abs. 1, § 163 Abs. 2, § 166 Abs. 1, 3; FeiertLohnzG § 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 19.10.1982; Aktenzeichen 12 Sa 100/81)

ArbG Lingen (Entscheidung vom 06.08.1981; Aktenzeichen 1 Ca 400/81)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Feiertagslohn, der in einer Kurzarbeitsperiode anfiel, ohne Abzug von Steuern und Sozialabgaben schuldet.

Die Klägerin ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Textilindustrie, beschäftigt. In den Monaten April und Mai 1981 wurde in dem Betrieb Kurzarbeit geleistet. Für die gesetzlichen Feiertage 17. April (Karfreitag) und 1. Mai 1981 zahlte die Beklagte Feiertagslohn in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Davon behielt sie Lohn- und Kirchensteuer sowie die gesetzlichen Abzüge für die Sozialversicherung ein.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe als Feiertagslohn der volle Betrag des Kurzarbeitergeldes zu. Das Gesetz über die Lohnzahlung an Feiertagen solle dem Arbeitnehmer den Lohn sichern, den er ohne den Feiertag erhalten hätte. Mit dem Lohnausfallprinzip sei es nicht zu vereinbaren, wenn die Beklagte von dem Kurzarbeitergeld Abzüge vornehme.

TJ X

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 20,01 DM

netto nebst 4 % Zinsen auf 10,15 DM netto seit

dem 15. Juni 1981 und aus 9,86 DM seit dem

2. Juli 1981 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, sie schulde Feiertagslohn nur in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Wenn dieses nicht voll ausgezahlt werde, so beruhe das auf einer Entscheidung des Gesetzgebers. Dieser habe zwar das Kurzarbeitergeld für Wochenfeiertage auf den Arbeitgeber abgewälzt, ihm aber nicht zusätzlich Verpflichtungen für die Entrichtung von Steuern und Sozialabgaben auferlegt. Die Kürzung des Feiertagslohns um die Anteile für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge beruhe allein auf öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen des Arbeitgebers. Müßte er den Feiertagslohn als Nettobetrag zahlen, so erhöhte sich sein Anteil an den Sozialversicherungsbeiträgen. Das gebiete das Feiertagslohnzahlungsgesetz aber nicht.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf den Lohn zu, den sie erhalten hätte, wenn die Arbeit nicht infolge des gesetzlichen Feiertags ausgefallen wäre. Geschuldet werde ein Bruttobetrag, der mit Steuern und Sozialabgaben belastet sei. Daran ändere sich nichts, wenn der Feiertag in eine Kurzarbeitsperiode falle und der Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalte. Der Arbeitnehmer könne dann nur einen Lohnausfall in Höhe des Kurzarbeitergeldes geltend machen und dieser Betrag werde - anders als das steuerfreie Kurzarbeitergeld - zusätzlich durch Steuern und Sozialversicherungsbeträge geschmälert. Das beruhe auf der steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung des Arbeitsentgelts und bewirke nicht, daß der Arbeitgeber einen um die Steuern und Sozialabgaben erhöhten Feiertagslohn zahlen müsse. Dieser Auffassung des Berufungsgerichts ist beizupflichten, soweit sie die Belastung des Feiertagslohns mit Steuern betrifft, nicht aber hinsichtlich der Abzüge für Sozialversicherungsbeiträge.

II. Die Klägerin kann für den 1. Mai 1981 Feiertagslohn nur in Höhe des Kurzarbeitergelds abzüglich der einbehaltenen Anteile für Steuern verlangen.

1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertLohnzG muß der Arbeitgeber für die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausgefallene Arbeitszeit den Arbeitsverdienst zahlen, den der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Die Vorschrift ist Ausdruck des Lohnausfallprinzips (Urteil des Senats vom 17. April 1975 - 3 AZR 289/74 - AP Nr. 32 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu 3 der Gründe). Sie soll den Arbeitnehmer vor Lohneinbußen schützen, die sonst entstehen würden, weil der Gesetzgeber für bestimmte Wochenfeiertage Arbeitsruhe angeordnet hat.

Fällt der gesetzliche Feiertag in einen Zeitabschnitt, in dem die Arbeit zugleich infolge von Kurzarbeit ausfällt, so bliebe ohne gesetzliche Regelung offen, welches die entscheidende Ursache für den Arbeitsausfall ist. Dementsprechend ordnet § 1 Abs. 1 Satz 2 FeiertLohnzG an, daß beim Zusammentreffen eines gesetzlichen Feiertags mit Kurzarbeit die Arbeit als infolge des gesetzlichen Feiertags ausgefallen gilt. Damit steht fest, daß der Arbeitnehmer für einen solchen Tag nicht gemäß §§ 63 ff. AFG Kurzarbeitergeld von der Bundesanstalt für Arbeit verlangen kann, sondern Anspruch auf Feiertagslohn gegen den Arbeitgeber hat. Durch § 65 Abs. 3 AFG ist der Anspruch auf Kurzarbeitergeld für diesen Fall ausdrücklich ausgeschlossen. Diese Vorschrift beruht ebenso wie § 1 Abs. 1 Satz 2 FeiertLohnzG auf Änderungen durch die Haushaltsstrukturgesetze vom 18. Dezember 1975 (BGBl I, 3091 und 3113; zum Ziel der Gesetze BT-Drucks. 7/4127, S. 51).

Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Feiertagslohn, auch wenn der gesetzliche Feiertag in eine Kurzarbeitsperiode fällt, so ist der Arbeitnehmer zwar vor einer Lohneinbuße zu schützen, eine weitergehende Vergünstigung sieht das Gesetz aber nicht vor. Der Arbeitnehmer kann daher Feiertagslohn nur in Höhe des Kurzarbeitergeldes beanspruchen, das er bezogen hätte, wenn kein Feiertag gewesen wäre (Urteil des Senats vom 5. Juli 1979 - 3 AZR 173/78 - AP Nr. 33 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG).

2. Ob der Anspruch auf Feiertagslohn mit steuerlichen Abgaben belastet ist, richtet sich nach dem Steuerrecht. Die steuerliche Behandlung hat aber keine Auswirkung auf die Höhe der arbeitsrechtlichen Lohnzahlungspflicht. Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer einen Bruttolohn. Die Steuerpflicht besteht gegenüber dem Fiskus. Mithin erfüllt der Arbeitgeber seine Pflicht zur Zahlung der Vergütung gegenüber dem Arbeitnehmer teilweise dadurch, daß er kraft gesetzlicher Verpflichtung die vom Arbeitnehmer zu entrichtenden Beträge für Steuern einbehält und an das Finanzamt abführt (§ 38 Abs. 3 EStG).

Die Revision beruft sich demgegenüber darauf, daß der Arbeitnehmer nach dem Lohnausfallprinzip infolge eines gesetzlichen Feiertags nicht schlechter gestellt werden dürfe. Dies ist zwar richtig, ändert aber nichts daran, daß der Arbeitgeber, der Teile des Lohns einbehält und abführt, einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nachkommt und damit zugleich seine Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag erfüllt. Es ist also nicht der Arbeitgeber, sondern der Gesetzgeber des Steuerrechts, der den Lohnanspruch des Arbeitnehmers unterschiedlich belastet, je nachdem, ob steuerfreies Kurzarbeitergeld oder Feiertagslohn gezahlt wird. Die unterschiedliche Behandlung von Lohn und Lohnersatz ist nicht in der Regelung des Feiertagslohnzahlungsgesetzes begründet und daher auch nicht im Rahmen der arbeitsrechtlichen Beziehungen auszugleichen. In diesem Sinne haben auch der Fünfte und Sechste Senat vergleichbare Streitfragen entschieden (vgl. für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle Urteil vom 31. Mai 1978 - 5 AZR 116/77 - AP Nr. 9 zu § 2 LohnFG, zu I 1 der Gründe; für die Entgeltzahlung an freigestellte Betriebsratsmitglieder BAG 34, 80 = AP Nr. 37 zu § 37 BetrVG 1972 unter Aufgabe von BAG 22, 57 = AP Nr. 12 zu § 37 BetrVG 1972).

Die Revision meint ferner, § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertLohnzG sichere den Effektivlohn. Der Gesetzeszweck begründe eine Ausfallgarantie des Arbeitgebers. Das ist dem Gesetz aber nicht zu entnehmen. Der Arbeitgeber schuldet als Feiertagslohn, was der Arbeitnehmer ohne den Feiertag als Arbeitsentgelt verdient hätte. Er hat nicht dafür einzustehen, daß der Lohn ungeschmälert ausgezahlt wird. Es wäre auch nicht einsichtig, den Arbeitgeber mit zusätzlichen Verbindlichkeiten steuerrechtlicher Art zu belasten, die gerade nicht an die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers, sondern an die Einkünfte des Arbeitnehmers anknüpfen.

Schließlich macht die Revision geltend, der Senat habe in seinem Urteil vom 5. Juli 1979 - 3 AZR 197/78 - (AP Nr. 33 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu 1 der Gründe) verlangt, daß der Feiertagslohn nicht zur Besserstellung des Arbeitnehmers führen dürfe. Damit habe der Senat zugleich anerkannt, daß jegliche Schmälerung des Feiertagslohns verboten sei. Diese Schlußfolgerung ist jedoch, jedenfalls für die Belastung des Lohnanspruchs mit Steuern, unzutreffend. Der Senat hatte nur zu entscheiden, warum der Feiertagslohn der Höhe nach auf den Kurzarbeiterlohn begrenzt ist und sich nicht danach bemißt, welchen Lohn der Arbeitnehmer außerhalb einer Kurzarbeitsperiode üblicherweise erzielte. Die Frage des Abzugs von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen war in dem entschiedenen Fall nicht klärungsbedürftig.

III. Eine andere Beurteilung ist aber geboten, soweit die Beklagte der Klägerin vom Feiertagslohn Sozialversicherungsbeiträge abgezogen hat.

1. Gemäß § 162 Abs. 1, § 166 Abs. 1 AFG besteht während des Bezugs von Kurzarbeitergeld ein kranken- und rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fort. Dementsprechend besteht Beitragspflicht. Die Beiträge hat jedoch allein der Arbeitgeber zu tragen, der seinerseits bei der Bundesanstalt für Arbeit einen Antrag auf Erstattung von 50 v.H. seiner Aufwendungen beantragen kann (§ 163 Abs. 2 und § 166 Abs. 3 AFG). Der Empfänger von Kurzarbeitergeld ist demnach von der Beitragspflicht zu Lasten seines Arbeitgebers befreit. Das hat das Berufungsgericht übersehen.

Was für den Bezug von Kurzarbeitergeld gilt, muß auch für den Bezug von Feiertagslohn gelten, der an die Stelle des Kurzarbeitergeldes tritt. Da der Arbeitnehmer infolge der Feiertagsruhe an einem gesetzlichen Feiertag nicht schlechter gestellt werden darf, als wenn er Kurzarbeitergeld erhalten hätte (siehe oben zu II 1), er aber das Kurzarbeitergeld ohne Belastung mit Beiträgen für gesetzliche Sozialabgaben erhält, genügt der Feiertagslohn den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Feiert-LohnzG nur, wenn er ohne entsprechende Abzüge ausgezahlt wird. Anders als bei der Belastung des Lohns mit Steuern wird dem Arbeitgeber damit keine zusätzliche Verbindlichkeit auferlegt. Er muß, ebenso wie beim Kurzarbeitergeld, die Sozialversicherungsbeiträge aufbringen. Lediglich die Möglichkeit einer Teilerstattung durch die Bundesanstalt entfällt, was dem Zweck der Neufassung des § 65 Abs. 3 AFG entspricht.

Entgegen der Auffassung der Revision folgen hieraus für den Arbeitgeber auch keine zusätzlichen schwierigen Abrechnungsprobleme. Die maßgeblichen Beträge (Höhe des Kurzarbeitergeldes, Höhe der Beiträge) sind nach § 163 und § 166 AFG ohnehin festzustellen.

2. Für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung fehlt eine besondere Regelung der Beitragslast während der Kurzarbeitsperiode. Das kann auch nicht verwundern. Für den "Kurzlohn", den der Arbeitnehmer in der gekürzten Arbeitszeit tatsächlich verdient, ist sie entbehrlich, weil die normalen Beitragsgrundsätze gelten (Krebs, AFG, § 166 Rz 12; Figge, Die Ersatzkasse, 1974, 226, 228). Für das Kurzarbeitergeld liefe es auf eine leerlaufende Rechenoperation hinaus, diesen Betrag zugunsten der auszahlenden Bundesanstalt für Arbeit mit Beiträgen zu belasten. Der Sonderfall, daß an die Stelle des Kurzarbeitergeldes beitragspflichtige Feiertagsvergütung tritt, ist offenbar nicht erkannt worden.

Diese Regelungslücke ist zwanglos mit Hilfe des Grundsatzes zu schließen, den das Gesetz bei allen übrigen Sozialversicherungsbeiträgen verwirklicht: Der Arbeitgeber hat insoweit die volle Beitragslast zu tragen; Sozialabgaben sollen den ohnehin gekürzten Betrag des Kurzarbeitergeldes nicht zusätzlich mindern. Das muß auch für den entsprechend gekürzten Feiertagslohn gelten.

IV. Da die Parteien und die Vorinstanzen nicht unterschieden haben, inwieweit die einbehaltenen Beträge auf die Lohnsteuer und auf Sozialversicherungsbeiträge entfallen, und daher entsprechende Feststellungen fehlen, kann der Senat nicht selbst in der Sache entscheiden. Das Berufungsgericht wird die entsprechenden Feststellungen nachzuholen haben, damit beurteilt werden kann, welche Teile der Klageforderung begründet bzw. unbegründet sind.

Dr. Dieterich Schaub Griebeling

Dr. Krems Falkenstein

 

Fundstellen

Haufe-Index 438713

BB 1984, 2003-2004 (T)

DB 1984, 2253-2254 (ST1)

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