Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadenersatz bei rechtswidrigem Streik

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Streik, durch den der Arbeitgeber veranlaßt werden soll, den Antrag beim Arbeitsgericht auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds zurückzunehmen, ist rechtswidrig.

 

Normenkette

BGB § 361; GG Art. 9 Abs. 3; EuSC Art. 6 Nrn. 1, 4; BGB § 823 Abs. 1, § 254 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 16.05.1986; Aktenzeichen 5 Sa 927/85)

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 08.05.1985; Aktenzeichen 10 Ca 3096/83)

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein Unternehmen der Druckindustrie, nimmt die Beklagten, die bei ihr als gewerbliche Arbeitnehmer in den Abteilungen Montage, Reprographie, Plattenherstellung und Rotation beschäftigt sind, auf Schadenersatz in Anspruch.

Anfang 1983 beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht, die Zustimmung des Betriebsrats zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung des Betriebsratsmitglieds D zu ersetzen. Die Beklagten legten am Freitag, dem 4. März 1983, ab 13.45 Uhr die Arbeit nieder, um die Klägerin zur Rücknahme dieses Antrags zu bewegen.

Die Klägerin stellt die Zeitung "Rheinische Post" in verschiedenen Bezirksausgaben her. Die Bezirksausgaben enthalten wiederum zum Teil unterschiedliche Lokalteile. In Düsseldorf werden die Bezirksausgaben für Düsseldorf, Rhein-Wupper, Duisburg, Remscheid, Solingen, Mönchengladbach, Viersen und Krefeld, in Geldern die Bezirksausgaben für Geldern, Kleve und Wesel, und in Neuss die Bezirksausgabe für Neuss gedruckt. Der Teil der Zeitung, der allen Bezirksausgaben gemeinsam ist, wird als Gesamtausgabe bezeichnet. Die Gesamtausgabe besteht aus einem redaktionellen und einem Anzeigenteil. Die Auflage der Gesamtausgabe beträgt 410.350, davon allein in Düsseldorf 133.712.

In Fremdauftrag druckt die Klägerin außerdem die Zeitungen "Expreß" und "Westdeutsche Zeitung (WZ)".

Nachdem die Beklagten am 4. März 1983 die Arbeit niedergelegt hatten, zog die Klägerin andere Mitarbeiter heran, um die Herstellung der Wochenendausgabe 5./6. März 1983 - das Wochenende der Bundestagswahl 1983 - zu sichern.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Arbeitsniederlegung der Beklagten am 4. März 1983 sei rechtswidrig gewesen.

Zum Schadensverlauf hat sie vorgetragen, die Satzherstellung sei am Streiktag bis zur Belichtung planmäßig abgewickelt gewesen. Im Unternehmen der Klägerin, in dem die letzte Phase der Druckarbeiten erledigt würden, nämlich die Montage mit anschließender Reprographie, Plattenherstellung und Rotationsdruck, hätten ab 13.45 Uhr die Arbeitnehmer der Abteilungen Montage/Reprographie und Plattenherstellung die Arbeit niedergelegt. Die Arbeitnehmer der Abteilung Rotation (ca. 60) hätten zunächst weitergearbeitet. Bei Schichtwechsel - 16.00 bis 17.00 Uhr - hätten die Arbeitnehmer zwar den Betrieb betreten, die Arbeit aber nicht aufgenommen. Um 19.30 Uhr hätten dann auch die Arbeitnehmer der Abteilung Rotation bis auf acht Hilfsarbeiter die Arbeit eingestellt. Mit Hilfe leitender Mitarbeiter und anderer Angestellter aus dem Verwaltungsbereich habe der Satz noch einigermaßen fertiggestellt werden können. Als dann aber auch die Abteilung Rotation ausgefallen sei, habe sich der Hauptdruck verzögert. Um die Zeitungen überhaupt erscheinen zu lassen, sei der Umfang der Ausgaben gekürzt worden. Die Fremdaufträge hätten überhaupt nicht erledigt werden können, sondern seien zu anderen Unternehmen verlagert worden. Nur die in Geldern und Neuss gedruckten Ausgaben seien vollständig erschienen.

Zur Berechnung des Schadens hat die Klägerin im wesentlichen vorgetragen:

Am meisten ins Gewicht falle der Verlust von Anzeigenerlösen.

Bei der Gesamtausgabe seien ihr Anzeigenerlöse in Höhe von 35.661,99 DM entgangen. Darunter seien Anzeigen, die in den Bezirksausgaben Düsseldorf, Krefeld, Viersen und Mönchengladbach nicht, wohl aber in den anderen Bezirksausgaben erschienen seien. Die Klägerin hat ausgeführt, sie könne den Kunden die betreffende Anzeige nicht in Rechnung stellen, da sie deren Auftrag nicht voll erfüllt habe. Für die Ausgabe Düsseldorf hat die Klägerin Mindereinnahmen bei Anzeigen in Höhe von 18.368,93 DM geltend gemacht. Für ausgefallene Anzeigen von Agenturkunden (AE/ACN) hat sie 33.208,93 DM verlangt. Anzeigen am Anzeigenschalter sind nach der Behauptung der Klägerin in Höhe von 2.932,16 DM ausgefallen, in Bezirksausgaben in Höhe von 76.875,80 DM. Von Direktsachbearbeitern bearbeitete Annoncen (wöchentlich wiederkehrende Anzeigen) seien in Höhe von 10.829,66 DM ausgefallen. Nach Überprüfung hat die Klägerin den Gesamtbetrag der behaupteten Anzeigenverluste von 177.157,47 DM um 15.944,09 DM und noch einmal um weitere 2.073,82 DM reduziert.

Die Klägerin hat selbst vorgetragen, es seien 45,5 Anzeigenseiten ausgefallen, davon hätten 21,55 Seiten mit Anzeigen nachgeholt werden können. Zum Beweis dafür, daß weitere Anzeigen nicht nachgeholt worden seien, hat sie die Vorlage der angefallenen Anzeigenmanuskripte angeboten, diese jedoch nicht vorgelegt. Sie hat vielmehr auf den Auflagenbeschluß des Arbeitsgerichts vom 15. März 1984 für jede weggefallene Anzeige spaltenmäßig Auftragsnummer, evtl. Kundennummer, wenn es sich um Dauerkunden handelte, Kundenanschrift, Anzeigenexpedition und deren Anschrift, wenn es sich um eine vermittelte Anzeige handelte, Stichwort für die Anzeige, vorgesehene Ausgabe, Bezeichnung von Rubrikenschlüssel, vorgesehene Spalten- bzw. Wortanzahl, vereinbarter Preis, evtl. zu gewährende Rabatte und evtl. zu gewährende Provision angegeben.

Die Klägerin hat außerdem entgangenen Gewinn in Höhe von 6.148,10 DM geltend gemacht. Sie hat ihn nach der Vergütung berechnet, die sie von den Verlegern des "Expreß" und der "WZ" erhalten hätte, wenn sie die Zeitungen für den 5. März 1983 gedruckt hätte. Die Vergütung für Plattenherstellung, Druck und Versand ist nach Darstellung der Klägerin nach sogenannten Kostenstundensätzen kalkuliert und vereinbart worden. Diese Kostenstundensätze hätte die Klägerin erhalten, wenn der Druck des "Expreß" und der "WZ" von ihr ausgeführt worden wäre. Die Kostenstundensätze hat die Klägerin um die nicht verbrauchten Materialien und die ersparten Personalkosten reduziert.

Weiterhin hat die Klägerin Mehrkosten für die Fremdherstellung des "Expreß" verlangt. Hierzu hat sie vorgetragen, sie habe den Druckauftrag für den "Expreß" und die "WZ" an eine andere Firma weitergeben müssen. Die Firma G habe ihr durch Rechnung vom 31. März 1983 Mehrkosten für die Herstellung des "Expreß" in Höhe von 8.409,23 DM in Rechnung gestellt. Darüber hinaus habe die D Verlagsgesellschaft mbH ihr, der Klägerin, zusätzliche Versand- und Speditionskosten in Höhe von 2.046,66 DM berechnet. Außerdem habe sie dieser Firma wegen der streikbedingten Verzögerung der Auslieferung des "Expreß" einen Betrag von 795,68 DM für 3.224 weniger verkaufte Exemplare zahlen müssen.

Schließlich hat die Klägerin von den Beklagten 3.119,95 DM verlangt, die sie für streikbedingte Überstunden habe zahlen müssen. Außerdem hat sie den Ersatz des Entgelts eingeklagt, das sie an die Verwaltungsangestellten habe zahlen müssen, die keine Nachtschicht hatten und deshalb nicht verpflichtet waren, in der Nacht vom 4. zum 5. März 1983 zu arbeiten. Sie hat dazu vorgetragen, sie habe an 40 Arbeitnehmer 200,-- DM pauschal geleistet, insgesamt also 8.000,-- DM, und an 9 Arbeitnehmer je 100,-- DM, insgesamt 8.900,-- DM. Hinzu komme eine Pauschalversteuerung in Höhe von 2.251,70 DM, so daß sie insgesamt für streikbedingte Überstunden an Angestellte 11.151,70 DM gezahlt habe.

Von dem geltend gemachten Schadenersatz hat die Klägerin die eingesparten Löhne der Beklagten in Höhe von 11.945,70 DM und die eingesparten Papierkosten in Höhe von 19.941,75 DM abgezogen. Sie hat angeführt, weitere Aufwendungen habe sie nicht erspart, da der Betrieb der Druckerei weitergelaufen sei. Es sei zwar etwas Druckerschwärze weniger verbraucht worden. Aber das sei eine zu vernachlässigende Größe. Insoweit rechne sie vorsorglich mit Gegenforderungen auf, die sich daraus ergäben, daß sie eine Unzahl von Telefonaten habe führen müssen, um den Schaden gerade auf dem Gebiet des Anzeigensektors nicht noch größer werden zu lassen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 158.923,56 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Juni 1983 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung haben sie unter Hinweis auf Art. 9 GG, Art. 6 ESC vorgetragen, die Arbeitsniederlegung sei rechtmäßig gewesen.

Zur Schadenshöhe haben die Beklagten behauptet, der Verlust von Anzeigenerlösen sei wesentlich geringer als es die Klägerin behaupte. Mindestens 90 % aller Anzeigen, deren Ausfall die Klägerin geltend mache, seien erschienen. Die Klägerin habe zwar in einer Aufstellung nach verschiedenen Kriterien die Anzeigen aufgeführt, die am 5. März 1983 nicht erschienen sein sollen und deren Druck angeblich auch nicht nachgeholt worden sei. Sie hätten aber von Anfang an darauf hingewiesen, daß sie nicht nachprüfen könnten, ob die Anzeigen nicht später gedruckt worden seien, weil die Klägerin die Anzeigenmanuskripte nicht vorgelegt habe. Die Angabe der Anzeigennummer, der Rubrik, des Millimeter- bzw. Wortpreises reiche nicht aus, um einer Anzeige, die später erschienen sei, anzusehen, ob diese ursprünglich für die Wochenendausgabe vom 5./6. März 1983 vorgesehen gewesen sei oder nicht. Diesen Vortrag haben die Beklagten in der Berufungsbegründung wiederholt.

Die Beklagten sind der Auffassung, die Klägerin habe die Anzeigen der Gesamtausgabe ihren Kunden zumindest teilweise berechnen können, da diese in 20 von 24 Bezirksausgaben erschienen seien. Zur Ausgabe Düsseldorf haben die Beklagten das Erscheinen von fünf Anzeigen zum Preise von insgesamt 3.568,95 DM beanstandet. Desweiteren seien 19 Agenturanzeigen erschienen, die nach der Behauptung der Klägerin nicht gedruckt worden seien. Auch seien von den angeblich ausgefallenen Anzeigen am Anzeigenschalter drei Anzeigen erschienen. Schließlich seien zehn Anzeigen, die über Direktsachbearbeiter liefen, gedruckt worden, von denen die Klägerin behaupte, sie seien nicht erschienen.

Zum Verlust von Druckumsatz haben die Beklagten vorgetragen, für sie sei die Kalkulation nach Kostenstundensätzen nicht nachvollziehbar. Sie haben bestritten, daß der Klägerin Mehrkosten für die Fremdherstellung des "Expreß" entstanden seien, außerdem haben sie gerügt, die vorgelegten Rechnungen seien nicht prüffähig. Die Klägerin sei auch rechtlich nicht verpflichtet gewesen, pauschale Zusatzleistungen für "besonderen Einsatz" anderer Arbeitnehmer zu zahlen. Die Berechnung der Klägerin zu den ersparten Aufwendungen sei nicht hinreichend spezifiziert.

Die Klägerin hat erwidert, Anzeigen, die in zwanzig von vierundzwanzig Bezirks- und Lokalausgaben gedruckt worden seien, könnten den Kunden nicht berechnet werden, weil die Anzeigen in den Bezirksausgaben Düsseldorf, Krefeld, Viersen und Mönchengladbach nicht erschienen seien, denn damit seien die Anzeigen der Gesamtausgabe in mehr als der Hälfte der Auflage nicht veröffentlicht worden. Zum Vortrag der Beklagten zur Düsseldorfer Ausgabe hat die Klägerin vorgetragen, die Rüge der Beklagten sei gegenstandslos, weil sie insoweit die Klage zurückgenommen habe. Die 19 Agenturanzeigen könnten den Kunden nicht berechnet werden, weil sie in 14 Ausgaben nicht erschienen seien. Bezüglich der zehn Anzeigen, die über den Direktsachbearbeiter liefen, hat die Klägerin zugestanden, daß die Anzeigen 1 bis 9 erschienen seien und hat insoweit die Klage ermäßigt. Die zehnte Anzeige sei für die Gesamtausgabe bestimmt gewesen, die nicht in allen Bezirken erschienen sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage - unter Abweisung im übrigen - in Höhe von 146.783,87 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision begehren die Beklagten nach wie vor die Abweisung der Klage, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zum Teil begründet. Die Beklagten sind zwar dem Grunde nach der Klägerin zum Schadenersatz verpflichtet. Jedoch kann nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beurteilt werden, wie hoch der zu ersetzende Schaden ist. Deshalb war das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

A. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Beklagten seien der Klägerin als Gesamtschuldner zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch die Arbeitsniederlegung vom 4./5. März 1983 entstanden ist.

I. Der Schadenersatzanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB. Die Beklagten haben ein sonstiges Recht im Sinne dieser Vorschrift, nämlich das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin, verletzt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein rechtswidriger Streik ein rechtswidriger Eingriff in dieses Recht (vgl. BAGE 41, 209, 222 = AP Nr. 76 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu A II 2 der Gründe; BAGE 46, 322, 345 = AP Nr. 81 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu B II 2 der Gründe; BAGE 48, 160, 165 = AP Nr. 85 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu II 1 der Gründe; Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, 2. Aufl., Rz 376).

1. Die Funktion des Arbeitskampfes bestimmt die Grenzen seiner Zulässigkeit. Der Arbeitskampf ist wegen seiner Hilfsfunktion für die Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit § 2 TVG gewährleistet und zulässig. Er dient dem Ausgleich sonst nicht lösbarer tariflicher Interessenkonflikte. Er ist ein Hilfsinstrument zur Sicherung der Tarifautonomie. Deshalb darf er auch nur als Instrument zur Durchsetzung tariflicher Regelungen eingesetzt werden (BAG Großer Senat 23, 292, 306 = AP Nr. 43 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu Teil III A 1 der Gründe; BAGE 33, 140, 150 = AP Nr. 64 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu A I 2 der Gründe; Senatsurteil vom 26. April 1988 - 1 AZR 399/86 - zu B II 2 der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Ein weitergehendes Streikrecht läßt sich Art. 9 Abs. 3 GG nicht entnehmen. Verfassungsrechtlich gewährleistet ist neben der individuellen Koalitionsfreiheit und dem Schutz der Koalition als solcher auch der Kernbereich der Koalitionsbetätigung, also das Recht, durch spezifisch koalitionsmäßige Betätigung die in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Zwecke zu verfolgen (BVerfGE 50, 290, 367 = AP Nr. 1 zu § 1 MitbestG, zu C IV 1 der Gründe, m.w.N.; 58, 233, 246 = AP Nr. 31 zu § 2 TVG, zu B I 1 der Gründe; Senatsurteil vom 26. April 1988 - 1 AZR 399/86 - zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B II 2 c aa der Gründe). Zu dieser geschützten koalitionsmäßigen Betätigung gehört der Abschluß von Tarifverträgen, durch die die Koalitionen in eigener Verantwortung und im wesentlichen ohne staatliche Einflußnahme Lohn- und sonstige materielle Arbeitsbedingungen in einem Bereich regeln, in dem der Staat seine Regelungszuständigkeit weit zurückgenommen hat (BVerfGE 44, 322, 340 f. = AP Nr. 15 zu § 5 TVG, zu B II 1 b aa der Gründe; 58, 233, 246 = AP Nr. 31 zu § 2 TVG, zu B I 1 der Gründe; BAGE 48, 160, 169 = AP Nr. 85 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu II 3 c der Gründe; Senatsurteil vom 26. April 1988, aa0, zu B II 1 der Gründe). Eine rechtliche Regelung über die Zulässigkeit von Arbeitskämpfen ist bis jetzt nur dem die Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG konkretisierenden geltenden Tarifrecht zu entnehmen (eingehend Senatsurteil vom 26. April 1988, aa0); Arbeitskämpfe sind also als Kampfmittel nur in einem Tarifkonflikt zugelassen, sie müssen zum Ausgleich sonst nicht lösbarer Interessenkonflikte bei Tarifverhandlungen möglich sein. Bereits die Zulässigkeit des Sympathiestreiks hat der Senat in ständiger Rechtsprechung verneint, weil er nicht unmittelbar der Herbeiführung eines Tarifvertrages dient (BAGE 48, 160, 169 f. = AP Nr. 85 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu II 3 c der Gründe, und Senatsurteil vom 12. Januar 1988 - 1 AZR 219/86 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

Die Beklagten können sich schon deshalb nicht auf Art. 9 Abs. 3 GG berufen, weil es sich vorliegend um einen nichtorganisierten Streik handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Senatsurteile vom 20. Dezember 1963, BAGE 15, 174 = AP Nr. 32 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, vom 21. Oktober 1969, BAGE 22, 162 = AP Nr. 41 zu Art. 9 GG Arbeitskampf und vom 14. Februar 1978, BAGE 30, 50 = AP Nr. 58 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) findet der nichtorganisierte Streik keine Stütze in Art. 9 Abs. 3 GG und ist rechtswidrig. Der vorliegende Streik ist auch schon deshalb rechtswidrig, weil sein Ziel gewesen ist, den Arbeitgeber so unter Druck zu setzen, daß er seinen Antrag, durch das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ersetzen zu lassen, zurücknimmt. Der Arbeitgeber sollte durch den Streik in einer individualrechtlichen Frage, deren Entscheidung den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, gezwungen werden, von einem von der Rechtsordnung vorgesehenen Verfahren (§ 103 BetrVG) abzulassen.

2. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, daß Tarifverträge auch über betriebsverfassungsrechtliche Fragen abgeschlossen werden können. Das ergibt sich aus § 1 Abs. 1 TVG. Dementsprechend hat der Senat auch im Urteil vom 10. Februar 1988 (- 1 ABR 70/86 - zur Veröffentlichung vorgesehen) entschieden, daß durch Tarifvertrag die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten erweitert werden können. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich vorliegend jedoch nicht um eine betriebsverfassungsrechtliche Frage, die in einem Tarifvertrag geregelt werden könnte, sondern um eine beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme der Klägerin, für die die Rechtsordnung in § 103 BetrVG den einzigen Weg der Konfliktregelung gewiesen hat.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich vorliegend auch nicht um einen - ohnedies unzulässigen - Demonstrationsstreik. Die Beklagten haben erreichen wollen, daß die Klägerin ihren Antrag beim Arbeitsgericht zurücknahm. Dementsprechend handelt es sich um einen Erzwingungsstreik.

4. Die Zulässigkeit des Streiks ergibt sich auch nicht aus der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 - ESC - (BGBl. II 1964 S. 1262). "Um die wirksame Ausübung des Rechtes auf Kollektivverhandlungen zu gewährleisten", verpflichten sich die Vertragsparteien in Art. 6 Nr. 1, gemeinsame Beratungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu fördern. Zu diesem Zweck anerkennen sie in Nr. 4 "das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts im Falle von Interessenkonflikten, vorbehaltlich etwaiger Verpflichtungen aus den geltenden Gesamtarbeitsverträgen." Der Wortlaut von Art. 6 Nr. 4 spricht in Verbindung mit Art. 6 Nr. 1 - wie der Senat bereits im Urteil vom 5. März 1985 (BAGE 48, 160 = AP Nr. 85 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) ausgeführt hat - für eine enge Zuordnung des Arbeitskampfes zu Kollektivverhandlungen. Um Kollektivverhandlungen ging es den Beklagten aber nicht. Sie wollten keine kollektive Regelung mit dem Arbeitgeber herbeiführen, ihn vielmehr dazu veranlassen, unter dem Druck des Streiks das eingeleitete Verfahren vor dem Arbeitsgericht zurückzunehmen.

II. Dem Landesarbeitsgericht war auch darin zu folgen, daß die Beklagten schuldhaft gehandelt haben. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß entgegen der Auffassung der Beklagten eine Haftungsbeschränkung im vorliegenden Falle nicht in Betracht kommt, weil es nicht um Schäden geht, die bei Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit entstanden sind. Die Beklagten haften daher für jeden Grad des Verschuldens, also auch bereits bei leichtester Fahrlässigkeit (BAG Urteil vom 20. Dezember 1963, BAGE 15, 174 = AP Nr. 32 zu Art. 9 GG Arbeitskampf).

Den Beklagten hätte sich die Rechtswidrigkeit ihres Vorgehens aufdrängen müssen, da der Streik nicht von einer Gewerkschaft getragen war. Das Verschulden liegt bei dieser Sachlage zumindest auch darin, daß die Beklagten sich nicht über die Rechtslage informiert haben. Die Beklagten haben die eingetretenen Schäden auch zumindest billigend in Kauf genommen. Denn die Arbeitsniederlegung verfolgte gerade das Ziel, der Klägerin einen finanziellen Schaden zuzufügen, um sie auf diese Weise zur Vermeidung eines weiteren Schadens zum Nachgeben zu zwingen. Dementsprechend sind die Beklagten der Klägerin dem Grunde nach zum Schadenersatz verpflichtet.

B. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Schadenshöhe enthalten dagegen Rechtsfehler, die eine Aufhebung des Urteils insoweit erforderlich gemacht haben.

I.1. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht darin, daß die Klage, soweit sie sich auf den Verlust von Anzeigenerlösen bezieht, nicht schon deshalb abzuweisen ist, weil die Klägerin das Anzeigengeschäft nicht betreibt, sondern dies durch die Rheinisch- Bergische Druckerei und Verlags-GmbH (RBDV) geschieht. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß die RBDV einen Ersatzanspruch gegen die Klägerin hat, soweit streikbedingt Anzeigenerlöse angefallen sind. Zu dem auszugleichenden Schaden gehört auch die Belastung mit einer Verbindlichkeit. Vorliegend hat die Klägerin nicht auf Freistellung von der Verbindlichkeit klagen müssen, weil die RBDV die Klägerin zur Entgegennahme der Schadenssumme ermächtigt hat, wie sich aus der schriftlichen Erklärung vom 13. Januar 1986 ergibt.

2. Die Klägerin hat auch substantiiert dargelegt, welche Anzeigen, die für die Wochenendausgabe vom 5./6. März 1983 vorgesehen waren, nicht erschienen sein sollen. Sie hat aufgrund eines Auflagenbeschlusses des Arbeitsgerichts jede Anzeige nach Anzeigennummer, Kundenanschrift, Stichwort, vorgesehener Ausgabe, Anzahl der Spalten bzw. Wörter, Millimeter- bzw. Wortpreis, evtl. Nachlässen und Endpreisen aufgeführt. Sie hat darüber hinaus ein Exemplar sämtlicher am 5./6. März 1983 erschienenen Zeitungsausgaben (für alle Bezirke und Unterbezirke) dem Arbeitsgericht zugesandt. Die Beklagten haben außerdem durch Einblick in die Anzeigenbände Gelegenheit gehabt festzustellen, ob diese Anzeigen am 5./6. März 1983 gedruckt worden sind. Dementsprechend haben die Beklagten auch in einer Reihe von Fällen gerügt, daß Anzeigen, die nicht erschienen sein sollen, tatsächlich doch erschienen seien. Teilweise hat dies die Klägerin auch zugestanden und ihre Klage ermäßigt.

3. Die Tatsache, daß eine Anzeige in der Wochenendausgabe am 5./6. März 1983 nicht erschienen ist, besagt noch nichts darüber, ob ein entsprechender Anzeigenerlös ausgefallen ist. Wie der Senat bereits im Urteil vom 5. März 1985 (aaO) ausgeführt hat, kann der streikbedingte Schaden ganz oder teilweise entfallen, wenn die Arbeit später innerhalb eines angemessenen Zeitraums nachgeholt wird. Vorliegend besteht die Möglichkeit, daß die Anzeigen später veröffentlicht worden sind. Die Klägerin hat hierzu selbst ausgeführt, von den 45,5 ausgefallenen Anzeigenseiten seien später 21,55 Anzeigenseiten nachgeholt worden. Dagegen haben die Beklagten behauptet, 90 % aller Anzeigen, von denen die Klägerin behaupte, sie hätten nicht gedruckt und auch nicht nachgeholt werden können, seien tatsächlich erschienen.

Diesen Vortrag hat das Landesarbeitsgericht mit zwei Begründungen für unerheblich erklärt, die beide einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten.

a) Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, bei einem Anzeigenauftrag handele es sich im Regelfalle um ein eigentliches Fixgeschäft. Der Kunde habe einen Anspruch darauf, daß die Anzeige zu der gewünschten Zeit in dem ausgesuchten Verbreitungsgebiet erscheine. Auf eine spätere Nachholung oder Ergänzung der Anzeige und eine Diskussion darüber, ob der Werbeerfolg auch dann noch erreicht werden könne, brauche er sich nicht einzulassen.

Die Revision hat zu Recht darauf hingewiesen, daß zu unterscheiden ist zwischen einem uneigentlichen (absoluten) und einem eigentlichen Fixgeschäft im Sinne von § 361 BGB. Beim uneigentlichen Fixgeschäft haben die Parteien der im Vertrag festgesetzten Erfüllungszeit eine so wesentliche Bedeutung beigemessen, daß die Leistung außerhalb der bestimmten Zeit überhaupt nicht mehr als Erfüllung angesehen werden kann. Eine solche Bedeutung kann z.B. die Buchung für eine pauschale Sonderflugreise haben, die auf einen ganz bestimmten Zeitraum festgelegt ist (BGHZ 60, 14, 16). Mit Ablauf der vereinbarten Erfüllungszeit oder -frist wird die Erfüllung dauernd unmöglich. Die Rechtsfolgen der nicht rechtzeitigen Leistung bestimmen sich deshalb nach den Vorschriften der §§ 275 ff., 323 ff. BGB (vgl. RGRK-Ballhaus, BGB, 12. Aufl., § 361 Rz 1 m.w.N.).

Beim eigentlichen Fixgeschäft im Sinne des § 361 BGB hat die Zeit- oder Fristbestimmung nicht so weit gehende Bedeutung wie beim uneigentlichen Fixgeschäft. Dieser Fall ist gegeben, wenn die Erfüllung auch nach Ablauf der vorgesehenen Zeit oder Frist noch möglich ist, dem Schuldner aber die genaue Innehaltung der Leistungszeit oder der Leistungsfrist zur unbedingten Pflicht gemacht ist. Ein Fixgeschäft liegt deshalb nur dann vor, wenn die bestimmte Erfüllungszeit zu einer Geschäftsbedingung des Inhalts erhoben worden ist, daß mit ihrer Einhaltung oder Verabsäumung das Geschäft stehen und fallen, eine nachträgliche Erfüllung mithin überhaupt nicht mehr als ordnungsmäßige Erfüllung gelten soll (RGZ 51, 347). Handelt es sich bei dem eigentlichen Fixgeschäft um einen gegenseitigen Vertrag, so ist der Gläubiger nach § 361 BGB im Zweifel zum Rücktritt berechtigt, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder innerhalb der bestimmten Frist erfolgt. Das Rücktrittsrecht entsteht mit dem Ausbleiben der Leistung; Verzug oder Verschulden des Schuldners sind nicht erforderlich (RGZ 108, 158, 159; RGRK-Ballhaus, aa0, § 361 Rz 6). Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, daß die Kunden der Klägerin von dem Anzeigenvertrag zurückgetreten sind. Selbst wenn also von der Auffassung des Berufungsgerichts ausgegangen würde, es habe sich im vorliegenden Falle um eigentliche Fixgeschäfte gehandelt, wäre die Leistung nicht unmöglich geworden, sondern die Klägerin hätte nachleisten können. Schon dieser Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Urteils, weil auf ihm die Annahme des Landesarbeitsgerichts zur Höhe des Schadens beruht, soweit es um den Ausfall von Anzeigenerlösen geht.

b) Der Senat hat aber schon der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht folgen können, bei Anzeigenaufträgen handele es sich im Regelfall um eigentliche Fixgeschäfte. Es gibt sicher Anzeigenaufträge, bei denen sogar die Voraussetzungen eines uneigentlichen Fixgeschäfts vorliegen. Das gilt z.B. für die Wahlanzeige der CDU, die in der Wochenendausgabe vom 5./6. März 1983 erscheinen sollte, weil am 6. März 1983 die Bundestagswahl stattfand und es offenkundig ist, daß eine Wahlanzeige nach diesem Zeitpunkt für den Kunden keinerlei Interesse mehr haben konnte. Daneben gibt es Fälle, in denen die Einhaltung der bestimmten Erfüllungszeit zur Geschäftsbedingung erhoben wird. Es gibt aber auch zahlreiche Anzeigen, bei denen nicht zum Geschäftsinhalt gehört, daß sie in einer bestimmten Ausgabe erscheinen. Will jemand seinen Gebrauchtwagen, eine Segeljacht oder ein Haus verkaufen oder einen entsprechenden Gegenstand erwerben, hat er ein Interesse an der Veröffentlichung der Anzeige auch in der nächstmöglichen Ausgabe, weil das Interesse andauert, sich von dem betreffenden Gegenstand zu trennen bzw. die Sache zu erwerben. Ähnliches gilt für Stellenanzeigen. Sucht ein Unternehmen einen Elektromonteur, wird die Anzeige nicht überflüssig, wenn die Anzeige am nächsten Tage nicht erscheinen kann. Wiederum ähnliches gilt für Kleinanzeigen. Sucht jemand seine entlaufene Katze, dann besteht das Interesse an der Veröffentlichung der Anzeige auch noch in der nächstmöglichen Ausgabe, wenn er die Katze nicht vorher wiedergefunden hat. Die Klägerin selbst hat dementsprechend vorgetragen, knapp die Hälfte der ausgefallenen Anzeigenseiten hätte nachgeholt werden können. Den Vortrag der Beklagten, 90 % aller Anzeigen seien nachträglich erschienen, hätte das Landesarbeitsgericht nicht als unsubstantiiertes Bestreiten werten dürfen. Die Beklagten haben nämlich bereits im Schriftsatz vom 9. März 1984 vor dem Arbeitsgericht substantiiert vorgetragen, weshalb der behauptete Wegfall von Anzeigenerlösen für sie nicht nachvollziehbar sei, wenn die Klägerin die entsprechenden Auftragsmanuskripte nicht vorlege. Diesen Vortrag haben die Beklagten in der Berufungsbegründung wiederholt und darauf verwiesen, einer nach der Wochenendausgabe vom 5./6. März 1983 erschienenen Anzeige könne nicht entnommen werden, ob sie früher, nämlich für die Wochenendausgabe des 5./6. März 1983 vorgesehen gewesen sei, selbst wenn sie, die Beklagten, die Anzeigennummer, die Rubrik, den Millimeterpreis, den Wortpreis, das Stichwort von der Anzeige wüßten, die für die Wochenendausgabe des 5./6. März 1983 vorgesehen war. Dies trifft zu, weil die wenigsten Anzeigen mit Anzeigennummer erscheinen und dem Stichwort in vielen Fällen nicht entnommen werden kann, ob es sich um denselben Gegenstand handelt. Soweit ein Kunde den Auftrag erteilt hat, eine Anzeige mehrmals zu veröffentlichen, etwa vier- oder fünfmal, ist dies der Anzeige wiederum nicht anzusehen, so daß die Beklagten auch hier nicht in der Lage sind, aufgrund der Schadensaufstellung der Klägerin nachzuprüfen, ob die Anzeigen tatsächlich nicht erschienen sind.

Deshalb ist die Klage aber insoweit noch nicht abzuweisen, wie die Revision meint. Die Klägerin hat nämlich angeboten, die Manuskripte zum Beweis dafür vorzulegen, daß die Anzeigen, von denen sie behauptet, sie seien ausgefallen, nicht nachträglich erschienen seien. Die Klägerin hat diesen Beweis nur deshalb nicht angetreten, weil das Arbeitsgericht und dann das Landesarbeitsgericht die Vorlage der Anzeigenmanuskripte nicht für erforderlich gehalten, sondern durch Auflagenbeschlüsse die Spezifizierung des Schadens in anderer Weise verlangt haben. Deshalb muß der Klägerin Gelegenheit gegeben werden, nach Zurückverweisung der Sache durch Vorlage der Anzeigenmanuskripte in nachvollziehbarer Weise darzulegen, welche Anzeigen auch nachträglich nicht erschienen sein sollen und möglicherweise auch nicht erscheinen konnten, weil es sich um uneigentliche Fixgeschäfte handelte.

c) Was die Anzeigen in der Gesamtausgabe betrifft, ist dem Berufungsgericht darin zu folgen, daß die Klägerin den Anspruch auf Entgelt verloren hat, soweit die Anzeigen für die Gesamtausgabe nicht in den Bezirksausgaben Düsseldorf, Mönchengladbach, Viersen und Krefeld erschienen sind. In diesen Bezirksausgaben werden 228.045 Exemplare der "Rheinischen Post" vertrieben, also mehr als die Hälfte. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß mit dem teilweisen Erscheinen der Anzeigen in der Gesamtausgabe der bezweckte Werbeerfolg auch nicht annähernd hat erreicht werden können. Soweit es sich bei den Anzeigen der Gesamtausgabe um ein eigentliches Fixgeschäft handelte, waren die Kunden also zum Rücktritt berechtigt. Ob sie vom Vertrag zurückgetreten sind, ist wiederum nicht festgestellt worden, ebensowenig, ob die Anzeigen nachträglich in der Gesamtausgabe erschienen sind. Dies alles hat das Landesarbeitsgericht nunmehr aufzuklären.

II. Dagegen hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, zum zu ersetzenden Schaden gehöre auch die entgangene Vergütung für den Druck des "Expreß" und der "WZ".

1. Das Landesarbeitsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, die Klägerin habe substantiiert dargelegt, daß ihr ein Schaden in Höhe von 6.148,10 DM deshalb entstanden sei, weil sie den Druckauftrag für den "Expreß" und die "WZ" habe weitergeben müssen und ihr aus diesem Grunde die sonst gezahlte Stundenvergütung für den Druck entgangen sei. Das Entgelt für den Druck von "Expreß" und "WZ" ist nach Darlegung der Klägerin in sogenannten "Kostenstundensätzen" errechnet worden. Sie hat die Kalkulation und Berechnung der Kostenstundensätze im einzelnen dargestellt und die Berechnungsunterlagen vorgelegt. Aus diesem Grunde hat das Landesarbeitsgericht zu Recht den Vortrag der Beklagten als unsubstantiiertes Bestreiten zurückgewiesen, für sie sei die Berechnung der "Kostenstundensätze" nicht nachvollziehbar.

2. Das Berufungsgericht hat auch ohne Rechtsfehler angenommen, die Klägerin habe selbst dann ihre Schadensminderungspflicht nicht verletzt, wenn die Behauptung der Beklagten als richtig unterstellt wird, sie hätten der Klägerin angeboten, den "Expreß" zu drucken. Es ist zwar richtig, daß nach § 254 Abs. 2 BGB ein Mitverschulden auch dann vorliegt, wenn der Geschädigte es unterläßt, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Daraus folgt aber nicht, daß die Klägerin gehalten gewesen wäre, ein Teilarbeitsangebot der Beklagten anzunehmen, mit dem die Beklagten sich bereit erklärten, wohl die Konkurrenzzeitung "Expreß" zu drucken, aber nicht die "Rheinische Post", das Blatt der Schwesterfirma der Klägerin. Es hat der Klägerin nicht angesonnen werden können, auf den Druck der "eigenen Zeitung" zugunsten des Drucks einer fremden Zeitung zu verzichten. Die Klägerin hat sich auch nicht auf die Strategie der Beklagten einlassen müssen, den Streik in der Weise zu führen, daß sie bestimmten, welche Arbeiten sie ausführten und welche nicht, und sich so dem Weisungsrecht der Klägerin entzogen.

3. Dem Berufungsgericht war auch darin zu folgen, daß die Beklagten Mehrkosten für die Fremdherstellung des "Expreß" in Höhe von 8.409,23 DM und 2.842,34 DM zu ersetzen haben.

Die Beklagten haben nicht bestritten, daß die Klägerin den Betrag von 8.409,23 DM an die Firma G überwiesen hat. Zwischen den Parteien besteht auch kein Streit darüber, daß die Klägerin der Firma G, von der sie den Auftrag zum Druck des "Expreß" hatte, zur Erstattung der durch den Druck an anderer Stelle entstandenen Mehrkosten verpflichtet gewesen ist. Die Beklagten müssen allerdings nicht ohne weiteres der Klägerin den Betrag ersetzen, den diese an die Firma G überwiesen hat, sondern nur insoweit, als tatsächlich Mehrkosten entstanden sind. Die Klägerin hat die entstandenen Mehrkosten durch Vorlage der Aufstellung der Firma G vom 24. März 1983 spezifiziert. Aus der Aufstellung ergibt sich auch, welche Einsparungen bei dem geltend gemachten Betrag abgezogen worden sind. Dem Berufungsgericht war darin zu folgen, daß von der Klägerin nicht verlangt werden kann, die Kalkulationsunterlagen der Firma G vorzulegen. Dafür hat der Zeuge J in seiner Aussage in der Verhandlung vom 16. Mai 1986 bekundet, daß die von der Firma G in Rechnung gestellten Beträge nach den eigenen Kalkulationsunterlagen der Klägerin plausibel und vertretbar seien. Unter Berücksichtigung der Beweisaufnahme hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, daß die Klägerin verpflichtet gewesen ist, an die Firma G einen Betrag von 8.409,23 DM zu zahlen.

Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht der Klägerin auch den Betrag von 2.842,34 DM zugesprochen. Insoweit ist es aufgrund der Aufstellung vom 24. März 1983 und der Aussage des Zeugen J zu dem Ergebnis gekommen, daß der D am Streiktag neun Zusatzfahrten hat durchführen müssen, wofür 1.100,-- DM in Rechnung gestellt wurden. Ein weiterer Schaden in Höhe von 795,68 DM ist nach der Aussage des Zeugen dadurch entstanden, daß an dem Streiktag 3.224 Exemplare weniger an die Firma K verkauft worden sind als normal. Schließlich hat der Zeuge auch bekundet, nach kaufmännischen Gesichtspunkten sei der Betrag von zusätzlichen Speditionskosten in Höhe von 946,66 DM nicht anzuzweifeln. Das Landesarbeitsgericht hat daher aufgrund der Aussage des Zeugen J auch den Betrag von 2.842,34 DM der Klägerin zusprechen dürfen.

III.1. Soweit die Klägerin behauptet, es seien streikbedingt Überstunden entstanden, ist dieser Vortrag in der zweiten Instanz unstreitig geworden. Die Ansicht der Revision, die Beklagten seien zum Ersatz der angefallenen 3.119,95 DM Mehrarbeits- oder Überstundenvergütung nicht verpflichtet, da es sich um Streikarbeit gehandelt habe, ist rechtlich nicht haltbar. Die Klägerin ist nur ihrer Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB nachgekommen, indem sie mit Hilfe von leitenden Angestellten und Angestellten aus der Verwaltungsabteilung sowie einigen Arbeitern aus der streikenden Abteilung die Wochenendausgabe - wenn auch unvollständig - fertiggestellt und dadurch einen unverhältnismäßig größeren Schaden vermieden hat. Wäre es der Klägerin nicht gelungen, die Wochenendausgabe noch herauszubringen, wären die Beklagten zum Ersatz eines sehr viel höheren Schadens verpflichtet gewesen. Der Aufwand für die Schadensminderung gehört aber zu dem vom Schädiger zu ersetzenden Schaden.

2. Die Beklagten müssen der Klägerin auch die pauschalen Zusatzzahlungen in Höhe von 11.151,70 DM ersetzen, die die Klägerin den Arbeitnehmern aus der Verwaltungsabteilung geleistet hat, die nicht verpflichtet waren, in der Nachtschicht zu arbeiten. Das Landesarbeitsgericht hat auch ohne Rechtsfehler angenommen, die zusätzlichen Zahlungen seien der Höhe nach nicht zu beanstanden, selbst wenn sich bei einer exakten Berechnung (Verhältnis der abgeleisteten Stunden zu dem Gehalt zuzüglich Zuschläge) in dem einen oder anderen Fall ein etwas geringerer Betrag ergeben hätte. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, hätte der Klägerin unter den besonderen Umständen der berufsfremden Mehrarbeit in der Nachtschicht eine Ausrechnung der zusätzlichen Leistung mit spitzer Feder schlecht angestanden.

IV. An ersparten Aufwendungen hat die Klägerin den nicht gezahlten Lohn an die Beklagten in Höhe von 11.945,70 DM berücksichtigt. Soweit die Beklagten den Betrag als nicht nachvollziehbar bestreiten, hat das Landesarbeitsgericht diesen Vortrag zu Recht als unbeachtlich gewertet, da die Beklagten anhand ihrer Abrechnungen selbst ablesen konnten, wieviel Lohn an sie nicht ausbezahlt worden ist. Darüber hinaus hat die Klägerin einen Betrag von 19.941,75 DM an erspartem Papier in Abzug gebracht. Hierfür hat sie auch eine spezifizierte Aufstellung vorgelegt. Insoweit wird von der Revision auch kein Rechtsfehler gerügt.

V. Das Landesarbeitsgericht hat - dem Arbeitsgericht folgend - die Schadenspositionen I - Ausfall von Anzeigenerlösen - und IV - Zahlungen an Arbeitnehmer - mit Rücksicht auf eine mögliche Fehlerquote gem. § 287 ZPO um 8,5 % gekürzt und die Klage in Höhe von (158.923,56 - 146.783,87 =) 12.139,69 DM abgewiesen. In Höhe dieses Betrages ist die Klageabweisung rechtskräftig geworden.

Nicht in Rechtskraft erwachsen ist damit aber die Begründung für die Abweisung. Das Landesarbeitsgericht wird daher erneut prüfen müssen, ob nach der erforderlichen Aufklärung über die Höhe der ausgefallenen Anzeigenerlöse noch Anlaß und Raum bleibt für den Abzug einer "Fehlerquote". Für die Berücksichtigung einer Fehlerquote bei der Position "Zahlungen an Arbeitnehmer" sind dem Senat Gründe nicht ersichtlich.

Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht auch die von der Klägerin angegebenen ersparten Aufwendungen um 8,5 % gekürzt. Wenn die Klägerin selbst ihre ersparten Aufwendungen mit einem bestimmten Betrag angibt, dann kann dieser Betrag nicht um eine Fehlerquote gekürzt werden, weil dies zu Lasten der Beklagten einer Erhöhung der Schadenssumme gleichkommt.

Dr. Kissel Matthes Dr. Weller

Kehrmann Heisler

 

Fundstellen

Haufe-Index 437273

BAGE 58, 343-358 (LT1)

BAGE, 343

BB 1989, 503-504 (LT1)

DB 1988, 2102-2104 (LT1)

NJW 1989, 63

NJW 1989, 63 (LT1)

EBE/BAG 1988, 13-16 (LT1)

ASP 1988, 370-371 (K)

JR 1989, 176

JR 1989, 176 (K)

NZA 1988, 883-884 (LT1)

RdA 1988, 382

AP, Arbeitskampf (LT1)

AR-Blattei, Arbeitskampf II Entsch 33 (LT1)

AR-Blattei, ES 170.2 Nr 33 (LT1)

EzA, Arbeitskampf Nr 80 (LT1)

EzBAT § 8 BAT Arbeitskampf, Nr 25 (LT1)

MDR 1989, 93-94 (LT1)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge