Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung

 

Orientierungssatz

1. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist, ist nicht auf die Dauer einer fiktiven Kündigungsfrist, sondern auf die tatsächliche künftige Vertragsbindung abzustellen. Bestätigung der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 9.9.1992 2 AZR 190/92 zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen.

2. Auslegung des § 4 des Manteltarifvertrages für Arbeiter und Angestellte der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 5. Mai 1990.

 

Normenkette

TVG § 1; BGB § 626

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 07.04.1992; Aktenzeichen 7 Sa 2/92)

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 12.12.1991; Aktenzeichen 17 Ca 2775/91)

 

Tatbestand

Der am 5. August 1932 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 25. September 1972 bei der Beklagten beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte das Ein- und Auslagern von Rohren und Profilstäben im Rohrlager sowie das Be- und Entladen von Lastkraftwagen. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für Arbeiter und Angestellte der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 5. Mai 1990 Anwendung.

Im Jahr 1989 war der Kläger an 119 Tagen arbeitsunfähig krank. Im Jahr 1990 war er nicht für die Beklagte tätig; in der

Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 1990 bezog er eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit. Am 20. Februar 1991 führte der Kläger mit einem Mitarbeiter der Beklagten ein Gespräch, wobei er nach der Darstellung der Beklagten äußerte, er sei auf Grund seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Ihm wurde daraufhin seitens der Beklagten nahegelegt, selbst das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Dieser Anregung folgte der Kläger nicht, sondern erschien am 1. März 1991 ohne Vorankündigung mit einem Schreiben der ihn behandelnden Orthopädin vom 25. Februar 1991, wonach er ab 1. März 1991 zu arbeiten versuchen wolle, mit Rücksicht auf seine Gesundheit sei jedoch der Einsatz auf einem leichteren Arbeitsplatz notwendig. Die Beklagte veranlaßte daraufhin noch am gleichen Tag eine Untersuchung des Klägers durch den Berufsgenossenschaftlichen Arbeitsmedizinischen Dienst. Dieser teilte der Beklagten am 24. April 1991 mit, der Kläger sei für seine derzeitige Tätigkeit im Rohrlager nicht geeignet, er könne nur leichte körperliche Arbeit ("Lasten bis max. 15 kg, vollschichtig, zu ebener Erde unter Vermeidung von Zwangshaltungen sowie Witterungseinflüssen") verrichten.

Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26. April 1991 außerordentlich unter Wahrung einer sozialen Auslauffrist zum 31. Dezember 1991.

Der Kläger hat geltend gemacht, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liege nicht vor. Durch eine betriebliche Umorganisation im Wege der Zusammenführung mehrerer Teiltätigkeiten könne ein vollschichtiger Arbeitsplatz für ihn geschaffen werden, den er trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen ausfüllen könne. Die Kündigung sei auch deshalb rechtsunwirksam, weil die Beklagte die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt habe.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Par-

teien durch die Kündigung der Beklagten vom

26. April 1991 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hält die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für unzumutbar, weil der Kläger auf Dauer außerstande sei, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Ihr könne nicht zugemutet werden, für den Kläger einen Arbeitsplatz einzurichten, für den ein betriebliches Bedürfnis nicht bestehe; der Kläger reiße mit seinem Vorschlag Teiltätigkeiten aus dem Zusammenhang, die sonst ein und derselbe Arbeitnehmer ausführen könne und müsse.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagten habe ein wichtiger Grund zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zur Seite gestanden. Krankheitsbedingte Gründe könnten ausnahmsweise auch die außerordentliche Kündigung eines ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Der Kläger könne die vertraglich geschuldete Leistung aufgrund krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit nicht mehr erbringen. Da das Arbeitsverhältnis nicht mehr vollzogen werden könne, liege eine unzumutbare Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vor. Der Ausspruch einer Beendigungskündigung könne von der Beklagten nicht durch eine den Kläger weniger belastende Maßnahme vermieden werden, da ein für den Kläger in Betracht kommender freier Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stehe und die Beklagte auch nicht verpflichtet sei, durch Umorganisation anderer Arbeitsplätze für den Kläger erst einen geeigneten Arbeitsplatz zu schaffen. Dadurch würde sowohl in die Rechtsposition der davon betroffenen Arbeitnehmer eingegriffen als auch der Arbeitgeber ohne rechtliche Grundlage in seiner unternehmerischen Freiheit beschränkt. Entsprechendes gelte für die Argumentation des Klägers, die Beklagte könne für ihn einen in Betracht kommenden Arbeitsplatz "freikündigen". Nicht die Vertragsbeziehungen zu dem so zu kündigenden Arbeitnehmer seien gestört, sondern die zum Kläger.

Die Interessenabwägung führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar sei dem Kläger zuzugeben, daß er infolge seines fortgeschrittenen Lebensalters, seiner gesundheitlichen Einschränkungen und der langen Dauer des Arbeitsverhältnisses besonders schutzbedürftig sei. Darüber hinaus werde zu seinen Gunsten unterstellt, daß die bei der Beklagten ausgeübte Tätigkeit mitursächlich für die beim Kläger eingetretenen gesundheitlichen Beschwerden sei. Diesem Umstand komme jedoch keine große Bedeutung zu, denn der Kläger müsse eine entsprechende negative gesundheitliche Disposition aufgewiesen haben. Im Rahmen der Interessenabwägung sei weiter zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, daß die Beklagte ihm eine Wohnung vermietet habe. Die Überlassung der Wohnung sei zwar nicht Bestandteil des Arbeitsverhältnisses, aber die Gefahr, daß eine Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen werde, sei nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses als größer anzusehen. Diesen gewichtigen, für den Kläger sprechenden, Umständen stehe gegenüber, daß die Beklagte angesichts der dauernden Unfähigkeit des Klägers, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, nur die Möglichkeit habe, die vom Kläger früher ausgeübte Tätigkeit auf Dauer einem anderen Arbeitnehmer zu übertragen. Sie habe das inhaltslos gewordene Arbeitsverhältnis, ohne eine Gegenleistung zu erhalten, frühestens nach Vollendung des 65. Lebensjahres durch den Kläger ordentlich kündigen können und wäre Gefahr gelaufen, bis zur dann eintretenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Urlaub abgelten und betriebliche Sonderzahlungen leisten zu müssen. Bei diesen Gegebenheiten erscheine das Interesse des Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses weniger schützenswert als das Interesse der Beklagten an seiner Beendigung.

Die Beklagte habe auch die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten, da sie erst am 24. April 1991 die Bescheinigung des Berufsgenossenschaftlichen Arbeitsmedizinischen Dienstes erhalten habe, der endgültig zu entnehmen sei, daß der Kläger die vertraglich geschuldete Leistung nicht mehr erbringen könne.

II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. § 4.4 des Manteltarifvertrages für Arbeiter und Angestellte der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 5. Mai 1990 steht einer auf krankheitsbedingte dauernde Unfähigkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, gestützten außerordentlichen Kündigung nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung kann einen Beschäftigten, der das 53., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet und dem Betrieb mindestens 3 Jahre angehört hat, nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. Für die von der Beklagten mit Schreiben vom 26. April 1991 ausgesprochene außerordentliche Kündigung unter Gewährung einer Auslauffrist bis 31. Dezember 1991 lag ein derartiger wichtiger Grund vor. Diese Kündigung ist nicht rechtsunwirksam.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand unstreitig kraft Organisationszugehörigkeit der o.g. Manteltarifvertrag Anwendung. Der Kläger genoß sogenannte "Unkündbarkeit" gemäß § 4.4 des Manteltarifvertrages, da er eine Betriebszugehörigkeit von mehr als drei Jahren aufzuweisen und das 53. Lebensjahr vollendet hatte. Sein Arbeitsverhältnis konnte daher nicht mehr ordentlich gekündigt werden, sondern nur noch außerordentlich aus wichtigem Grund nach § 4.6 des Manteltarifvertrages in Verbindung mit § 626 BGB. § 4.4 des Manteltarifvertrages enthält keine Beschränkung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung.

a) Tarifverträge sind wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist daher zunächst vom Tarifwortlaut. Dabei ist jedoch über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen mit zu berücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben (ständige Rechtsprechung des BAG vgl. BAGE 64, 209, 215 = AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit, zu II 1 a der Gründe; Senatsurteil vom 9. September 1992 - 2 AZR 190/92 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, m.w.N.).

b) Der Tarifwortlaut ergibt keinen Anhaltspunkt für eine Beschränkung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung in dem Sinne, daß eine krankheitsbedingte Kündigung ausgeschlossen wäre.

aa) Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist in § 4.6 des Manteltarifvertrages geregelt. Danach finden die gesetzlichen Bestimmungen Anwendung. Eine außerordentliche Kündigung ist damit nach dem Tarifvertrag unter den Voraussetzungen des § 626 BGB möglich. Die Verweisung in § 4.6 des Manteltarifvertrages auf die gesetzliche Regelung schließt demnach eine auf krankheitsbedingte dauernde Unfähigkeit zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung gestützte außerordentliche Kündigung nicht aus. Das entspricht für den Geltungsbereich des § 626 BGB ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Senatsurteil vom 9. September 1992 - 2 AZR 190/92 - aaO, m.w.N.; siehe auch die Rechtsprechungsnachweise bei Lepke, Kündigung bei Krankheit, 8. Aufl., S. 113 ff.). Auch in der einschlägigen Literatur wird die Zulässigkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen Krankheit allgemein anerkannt (vgl. Feichtinger, AR-Blattei-D-, Krankheit des Arbeitnehmers I, B III 3; KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 626 Rz 105; MünchKomm-Schwerdtner, BGB, 2. Aufl., § 626 Rz 91; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 5. Aufl., Rz 551 f.; Staudinger/Neumann, BGB, 12. Aufl., § 626 Rz 46; Palandt/Putzo, BGB, 52. Aufl., § 626 Rz 51). Das wird nicht zuletzt daraus gefolgert, daß sich an der früheren Rechtslage nach § 72 Abs. 1 Nr. 3 HGB, § 133 c Abs. 1 Nr. 4 GewO aufgrund der Neufassung des § 626 BGB durch das Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz insoweit nichts geändert habe (vgl. auch Senatsurteil vom 15. November 1984 - 2 AZR 613/83 - AP Nr. 87 zu § 626 BGB, zu II 1 a der Gründe). Zu prüfen bleibt dann allerdings immer noch, ob gerade wegen der Krankheit dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.

bb) § 4.4 des Manteltarifvertrages trifft nach seinem Wortlaut keine hiervon abweichende Regelung für den sogenannten unkündbaren Arbeitnehmer. Diese Bestimmung beschränkt das Recht zur Kündigung auf eine solche "aus wichtigem Grund". Ausgeschlossen ist damit nur die ordentliche Kündigung.

cc) Aus Sinn und Zweck der tariflichen Regelung in § 4.4 des Manteltarifvertrages läßt sich für eine Beschränkung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung wegen Krankheit nichts herleiten. Wenn die Tarifpartner den gesetzlichen Begriff des wichtigen Grundes verwenden, ist grundsätzlich anzunehmen, daß sie diesen auch in seiner allgemein gültigen Bedeutung im Sinne des § 626 BGB gebraucht haben und nicht anders verstanden wissen wollen (vgl. Senatsurteile vom 17. Mai 1984 - 2 AZR 161/83 - AP Nr. 3 zu § 55 BAT und vom 9. September 1992 - 2 AZR 190/92 -, aaO zu II 2 a der Gründe; KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 626 BGB Rz 47). Das zeigt gerade ein Vergleich mit einer anderen tariflichen Regelung, nämlich der des § 55 BAT: § 55 Abs. 2 BAT geht eindeutig davon aus, wegen dauernder Leistungsunfähigkeit könne auch dem sogenannten unkündbaren Arbeitnehmer aus wichtigem Grund gekündigt werden, laut BAT allerdings nur im Wege der herabgruppierenden Änderungskündigung. Eine derartige, den Arbeitnehmer weiter absichernde Regelung haben aber die TV-Partner der Metallindustrie gerade nicht getroffen.

Zwar kann § 4.4 des Manteltarifvertrages entnommen werden, daß die Tarifvertragsparteien ältere und länger als drei Jahre beschäftigte Arbeitnehmer als besonders schutzwürdig betrachten und sie deshalb durch den Ausschluß der ordentlichen Kündigung allgemein besser stellen wollten. Speziell für die Krankheitskündigung haben sie aber keine Regelung vorgenommen. Allerdings kann sich der Ausschluß der ordentlichen Kündigung gerade bei Dauertatbeständen insoweit nachteilig für den gesicherten Arbeitnehmer auswirken, als die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - bezogen auf die gesamte Vertragsbindung - eher unzumutbar sein kann als bei einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer (BAG Urteil vom 14. November 1984 - 7 AZR 474/83 - AP Nr. 83 zu § 626 BGB). Hierin liegt auch, wie die Revision zutreffend hervorhebt, ein gewisser Wertungswiderspruch, der dazu führen könnte, daß eine tarifvertragliche Schutzposition sich in ihr Gegenteil verkehrt. Denn der tariflichen Regelung ist zugleich der Wille der Tarifvertragsparteien zu entnehmen, dem unkündbaren Arbeitnehmer sollten aufgrund seines Alters keine Nachteile entstehen. Alter und Altwerden läßt sich aber nicht automatisch mit Krankheit, geschweige denn dauernder Arbeitsunfähigkeit gleichsetzen.

Auch wenn man den genannten Wertungswiderspruch annimmt, führt das aber entgegen der Auffassung der Revision nicht zum Ausschluß des Rechts zur außerordentlichen Kündigung. Dabei kann dahinstehen, inwieweit der Ausschluß einzelner Gründe als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung überhaupt möglich ist, ohne daß es zu einer unzumutbaren Erschwerung des an sich auch tarifvertraglich nicht abdingbaren Rechts zur außerordentlichen Kündigung kommt. Die Auflösung des Wertungswiderspruchs führt dann nämlich nur zu einer Verpflichtung des Arbeitgebers, die längste Kündigungsfrist einzuhalten, die er ohne Ausschluß der ordentlichen Kündigung einzuhalten hätte. Jedenfalls insoweit ist dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 626 BGB nicht unzumutbar. Im Prinzip bleibt es also dabei, daß im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung als wesentliche Erschwerung eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles festzustellen ist.

§ 4 des Manteltarifvertrages schließt demnach eine auf eine krankheitsbedingt dauernde Unfähigkeit zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung gestützte außerordentliche Kündigung nicht von vornherein aus. Die Kündigung beurteilt sich nach den allgemein für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund maßgeblichen Kriterien.

2. Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise jedenfalls dem Grunde nach das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung zutreffend bejaht.

a) Die Anwendung des § 626 BGB durch das Berufungsgericht kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob der Sachverhalt unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund abzugeben, und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände, die für oder gegen die außerordentliche Kündigung sprechen, widerspruchsfrei berücksichtigt worden sind (BAG Urteil vom 20. September 1984 - 2 AZR 633/82 - AP Nr. 80 zu § 626 BGB; Urteil vom 2. April 1987 - 2 AZR 418/86 - AP Nr. 96 zu § 626 BGB).

Dieser eingeschränkten Überprüfung hält das angefochtene Urteil stand. b) Das Landesarbeitsgericht hat die Senatsrechtsprechung zugrunde gelegt, wonach die krankheitsbedingte dauernde Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, den Arbeitgeber zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt. Hierbei handelt es sich im Streitfall nicht um eine Kündigung wegen Leistungsminderung infolge Krankheit, was die Revision in ihrer Begründung (S. 9) zum Gegenstand der Argumentation macht, sondern um eine Kündigung wegen dauernder Unmöglichkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Bei einem Arbeitsverhältnis, bei dem feststeht, daß der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann, ist schon aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis ganz erheblich gestört; die auf das jeweilige Arbeitsverhältnis bezogene unzumutbare betriebliche Beeinträchtigung besteht dann darin, daß der Arbeitgeber damit rechnen muß, der Arbeitnehmer sei auf Dauer außerstande, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (Senatsurteil vom 28. Februar 1990 - 2 AZR 401/89 - AP Nr. 25 zu § 1 KschG 1969 Krankheit).

Der Umstand, daß diese Grundsätze zur ordentlichen Kündigung entwickelt worden sind, steht ihrer dem § 626 BGB angepaßten Anwendung auf die - nur im Ausnahmefall in Betracht kommende - außerordentliche Kündigung nicht entgegen. Ein solcher Ausnahmefall wird insbesondere bedeutsam bei einem Ausschluß der ordentlichen Kündigung auf Grund einzelvertraglicher oder - wie vorliegend - tarifvertraglicher Vereinbarung. Dabei kann unerörtert bleiben, ob die Prüfung der erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen rechtssystematisch zur Eignung als wichtiger Grund oder zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung gehört. Entscheidend ist vielmehr, daß bei der Interessenabwägung der besondere Maßstab des § 626 BGB zu beachten ist, wonach die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bzw. bis zum sonst maßgeblichen Ende des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sein muß. Ein Rechtsfehler bei der Subsumtion ist dem Landesarbeitsgericht insofern jedenfalls nicht unterlaufen.

c) Die von der Revision hiergegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

aa) Die Revision meint, die Auffassung des Berufungsgerichts, für Arbeitnehmer, bei denen eine ordentliche Kündigung unzulässig sei, stehe der Weg zu einer Kündigung aus wichtigem Grunde offen, sei unzutreffend. Dies führe dazu, daß eine tarifvertragliche Schutzposition sich in ihr Gegenteil verkehre. Aus einem Kündigungsgrund, der an sich eine ordentliche Kündigung im Sinne des § 1 KschG rechtfertige, werde plötzlich ein "fristloser" Kündigungsgrund mit allen sich daraus ergebenden Folgerungen.

Dem kann nicht gefolgt werden. Der Arbeitgeber ist, worauf bereits oben (vgl. II 1 b) hingewiesen wurde, im Falle einer dauernden Unfähigkeit zur Erbringung der Arbeitsleistung nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis "fristlos" zu kündigen, sondern lediglich außerordentlich unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist. Darüber hinaus ist bei der Interessenabwägung der besondere Maßstab des § 626 BGB zu beachten, wonach die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bzw. bis zum sonst maßgeblichen Ende des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sein muß.

bb) Die Revision macht ferner geltend, die Übertragung der zur ordentlichen Kündigung ergangenen Rechtsprechung auf die außerordentliche Kündigung habe zur Folge, daß auf diese Art und Weise für tarifvertraglich geschützte Arbeitnehmer auch die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates, wenn nicht außer Kraft gesetzt, so doch ausgehöhlt werden.

Abgesehen davon, daß nach den vorstehenden Ausführungen eine schlichte Übertragung der zur ordentlichen Kündigung ergangenen Rechtsprechung nicht stattfindet, sind diese Ausführungen auch in der Sache nicht begründet. Die Revision geht zwar zutreffend davon aus, bei einer außerordentlichen Kündigung sei der Widerspruch des Betriebsrats in § 102 BetrVG nicht ausdrücklich vorgesehen. Dem Betriebsrat ist jedoch gleichwohl das Recht zuzubilligen, auch einer außerordentlichen Kündigung zu widersprechen, da der Widerspruch nur eine qualifizierte Art von Bedenken ist (KR-Etzel, § 102 BetrVG Rz. 137). Allerdings tritt nach dem Wortlaut des § 102 BetrVG im Falle des Widerspruchs des Betriebsrats gegen eine außerordentliche Kündigung die mit dem Widerspruch verbundene Rechtsfolge des § 102 Abs. 5 BetrVG nicht ein. Insoweit könnte die betriebsverfassungsrechtliche Stellung eines Arbeitnehmers, dem wegen des tarifvertraglichen Ausschlusses der ordentlichen Kündigung eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen wird, in den Fällen beeinträchtigt sein, in denen der Betriebsrat gegen die außerordentliche Kündigung Bedenken geäußert hat, die sich den Widerspruchsgründen des § 102 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG zuordnen ließen. Die Beeinträchtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des Arbeitnehmers könnte dann darin liegen, daß der Arbeitnehmer gleichwohl nach dem Wortlaut des § 102 Abs. 5 BetrVG keinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend machen könnte.

Diese Überlegungen führen entgegen der Ansicht der Revision nicht zu einer Beschränkung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung. Für den betriebsratslosen Betrieb wäre der Ansatz der Revision ohnehin versperrt. Im übrigen wäre in den von der Revision angesprochenen Fallgestaltungen gegebenenfalls an eine analoge Anwendung des § 102 Abs. 5 BetrVG zu denken.

d) Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Kläger sei aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer nicht mehr in der Lage, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Arbeiter im Rohrlager zu erbringen. Diese Feststellung ist für den Senat bindend (§ 561 ZPO), da sie von der Revision mit Verfahrensrügen nicht angegriffen worden ist. Sie entspricht im übrigen auch den ärztlichen Feststellungen und der eigenen Einschätzung des Klägers.

e) Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, der Kläger könne auch nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden, den er gesundheitlich in der Lage sei auszufüllen. Auch insoweit erhebt die Revision keine Verfahrensrügen. Der Senat ist an diese Feststellung daher gleichfalls gebunden. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte sei nicht verpflichtet, aus mehreren aus dem Zusammenhang gerissenen Teiltätigkeiten mit leichterer Arbeit für den Kläger einen "leidensgerechten" neuen Arbeitsplatz zu schaffen.

aa) Der Senat hat im Urteil vom 22. Juli 1982 (- 2 AZR 30/81 - AP Nr. 5 zu § 1 KschG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung) entschieden, der Arbeitgeber sei nur verpflichtet, den Arbeitnehmer an einem anderen freien Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen. Als frei sind solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind. Diese Rechtsprechung hat der Senat in seiner Entscheidung vom 30. Januar 1986 (- 2 AZR 668/84 - NZA 1987, 555) noch einmal bestätigt. Wie sich daraus ergibt, besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers zu einem Austausch von Arbeitnehmern oder gar zu einem Ringtausch. Denn eine solche Maßnahme würde auch Rechtspositionen anderer Arbeitnehmer berühren, deren Arbeitsverhältnis nicht gestört ist. Darauf weist die Beklagte zutreffend hin.

bb) Entgegen der Ansicht der Revision steht diese auch vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung nicht im Widerspruch zu den Wertungen des Senats in der Entscheidung vom 17. Mai 1984 (- 2 AZR 161/83 - AP Nr. 3 zu § 55 BAT). Der Senat hat in dieser Entscheidung ausgeführt (zu III 2 a bb der Gründe), die in § 55 Abs. 2 BAT bezeichneten dienstlichen Gründe müßten dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des unkündbaren Angestellten unzumutbar im Sinne eines wichtigen Grundes nach § 54 BAT machen. Im Rahmen der Interessenabwägung könne das Interesse des Arbeitgebers an der Weiterbeschäftigung eines kündbaren Angestellten nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben. Andererseits zeige aber die Gesamtregelung über die außerordentliche Kündigung unkündbarer Angestellter, daß diesem Personenkreis gegenüber Kündigungen aus betrieblichen Gründen ein erhöhter Schutz gewährt werden solle.

Diese Ausführungen, die sich auf eine nach dem Tarifvertrag zulässige befristete außerordentliche Änderungskündigung eines unkündbaren Angestellten aus dienstlichen Gründen beziehen, können auf die hier vorliegende außerordentliche Beendigungskündigung aus personenbedingten Gründen nicht übertragen werden.

3. Die Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts ist aus revisionsrechtlicher Sicht ebenfalls nicht zu beanstanden.

a) Das Landesarbeitsgericht hat für die Prüfung, ob der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei, zutreffend nicht auf die Dauer einer fiktiven Kündigungsfrist, sondern auf die tatsächliche künftige Vertragsbindung abgestellt (vgl. BAG Urteil vom 14. November 1984 - 7 AZR 474/83 - AP Nr. 83 zu § 626 BGB; Senatsurteile vom 2. April 1981 - 2 AZR 1025/78 -, n. v. und vom 9. September 1992 - 2 AZR 190/92 - aaO).

b) Das Landesarbeitsgericht hat zugunsten des Klägers dessen fortgeschrittenes Lebensalter, seine gesundheitlichen Einschränkungen und seine lange Betriebszugehörigkeit berücksichtigt. Darüber hinaus hat es zu seinen Gunsten unterstellt, daß die bei der Beklagten ausgeübte Tätigkeit mitursächlich für die beim Kläger eingetretenen gesundheitlichen Beschwerden war. Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht zugunsten der Beklagten darauf abgestellt, der Kläger könne auf Dauer nicht mehr seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringen; die Beklagte habe daher nur die Möglichkeit gehabt, die vom Kläger früher ausgeübte Tätigkeit auf Dauer einem anderen Arbeitnehmer zu übertragen. Die Beklagte habe das inhaltslos gewordene Arbeitsverhältnis ohne eine Gegenleistung zu erhalten frühestens nach Vollendung des 65. Lebensjahres durch den Kläger ordentlich kündigen können und wäre Gefahr gelaufen, bis zur dann eintretenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Urlaub abgelten und betriebliche Sonderzahlungen leisten zu müssen.

c) Diese Würdigung hält sich in dem dem Berufungsgericht zustehenden Beurteilungsspielraum. Das Landesarbeitsgericht hat die wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt und angemessen abgewogen. Wenn es zu dem Ergebnis kommt, eine lediglich förmliche Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses bis zum Erreichen der Altersgrenze sei der Beklagten nicht zumutbar, ist das auch unter Berücksichtigung des durch die tariflich eingeräumte Unkündbarkeit angezeigten besonders strengen Maßstabes nicht zu beanstanden.

Die von der Revision gegen die Interessenabwägung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

Das Berufungsgericht durfte im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten der Beklagten berücksichtigen, daß die Beklagte bei einer Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätte Zusatzleistungen gewähren müssen. Eine Berücksichtigung dieses Umstandes wäre nur dann ausgeschlossen, wenn die Beklagte unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet sein könnte, Urlaubsabgeltung oder betriebliche Sonderzahlungen zu leisten. Daß diese Fallgestaltung vorliegt, trägt die Revision selbst nicht vor. Auf die Höhe derartiger Zusatzleistungen braucht hier indessen nicht tragend abgestellt zu werden. Für wesentlicher hält es der Senat - und dies ist entscheidend zugunsten der Beklagten zu gewichten -, daß der Kläger in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann, so daß schon aus diesem Grund das Arbeitsverhältnis auf Dauer ganz erheblich gestört ist. Die auf das Arbeitsverhältnis als Mitarbeiter im Rohrlager bezogene betriebliche Beeinträchtigung besteht darin, daß die Beklagte davon ausgehen muß, der Kläger sei nie mehr in der Lage, die von ihm geschuldete Leistung zu erbringen. In diesem Fall liegt die erhebliche betriebliche Beeinträchtigung darin, daß der Arbeitgeber auf unabsehbare Zeit gehindert wird, sein Direktionsrecht (vgl. dazu KR-Rost, 3. Aufl., § 2 KSchG Rz 36 f.) auszuüben. Die Beklagte kann den Kläger schon allein hinsichtlich der Bestimmung von Zeit und Reihenfolge der Arbeit nicht mehr frei einsetzen; eine irgendwie geartete Planung seines Einsatzes ist nach seinem mehr als 1 1/2jährigen Fehlen bei Gewährung einer Zeitrente (vom 1. Mai - 31. Oktober 1990) wegen Erwerbsunfähigkeit ebenso wenig möglich wie der von Vertretungskräften. Selbst der befristete Einsatz von Aushilfskräften wird angesichts der nach § 1 BeschFG auf 18 Monate beschränkten Möglichkeiten erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht, wenn solche Aushilfskräfte einen Anspruch auf einen Dauerarbeitsplatz geltend machen. Der Arbeitgeber kann dann aber nicht gehindert werden, mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers auf Dauer einen anderen Arbeitnehmer zu beauftragen (vgl. Senatsurteile vom 28. Februar 1990 - 2 AZR 401/89 - AP, aaO, zu II 1 b bb der Gründe und vom 21. Mai 1992 - 2 AZR 399/91 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu III 3 a der Gründe).

4. Die von der Beklagten gewählte Auslauffrist von acht Monaten, die jedenfalls der längsten ordentlichen Kündigungsfrist nach § 4.5.2 des Manteltarifvertrages von 6 Monaten zum Quartalsende entspricht, wird vom Kläger nicht beanstandet.

5. Schließlich ist die außerordentliche Kündigung auch nicht wegen Versäumung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Gemäß § 626 Abs. 2 BGB beginnt die Zwei-Wochen-Frist, innerhalb derer eine außerordentliche Kündigung zu erklären ist, mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

a) Bei Krankheit des Arbeitnehmers wird überwiegend davon ausgegangen, die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginne nicht erst mit Beendigung der Erkrankung, sondern bereits dann, wenn der Arbeitgeber sichere Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen habe (KR-Hillebrecht, aaO, § 626 BGB Rz 227, 228; Lepke, Kündigung bei Krankheit, 8. Aufl., S. 117; Stahlhacke/Preis, aaO, Rz 481; a.A. MünchKomm-Schwerdtner, aaO, § 626 BGB Rz 183; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 4. Aufl., S. 254).

Hiervon ist auch der Senat in seiner Entscheidung vom 9. Juli 1964 (- 2 AZR 419/63 - AP Nr. 52 zu § 626 BGB, zu 2 a der Gründe) ausgegangen. Er hat angenommen, für den Beginn der Frist sei der Zeitpunkt maßgeblich, in dem für den Arbeitgeber feststehe, daß für den Arbeitnehmer auch andere zumutbare Arbeitsplätze nicht vorhanden sind.

b) Für die Entscheidung des Streitfalles kann dahinstehen, ob es sich bei der hier vorliegenden dauernden Unfähigkeit, die vertraglichen Dienste zu erbringen, um einen Dauertatbestand handelt, bei dem es für die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist ausreicht, daß er in den letzten zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung angehalten hat (vgl. dazu KR-Hillebrecht, aaO, § 626 BGB Rz 226 ff.). Denn die Beklagte hat die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB in jedem Falle gewahrt.

Das Landesarbeitsgericht hat unter Zugrundelegung der vorgenannten Grundsätze zu Recht angenommen, als Fristbeginn sei der Zugang der Bescheinigung des Berufsgenossenschaftlichen Arbeitsmedizinischen Dienstes am 24. April 1991 anzusehen. Erst auf Grund der in dieser Bescheinigung enthaltenen ärztlichen Feststellungen war für die Beklagte eindeutig erkennbar, welche Tätigkeiten der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch verrichten kann. Danach war die Beklagte überhaupt erst in der Lage zu überprüfen, ob in ihrem Betrieb ein Arbeitsplatz vorhanden war, den der Kläger noch ausfüllen konnte.

Die von der Revision hiergegen erhobenen Einwendungen vermögen nicht zu überzeugen.

aa) Die Revision meint, der Beklagten sei auf Grund der Erklärungen des Klägers im Gespräch vom 20. Februar 1991 bekannt gewesen, daß dieser nicht mehr in der Lage war, seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Damit hatte die Beklagte jedoch noch keine zuverlässige Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen. Wie die Vorlage des Attestes seiner Orthopädin vom 25. Februar 1991 am 1. März 1991 zeigt, strebte der Kläger mit Rücksicht auf seine Gesundheit den Einsatz auf einem leichteren Arbeitsplatz an. Inwieweit ein solcher Einsatz möglich war, war gerade Sinn der von der Beklagten umgehend, nämlich noch am 1. März 1991 veranlaßten Vorstellung des Klägers beim Berufsgenossenschaftlichen Arbeitsmedizinischen Dienst. Die Beklagte hat also innerhalb einer angemessenen Frist die zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig erscheinenden Maßnahmen durchgeführt. Eine solche weitere ärztliche Untersuchung durfte sie auch für geboten halten, weil aus der vom Kläger überreichten ärztlichen Bescheinigung vom 25. Februar 1991 nicht hervorgeht, welche konkreten Anforderungen an einen leichteren Arbeitsplatz zu stellen waren.

bb) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 10. Juni 1988 (- 2 AZR 25/88 - AP Nr. 27 zu § 626 BGB Ausschlußfrist) ausgeführt, für die Durchführung weiterer, vom Kündigungsberechtigten für erforderlich erachteter Ermittlungen könne - abgesehen von der Anhörung des Kündigungsgegners - keine Regelfrist gesetzt werden. Vielmehr hänge die Art und die zeitliche Folge der Durchführung weiterer, vom Kündigungsberechtigten für erforderlich erachteter Ermittlungen von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Es könne deshalb auch nur fallbezogen beurteilt werden, ob der Kündigungsberechtigte die Ermittlungen mit der gebotenen Eile betrieben habe. Die Beklagte hat nach dem Gespräch vom 20. Februar 1991 die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinende ärztliche Untersuchung am 1. März 1991 und damit in der gebotenen Eile durchführen lassen. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist der Beklagten unstreitig erst am 24. April 1991 und damit innerhalb von zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung bekannt geworden.

Hillebrecht Bitter Kremhelmer

Wisskirchen Frehse

 

Fundstellen

EEK, II/215 (ST1-5)

DBlR 4041a, AFG/§ 117 (ST)

EzA § 626 nF BGB, Nr 144 (ST1-3)

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