Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerüberlassung. Ausgleichsquittung. Annahmeverzug

 

Normenkette

ZPO § 256; BGB § 626 Abs. 1, § 615; AÜG Art. 1 § 10 Abs. 1-2, § 9 Nr. 1; MTV für das metallverarbeitende Handwerk Berlin vom 20. Oktober 1972

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 19.06.1979; Aktenzeichen 3 Sa 111/78)

ArbG Berlin (Urteil vom 08.11.1978; Aktenzeichen 7 Ca 248/78)

ArbG Berlin (Teilurteil vom 04.10.1978; Aktenzeichen 7 Ca 248/78)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 19. Juni 1979 – 3 Sa 111/78 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Beklagte stellte den Kläger, einen 1942 geborenen jugoslawischen Staatsangehörigen, am 21. November 1977 als Schlosser und Schweißer ein. Als Stundenlohn wurden 12,-- DM vereinbart. Der Kläger, der außerdem Zulagen erhielt, erzielte einen Durchschnittslohn bis zu 160,92 DM brutto täglich. Seine monatlichen Bezüge beliefen sich durchschnittlich auf etwa 3.480,-- DM.

Am 24. Mai 1978 gab die Beklagte das Schreiben vom 22. Mai 1978 zur Post, in dem sie unter der Überschrift “Kündigung” die eigene Kündigung des Klägers zum letzten Arbeitstag, dem 22. Mai 1978, bestätigte. Die Beklagte hatte vor dem 24. Mai 1978 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers vom 23. Mai 1978 erhalten.

Mit der am 9. Juni 1978 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wandte sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 22. Mai 1978. Er wies dabei auf seine damals bestehende Arbeitsunfähigkeit hin, die bis zum 6. Juni 1978 andauerte. Vor Zustellung der Klage an die Beklagte am 6. Juli 1978 unterzeichnete der Kläger anläßlich des Erhalts seiner Papiere und des Restlohnes am 28. Juni 1978 eine Ausgleichsquittung, in der er den Ausgleich sämtlicher Ansprüche bestätigt und keine Einwendungen gegen die Kündigung erhebt. Seit 4. September 1978 steht der Kläger in einem anderen Arbeitsverhältnis.

Der Kläger bestreitet, daß er am 22. Mai 1978 selbst gekündigt habe. Er fordert für die Zeit vom 23. Mai bis 6. Juni 1978 Krankenlohn, für die Zeit vom 6. Juli bis 3. September 1978 macht er Ansprüche aus Annahmeverzug geltend, ferner fordert er Lohn für den 3., 4. und 15. Mai 1978 sowie restliches Urlaubsentgelt für vier Urlaubstage im April 1978 und Urlaubsabgeltung für acht Urlaubstage.

Der Kläger hat beantragt,

  • festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht,
  • die Beklagte zu verurteilen, ihm insgesamt 13.032,96 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 20. Oktober 1978 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist in erster Linie auf die vom Kläger unterzeichnete Ausgleichsquittung und behauptet, der Kläger habe am 22. Mai 1978 einen Stundenlohn von 15,-- DM verlangt. Als sie – die Beklagte – dies abgelehnt habe, habe er erklärt, er höre sofort mit der Arbeit auf und man solle ihm seine Papiere fertig machen. Damit sei sie – die Beklagte – einverstanden gewesen.

Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme durch das Teilurteil vom 4. Oktober 1978 und das Schlußurteil vom 8. November 1978 dem Feststellungsantrag des Klägers entsprochen und die Beklagte unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, dem Kläger 9.979,47 DM brutto nebst Zinsen zu zahlen. Es hat die Einwendung der Beklagten, der Kläger habe am 22. Mai 1978 das Arbeitsverhältnis selbst gekündigt, als unbewiesen erachtet und den Vergütungsansprüchen des Klägers aus Lohnfortzahlung während der Erkrankung und aus Annahmeverzug seit Zustellung der Klage stattgegeben. Es ist weiterhin davon ausgegangen, daß für die Parteien der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das metallverarbeitende Handwerk Berlin vom 20. Oktober 1972 gilt. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Teil- und das Schlußurteil des Arbeitsgerichts Berlin abgeändert und die Beklagte verurteilt dem Kläger lediglich 739,77 DM brutto nebst Zinsen zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den Feststellung antrag weiter, das Arbeitsverhältnis habe bis zum 3. September 1978 fortbestanden. Im übrigen erstrebt er die volle Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidungen. Da die Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung am 20. Oktober 1981 (Bl. 44 SenA im Verhandlungstermin vom 3. Februar 1982 nicht vertreten war, hat der Kläger beantragt, durch Versäumnisurteil nach seinen Revisionsanträgen zu erkennen.

 

Entscheidungsgründe

Das tatsächliche Vorbringen des Revisionsklägers rechtfertigt i. Verb. mit den Feststellungen der Vorinstanzen die Revisionsanträge nicht, so daß trotz der Säumnis der Beklagten in der Revisionsverhandlung seinen Anträgen nicht entsprochen werden konnte (§ 72 Abs. 5 ArbGG; §§ 557, 542 Abs. 2, § 561 ZPO). Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen reichen andererseits auch nicht aus, das Rechtsmittel des Klägers als unbegründet zurückzuweisen. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz (§ 565 Abs. 1 ZPO).

1. Die von der Vorinstanz getroffenen und mit Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen schließen nicht aus, daß die Beklagte in Form eines sog. gemischten Unternehmens gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung i. S. des Art. 1 § 1 AÜG betreibt und der Kläger zu den sog. Leiharbeitnehmern gehörte. Manche Umstände sprechen im Entscheidungsfalle für derartige Rechtsbeziehungen unter den Beteiligten. Da ist zunächst die im unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung, die “jeweiligen Auftraggeber” hätten großen Wert auf die Arbeit des Klägers gelegt, “sein jeweiliger Arbeitgeber sei demgegenüber zurückgetreten”. Da ist weiter die vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommene tatbestandliche Feststellung des Arbeitsgerichts über die Behauptung des Klägers, er sei am 3. Mai 1978 von der Beklagten “zu zwei Firmen in Berlin-Tegel und in Berlin-Gartenfeld gesandt worden, jedoch von beiden Firmen wieder zurückgeschickt worden. Die Beklagte habe sodann dem Kläger die Bezahlung dieses Tages zugesagt.” Und da ist schließlich der Hinweis der Beklagten auf ihre Betriebsordnung (Bl. 17/18 VorA), die in § 1 aussagt, der Betrieb sei nicht tarifgebunden, obwohl der Manteltarifvertrag für das metallverarbeitende Handwerk Berlin vom 20. Oktober 1972 nach der Bekanntmachung des Senators für Arbeit und Soziales vom 10. Mai 1973 – Arb/Soz III A 21 – für allgemeinverbindlich erklärt ist. Diese Umstände ergeben zwar nicht zwingend die Eigenschaft der Beklagten als Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung, doch bietet der festgestellte Sachverhalt hierfür gewichtige Anhaltspunkte (BAG 29, 7 = AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972). Arbeitgeber, die Dritten Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung überlassen (wollen), bedürfen der Erlaubnis (§ 1 Abs. 1 AÜG). Fehlt diese, was im Streitfalle noch nicht festgestellt worden ist, so ist der Arbeitsvertrag zwischen dem unerlaubt tätigen Verleiher und seinem (Leih-) Arbeitnehmer unwirksam (§ 9 Abs. 1 AÜG); es gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustandegekommen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG). Gegenüber dem Verleiher (seinem “Vertragspartner”) hat der Leiharbeitnehmer demgegenüber (nur) einen Schadenersatzanspruch (§ 10 Abs. 2 AÜG). Auch dazu hat die Vorinstanz keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die dem Senat eine eigene abschließende Entscheidung ermöglichen. Entsprechende Sachverhaltsfeststellungen sind aber schon deshalb unverzichtbar, weil von ihnen die Beurteilung abhängt, ob die Beklagte in diesem Rechtsstreit passiv legitimiert ist. Die Frage der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ist deshalb vom Revisionsgericht auch ohne Rüge der Prozeßparteien zu prüfen (ebenso: BAG 29, 7; BAG 31, 135, 140).

2. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb zunächst zu prüfen haben, ob im Entscheidungsfalle eine erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung i.S. des Art. 1 § 1 AÜG stattgefunden hat. Sollte diese Prüfung ergeben, daß dies nicht der Fall war, weil der Kläger z.B. auf werkvertraglicher Basis in Drittfirmen eingesetzt gewesen ist, oder daß die Beklagte eine Erlaubnis i.S. des § 1 AÜG besitzt (besaß), so greift die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe die Vorschrift der § 13 Ziff. 4 des allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrages für das metallverarbeitende Handwerk Berlin vom 20. Oktober 1972 übersehen, durch. Danach bedarf die Kündigung grundsätzlich der Schriftform.

a) Dieser MTV ist für allgemeinverbindlich erklärt worden, wie sich aus der Bekanntmachung vom 10. Mai 1973 des Senators für Arbeit und Soziales des Landes Berlin ergibt (Amtsblatt für Berlin Nr. 22 vom 18. Mai 1973).

Der Hinweis der Revision auf diesen MTV enthält nicht etwas neues tatsächliches Vorbringen, denn Tarifverträge gelten als Rechtsnormen, die vom Gericht auch ohne Parteihinweis anzuwenden sind. Aus dem erstinstanzlichen Urteil ergibt sich, daß die Beklagte einen Handwerksbetrieb des Stahlbau- (Schlosser-) Handwerks betreibt. Im Hinblick auf die Revisionsrüge wird deshalb nochmals zu prüfen sein, ob die Beklagte mit ihrem Betrieb unter den fachlichen Geltungsbereich des MTV fällt (§ 1 Ziff. 2 MTV). Die Beklagte hat bisher jedenfalls nicht gerügt, dieser Tarif sei auf sie nicht anwendbar; im Gegenteil, sie hat in ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 22. Dezember 1978 sogar ausgeführt, dem Begehren des Klägers stünden die Ausschlußfristen des Manteltarifvertrages entgegen.

b) Findet der Manteltarifvertrag auf das streitgegenständliche Arbeitsverhältnis Anwendung, so wird das Berufungsgericht zu beachten haben, daß die Schriftformklausel “die Kündigung bedarf grundsätzlich der Schriftform”, eine konstitutive Formklausel, und zwar eine gesetzliche Schriftform im Sinne des § 126 BGB (vgl. BAG 5, 58 ff. = AP Nr. 2 zu § 125 BGB und die kritische Anmerkung Tophovens zu LAG Bremen in AP Nr. 1 zu § 125 BGB, das entgegen der zutreffenden Ansicht von Tophoven von einer Formnichtigkeit nach § 125 Satz 2 BGB ausgegangen war) ist.

c) Das Landesarbeitsgericht wird, da die eigene Kündigung des Klägers, falls er sie tatsächlich erklärt haben sollte, formnichtig ist, zu prüfen haben, ob diese nichtige Eigenkündigung des Klägers umgedeutet werden kann in ein Angebot an die Beklagte, mit ihm einen Aufhebungsvertrag zu schließen (vgl. BAG AP Nr. 64 zu § 626 BGB). Dabei wird das Landesarbeitsgericht aber § 147 Abs. 1 BGB zu beachten haben.

Bei der Beweiswürdigung zur Frage, ob der Kläger überhaupt fernmündlich gekündigt hat, ist zu beachten, daß insoweit strenge Beweisanforderungen zu stellen sind, denn die Schriftformklausel für die Kündigung dient u.a. auch der Beweisfunktion.

3. Die Ausgleichsklausel könnte sämtlichen Ansprüchen entgegenstehen, außer der Urlaubsabgeltung.

a) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, die Ausgleichsquittung vom 28. Juni 1978 stehe den Klagansprüchen nicht entgegen. Zwar könne in einer Ausgleichsquittung nicht nur auf Vergütungsansprüche, sondern auch auf den Kündigungsschutz verzichtet werden. Dies gelte jedoch nur, soweit Ansprüche überhaupt einem Verzicht unterlägen, deshalb z.B. nicht für Urlaubsabgeltungsansprüche. An einen Verzicht im Rahmen einer Ausgleichsklausel seien strenge Anforderungen zu stellen. Die gelte insbesondere, wenn der Arbeitnehmer auf den Kündigungsschutz verzichte und sogar bereits eine Kündigungsschutzklage erhoben habe. Dann sei kaum anzunehmen, daß der Arbeitnehmer auf die Kündigungsschutzklage verzichten wolle. Nicht unerheblich sei jedoch, daß im vorliegenden Falle dem Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt wegen der fehlenden Zustellung die bereits erhobene Kündigungsschutzklage nicht bekannt gewesen sei. Es handele sich bei dem Kläger um einen ausländischen Arbeitnehmer, der zwar die deutsche Sprache soweit beherrsche, daß eine Erörterung des Sach- und Streitgegenstandes mit ihm ohne jede Schwierigkeit möglich gewesen sei. Dies begründe jedoch nicht eine entsprechende Feststellung hinsichtlich der Beherrschung der deutschen Schrift und des erforderlichen Verständnisses bei der Unterzeichnung einer Ausgleichsquittung mit der damit verbundenen Abgabe einer rechtlich erheblichen Willenserklärung.

b) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, daß in Ausgleichsquittungen auch auf Ansprüche aus dem KSchG, und zwar sogar nach Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet werden kann, wenn nur die Ausgleichsklausel entsprechend deutlich und unmißverständlich formuliert worden ist (BAG AP Nr. 4 zu § 4 KSchG 1969 mit insoweit zust. Anm. von Herschel; KR-Friedrich § 4 Rz 301 ff.).

Nach der hier vorliegenden Ausgleichsquittung bestätigt der Kläger, die Arbeitspapiere und einen Geldbetrag erhalten zu haben, damit seien sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund ausgeglichen. Weiter heißt es: “Das schließt ausdrücklich auch den Verzicht auf ein eventuelles betriebliches Ruhegeld ein. Gegen die Kündigung werden von mir keine Einwände erhoben, soweit nach Unterzeichnung keine tarifliche Widerrufsfrist vereinbart ist. Ich erkläre ausdrücklich, diese Bescheinigung sorgfältig gelesen zu haben.”

Durch diesen Wortlaut ist unmißverständlich auf sämtliche Ansprüche, auch auf Ansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verzichtet worden. Der Kläger hat ferner erklärt, er erhebe gegen die Kündigung keine Einwendungen.

Eine Besonderheit ergibt sich aus der Tatsache, daß der Kläger Ausländer ist. Es bestehen aber grundsätzlich Bedenken, ein besonderes Recht für Ausländer zu schaffen. Für sie gilt wie für jeden Deutschen, daß individuelle Behinderungen zur Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit einer Willenserklärung führen können.

Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, der Kläger beherrsche die deutsche Sprache soweit, daß eine Erörterung des Sach- und Streitstandes mit ihm ohne jede Schwierigkeit möglich gewesen sei, dies begründe jedoch nicht eine entsprechende Feststellung hinsichtlich der deutschen Schrift, reichen nicht aus, um die Ausgleichsquittung für unwirksam zu halten. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb, falls es auf die Ausgleichsquittung ankommt, zu prüfen haben, ob der Kläger in der Lage war, den Inhalt der Ausgleichsquittung zu verstehen. Falls dies der Fall ist, kann der Kläger nicht anders behandelt werden als ein deutscher Arbeitnehmer.

4. Feststellungen darüber, ob der Kläger mit seiner Klage vom 9. Juni 1978, die am 6. Juli 1978 zugestellt worden ist, die Beklagte in Annahmeverzug gesetzt hat, fehlen im angefochtenen Urteil, weil das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, das Arbeitsverhältnis sei durch die eigene wirksame Kündigung des Klägers am 22. Mai 1978 beendet worden.

Falls Ansprüche aus Annahmeverzug nicht bereits entfallen, weil das Arbeitsverhältnis am 22. Mai 1978 beendet worden ist, wird das Landesarbeitsgericht folgendes zu beachten haben:

a) Die am 6. Juli 1978 zugestellte Klage vom 8. Juni 1978 dürfte den Annahmeverzug nicht ausgelöst haben, weil der Kläger in der Klage selbst vorgetragen hat, er sei voraussichtlich bis zum 6. Juni 1978 arbeitsunfähig krank. Es handelt sich um eine Prognose. Auf derartige Prognosen ist kein Verlaß, wie Blomeyer in seiner Anmerkung zu AP Nr. 31 zu § 615 BGB richtig bemerkt hat. Das Bundesarbeitsgericht geht ebenfalls davon aus, daß ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage nicht wirksam seine Arbeitsleistung anbieten kann (BAG AP Nr. 26 und Nr. 31 zu § 615 BGB). Der Kläger hat bisher selbst nicht vorgetragen, daß er zu irgendeine Zeit der Beklagten angezeigt habe, er sei wieder arbeitsfähig.

b) Abgesehen davon bestehen Bedenken, ob überhaupt ein wörtliches Angebot nach § 295 BGB in vorliegenden Fall ausreichten. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Beklagte dem Kläger erklärt hätte, sie werde die Arbeitsleistung nicht annehmen. Eine derartige Erklärung wird in der Regel in der Kündigung des Arbeitgebers liegen. Im vorliegenden Fall hat aber die Beklagte behauptet, der Kläger selbst habe gekündigt. Selbst wenn die Eigenkündigung des Klägers wegen der Formvorschrift des MTV nichtig ist, so kann sie doch möglicherweise in das Angebot, einen Auflösungsvertrag zu schließen, umgedeutet werden. Zumindest kann aus der nichtigen Eigenkündigung des Klägers nicht geschlossen werden, die Beklagte habe sich geweigert, den Kläger zu beschäftigen oder sie habe ihm gar gekündigt. Ist demnach ein tatsächliches Angebot nach § 294 BGB erforderlich, so käme auch schon aus diesem Grunde ein Annahmeverzug der Beklagten nicht in Betracht, denn der Kläger hat nicht vorgetragen, er habe seine Arbeitsleistung der Beklagten tatsächlich angeboten.

5. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den Forderungen des Klägers für den 3. und 4. Mai 1978 sind rechtlich dann nicht zu beanstanden, wenn sich erweisen sollte, daß die Beklagte im Entscheidungsfalle passiv legitimiert ist.

 

Unterschriften

Bichler, Roeper, Dr. Becker, Nehring, Bea

 

Fundstellen

Dokument-Index HI871088

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