Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugang der Kündigung während Untersuchungshaft oder Auslieferungshaft im Ausland

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichtetes Kündigungsschreiben geht diesem grundsätzlich auch dann zu, wenn dem Arbeitgeber bekannt ist, daß sich der Arbeitnehmer in Untersuchungshaft oder in Auslieferungshaft im Ausland (hier: Frankreich) befindet (im Anschluß an BAG Urteil vom 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 = EzA § 130 BGB Nr 16, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).

2. Die durch an sich verspätetes Vorbringen veranlaßte Notwendigkeit, nach § 283 ZPO eine Erklärungsfrist einzuräumen, bedeutet für sich allein noch keine Verzögerung des Rechtsstreits im Sinne von § 296 ZPO (wie BGH vom 26.11. 1984 - VIII ZR 217/83 = NJW 1985, 1556).

 

Normenkette

KSchG § 5; BGB § 130; ZPO §§ 283, 528

 

Verfahrensgang

LAG München (Entscheidung vom 02.03.1988; Aktenzeichen 5 Sa 310/87)

ArbG München (Entscheidung vom 14.01.1987; Aktenzeichen 8 Ca 5140/86)

 

Tatbestand

Der verheiratete Kläger war in der Niederlassung München der Beklagten, die ein Bauunternehmen betreibt, seit 1972 beschäftigt und gem. dem ab 1. Januar 1983 geltenden Dienstvertrag vom 22. Mai 1984 als Leiter der Abteilung Komplettbau gegen ein Monatsgehalt von 6.970,-- DM brutto eingesetzt.

Seit dem 3. Januar 1986 hielt sich der Kläger aus Furcht vor einer Verhaftung durch deutsche Ermittlungsbehörden im Ausland auf. Am 7. Januar 1986 fand eine telefonische Unterredung, am 6. Februar 1986 ein Treffen mit Vertretern der Beklagten in Zürich statt. Am selben Tag wurde die Ehefrau des Klägers in München in Untersuchungshaft genommen. Am 10. Februar 1986 erließ das Amtsgericht München gegen den Kläger Haftbefehl wegen Verdachts der Untreue und Fluchtgefahr. Am 14. Februar 1986 wurde der Kläger in Frankreich in Auslieferungshaft genommen und in die Untersuchungsstrafanstalt in Bois d'Arcy eingeliefert.

Mit Schreiben vom 21. Februar 1986 kündigte die Beklagte dem Kläger fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 1986. Das Schreiben enthält den Hinweis, daß der Betriebsrat ordnungsgemäß gehört worden sei. Dieses Schreiben ließ die Beklagte durch Boten am selben Tag in den Briefkasten der Wohnung des Klägers in München, Z, einwerfen.

Am 27. März 1986 wurde die Ehefrau des Klägers aus der Untersuchungshaft entlassen.

Mit Schriftsatz seiner früheren Prozeßbevollmächtigten vom 15. April 1986, der beim Arbeitsgericht am 16. April 1986 eingegangen ist, hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt. Er hat darin vorgetragen, das Kündigungsschreiben sei "durch Überbringer" in den Z in München gebracht worden. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich sowohl er als auch seine Ehefrau in einer Lage befunden, in welcher sie ihren Aufenthalt nicht frei hätten bestimmen können, er in Frankreich, seine Ehefrau in Deutschland. Die eheliche Wohnung im Z sei zu diesem Zeitpunkt unbewohnt gewesen. All dies habe die Beklagte gewußt. Sie habe deshalb nicht damit rechnen können, daß durch das Einwerfen in den Briefkasten ein Zugang an ihn bewirkt werde. Seine Ehefrau sei erst vor wenigen Tagen in die Wohnung zurückgekehrt. Mit ihm habe das Kündigungsschreiben erstmals am 10. April 1986 in der Untersuchungshaftanstalt in Bois d'Arcy besprochen werden können. Von einem früheren Zugang der Kündigung sei nicht auszugehen. Die fristlose Kündigung sei unwirksam, weil ein wichtiger Grund nicht dargelegt und auch nicht vorhanden sei. Soweit die ordentliche Kündigung erklärt sei, werde ihre Sozialwidrigkeit geltend gemacht.

Die Beklagte hat hierauf unter Vorlage einer unbeglaubigten Fotokopie des Haftbefehls vom 10. Februar 1986 zunächst erwidert, das Kündigungsschreiben sei durch den Einwurf in den Briefkasten am 21. Februar 1986 dem Kläger zugegangen. Er habe die Wohnung nicht aufgegeben, sondern sich nur vorübergehend auswärts aufgehalten. Er habe sie auch nicht über seinen jeweiligen Aufenthaltsort unterrichtet oder für das Nachsenden seiner Post gesorgt. Die beiden Sekretärinnen, die das Kündigungsschreiben am 21. Februar 1986 gegen 12.30 Uhr in den Briefkasten geworfen hätten, hätten zuvor erfolglos geläutet und von einer Hausbewohnerin die Auskunft erhalten, der Briefkasten der Familie D werde jeden Tag geleert. Die Kündigungsschutzklage sei somit verspätet. Sie könne auch nicht nach § 5 KSchG nachträglich zugelassen werden. Der Kläger habe einen solchen Antrag nicht gestellt; die Klageerhebung allein genüge nicht. Für die Kündigung liege auch ein wichtiger Grund vor. Der Kläger verletze nachhaltig seine Arbeitspflicht, da er seit Dezember 1985 nicht mehr arbeite. Er habe sich darüber hinaus der Untreue zu ihrem Nachteil schuldig gemacht. Er habe mit einem Baubetreuer vereinbart, daß dieser seine Provisionen und Vergütungen, die er von ihr erhalten sollte, in doppelter Höhe fordern und die Hälfte hiervon an ihn, den Kläger, zurückfließen sollte. Auf diese Weise habe er von der zwischen ihr und dem Baubetreuer vereinbarten Provision in Höhe von mehr als 11 Millionen DM etwa die Hälfte erhalten. Zumindest sei er dieser Straftat dringend verdächtig, wie der Haftbefehl erweise.

Durch Beschluß vom 18. Juni 1986 hat das Arbeitsgericht Termin zur Kammerverhandlung auf den 14. Januar 1987 bestimmt und dem Kläger aufgegeben, auf das bisherige schriftsätzliche Vorbringen der Beklagten bis 31. Juli 1986 zu erwidern.

Mit einem am 29. Juli 1986 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seiner damaligen Prozeßbevollmächtigten hat der Kläger vorgetragen, das Kündigungsschreiben sei ihm keinesfalls vor dem 10. April 1986 zugegangen. Am 3. Januar 1986 sei er nach Österreich gereist. Bei der Beklagten seien bis 7. Januar 1986 Betriebsferien gewesen. An diesem Tag sowie mehrfach in den folgenden Tagen habe er mit Vertretern der Beklagten telefoniert, die ihm alle geraten hätten, noch einige Zeit im Ausland zu bleiben, um auch im Interesse der Beklagten noch gewisse Sachverhalte klären zu können. Diesen Standpunkt habe die Beklagte auch in dem Gespräch am 6. Februar 1986 in Zürich eingenommen. Damals sei die Inhaftierung seiner Ehefrau besprochen worden. Von seiner Inhaftierung habe die Staatsanwaltschaft die Beklagte unverzüglich und noch vor dem 21. Februar 1986 unterrichtet. Die Beklagte habe somit an diesem Tag gewußt, daß das Kündigungsschreiben weder ihn noch seine Ehefrau noch eine andere zum Haushalt gehörende Person erreichen werde. Er habe sich auch keiner Pflichtverletzung gegenüber der Beklagten schuldig gemacht. Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionären der Beklagten sei bekannt gewesen, daß die von der Beklagten erwähnten Beträge an den Bauträger zur Verwendung als Schmiergelder zur freien Verfügung bezahlt worden seien.

Die Beklagte hat entgegnet, ihr sei am 6. Februar 1986 die Inhaftierung der Ehefrau des Klägers bekannt gewesen. Sie habe aber nicht gewußt, daß sich am 21. Februar 1986 weder der Kläger noch seine Ehefrau in der Familienwohnung aufgehalten hätten. Sie habe nicht gewußt und wisse auch nicht, ob die Ehefrau des Klägers an jenem Tag noch in Haft gewesen sei. Ihr sei ferner damals nicht bekannt gewesen, daß der Kläger in Frankreich in Haft genommen worden sei. Sie habe ihm nicht empfohlen, im Ausland zu bleiben und auch vor Zuleitung des Haftbefehls nicht gewußt, daß er sich strafbarer Handlungen zu ihrem Nachteil schuldig gemacht habe.

Nach Anwaltswechsel hat der Kläger in einem Schriftsatz seines späteren Prozeßbevollmächtigten vom 8. Januar 1987, der beim Arbeitsgericht am 9. Januar 1987 eingegangen und dessen Durchschrift am 12. Januar 1987 laut Vermerk des Urkundsbeamten an die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten hinausgegeben worden ist, u.a. vorgetragen, er bestreite, der Betriebsrat sei zur Kündigung ordnungsgemäß gehört worden.

Im Kammertermin vom 14. Januar 1987 hat der Kläger beantragt festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 21. Februar 1986 nicht aufgelöst worden ist.

Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat behauptet, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß gehört worden. Näheres hierzu könne er gegenwärtig nicht vortragen, da dies bisher nicht bestritten worden sei. Vorsorglich beantrage er die Einräumung einer Schriftsatzfrist.

Durch ein am selben Tag verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, das Kündigungsschreiben der Beklagten sei dem Kläger am 21. Februar 1986 zugegangen und die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG somit versäumt worden. Mit dem Einwand, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, sei der Kläger gemäß § 282 Abs. 2, § 296 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Er habe diesen Einwand erst im Schriftsatz vom 8. Januar 1987 erhoben, so daß der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten sich in der streitigen Verhandlung hierzu nicht mehr habe äußern können. Eine Zulassung dieses Vorbringens des Klägers hätte wegen der dann erforderlichen Sachaufklärung die Erledigung des im übrigen entscheidungsreifen Rechtsstreits verzögert.

Mit seiner Berufung hat der Kläger weiter vorgetragen, das Arbeitsgericht hätte die innerhalb der in § 5 KSchG vorgeschriebenen Zwei-Wochen-Frist erhobene Kündigungsschutzklage in einen Zulassungsantrag umdeuten können. Der Einwand der nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung bleibe aufrechterhalten. Die Beklagte hätte bereits zum Verhandlungstermin vom 14. Januar 1987 eine schriftliche Stellungnahme vorlegen können. Dann hätte diese Frage außer Streit gestellt werden können.

Die Beklagte hat noch vorgebracht, der Kläger bleibe mit seinem vom Arbeitsgericht zu Recht zurückgewiesenen Vortrag zur Betriebsratsanhörung gemäß § 528 Abs. 3 ZPO weiterhin ausgeschlossen. Im übrigen habe sie dem Betriebsratsvorsitzenden die Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitgeteilt. Dieser habe sie davon unterrichtet, daß der Betriebsrat gegen die Kündigung keine Einwendungen erhebe.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kündigungsschutzklage sei verspätet erhoben worden, weil die Kündigung dem Kläger bereits am 21. Februar 1986 zugegangen und die dreiwöchige Klagefrist deshalb bei Eingang der Klage bei Gericht verstrichen gewesen sei. Für die von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung gelte somit gemäß § 7, § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG ein wichtiger Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB als von Anfang an gegeben. Die Kündigung sei auch nicht aus einem anderen Grund unwirksam. Der Kläger sei mit seinem Einwand der nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats ausgeschlossen, weil er ihn bereits in erster Instanz verspätet vorgebracht habe.

Dieser Würdigung kann nur teilweise zugestimmt werden.

II. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dem Kläger sei das Kündigungsschreiben am 21. Februar 1986 zugegangen.

1. Nach § 130 Abs. 1 BGB wird eine unter Anwesenden abgegebene Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Empfänger zugeht. Eine schriftliche Willenserklärung ist nach § 130 Abs. 1 BGB zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers bzw. eines empfangsberechtigten Dritten gelangt ist und für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von dem Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen (vgl. RGZ 60, 334, 336; 99, 20, 23; 142, 402, 407; RAG ARS 40, 181, 183; 41, 206, 210; BGHZ 67, 271, 275; BAG Urteile vom 16. Januar 1976 - 2 AZR 619/74 - und vom 13. Oktober 1976 - 5 AZR 510/75 - AP Nr. 7 und 8 zu § 130 BGB; KR-Friedrich, 3. Aufl., § 4 KSchG Rz 102; MünchKomm-Förschler, BGB, 2. Aufl., § 130 Rz 10 ff.; Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 130 Rz 8, 11; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 130 Rz 21). Wenn für den Empfänger diese Möglichkeit unter gewöhnlichen Verhältnissen besteht, ist es unerheblich, wann er die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis genommen hat oder ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände zunächst gehindert war (vgl. RGZ 60, 334, 336; RAG, aaO; BAG vom 16. Januar 1976, aaO; Staudinger/Neumann, BGB, 12. Aufl., vor § 620 Rz 44).

2. Diese Grundsätze gelten auch für den Zugang von Kündigungen.

a) Der erkennende Senat hat im Urteil vom 25. August 1978 (- 2 AZR 693/76 - n.v.) angenommen, der Empfänger habe diese "Möglichkeit der Kenntnisnahme unter gewöhnlichen Verhältnissen" auch dann, wenn er sich urlaubsbedingt nicht in seiner Wohnung aufhalte. Er hat deshalb das einem Familienangehörigen des Arbeitnehmers ausgehändigte Kündigungsschreiben als dem Arbeitnehmer zugegangen angesehen, obwohl dieser urlaubsbedingt ortsabwesend war. Er hat dies damit begründet, eine zufällige vorübergehende Abwesenheit des Empfängers spiele für die Frage des Zugangs keine Rolle, solange die Erklärung nur in seinen Machtbereich gelangt sei, sei es durch Einwurf in eine technische Empfangsvorkehrung (Hausbriefkasten, Postfach etc.) oder durch Übergabe an einen empfangsberechtigten Dritten (Empfangsboten wie z.B. Haushaltsangehörige, Vermieter, Mitmieter). Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitgeber gewußt habe, daß der Arbeitnehmer während seines Urlaubs verreisen wollte, jedenfalls wenn ihm dieser seine Urlaubsanschrift nicht mitgeteilt habe.

b) Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 16. Dezember 1980 (BAGE 34, 305, 308 = AP Nr. 11 zu § 130 BGB) entschieden, bei einer dem Arbeitgeber bekannten urlaubsbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers gehe diesem eine schriftliche Kündigung erst nach der Rückkehr des Arbeitnehmers aus dem Urlaub zu. Der Arbeitgeber könne im Regelfall nicht erwarten, dem Arbeitnehmer werde ein an die Heimatanschrift gerichtetes Kündigungsschreiben vor Ablauf des Urlaubs bzw. Rückkehr von der Urlaubsreise zugehen. Umgekehrt dürfe der Arbeitnehmer mangels gegenteiliger Anhaltspunkte darauf vertrauen, daß sich während seiner dem Arbeitgeber bekannten Urlaubsreise an dem Arbeitsverhältnis nichts ändern werde. Auf diese, im vorliegenden Fall vom Berufungsgericht abgelehnte Entscheidung beruft sich auch in erster Linie die Revision.

c) An der in dem vorbezeichneten Urteil vertretenen Ansicht hat der Siebte Senat in seinem auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmten Urteil vom 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - (EzA § 130 BGB Nr. 16) jedoch nicht mehr festgehalten. Er hat insbesondere das zusätzliche Zugangserfordernis "wenn und solange der Erklärende die Kenntnisnahme des Adressaten vom Erklärungsinhalt berechtigterweise erwarten kann" aufgegeben. Aufgrund der näheren Begründung, auf die verwiesen wird, hat er angenommen, ein an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichtetes Kündigungsschreiben gehe diesem grundsätzlich auch bei Kenntnis des Arbeitgebers von der urlaubsbedingten Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers zu. Dies gelte in aller Regel selbst dann, wenn der Arbeitnehmer seine Urlaubsanschrift dem Arbeitgeber mitgeteilt habe; lediglich bei besonderen Umständen des Einzelfalles könne sich aus § 242 BGB eine abweichende Würdigung ergeben.

d) Diese Entscheidung entspricht im Grundsatz der vom Senat in dem bereits erwähnten Urteil vom 25. August 1978 - 2 AZR 693/76 - vertretenen Ansicht. Der Senat hat an ihr in seinem nicht veröffentlichten Urteil vom 11. August 1988 - 2 AZR 11/88 - festgehalten. Er hat sich darin lediglich die Prüfung vorbehalten, ob ein Zugang des an die Heimatanschrift gerichteten Kündigungsschreibens generell auch bei positiver Kenntnis des Arbeitgebers von der Urlaubsanschrift des Arbeitnehmers vorliegt und sich ausnahmsweise nur aus § 242 BGB eine andere Würdigung ergeben kann.

3. Wendet man den bisher vom erkennenden Senat und nunmehr auch vom Siebten anerkannten Zugangsbegriff, von dem auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, auf den vorliegenden Fall an, so ist die Kündigung der Beklagten dem Kläger am 21. Februar 1986 zugegangen. Danach müssen für den Zugang einer schriftlichen Kündigungserklärung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Das Schreiben muß in verkehrsüblicher Art in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers oder eines empfangsberechtigten Dritten gelangen und für den Empfänger muß unter gewöhnlichen Umständen eine Kenntnisnahme zu erwarten sein. Beide Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall für den Zugang des Kündigungsschreibens der Beklagten am 21. Februar 1986 an den Kläger erfüllt.

a) Das Kündigungsschreiben war mit dem Einwurf in den Wohnungsbriefkasten des Klägers in verkehrsüblicher Art in seine tatsächliche Verfügungsgewalt gelangt.

aa) Der Senat hatte bereits in dem - nicht veröffentlichten - Urteil vom 8. Dezember 1983 - 2 AZR 354/82 - über den Zugang eines Kündigungsschreibens während der Untersuchungshaft des Arbeitnehmers zu befinden. In dem dortigen Fall war das an die Wohnungsadresse des inhaftierten Klägers gerichtete Kündigungsschreiben seiner Ehefrau übergeben worden, die es ihm erst nach der Haftentlassung ausgehändigt hatte. Der Senat hat angenommen, das Kündigungsschreiben sei mit der Aushändigung an die Ehefrau des dortigen Klägers in die Verfügungsgewalt eines empfangsberechtigten Dritten gelangt. Die Ehefrau sei nach der Verkehrsauffassung als ermächtigt anzusehen, den Ehemann in der Empfangnahme von Briefen zu vertreten. Da es für den Zugang der Willenserklärung gemäß § 130 Abs. 1 BGB darauf ankomme, ob das Kündigungsschreiben in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers oder der den Empfang vermittelnden Person gelangt sei, sei es unerheblich, ob der dortige Kläger nach den strengen formalisierten Voraussetzungen des § 181 ZPO über die Ersatzzustellung "in der Wohnung" des Zustellungsempfängers auch während der Untersuchungshaft noch in den von seiner Familie weiterhin bewohnten Räumen eine Wohnung gehabt habe.

In Abweichung von dem in dieser Entscheidung beurteilten Fall war vorliegend das Kündigungsschreiben in den Wohnbriefkasten des Klägers eingeworfen worden, während sich der Kläger in Frankreich in Auslieferungshaft und seine Ehefrau in deutscher Untersuchungshaft befunden hatte. Gleichwohl war das Kündigungsschreiben mit dem Einwurf in den Wohnungsbriefkasten in verkehrsüblicher Weise in den Machtbereich des Klägers gelangt.

bb) In erster Linie zählt die Wohnung zum Machtbereich des Empfängers einer schriftlichen Willenserklärung, in den sie deshalb nach der Verkehrssitte in der Regel mit dem Einwurf des Schreibens in den Wohnungsbriefkasten als einer technischen Empfangsvorrichtung gelangt (vgl. Senatsurteil vom 25. August 1978, aaO). Die Wohnung zählt zum Machtbereich des Empfängers, solange er sie nicht aufgegeben hat.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Kläger habe seine Wohnung während der gesamten Zeit seines Auslandsaufenthalts ab Anfang Januar 1986 bis zu seiner Inhaftierung am 10. Februar 1986 nicht aufgegeben. An diese von der Revision ungerügt gebliebene Feststellung ist der Senat gebunden.

cc) Die Aufgabe der Wohnung ist auch nicht unabhängig von einem dahingehend ausdrücklich erklärten Willen des Klägers aufgrund seiner Inhaftierung anzunehmen.

Ob bei Untersuchungshaft oder Auslieferungshaft im Ausland die Familienwohnung des Inhaftierten noch weiter als Wohnung im Sinne der Vorschrift des § 181 ZPO über die Ersatzzustellung anzusehen ist, ist für den Zugang einer Willenserklärung nach § 130 Abs. 1 BGB unerheblich, wie der Senat bereits in dem Urteil vom 8. Dezember 1983 - 2 AZR 354/82 - ausgesprochen hat. Die Vorschriften über die Zustellung dienen im Verhältnis zum Zustellungsempfänger der Verwirklichung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs vor Gericht gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. Die Vorschriften der §§ 181, 182 ZPO über die Ersatzzustellung stellen auf die Wohnung ab, weil dies der Ort ist, wo am ehesten damit gerechnet wird, daß das zuzustellende Schriftstück den Empfänger erreicht. Dementsprechend kommt es für den Begriff der Wohnung im Sinne dieser Vorschriften auf das tatsächliche Wohnen an, nämlich darauf, ob der Zustellungsempfänger hauptsächlich in den Räumen lebt und insbesondere, ob er dort schläft. Hat er die Räume in dieser Weise benutzt, so hebt nicht jede vorübergehende Abwesenheit, selbst wenn sie länger dauert, diese Eigenschaft als Wohnung auf. Sie geht erst verloren, wenn sich während der Abwesenheit des Zustellungsempfängers auch der räumliche Mittelpunkt seines Lebens an den neuen Aufenthaltsort verlagert. Ob dies der Fall ist, läßt sich nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen, wobei der Zweck der Zustellungsvorschrift, dem Empfänger das rechtliche Gehör zu gewähren, zu berücksichtigen ist. Geeignete Gesichtspunkte für diese Prüfung können die Dauer der Abwesenheit, der Kontakt zu den in der Wohnung verbliebenen, die Absicht und die Möglichkeit der Rückkehr sein (BGH NJW 1978, 1858). Der Bundesgerichtshof (aaO) hat deshalb bei einer zweimonatigen Strafverbüßung des Zustellungsempfängers seine bisherige Wohnung nicht mehr als Wohnung im Sinne der Zustellungsvorschriften angesehen.

Diese für die unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht entwickelten Grundsätze können auf die Anwendung des § 130 Abs. 1 BGB über den Zugang von Willenserklärungen im Rechtsverkehr nicht übertragen werden. Wie der Siebte Senat in dem Urteil vom 16. März 1988 (aaO, zu I 3 a der Gründe) betont hat, ist zur Erreichung einer sachgerechten, den Interessen beider Beteiligter gerecht werdenden Verteilung des Transportrisikos des Erklärenden und des Kenntnisnahmerisikos des Empfängers, wie sie dem traditionellen Zugangsbegriff zugrundeliege, davon auszugehen, daß grundsätzlich auch bei Kenntnis des Arbeitgebers von der Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers diesem ein an die Wohnungsanschrift gerichtetes Kündigungsschreiben wirksam zugehen kann. Solange der Empfänger seine Wohnung nicht aufgibt, muß er sie als Ort gelten lassen, wo man ihn nach der Verkehrsanschauung auch erreichen kann. Anders mag zu entscheiden sein, wenn objektiv keinerlei Kommunikationsmöglichkeit besteht. Das ist jedoch bei einer Inhaftierung in einem rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichteten europäischen Land wie Frankreich nicht der Fall.

Vorliegend kommt noch hinzu, daß der Kläger in Auslieferungshaft genommen war, deren Dauer, ebenso wie die der Untersuchungshaft in Deutschland und anders als die Strafhaft unbestimmt ist, und die im Zeitpunkt des Einwurfs des Kündigungsschreibens in den Wohnungsbriefkasten erst sieben Tage gedauert hatte. Zu diesem Zeitpunkt war durch die Inhaftierung noch keine von der Zeitdauer her gesehen nachhaltige Trennung von der Wohnung bewirkt worden.

b) Allein die Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem Kündigungsschreiben reicht zwar für den Zugang nicht aus. Es muß nach der Verkehrsanschauung vielmehr auch zu erwarten sein, daß sich der Empfänger bei normaler Gestaltung seiner Verhältnisse die Kenntnis alsbald tatsächlich verschafft. Auch diese Voraussetzung war jedoch vorliegend am 21. Februar 1986 erfüllt. Das Kündigungsschreiben wäre bei regelmäßigem Verlauf der Dinge noch am selben Tag dem Kläger zur Kenntnis gelangt. Es ist unerheblich, daß dies wegen seiner Inhaftierung tatsächlich nicht geschehen konnte, weil es für den Zugang nur darauf ankommt, ob unter gewöhnlichen Umständen, hier also bei einer normalen Gestaltung seiner Lebensverhältnisse ohne Inhaftierung und Flucht, eine Kenntnisnahme erwartet werden konnte.

c) Unerheblich für den Zugang der Kündigung ist, ob der Beklagten bei ihrem Ausspruch die Inhaftierung des Klägers und die Haftanstalt bekannt waren. Der Senat stimmt dem Siebten Senat (Urteil vom 16. März 1988, aaO) nunmehr auch darin zu, daß ein an die Wohnadresse des Arbeitnehmers gerichtetes Kündigungsschreiben diesem generell selbst dann zugeht, wenn der Arbeitgeber die Anschrift des abwesenden Arbeitnehmers kennt, und sich ausnahmsweise nur aus § 242 BGB eine andere Würdigung ergeben kann. Wie der Siebte Senat zutreffend ausgeführt hat, ist die in der aufgegebenen Entscheidung vom 16. Dezember 1980 (aaO) für den Zugang zusätzlich geforderte konkrete Erwartung des Erklärenden von der Kenntnisnahme durch den Empfänger mit den Bedürfnissen des rechtsgeschäftlichen Verkehrs schwer zu vereinbaren. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit einer späteren Veränderung der Umstände, im Falle des Urlaubs etwa bei kurzfristiger Änderung der Urlaubspläne, im Falle der Inhaftierung bei kurzfristiger Verlegung in eine andere Haftanstalt. Ferner besteht auch bei einer Inhaftierung grundsätzlich die Möglichkeit der Zulassung einer verspäteten Klage nach § 5 KSchG. Für eine abweichende Beurteilung aus dem Gesichtspunkt des § 242 BGB ergibt der Sachvortrag des Klägers in den Vorinstanzen keine Anhaltspunkte. Mit dem umfangreichen neuen tatsächlichen Vorbringen in der Revisionsbegründung und in dem nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingereichten Schriftsatz ist der Kläger gemäß § 561 Abs. 1 ZPO bzw. wegen Fristablaufs ausgeschlossen.

III. Ohne Rechtsfehler ist auch die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG versäumt und könne deshalb nach § 13 Abs. 2 Satz 1, § 7 Halbsatz 1 KSchG nicht mehr geltend machen, für die Kündigung liege kein wichtiger Grund vor, weil eine nachträgliche Zulassung der Klage wegen Fehlens eines Antrags nach § 5 KSchG nicht in Betracht gekommen sei.

Der Kläger hatte ausdrücklich keinen Antrag auf nachträgliche Zulassung gestellt. Dies ist zwar nicht erforderlich; die Klagerhebung allein reicht aber nicht. Es muß vielmehr erkennbar zum Ausdruck gebracht werden, die Klage möge trotz Fristversäumnis noch zugelassen werden (KR-Friedrich, aaO, § 5 KSchG Rz 79; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 5 Rz 16; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 5 Rz 11, jeweils m.w.N.). Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, fehlt es vorliegend an jedem Anhaltspunkt für eine solche Deutung des Vortrags des Klägers in der ersten Instanz. Selbst nach Hinweis auf das Fehlen eines Zulassungsantrags im Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 13. Mai 1986 hat er sich weiterhin ausschließlich darauf berufen, die Kündigung sei nicht mit dem Einwurf in den Wohnungsbriefkasten, sondern erst mit ihrer Kenntnisnahme durch ihn am 10. April 1986 zugegangen.

Die durch die Versäumung der Klagefrist gemäß § 7 Halbsatz 1 KSchG verwirkte Befugnis des Klägers, sich auf das Fehlen eines wichtigen Grundes für die außerordentliche Kündigung zu berufen, umfaßt auch eine - mögliche - Versäumung der Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB durch die Beklagte (BAGE 24, 292, 294 f. = AP Nr. 1 zu § 13 KSchG 1969, zu 1 der Gründe).

IV. Ob die Kündigung der Beklagten wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats und damit auch aus einem anderen Grund im Sinn des § 13 Abs. 3 KSchG rechtsunwirksam ist, kann dagegen noch nicht abschließend beurteilt werden. Das Berufungsgericht hat sich zu Unrecht deswegen an der Berücksichtigung dieses Einwandes des Klägers nach § 528 Abs. 3 ZPO gehindert gesehen, weil das Arbeitsgericht ihn damit zu Recht ausgeschlossen habe.

1. Die Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung. Daher trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die Anhörung ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Jedoch muß der Arbeitnehmer die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats überhaupt bestreiten, damit die entsprechende Darlegungslast ausgelöst wird und das Gericht Anlaß hat, sich mit der Frage der Betriebsratsanhörung zu befassen (BAGE 43, 129, 135, 136 = AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu B I 1 der Gründe).

Im vorliegenden Fall konnte der Kläger die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats ohne nähere Substantiierung bestreiten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Denn im Hinblick auf seine Abwesenheit vom Betriebssitz seit Anfang des Jahres 1986 fehlen sachliche Anhaltspunkte für die Annahme, er habe Näheres über die Durchführung der Anhörung, die keine Handlung des Arbeitnehmers darstellt, gewußt (vgl. BAGE 43, 129 = AP, aaO).

2. Nach § 528 Abs. 3 ZPO bleiben solche Angriffs- und Verteidigungsmittel auch im Berufungsrechtszug ausgeschlossen, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind. Das Arbeitsgericht hat das Bestreiten der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats durch den Kläger jedoch zu Unrecht zurückgewiesen.

a) Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob dieses Vorbringen des Klägers, wie das Berufungsgericht angenommen hat, nach § 282 Abs. 1, § 296 Abs. 2 ZPO verspätet war. Das Gericht ist nicht befugt, ein an sich verspätetes Vorbringen schon deshalb zurückzuweisen, weil der Gegner, wie hier die Beklagte, im Verhandlungstermin selbst noch keine Stellung dazu nehmen, sondern dies erst innerhalb einer nach § 283 ZPO zu gewährenden Erklärungsfrist nachholen kann. Denn diese nachgeholte Erklärung dient erst der Vorbereitung der vom Gericht zu treffenden Entscheidung, ob der Rechtsstreit durch Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens verzögert würde. Dies wäre nicht der Fall, wenn der Gegner den Vortrag nicht bestreiten wollte, so daß er zur Grundlage der Sachentscheidung gemacht werden könnte (vgl. BGH NJW 1985, 1539, 1543; 1556, 1558). Gleiches gälte, wenn die Erwiderung des Gegners, hier der Vortrag der Beklagten zur ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats, unschlüssig wäre (vgl. dazu BVerfG, Beschluß der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 31. Oktober 1988 - 2 BvR 95/88 - NJW 1989, 705). Bewilligt das Gericht dem Gegner nicht die von ihm beantragte Erklärungsfrist und nimmt sich dadurch selbst die Möglichkeit, zu einer abschließenden Beurteilung der Frage der Verzögerung zu gelangen, so darf es das Vorbringen der anderen Partei nicht als verspätet zurückweisen. Dies gilt selbst dann, wenn die von dem verspäteten Vorbringen überraschte Partei, anders als im vorliegenden Fall die Beklagte, den für die Bewilligung der Erklärungsfrist nach § 283 ZPO erforderlichen Antrag nicht stellt, weil sie das Gericht zur Zurückweisung des Vorbringens auf diese Weise nicht zwingen kann (BGH NJW 1985, 1539, 1543).

b) Das Berufungsgericht hat zwar vorliegend nicht verkannt, daß die Notwendigkeit zur Einräumung einer Erklärungsfrist nach § 283 ZPO für sich genommen noch keine Verzögerung des Rechtsstreits im Sinne von § 296 ZPO bedeutet. Es hat jedoch zu Unrecht darauf abgestellt, daß die Beklagte bei Einräumung einer Schriftsatzfrist zur Betriebsratsanhörung denselben Sachverhalt wie in der späteren Berufungserwiderung vorgetragen hätte und danach eine Beweisaufnahme erforderlich gewesen wäre. Für die Beantwortung der Frage, ob das erstinstanzliche Gericht das Vorbringen einer Partei zu Recht zurückgewiesen hat, kommt es jedoch auf den Sachstand im Zeitpunkt seiner Entscheidung an. Räumt es dem Gegner keine Erklärungsfrist ein und nimmt sich deshalb selbst die Möglichkeit, die Frage der Verzögerung des Rechtsstreits abschließend zu beurteilen, so darf es das Vorbringen der anderen Partei nicht unter Berücksichtigung der späteren Entwicklung des Sach- und Streitstandes als verspätet zurückweisen.

3. Das Berufungsgericht muß somit Gelegenheit erhalten, dem Vorbringen der Beklagten zur Anhörung des Betriebsrats nachzugehen. Der Rechtsstreit war deshalb gemäß § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Hillebrecht Triebfürst

zugleich für den durch Urlaub

an der Unterschrift verhinderten

Richter Ascheid

Brocksiepe Baerbaum

 

Fundstellen

Haufe-Index 437699

DB 1989, 2619-2621 (LT1-2)

NJW 1989, 2213

NJW 1989, 2213-2214 (LT1-2)

ASP 1990, 21 (K)

JR 1990, 44

JR 1990, 44 (S)

NZA 1989, 635-637 (LT1-2)

RdA 1989, 199

RzK, I 2c 15 (LT1)

ZAP, EN-Nr 195/89 (S)

AP § 130 BGB (LT1-2), Nr 17

EzA § 130 BGB, Nr 22 (LT1-2)

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