Orientierungssatz

Der Beginn der Schwangerschaft ist durch Zurückrechnen um 280 Tage vom voraussichtlichen Entbindungstermin zu ermitteln (Bestätigung der Senatsurteile vom 27. Oktober 1983 - 2 AZR 566/82 = AP Nr 14 zu § 9 MuSchG 1968 - und vom 27. Januar 1966 - 2 AZR 141/65 = AP Nr 27 zu § 9 MuSchG).

 

Normenkette

MuSchG § 9

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 11.07.1984; Aktenzeichen 2 Sa 1/84)

ArbG Bonn (Entscheidung vom 13.10.1983; Aktenzeichen 5 Ca 2510/83)

ArbG Bonn (Entscheidung vom 13.10.1983; Aktenzeichen 5 Ca 1819/83)

 

Tatbestand

Die 1952 geborene Klägerin war ab dem 1. März 1983 als Arztsekretärin und Patientenbetreuerin im Krankenhaus der Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von 2.450,-- DM beschäftigt. Sie war Prof. Dr. N zugeteilt.

Nach Rückkehr aus ihrem Urlaub kam es im August 1983 zu Auseinandersetzungen zwischen ihr und Prof. Dr. N sowie dem Verwaltungsleiter der Beklagten S.

Mit dem ihr am 15. August 1983 zugegangenen Schreiben vom 12. August 1983 kündigte die Beklagte der Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1983 und mit weiterem, ihr am gleichen Tage zugegangenen Schreiben vom 18. August 1983 erneut fristlos. Unter Berufung auf einen angeblich zustehenden Schadenersatzanspruch behielt die Beklagte den von ihr für die Zeit bis zum 18. August 1983 errechneten Nettogehaltsanspruch von 1.333,74 DM ein.

Die Klägerin, die sich mit ihrer Klage gegen beide Kündigungen wendet und ihre Weiterbeschäftigung sowie ihre Bezüge für den Monat August geltend macht, hat der Beklagten bereits mit Schreiben vom 24. August 1983 mitgeteilt, daß bei ihr wahrscheinlich eine Schwangerschaft vorliege. In der Güteverhandlung vom 13. September 1983 hat sie eine ärztliche Bescheinigung des Dr. med. B vorgelegt, in der es heißt:

"Bei Frau Maria Sch , geb. 12.11.52,

aus Bonn 1 wurde am 12.9.83 eine Schwan-

gerschaft festgestellt.

Die letzte Periode war am 20.6.83, so daß

sich ein rechnerisches Alter der Schwan-

gerschaft der 13. Woche ergibt.

Der rechnerische Entbindungstermin ist

der 28.3.84."

Die Klägerin hat geltend gemacht, gemäß § 9 MuSchG seien beide Kündigungen unwirksam. Den Nachweis der Schwangerschaft habe sie durch Vorlage der ärztlichen Bescheinigung des Dr. med. B geführt. In dem am 14. November 1983 ausgestellten Mutterpaß sei als Entbindungstermin der 15. Mai 1984 eingetragen. Die Rückrechnung von 280 Tagen vom mutmaßlichen Entbindungstermin ergebe, daß sie bereits Mitte August 1983 schwanger gewesen sei. Für die ausgesprochenen Kündigungen fehle es zudem an rechtfertigenden Gründen. Beide Kündigungen seien zudem, nach dem Geschehensablauf, der zu den Kündigungen geführt habe, gemäß § 138 BGB unwirksam. Das Augustgehalt stehe ihr in voller Höhe zu, da die Beklagte keinen Zurückbehaltungsgrund habe.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis

zwischen den Parteien weder durch Kündi-

gung der Beklagten vom 12. August 1983,

zugegangen am 15. August 1983, zum

30. September 1983, noch durch die frist-

lose Kündigung vom 18. August 1983 zum

18. August 1983 aufgelöst worden ist, son-

dern über den 18. August 1983, wie auch

über den 30. September 1983 hinaus weiter

fortbesteht,

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin

über den 18. August 1983 sowie über den

30. September 1983 hinaus zu unveränderten

Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläge-

rin 2.450,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen vom

Nettobetrag seit dem 19. September 1983 zu

zahlen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und bestritten, daß die Klägerin im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungen schwanger gewesen sei. Auf das Attest des Frauenarztes Dr. B könne sich die Klägerin nicht berufen, weil die ärztliche Bescheinigung allein aufgrund der Angaben der Klägerin ausgestellt worden sei. Es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß die Klägerin dem Arzt gegenüber unwahre Angaben gemacht und so das Alter der Schwangerschaft manipuliert habe. Im übrigen könne sich die Klägerin gegen die fristgerechte Kündigung schon deshalb nicht mit Erfolg wehren, weil sie noch keinen Kündigungsschutz habe. Die fristlose Kündigung sei aufgrund des unangemessenen Verhaltens der Klägerin sachlich gerechtfertigt. Die Einbehaltung des der Klägerin für August noch zustehenden Gehalts in Höhe von 1.333,74 DM sei berechtigt, da ihr wegen des vertragswidrigen Verhaltens der Klägerin nach dem Arbeitsvertrag ein Schadenersatzanspruch zustehe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 13. Oktober 1983 stattgegeben. In einem weiteren Verfahren (5 Ca 2510/83 - Arbeitsgericht Bonn) hat die Klägerin ihr Gehalt für die Monate September und Oktober in Höhe von 4.900,-- DM brutto geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat auch dieser Klage mit Urteil vom 13. Dezember 1983 stattgegeben.

Die Beklagte hat gegen beide Urteile Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz sind beide Verfahren miteinander verbunden worden. Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Prof. Dr. N, S, Prof. Dr. H und W. Außerdem hat das Berufungsgericht Auskünfte der Ärzte Dr. B, Dr. R und Dr. S eingeholt. Sodann hat das Landesarbeitsgericht unter teilweiser Zurückweisung der Berufung die erstinstanzlichen Urteile teilweise abgeändert und festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien zwar nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 18. August 1983 aufgelöst, jedoch durch die Kündigung der Beklagten vom 12. August 1983 zum 30. September 1983 beendet worden ist. Weiterhin hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 4.900,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen von 2.450,-- DM ab 19. September 1983 und von weiteren 2.450,-- DM ab 14. November 1983 zu zahlen. Die weitergehende Klage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen und die Revision zugelassen.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 12. August 1983 sowie die Zahlung des Oktobergehaltes 1983 in Höhe von 2.450,-- DM weiter. Die Beklagte hat die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Durch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 12. August 1983 ist das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht zum 30. September 1983 beendet worden. Die Klägerin hat auch Anspruch auf Zahlung ihres Gehalts für Oktober 1983.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die fristgerechte, der Klägerin am 15. August 1983 zugegangene Kündigung vom 12. August 1983 sei gemäß § 9 MuSchG nicht unwirksam, da nicht davon ausgegangen werden könne, daß die Klägerin am 15. August 1983 bereits schwanger gewesen sei. Den Beweis für das Vorliegen einer Schwangerschaft Mitte August 1983 habe die Klägerin nicht erbracht. Eine Arbeitnehmerin, die sich gegenüber einer Kündigung auf Mutterschutz berufe, könne zwar grundsätzlich den Nachweis einer Schwangerschaft durch Vorlage des Zeugnisses eines Arztes oder einer Hebamme führen. Der Beginn der Schwangerschaft sei auch durch Zurückrechnen vom voraussichtlichen Geburtstermin zu ermitteln. Das bedeute jedoch nicht, daß in jedem Falle das erste von der Arbeitnehmerin beigebrachte ärztliche Attest, das einen errechneten Geburtstermin angebe, zur Ermittlung des Beginns der Schwangerschaft zugrunde gelegt werden müßte. Wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit der ersten ärztlichen Bescheinigung bestünden, könne von der Arbeitnehmerin die Vorlage einer weiteren Bescheinigung verlangt werden. Das gelte namentlich dann, wenn die Errechnung des Geburtstermins allein auf den Angaben der Arbeitnehmerin zum Beginn der letzten Monatsblutung beruhe. Der Beginn der letzten Regelblutung gebe vor allem dann keinen hinreichenden zuverlässigen Aufschluß über den mutmaßlichen Geburtstermin, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Frau an Zyklusstörungen leide. Deshalb kämen vorliegend als Ausgangspunkt für die Berechnung nur die späteren von den behandelnden Ärzten errechneten Geburtstermine in Frage. Insoweit könne davon ausgegangen werden, daß der 15. Mai 1984 als Geburtstermin zugrunde zu legen sei. Dieser Termin sei im Mutterpaß der Klägerin eingetragen. Die Eintragung decke sich mit den Ausrechnungen der Frauenärzte Dr. R und Dr. B. Nach der Stellungnahme des Dr. R habe die Entbindung zwischen dem 15. und dem 20. Mai 1984 stattfinden sollen. Der Frauenarzt Dr. B habe in seiner Stellungnahme vom 7. März 1984 seine frühere Berechnung revidiert und den 19. Mai 1984 als voraussichtlichen Entbindungstermin angenommen mit einer Unsicherheit von +/- einer Woche.

Zur Feststellung des Beginns der Schwangerschaft könne allerdings entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vom voraussichtlichen Geburtstermin, dem 15. Mai 1984, 280 Tage zurückgerechnet werden. Bei dieser Berechnungsmethode bleibe nämlich unberücksichtigt, daß eine Schwangerschaft nur in ganz seltenen Fällen am ersten Tag der Regelblutung beginne. Die Konzeption erfolge vielmehr im allgemeinen zehn bis 14 Tage nach Beginn der letzten Monatsblutung. Nach medizinischer Erkenntnis dauere die Schwangerschaft von der Empfängnis an nicht 280, sondern nur 266 Tage. Rechne man im vorliegenden Falle von dem angenommenen Entbindungstermin 15. Mai 1984 also 266 Tage zurück, so ergebe sich, daß die Schwangerschaft am 15. August 1983 noch nicht bestanden habe und die Klägerin demgemäß noch keinen Mutterschutz gehabt habe. Dem stehe auch nicht die Aussage des Zeugen Prof. Dr. H entgegen, der einen Empfängnistermin um den 11. August 1983 ermittelt habe. Diesen Zeitraum habe er nur als sehr wahrscheinlich bezeichnet, aber nicht ausschließen können, daß die Empfängnis später stattgefunden haben könnte. Andererseits habe er auch als mutmaßlichen Geburtstermin Ende April bis Anfang Mai angegeben und es für unwahrscheinlich gehalten, daß die Klägerin nach Anfang Mai entbinden werde. Tatsächlich sei das Kind der Klägerin am 15. Mai 1984 geboren worden. Auch aufgrund der Ausführungen des Zeugen Prof. Dr. H könne deshalb nicht als erwiesen angesehen werden, daß die Klägerin am 15. August 1983 bereits schwanger gewesen sei. Ein Sachverständigengutachten sei nicht einzuholen gewesen, weil bei der Berechnung des Schwangerschaftsbeginns einer abstrakten Methode aus Gründen der Rechtssicherheit der Vorzug zu geben sei. Die Berechnung habe in der Weise zu erfolgen, daß von dem voraussichtlichen Geburtstermin 266 Tage zurückzurechnen sei mit der weiteren Maßgabe, daß es der werdenden Mutter gestattet sein müsse, etwa unter Zugrundelegung von Ultraschall-Untersuchungen den Nachweis für einen früheren Schwangerschaftsbeginn zu führen.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Allerdings kann dem Landesarbeitsgericht entgegen der Auffassung der Revision insoweit gefolgt werden, daß das erste ärztliche Zeugnis des Dr. B, das vom 28. März 1984 als voraussichtlichem Entbindungstermin ausgegangen ist, den mutmaßlichen Entbindungstermin nicht verbindlich bestimmt hat. Denn wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 27. Oktober 1983 - 2 AZR 566/82 - (EzA § 9 MuSchG n. F. Nr. 25 = SAE 1985, 100 ff. = DB 1985, 238 ff.) ausgeführt hat, bestehen keine Bedenken, das zunächst vorgelegte ärztliche Zeugnis durch ein neues mit einem anderen voraussichtlichen Entbindungstermin zu ersetzen, wenn später eine exaktere Bestimmung - wie hier durch Ultraschall - möglich ist. Gerade dann, wenn - wie vorliegend - das erste ärztliche Attest allein auf den Angaben der werdenden Mutter zum ersten Tag der letzten Regelblutung beruht und in der Vergangenheit erhebliche Zyklusstörungen vorgelegen haben, kann und darf die Möglichkeit, ein neues ärztliches Zeugnis mit einem genauer und exakter ermittelten Entbindungstermin vorzulegen, nicht ausgeschlossen werden.

2. Für die Bestimmung des Beginns der Schwangerschaft hat das Landesarbeitsgericht jedoch - wie die Revision zutreffend rügt - eine falsche Berechnungsmethode angewendet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist vom voraussichtlichen Tag der Niederkunft nämlich nicht um 266, sondern um 280 Tage zurückzurechnen. Auf die Frage, ob für die Bestimmung des mutmaßlichen Entbindungstermins das ärztliche Zeugnis des Dr. B zugrunde zu legen ist und auf die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge der Verletzung des § 286 ZPO kommt es daher nicht an. Denn bei Zurückrechnung vom 15. Mai 1984, dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten mutmaßlichen Entbindungstermin, um 280 Tage ergibt sich nämlich, daß bei der Klägerin zum Kündigungszeitpunkt am 15. August 1983 eine Schwangerschaft vorgelegen hat.

a) In Fortführung des Urteils vom 27. Januar 1966 - 2 AZR 141/65 - (AP Nr. 27 zu § 9 MuSchG) hat der Senat in seinem Urteil vom 27. Oktober 1983 (aaO) ausgeführt, für die Bestimmung des Beginns der Schwangerschaft als des für das Einsetzen des Kündigungsverbotes des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG maßgebenden Zeitpunktes sei von dem voraussichtlichen Tag der Niederkunft um 280 Tage zurückzurechnen. Der Zeitraum von 280 Tagen umfasse die mittlere Schwangerschaftsdauer, die bei einem durchschnittlichen Menstruationszyklus von 28 Tagen (ein Lunarmonat) zehn Lunarmonate gerechnet vom ersten Tag der letzten Regelblutung an betrage. Auf diese Weise werde der in dem ärztlichen Zeugnis angegebene voraussichtliche Entbindungstermin bestimmt. Wenn demgegenüber Eich (DB 1981, 1233) den Beginn der Schwangerschaft durch Rückrechnung um 267 Tage vom tatsächlichen Entbindungstermin ermitteln wolle, so werde bei dieser Berechnungsmethode zwar berücksichtigt, daß die Schwangerschaft tatsächlich kürzere Zeit dauere, weil die Befruchtung erst nach dem Eisprung (Ovulation) möglich sei und dieser eine gewisse Zeit nach der Menstruation erfolge. Bei einem 28-tägigen Zyklus werde jedoch von einer tatsächlichen Schwangerschaftsdauer von 263 bis 273 Tagen und somit von einem Durchschnittswert von 266 Tagen ausgegangen. Als durchschnittlicher Zeitpunkt der Ovulation werde der 12. bis 13. Zyklustag angenommen; jedoch könne diese wesentlich früher oder später eintreten. Auch wenn man somit von dem tatsächlichen Entbindungstermin um die Durchschnittsdauer der tatsächlichen Schwangerschaft zurückrechne, handele es sich nicht um die sichere Berechnung des tatsächlichen Schwangerschaftsbeginns, sondern um eine Wahrscheinlichkeitsrechnung. Lasse sich aber der tatsächliche Schwangerschaftsbeginn auch auf der Grundlage der durchschnittlichen tatsächlichen Schwangerschaftsdauer und einer Rückrechnung vom tatsächlichen Entbindungstermin an nicht sicher bestimmen, so sei aus Gründen der Rechtssicherheit und des Schutzes der werdenden Mutter auch für die Anwendung des absoluten Kündigungsverbotes des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG der Beginn der Schwangerschaft durch Rückrechnung um 280 Tage von dem vom Arzt angegebenen voraussichtlichen Entbindungstermin zu ermitteln.

b) An dieser Auffassung ist festzuhalten. Auch die erneute Kritik von Eich (Anm. zum Urteil vom 27. Oktober 1983 in SAE 1985, 104 ff.) an dieser Berechnungsmethode bietet keinen Anlaß, von den in den Urteilen vom 27. Januar 1966 (aaO) und 27. Oktober 1983 (aaO) aufgestellten Grundsätzen abzurücken. Die von Eich vertretene Auffassung, bei der Berechnung des Beginns der Schwangerschaft müsse vom tatsächlichen Entbindungstermin ausgegangen werden, ist im übrigen vorliegend für das Ergebnis der Berechnung ohnehin deshalb unbeachtlich, weil die Klägerin tatsächlich an dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten mutmaßlichen Entbindungstermin am 15. Mai 1984 entbunden hat.

Eich (aaO) vermag auch keine neuen, dem Senatsurteil entgegenstehenden Argumente anzuführen, soweit er die Auffassung des Senats über die Rückrechnung vom (mutmaßlichen oder tatsächlichen) Entbindungstermin um 280 Tage angreift. Er übersieht, daß sich sowohl für die tatsächliche Schwangerschaftsdauer als auch für den genauen Zeitpunkt der Ovulation innerhalb eines Zyklus kein exakter Wert zugrunde legen läßt, sondern allenfalls ein Durchschnittswert. Bei der Berechnung des Schwangerschaftsbeginns handelt es sich immer um eine Wahrscheinlichkeitsrechnung. Der durch das Mutterschutzgesetz gewährleistete besondere Schutz der werdenden Mutter rechtfertigt es daher, da sich bei keiner möglichen Berechnungsmethode Fehler und Ungenauigkeiten vermeiden lassen, von der der werdenden Mutter günstigsten Berechnungsmethode auszugehen.

c) Die vom Senat im Urteil vom 27. Oktober 1983 (aaO) angewandte und beizubehaltende Berechnungsmethode führt vorliegend zu dem Ergebnis, daß bei der Klägerin am 15. August 1983, dem Tag des Zugangs der Kündigung, das Bestehen einer Schwangerschaft anzunehmen und die Kündigung somit wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG gemäß § 134 BGB nichtig ist. Wird von dem mutmaßlichen (und tatsächlichen) Entbindungstermin am 15. Mai 1984 um 280 Tage zurückgerechnet, so ergibt sich ein Schwangerschaftsbeginn am 9. oder 10. August 1983, je nachdem, ob der Tag des mutmaßlichen Entbindungstermins bei der Berechnung mitgerechnet wird oder nicht.

III. Nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin ihre Dienste für die Zeit nach der fristlosen Kündigung vom 18. August 1983 angeboten. Ob damit auch festgestellt ist, daß die Klägerin ihre Arbeitsleistung auch nach Ablauf der der ordentlichen Kündigung vom 15. August 1983 zugrundeliegenden Kündigungsfrist am 30. September 1983 angeboten hat, ist zwar ungeklärt, kann aber auch dahingestellt bleiben. Denn wie der Senat in Fortführung der Entscheidung vom 9. August 1984 - 2 AZR 374/83 - (EzA § 615 BGB Nr. 43 = NZA 1985, 119) mit Urteil vom 21. März 1985 - 2 AZR 201/84 - (zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) entschieden hat, gerät der Arbeitgeber im Falle der ordentlichen Kündigung dann in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordert. Die Beklagte hat vorliegend nicht vorgetragen, die Klägerin zur Arbeitsaufnahme am 1. Oktober 1983 oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgefordert zu haben. Die Beklagte hat daher gemäß § 615 BGB der Klägerin die Vergütung für Oktober 1983 in Höhe von 2.450,-- DM brutto zu zahlen. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB in Verb. mit § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

IV. Aus allen diesen Gründen war daher auf die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus §§ 91, 97 ZPO wie geschehen zu entscheiden.

Hillebrecht - Dr. Röhsler

zugleich für den durch Urlaub

an der Unterschrift verhin-

derten Richter Dr. Weller

Dr. Hautmann Thieß

 

Fundstellen

Dokument-Index HI437945

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