Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsrecht des Betriebsrats

 

Leitsatz (redaktionell)

Soweit sich für den Betriebsrat Aufgaben erst dann stellen, wenn der Arbeitgeber eine Maßnahme ergreift oder plant, die Beteiligungsrechte des Betriebsrats auslöst, kann der Betriebsrat die Vorlage von Unterlagen, die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind, auch erst dann verlangen, wenn der Arbeitgeber tätig wird und damit Aufgaben des Betriebsrats auslöst. Revisionsberichte, die solche Maßnahmen des Arbeitgebers lediglich anregen, sind daher nicht schon deswegen dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen.

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 05.11.1987; Aktenzeichen 12 TaBV 17/87)

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 27.11.1986; Aktenzeichen 2 BV 25/86)

 

Gründe

A. Der Arbeitgeber betreibt ein Versicherungsunternehmen. Die Direktion befindet sich am Sitz der Gesellschaft in Aachen. Der Direktion unterstellt sind in verschiedenen Städten der Bundesrepublik Landes- oder Verwaltungsdirektionen, denen ein Verwaltungsdirektor vorsteht. Das Versicherungsgeschäft wird in verschiedenen Abteilungen, die sowohl bei der Direktion als auch bei den Verwaltungsdirektionen bestehen, abgewickelt. Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der für die Verwaltungsdirektion Frankfurt gewählte Betriebsrat, wo rd. 180 Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Der Direktion ist eine zentrale Revisionsabteilung eingegliedert. Diese führt in den verschiedenen Bereichen und Verwaltungsdirektionen Revisionen durch. In der Verwaltungsdirektion Frankfurt wurden im Jahre 1986 zwei Revisionen durchgeführt, nämlich die Revision "KF-S-Fern-Revision von Schäden mit Schadenschlüssel 21" und die "HUK-S-Revision zur Erkennung von Regreßmöglichkeiten und ordnungsgemäßen Bearbeitung der Regresse". Über die Revisionen werden Revisionsberichte erstellt, denen in der Regel eine Schlußbesprechung vor Ort vorausgeht, zu der meistens alle Mitarbeiter der entsprechenden Abteilung hinzugezogen werden. Zum Revisionsbericht gibt der Verwaltungsdirektor eine Stellungnahme ab.

Neben diesen Revisionen finden in den einzelnen Fachabteilungen sogenannte Fachinspektionen statt, die von den vorgesetzten Fachabteilungen bei der Direktion veranlaßt werden. Sie dienen der Kontrolle der fachlichen Arbeit der einzelnen Abteilungen, zeigen Fehler und die Nichtbeachtung von Arbeitsanweisungen auf und geben über den Stand der Bearbeitung der einzelnen Geschäftsvorfälle Auskunft. Auch über diese Fachinspektionen werden Berichte, sogenannte Fachinspektionsberichte erstellt. Im Jahre 1985 sind dem Betriebsrat vom Verwaltungsdirektor der Verwaltungsdirektion Frankfurt drei solcher Fachinspektionsberichte zur Kenntnis gegeben worden.

Mit Schreiben vom 11. August 1986 forderte der Betriebsrat die grundsätzliche Überlassung von Kopien aller "Revisions-/Inspektionsberichte", was vom Arbeitgeber abgelehnt wurde. Der Betriebsrat hat daraufhin das vorliegende Verfahren anhängig gemacht.

Er ist der Ansicht, er benötige die Vorlage der Revisionsberichte, um seinen gesetzlichen Aufgaben nachkommen zu können. Wie die ihm im Jahre 1985 zur Kenntnis gebrachten Revisionsberichte auswiesen, enthielten diese nicht nur Feststellungen über die tatsächliche Abwicklung der Arbeiten einer Abteilung. In ihnen seien auch Fehleranalysen und Empfehlungen zur Beseitigung von Mängeln und Fehlern enthalten, die sich auf die Stellenbesetzung, die Schulung von Mitarbeitern und die Gestaltung der Arbeitsabläufe bezögen. Dies seien Maßnahmen, an denen der Betriebsrat zu beteiligen sei. Eine sachgemäße Beteiligung sei dem Betriebsrat nur möglich, wenn er Kenntnis vom Inhalt der Revisionsberichte habe. Unabhängig davon benötige er die Kenntnis der Revisionsberichte, um selbständig beurteilen zu können, ob sich für ihn Aufgaben stellten und ob er in Erfüllung seiner Aufgaben tätig werden müsse.

Der Betriebsrat hat daher vor dem Arbeitsgericht zunächst beantragt,

dem Arbeitgeber aufzugeben, ihm die im Jahre

1986 erstellten Revisionsberichte zur Verfü-

gung zu stellen.

Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Die Revisionsberichte enthielten lediglich Feststellungen hinsichtlich der tatsächlichen Erledigung der Arbeitsaufgaben der einzelnen Abteilungen und keine Planungen oder Entscheidungen von Maßnahmen, an denen der Betriebsrat zu beteiligen wäre. Der Betriebsrat könne nicht verlangen, daß ihm sämtliche Vorgänge zur Verfügung gestellt würden, nur um zu prüfen, ob sich für ihn Aufgaben stellten.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. In der Beschwerdeinstanz hat der Betriebsrat seinen Antrag dahin neu formuliert, daß ihm die im Jahre 1986 erstellten "Revisionsberichte sowie die Berichte der Fachinspektion" zur Verfügung gestellt werden sollen. Er hat weiter hilfsweise beantragt,

den Arbeitgeber zu verpflichten, einem neu-

tralen Dritten ... Einsichtnahme in die Revi-

sionsberichte und die Fachinspektionsberichte

... mit dem Ziel zu gewähren, eine Überprüfung

im Hinblick auf mögliche Beteiligungs- und

Mitwirkungsrechte des Betriebsrats durchzuführen

und dem Betriebsrat das Ergebnis dieser Überprü-

fung mitzuteilen.

Der Arbeitgeber hat darin sowie in der neuen Fassung des Hauptantrages eine Antragsänderung gesehen und dieser widersprochen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Antragsänderung für sachdienlich gehalten und im wesentlichen dem Hilfsantrag des Betriebsrats stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgen Arbeitgeber und Betriebsrat ihre Anträge weiter, soweit ihnen nicht entsprochen worden ist.

B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist begründet, die des Betriebsrats unbegründet. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch darauf, daß ihm die genannten Revisionsberichte zur Verfügung gestellt werden. Sie sind auch keinem neutralen Dritten zur Einsichtnahme vorzulegen.

1. Nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG sind dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung besteht nicht erst dann, wenn feststeht, daß sich für den Betriebsrat bestimmte Aufgaben schon ergeben haben. Die vom Arbeitgeber nach § 80 Abs. 2 BetrVG geschuldete Unterrichtung des Betriebsrats - auch durch das Überlassen der erforderlichen Unterlagen - soll den Betriebsrat in die Lage versetzen, in eigener Verantwortung selbst zu prüfen, ob sich für ihn Aufgaben ergeben und ob er zur Wahrnehmung dieser Aufgaben tätig werden muß. Das hat der Senat wiederholt entschieden und im einzelnen begründet (vgl. zuletzt Beschlüsse des Senats vom 10. Februar 1987 - 1 ABR 43/84 - AP Nr. 27 zu § 80 BetrVG 1972; vom 17. März 1987, BAGE 54, 278 = AP Nr. 29 zu § 80 BetrVG 1972 und vom 26. Januar 1988 - 1 ABR 34/86 - AP Nr. 31 zu § 80 BetrVG 1972) und daran in der Entscheidung vom 31. Januar 1989 (- 1 ABR 72/82 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) festgehalten. Daraus folgt jedoch entgegen der Ansicht des Betriebsrats nicht, daß diesem grundsätzlich alle Unterlagen vorzulegen sind, um vom Betriebsrat daraufhin überprüft werden zu können, ob sich für ihn Aufgaben ergeben. Erforderlich ist vielmehr, wie der Senat in seiner genannten Entscheidung vom 26. Januar 1988 (aa0) ausgeführt hat, daß die Unterlagen, deren Vorlage verlangt wird, einen Bezug zu möglichen Aufgaben des Betriebsrats haben oder - wie es der Senat formuliert hat - bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Beteiligungsrecht bzw. für das Bestehen von Aufgaben des Betriebsrats gegeben ist.

2. Bei der Prüfung der Frage, ob eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Bestehen von Aufgaben des Betriebsrats gegeben ist, zu deren Erfüllung die Vorlage von Unterlagen begehrt wird, ist hinsichtlich der möglichen Aufgaben des Betriebsrats zu unterscheiden.

Das Betriebsverfassungsgesetz weist dem Betriebsrat eine Reihe von Aufgaben zu, zu deren Erfüllung der Betriebsrat aus eigenem Recht und eigener Initiative tätig werden kann. Das ist insbesondere bei den gesetzlich normierten Mitbestimmungs- und Vorschlagsrechten der Fall und gilt auch für die in § 80 Abs. 1 BetrVG normierten allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats. Zur Erfüllung dieser Aufgaben hat der Betriebsrat schon dann einen Anspruch darauf, daß ihm Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, wenn erst die Prüfung dieser Unterlagen ergeben kann, ob er aus eigener Initiative zur Erfüllung eben dieser Aufgaben tätig werden soll oder kann, sofern nur wahrscheinlich ist, daß die geforderten Unterlagen eine solche Prüfung überhaupt ermöglichen.

Auf der anderen Seite weist das Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat Aufgaben erst dann zu, wenn der Arbeitgeber durch sein Tätigwerden Beteiligungsrechte des Betriebsrats auslöst, sei es, daß er eine beteiligungspflichtige Maßnahme vornehmen will, sei es, daß er Maßnahmen in Erwägung zieht, über deren Planung der Betriebsrat zu unterrichten ist und die schon vorab mit dem Betriebsrat zu beraten sind. So stellen sich Aufgaben für den Betriebsrat in bezug auf personelle Einzelmaßnahmen erst dann, wenn der Arbeitgeber solche durchführen will und dazu nach § 99 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats benötigt oder vor einer Kündigung den Betriebsrat anhören muß. Erst die Planung von Neubauten, technischen Anlagen, Arbeitsverfahren und ähnlichen Maßnahmen im Sinne von § 90 BetrVG löst Beratungsaufgaben des Betriebsrats aus. Erst wenn der Arbeitgeber eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG plant, stellen sich für den Betriebsrat die im Zusammenhang mit der geplanten Betriebsänderung stehenden Aufgaben, die Betriebsänderung mit dem Arbeitgeber zu beraten, über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu verhandeln und gegebenenfalls einen Sozialplan zu erzwingen.

Daraus folgt, daß in diesen Fällen der Betriebsrat auch die Vorlage von Unterlagen, die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sein können, erst verlangen kann, wenn der Arbeitgeber sich zu solchen, Aufgaben des Betriebsrats auslösenden Maßnahmen entschließt. Dementsprechend hat der Senat in seiner Entscheidung vom 19. Juni 1984 (BAGE 46, 142 = AP Nr. 2 zu § 92 BetrVG 1972) auch ausgesprochen, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat Berichte über Rationalisierungsmöglichkeiten und Möglichkeiten einer Personalreduzierung nur und erst dann vorzulegen hat, wenn seine Überlegungen das Stadium der Planung erreicht haben. Erst dann ist der Betriebsrat nach § 92 BetrVG zu unterrichten. Erst in diesem Moment stellen sich für den Betriebsrat Aufgaben, zu deren Erfüllung erforderliche Unterlagen vom Arbeitgeber vorzulegen sind.

3. Unter Zugrundelegung dieser Unterscheidung nach dem Zeitpunkt, in dem sich Aufgaben des Betriebsrats stellen können, fehlt es im vorliegenden Falle an einem Bezug der eigentlichen Revisionsberichte und der Berichte über die Fachinspektionen zu möglichen Aufgaben des Betriebsrats.

a) Revisionen und Fachinspektionen dienen der Überprüfung und Kontrolle des jeweils der Revision oder Inspektion unterzogenen Bereiches. Ihr Ziel ist es, tatsächliche Feststellungen darüber zu treffen, wie der betreffende Bereich oder die Abteilung die ihr gestellte Arbeitsaufgabe erledigt, ob sie der gestellten Aufgabe gerecht wird, fachlich richtig arbeitet und die einschlägigen Vorschriften und Anweisungen beachtet. Die Revision oder Inspektion soll Fehler und Abweichungen von einer vorgegebenen Norm oder das Zurückbleiben hinter bestimmten Erwartungen aufzeigen; je nach Aufgabenstellung soll sie auch Ursachen für festgestellte Fehler ermitteln und Vorschläge zur Beseitigung von Fehlerquellen und für Maßnahmen machen, wie künftig eine den Anweisungen und Erwartungen entsprechende fehlerfreie Erledigung der Arbeitsaufgabe sichergestellt werden kann. Revisionsberichte sind die schriftliche Zusammenfassung des Ergebnisses einer solchen Revision oder Inspektion.

Daß auch die unter den Beteiligten strittigen Fachinspektionen diese Zielsetzung und die Fachinspektionsberichte diesen Inhalt haben, wird aus den vom Betriebsrat vorgelegten Fachinspektionsberichten für das Jahr 1985 deutlich. Dafür, daß für spätere Fachinspektionsberichte etwas anderes anzunehmen wäre, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Für die weiter umstrittenen eigentlichen Revisionsberichte macht schon deren wiedergegebene Beschreibung deutlich, daß sie eine Überprüfung bestimmter Geschäftsvorfälle im Hinblick auf vorgegebene Kriterien zum Gegenstand haben.

Den Revisions- und Fachinspektionsberichten ist damit gemeinsam, daß sie sich auf die ordnungsgemäße Erledigung der den einzelnen Bereichen und Abteilungen zugewiesenen Arbeitsaufgaben beziehen. Das aber ist ein Bereich, der der Beteiligung des Betriebsrats grundsätzlich entzogen ist. Wie im einzelnen Geschäftsvorfälle zu bearbeiten sind, welche Anweisungen und Richtlinien dabei zu beachten sind und welche Vorgaben und Erwartungen der Arbeitgeber hinsichtlich der Erledigung der einzelnen Aufgaben setzt, entscheidet der Arbeitgeber allein und ohne Beteiligung des Betriebsrats. Schon von daher fehlt es grundsätzlich an einem Bezug der Revisions- und Fachinspektionsberichte zu Aufgaben des Betriebsrats.

b) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß solche Berichte - wovon zugunsten des Betriebsrats ausgegangen werden kann - auch Aussagen über die Leistung einzelner Mitarbeiter enthalten und Empfehlungen für weitere Maßnahmen aussprechen, mit denen nach Ansicht der Revisoren oder Inspektoren Fehler und Regelabweichungen künftig vermieden werden können. Solche internen Empfehlungen einer Abteilung an die andere sind noch keine nach außen wirkenden Maßnahmen des Arbeitgebers, an denen Beteiligungsrechte des Betriebsrats in Betracht kommen. Es liegt auf der Hand, daß Revisions- und Fachinspektionsberichte dem Arbeitgeber Anlaß geben, Maßnahmen zu planen oder schon zu ergreifen, mit denen den festgestellten Fehlern und Abweichungen begegnet werden soll. Das ist unabhängig davon, ob die Berichte selbst schon solche Empfehlungen enthalten oder ob sich solche Maßnahmen von selbst aufdrängen.

4. Soweit die Berichte Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsergebnisses anregen oder sich solche Maßnahmen von selbst aufdrängen, folgt daraus noch nicht, daß sich dem Betriebsrat schon jetzt Aufgaben stellen, zu deren Erfüllung er die geforderten Revisionsberichte und Berichte der Fachinspektionen benötigt.

a) Wenn der Betriebsrat darauf verweist, daß in den Berichten Schulungsmaßnahmen der Mitarbeiter angeregt werden und er auf seine Mitbestimmungsrechte nach den §§ 96 ff. BetrVG in Angelegenheiten der betrieblichen Berufsbildung verweist, so übersieht er, daß sich diese Beteiligungsrechte nur auf Berufsbildungsmaßnahmen und sonstige Bildungsmaßnahmen im Sinne von § 98 Abs. 6 BetrVG beziehen, nicht aber auf Maßnahmen, die allein der Schulung und Unterrichtung des Arbeitnehmers über seine Arbeitsaufgabe und die Art und Weise, wie er seine Tätigkeit zu verrichten hat, beziehen (Beschluß des Senats vom 5. November 1985, BAGE 50, 85 = AP Nr. 2 zu § 98 BetrVG 1972). Um solche Maßnahmen handelt es sich aber offensichtlich, wenn im Hinblick auf festgestellte Fehler bei der Erledigung der Arbeit "Schulungen" der Mitarbeiter vorgeschlagen werden.

b) Soweit die Berichte die Versetzung oder gar die Entlassung von Arbeitnehmern anregen, die den gestellten Anforderungen - auch nach einer Schulung - nicht gerecht werden, handelt es sich um Vorschläge, die Aufgaben des Betriebsrats erst auslösen, wenn der Arbeitgeber sich zur Befolgung dieser Vorschläge entschließt und personelle Einzelmaßnahmen durchführen will. Auch wenn diesen Einzelmaßnahmen eine umfassendere Personalplanung vorausgehen müßte, stellen sich Aufgaben für den Betriebsrat erst dann, wenn entsprechende Überlegungen des Arbeitgebers das Planungsstadium erreicht haben (Beschluß des Senats vom 19. Juni 1984, aa0). Das ist nicht schon dann der Fall, wenn solche Maßnahmen oder eine solche Planung in den Revisions- und Inspektionsberichten angeregt werden.

Auch zur Wahrnehmung seines Rechts, nach § 92 Abs. 2 BetrVG Vorschläge zur Personalplanung zu machen, bedarf der Betriebsrat nicht der Kenntnis der Revisions- und Fachinspektionsberichte. Sein Vorschlagsrecht bezieht sich auf die Einführung einer Personalplanung und deren Durchführung, nicht aber darauf, personelle Einzelmaßnahmen vorzuschlagen. Nur solche personellen Einzelmaßnahmen könnte aber der Betriebsrat bei Kenntnis der Berichte allenfalls anregen. Die Annahme, die in den einzelnen Berichten ausgewiesene personelle Fehlbesetzung einzelner Arbeitsplätze könne Anlaß dafür sein, in eine Personalplanung im Sinne von § 92 BetrVG einzutreten, liegt so fern, daß im Hinblick auf eventuelle Vorschläge zur Einführung und Durchführung einer solchen Personalplanung die Kenntnis der Berichte für den Betriebsrat nicht erforderlich ist.

c) Auch die Überlegung, daß solche Berichte Vorschläge für eine andere Organisation der Arbeit und des Arbeitsablaufes beinhalten können, macht es nicht erforderlich, die Berichte dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen. Erst Planungen des Arbeitgebers hinsichtlich von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen löst nach § 90 BetrVG Beratungsrechte des Betriebsrats aus und auch dies nur im Hinblick auf ihre Auswirkungen, die Art der Arbeit und die Anforderungen an die Arbeitnehmer. Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe zur besseren Bewältigung der Arbeit neu zu planen oder dafür Vorschläge zu machen, gehört nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats.

d) Wenn § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG dem Betriebsrat zur Aufgabe macht, Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen, so ist für solche "Anträge" oder Anregungen die Kenntnis der Revisions- und Fachinspektionsberichte ebenfalls nicht erforderlich. Diese Vorschrift berechtigt den Betriebsrat, aufgrund der ihm bekannten Verhältnisse im Betrieb auch solche Maßnahmen anzuregen, für die er keine weiter ausgestalteten Beteiligungsrechte hat. Dieses Recht steht ihm jedoch mit Rücksicht auf seine schon vorhandenen Kenntnisse der betrieblichen Verhältnisse zu. Es gibt ihm daher keinen Anspruch auf weitere Informationen.

e) Daß die Revisions- und Fachinspektionsberichte auch ein Mittel zur Überwachung der Arbeitnehmer darstellen, vermag Aufgaben des Betriebsrats nicht zu begründen. Die Überwachung des Arbeitnehmers bei seiner Arbeitsleistung durch Vorgesetzte oder Revisoren und Inspektoren obliegt dem Arbeitgeber und löst Beteiligungsrechte des Betriebsrats nicht aus. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Überwachung der Arbeit und der Leistung des Arbeitnehmers kommt nach § 87 Abs. 1 Nr.6 BetrVG nur dann in Betracht, wenn dabei technische Einrichtungen im Sinne dieser Vorschrift zur Anwendung kommen (Beschluß des Senats vom 23. Oktober 1984, BAGE 47, 96 = AP Nr. 8 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes). Das ist bei den Revisionen und Fachinspektionen nicht der Fall.

Auch wenn in den Berichten die Arbeitsleistung einzelner Arbeitnehmer nicht nur beschrieben, sondern auch beurteilt werden sollte, sind damit Aufgaben des Betriebsrats nicht verbunden. Die Beurteilung der Arbeitsleistung des einzelnen Arbeitnehmers ist ebenso wie deren Kontrolle Sache des Arbeitgebers. Nur die Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze unterliegt nach § 94 Abs. 2 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Kann danach der Betriebsrat nicht verlangen, daß ihm die Revisions- und Fachinspektionsberichte zur Verfügung gestellt werden, so erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts insoweit als zutreffend, so daß die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen werden muß.

5. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist begründet.

Wenn das Landesarbeitsgericht den Arbeitgeber verpflichtet hat, die genannten Berichte einem neutralen Dritten zur Prüfung zur Verfügung zu stellen, ob durch diese Berichte Beteiligungsrechte des Betriebsrats berührt werden, so fehlt es für diese Entscheidung an jeder Rechtsgrundlage. Nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG kann der Betriebsrat unter den hier genannten Voraussetzungen verlangen, daß ihm bestimmte Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat in einem Beschlußverfahren das Arbeitsgericht selbst festzustellen. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, steht fest, daß der Betriebsrat diese Unterlagen nicht verlangen kann. Für die Vorlage der Unterlagen an einen neutralen Dritten zur Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen doch gegeben sind, besteht danach weder ein Bedürfnis noch läßt sich dem Betriebsverfassungsgesetz eine Verpflichtung des Arbeitgebers entnehmen, in einem solchen Falle die Unterlagen einem Dritten vorzulegen.

Dr. Kissel Matthes Dr. Weller

Koerner Dr. Federlin

 

Fundstellen

Haufe-Index 436766

DB 1990, 181-183 (LT1)

BetrVG, (3) (LT1)

EzB BetrVG § 80, Nr 11 (LT1)

ASP 1990, 58-59 (T)

NZA 1989, 929-932 (LT1)

RdA 1989, 381

AP § 80 BetrVG 1972 (LT1), Nr 37

EzA § 80 BetrVG 1972, Nr 37 (LT1)

ZfPR 1990, 61 (L)

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