Entscheidungsstichwort (Thema)

Leitender Angestellter. Bankprokurist

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unter die Tatbestandsgruppe des § 5 Abs 3 Nr 2 BetrVG fallen nur solche Prokuristen, die auch nach Dienststellung und Dienstvertrag dazu befugt sind, die mit einer Prokura im Außenverhältnis verbundene Vertretungsmacht im Innenverhältnis uneingeschränkt auszuüben.

2. Gesetzlich zulässige Beschränkungen der Prokura (zB in Form einer Gesamt- oder Niederlassungsprokura) erfüllen dann die Voraussetzungen der Tatbestandsgruppe des § 5 Abs 3 Nr 2 BetrVG, wenn der betreffende Arbeitnehmer auch im Innenverhältnis dazu befugt ist, die mit einer Gesamt- und/ oder Niederlassungsprokura verbundene Vertretungsmacht im Innenverhältnis uneingeschränkt wahrzunehmen.

 

Orientierungssatz

Frage, ob ein mit Gesamtprokura ausgestatteter Mitarbeiter in der Wertpapierabteilung einer Bankniederlassung, der zum Abteilungsdirektor und Leiter der Groß- und Firmenkundenberatung bestellt worden ist, leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs 3 Nr 2 und/oder § 5 Abs 3 Nr 3 BetrVG ist.

 

Normenkette

HGB §§ 49-50, 48; ZPO § 308 Abs. 1, § 565 Abs. 1; BetrVG § 5 Abs. 3 Nrn. 2-3; ArbGG § 96 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 21.11.1986; Aktenzeichen 2 TaBV 113/86)

ArbG Essen (Entscheidung vom 27.05.1986; Aktenzeichen 6 (3) BV 21/86)

 

Nachgehend

LAG Düsseldorf (Beschluss vom 24.02.1989; Aktenzeichen 2 TaBV 113/86)

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beteiligte B leitender Angestellter i.S. des § 5 Abs. 3 BetrVG ist.

Die Antragsgegnerin ist eine deutsche Großbank; sie verfügt im Bundesgebiet über 14 Niederlassungen. In der Niederlassung E werden insgesamt 1.016 Arbeitnehmer beschäftigt, wobei auf die Filialen in Bo, M, G, H und R 262 Arbeitnehmer entfallen. Der Antragsteller ist der Betriebsrat dieser Niederlassung.

Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller am 23. August 1985 mit, daß der Beteiligte G B mit Wirkung vom 1. September 1985 von F an die E Niederlassung versetzt würde und dort die Stelle eines Abteilungsdirektors und Leiters der Groß- und Firmenkundenberatung in der Wertpapierabteilung übernehmen werde. Der Antragsteller war hiermit zwar einverstanden, rügte jedoch, daß seine Beteiligungsrechte bei dieser Personalmaßnahme nicht gewahrt worden seien. Ein von ihm deswegen beim Arbeitsgericht Essen eingeleitetes Beschlußverfahren (Az.: 6 BV 55/85) wurde nach Rücknahme des Antrags eingestellt.

Der Beteiligte B ist stellvertretender Leiter der Wertpapierabteilung der Niederlassung E; er ist dem Leiter dieser Abteilung, Herrn Direktor Mi, unterstellt und vertritt diesen im Falle der Abwesenheit. Vorgesetzte des Leiters der Wertpapierabteilung sind ihrerseits die drei Leiter der Niederlassung. Diese unterstehen wiederum dem Vorstand der Antragsgegnerin. In der Hauptverwaltung der Antragsgegnerin in F bestehen Stabsabteilungen, die direkt dem Vorstand unterstellt sind.

Bei seiner Versetzung zur Niederlassung E wurde dem Beteiligten B Prokura in Form der Gesamtprokura für diese Niederlassung erteilt.

Die Dienststellung und das Aufgabengebiet des Beteiligten B stellen sich im wesentlichen wie folgt dar:

- Er betreibt und besorgt innerhalb der Wertpapierabteilung

der Niederlassung E die

Akquisition, Beratung und Betreuung der Groß- und

Firmenkunden. Der Umfang dieses Tätigkeitsbereichs

erstreckte sich im November 1986 auf

357 Depots mit einem Volumen von ca. 1,475

Milliarden DM. Zur Beratung und Betreuung der

Depotkunden zählt, diesen interessante Anlagevorschläge

zu unterbreiten und in möglichst

großem Umfang Wertpapierkäufe und -verkäufe,

Depotumschichtungen und Wechsel der Anlageformen

zur Erzielung eines möglichst positiven

Ergebnisses anzuraten. Die Bank profitiert

wesentlich an diesen Umsätzen durch die dabei

entstehenden Provisionserlöse.

- Ihm obliegt bezüglich des Wertpapierhandels

die ständige Marktbeobachtung und Marktanalyse.

- Da der Wertpapierhandel auch die Kreditaufnahme

von Kunden für einen Wertpapierkauf mit sich

bringt, ist ihm eine eigene Kreditkompetenz

zur Gewährung von Krediten bis zu einem Betrag

von 500.000,-- DM eingeräumt worden.

- Neben dem Abteilungsleiter der Wertpapierabteilung

hat er die Kompetenz zur Rückvergütung von

Depotgebühren und Einlösungsprovisionen,

zur körperlichen Auslieferung von Wertpapieren

bis zu einem Kurswert von 100.000,-- DM sowie

zum Ankauf von Zins- und Dividendenscheinen

bis zu einem Wert von 50.000,-- DM.

- Er hat auch andere Anlageformen (z.B. Edelmetalle,

Beteiligungen an geschlossenen Fonds)

zu fördern und entsprechende Anregungen und

Geschäfte an die zuständigen Abteilungen weiterzugeben.

Das gleiche gilt für sonstige Dienstleistungen,

wie z.B. wertpapierbezogene

Devisentermingeschäfte oder Währungsgeschäfte

überhaupt.

- Als Vertreter des Leiters der Wertpapierabteilung

obliegt ihm die Überwachung der Tätigkeit aller

Mitarbeiter dieser Abteilung (in der Niederlassung

Essen selbst 35 Arbeitnehmer und 5 Auszubildende).

Er ist diesen gegenüber fachlich

weisungsbefugt. Gleiches gilt bezüglich der

Mitarbeiter der angeschlossenen Filialen im Bereich

der Wertpapierbetreuung (24 Arbeitnehmer und 5

Auszubildende), auch wenn diese disziplinarisch

dem jeweiligen Leiter der Filiale unterstehen.

Bei Personalentscheidungen im Bereich der Wertpapierabteilung

wirkt er mit. Was die Führungsaufgaben

der Abteilung betrifft, ist er ständiger

Gesprächspartner des Abteilungsleiters.

- Ihm ist die Vertretung der Bank in

den Hauptversammlungen der Aktiengesellschaften

im Bereich der Niederlassung E übertragen.

Dabei übt er das Depot- und Direktstimmrecht

aus.

Zwischen der Antragsgegnerin und dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat besteht eine unternehmensinterne Absprache, wonach Abteilungsdirektoren als leitende Angestellte angesehen werden.

Der antragstellende Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, der Beteiligte B sei trotz seiner weitreichenden Kompetenzen nicht leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Bei der ihm übertragenen Prokura handele es sich nämlich um eine sogenannte "Titularprokura". Er sei nicht zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt worden, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringe. Auch sei er nicht zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ermächtigt. Im übrigen sei die Prokura auf den Bereich der Niederlassung E begrenzt. Nicht alle bei der Antragsgegnerin tätigen Prokuristen seien leitende Angestellte; in der Wertpapierabteilung der Niederlassung E würden beispielsweise drei Prokuristen übereinstimmend nicht als leitende Angestellte i.S. des § 5 Abs. 3 BetrVG angesehen.

Der Beteiligte B befinde sich als Gruppenleiter (Groß- und Firmenkunden) in der Wertpapierabteilung der Niederlassung E auf der 5. Entscheidungsstufe des Unternehmens. Nach dem Vorstand in F (1. Entscheidungsstufe) bildeten die einzelnen Fachressorts/Stabsabteilungen die 2. Entscheidungsstufe, auf der 3. Entscheidungsstufe seien die Niederlassungsleitungen angesiedelt und auf der 4. Entscheidungsstufe schließlich die einzelnen Fachabteilungen (hier: Wertpapierabteilung). Nur wenn er den Leiter der Wertpapierabteilung zu vertreten habe, befinde sich der Beteiligte B auf der 4. Entscheidungsstufe. Auch das disziplinarische Unterstellungsverhältnis liefere kein anderes Ergebnis, denn der Vorstand der Antragsgegnerin wirke auf die Niederlassungsleitungen ein, die wiederum über die Fachabteilungsleiter ihr Direktionsrecht gegenüber den Gruppenleitern ausübten. Neben diesen disziplinarisch zuständigen Stellen übten die dem Vorstand der Antragsgegnerin in F direkt unterstellten Fachressorts zusätzlich ein fachliches Weisungsrecht aus, beispielsweise dann, wenn ein Geschäftsvorhaben die Kompetenz des Fachabteilungsleiters sowie der Niederlassungsleitung überschreite; in diesem Fall sei dem Fachressort in der Hauptverwaltung in F das Geschäftsvorhaben vorzutragen, und dort falle die sachliche Entscheidung.

Da dem Beteiligten B bei der Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen kein nennenswerter Spielraum belassen und ihm praktisch keine Verantwortung übertragen worden sei, sei seine Tätigkeit für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens nicht von besonderer Bedeutung. Er habe sich bei der Vereinbarung von Geschäftskonditionen im Rahmen dessen zu bewegen, was die Zentrale der Antragsgegnerin über Mindestsätze festgelegt habe. Wolle er diese Mindestsätze unterschreiten, so habe er sich mit der Niederlassungsleitung ins Benehmen zu setzen, woraufhin dann die Genehmigung des Fachressorts in der Hauptverwaltung eingeholt werden müsse. Für die Beleihung von Wertpapieren habe die Zentrale in F die Beleihungshöhe festgelegt; die Kompetenz des Beteiligten B setze das Vorhandensein von ausreichenden Sicherheiten voraus. Da sein Entscheidungsspielraum in nahezu allen Punkten eingeschränkt bzw. gar nicht vorhanden sei, handele es sich bei dem Beteiligten B um einen Titularprokuristen.

Darüber hinaus sei ein Gegnerbezug gegenüber dem Betriebsrat auch nicht im Ansatz erkennbar. Der Beteiligte B sei nie Ansprechpartner des Antragstellers in einer Arbeitgeberfunktion gewesen.

Der Antragsteller hat beantragt

festzustellen, daß der Abteilungsdirektor

G B kein leitender Angestellter

im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sei.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Beteiligte B sei angesichts der Fülle der Kompetenzen, die ihm übertragen worden seien, als leitender Angestellter anzusehen.

Die Provisionen aus dem Wertpapiergeschäft machten einen erheblichen Teil des Ertrages des Unternehmens und insbesondere auch der Niederlassung E aus. Im Wirtschaftsjahr 1985 habe der Anteil dieser Erlöse - bezogen auf die Niederlassung E - 17 % der Gesamterlöse und 47,5 % der Erlöse aus Dienstleistungen betragen. Da die Provisionssätze oder Margen bei Millionen-Geschäften nicht die gleichen sein könnten wie bei kleineren Geschäften, sei eine einzelfallbezogene Vereinbarung erforderlich, die der Beteiligte B eigenverantwortlich treffe. Somit trage er unmittelbare Verantwortung für die Höhe diesbezüglicher Erträge der Niederlassung und des Gesamtunternehmens. Seine Kredit- und Konditionenkompetenz entspreche derjenigen des Leiters der Wertpapierabteilung.

Dem Beteiligten B sei die Prokura weder nur aus Zweckmäßigkeitserwägungen erteilt worden, um einen (Mit-) Unterschriftsberechtigten zur Verfügung zu haben, noch handele es sich bei ihr um eine bloße Titularprokura. Vielmehr entspreche die Prokuraerteilung den sehr weitreichenden wirtschaftlichen und tatsächlichen Kompetenzen, die dem Beteiligten B im Wertpapiergeschäft und in seiner Eigenschaft als stellvertretender Leiter der Wertpapierabteilung eingeräumt worden seien. Daß es sich bei ihr um eine Gesamtprokura handele, spiele hierbei keine Rolle.

Die Antragsgegnerin sei dezentral organisiert; die inländischen Niederlassungen führten ein Eigenleben. Dies zeige sich vor allem im Wertpapiergeschäft, das die jeweilige Niederlassung eigenverantwortlich betreibe. Insoweit befinde sich der Beteiligte B auf der zweiten, zumindest auf der dritten Entscheidungsebene. Die Fachressorts der Stabsabteilungen erarbeiteten zwar Richtlinien, die auch Gegenstand von Vorstandsbeschlüssen seien, doch hätten sie kein Weisungsrecht gegenüber der Niederlassung. Besonders im Bereich der Konditionenfestlegung bei Krediten und Gebühren würden starr festgelegte Sätze den individuell und regional unterschiedlich zu gestaltenden Geschäften nicht gerecht werden. Für jede Geschäftsart müsse der Niederlassung oder Filiale ein erheblicher eigenständiger Entscheidungsspielraum zukommen, um unter Konkurrenzaspekten das Bankgeschäft marktgerecht betreiben zu können. Die einzuräumenden Bandbreiten seien für die verschiedenen Geschäftsarten zwangsläufig unterschiedlich. Im Bereich des Wertpapiergeschäfts seien zentral erteilte Direktiven von geringerer Bedeutung als bei anderen Geschäftssparten. Insoweit müsse der Beteiligte B ständig Entscheidungen von beträchtlicher unternehmerischer Tragweite treffen, wobei in erster Linie auf die Niederlassung selbst und nicht auf das Gesamtunternehmen abzustellen sei.

Das Arbeitsgericht hat dem negativen Feststellungsantrag des Antragstellers stattgegeben.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landesarbeitsgericht den Beschluß des Arbeitsgerichts abgeändert und unter Zurückweisung des Antrages des Antragstellers festgestellt, der Beteiligte B sei leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Antragsbegehren weiter, während die Antragsgegnerin die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt.

II. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 96 Abs. 1 ArbGG, § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde beruht die angefochtene Entscheidung nicht auf einem Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht ist mit der von ihm getroffenen positiven Feststellung, daß der Beteiligte B leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG sei, nicht über das hinausgegangen, was die Antragsgegnerin beantragt hat. Zwar entspricht die Feststellung im Tenor des angefochtenen Beschlusses nicht dem Wortlaut des Antrages eines Beteiligten. Der Sache nach bedeutet sie jedoch nichts anderes, als die von der Antragsgegnerin beantragte Zurückweisung des negativen Feststellungsantrags des Betriebsrats als unbegründet. Wird nämlich eine negative Feststellungsklage als unbegründet abgewiesen, so ist damit das Gegenteil positiv festgestellt. Die vom Landesarbeitsgericht gewählte Tenorierung stellt mithin lediglich klar, was durch die Zurückweisung des negativen Feststellungsantrags des Betriebsrats in Bezug auf das zwischen den Beteiligten streitige Rechtsverhältnis entschieden ist.

2. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist jedoch begründet, weil das Landesarbeitsgericht die Voraussetzungen, unter denen einem Prokuristen die Eigenschaft eines leitenden Angestellten i.S. von § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG zukommt, zu weit gefaßt und daher den Beteiligten B zu Unrecht als leitenden Angestellten i.S. dieser Tatbestandsgruppe angesehen hat.

a) Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, es könne dahingestellt bleiben, ob der Beteiligte B aufgrund seiner Tätigkeit als stellvertretender Leiter der Wertpapierabteilung leitender Angestellter i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG sei, denn er sei bereits aufgrund der Prokuraerteilung leitender Angestellter gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG. Durch den Hinweis auf "Dienststellung und Dienstvertrag" verlange das Gesetz, daß die in § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG erwähnten Angestellten betriebssoziologisch die Stellung eines Generalbevollmächtigten oder Prokuristen einnähmen. Erforderlich sei also, daß ein Angestellter als Prokurist ermächtigt sei, alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringe. Gleiches gelte für die Erteilung einer Gesamtprokura an mehrere Personen gemeinschaftlich (§ 48 Abs. 2 HGB). Entscheidend müsse darauf abgestellt werden, daß dem Angestellten nach seiner Dienststellung die Aufgaben eines Prokuristen tatsächlich übertragen worden seien.

Dies sei bei einem sogenannten "Titularprokuristen" nicht der Fall. Von einem solchen müsse gesprochen werden, wenn dem Angestellten im Innenverhältnis die Ausübung der Prokura überhaupt untersagt oder sie ihm nur auf einem minimalen, für den Betrieb unbedeutenden Sektor gestattet sei oder ihm bei der Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen kein nennenswerter Spielraum gelassen werde und ihm damit praktisch keine Verantwortung übertragen worden sei.

Aufgrund des dem Beteiligten B eingeräumten Kompetenzvolumens und des Umstandes, daß dieser die ihm übertragene Prokura täglich mehrfach ausübe, könne er nicht lediglich als "Titularprokurist" angesehen werden. Allein die Kreditzusageberechtigung bis zu 500.000,-- DM ohne Einschaltung der Niederlassungsleitung oder des unmittelbaren Vorgesetzten spreche bereits eindeutig für das Bestehen einer echten Prokura, zumal die Ausübung der Prokura nicht von der Abwesenheit des Abteilungsleiters Mi abhänge. Damit erfülle der Beteiligte B die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG und sei leitender Angestellter i.S. dieser Tatbestandsgruppe.

b) Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht zu folgen.

Das Landesarbeitsgericht faßt den Begriff des leitenden Angestellten i.S. der Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG zu weit, indem es auch solche Personen einbezieht, die nach "Dienststellung und Dienstvertrag" nicht dazu befugt sind, die mit der Prokuraerteilung im Außenverhältnis verbundene Vertretungsmacht im Innenverhältnis in vollem Umfang wahrzunehmen.

Der in der Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG erwähnte Begriff "Prokura" bezieht sich ausschließlich auf das Außenverhältnis und ist daher bereits aus diesem Grunde für sich allein nicht geeignet, bei einem Arbeitnehmer den Status des leitenden Angestellten zu begründen.

Die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Die Veräußerung und Belastung von Grundstücken wird von der Prokura nicht umfaßt; der Prokurist benötigt hierzu eine besondere Ermächtigung (§ 49 Abs. 2 HGB). Im Interesse der Sicherheit des Handelsverkehrs und des Vertrauensschutzes kann die Prokura im Außenverhältnis nur im Rahmen der gesetzlichen Grenzen beschränkt werden. Eine gesetzlich zulässige Form der Beschränkung ist die Erteilung einer Gesamtprokura (§ 48 Abs. 2 HGB). Gesetzlich zulässig ist auch die Beschränkung der Prokura auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen, wenn die Niederlassungen unter verschiedenen Firmen betrieben werden (§ 50 Abs. 3 Satz 1 HGB). Eine Firmenverschiedenheit ist auch dann anzunehmen, wenn für eine der unter gleicher Firma geführten Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt wird, der sie als Zweigniederlassung bezeichnet (§ 50 Abs. 3 Satz 2 HGB). Unter den genannten gesetzlichen Voraussetzungen kann die Prokura mit der in § 49 HGB festgelegten Vertretungsmacht auf eine Niederlassung mit Wirkung gegenüber Dritten beschränkt werden. Außerhalb der gesetzlichen Grenzen (§ 48 Abs. 2, § 50 Abs. 3 HGB) ist eine Beschränkung des Umfanges der Prokura Dritten gegenüber unwirksam (§ 50 Abs. 1 HGB).

Da § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG den handelsrechtlichen Begriff "Prokura" ohne inhaltliche Modifikationen verwendet, ist auch für den Bereich des Betriebsverfassungsrechts an die in den §§ 48 ff. HGB enthaltenen Regelungen über die Prokura anzuknüpfen. Soweit der Gesetzgeber für die Prokura Beschränkungen im Außenverhältnis für zulässig erachtet hat, so bei der Gesamt- und bei der Niederlassungsprokura (§ 48 Abs. 2, § 50 Abs. 3 HGB), sind diese gesetzlich möglichen Beschränkungen auch für das Betriebsverfassungsrecht verbindlich. Unter den in § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG verwendeten Begriff "Prokura" ist daher nicht nur die Einzelprokura, sondern auch die Gesamt- und Niederlassungsprokura zu verstehen. Dabei kann auch eine Doppelbeschränkung der Prokura vorliegen, und zwar in Form einer auf eine Niederlassung i.S. des § 50 Abs. 3 HGB beschränkten Gesamtprokura.

In § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG stellt der Gesetzgeber bei dem Begriff "Prokura" jedoch nicht allein auf das Außenverhältnis ab. Vielmehr sind leitende Angestellte i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG nur solche Arbeitnehmer, die "nach Dienststellung und Dienstvertrag" Generalvollmacht oder Prokura haben. Durch die für alle drei Tatbestandsgruppen des § 5 Abs. 3 BetrVG geltenden Merkmale der "Dienststellung" und des "Dienstvertrages" hat der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß es für die Zuerkennung der Eigenschaft als leitender Angestellter nicht genügt, wenn der betreffende Arbeitnehmer lediglich im Außenverhältnis dazu befugt ist, die betreffenden unternehmerischen Funktionen oder Teilfunktionen wahrzunehmen. Er muß vielmehr auch im Innenverhältnis zum Arbeitgeber aufgrund seines Dienstvertrages zur Ausübung der unternehmerischen Funktionen oder Teilfunktionen befugt sein. Erforderlich ist weiterhin, daß er aufgrund seiner Dienststellung die ihm vertraglich eingeräumten unternehmerischen Funktionen oder Teilfunktionen auch faktisch wahrnimmt.

Das Bundesarbeitsgericht hat daher bei sämtlichen Tatbestandsgruppen des § 5 Abs. 3 BetrVG stets entscheidend darauf abgestellt, ob der Arbeitnehmer nicht nur im Außenverhältnis, sondern auch im Innenverhältnis unternehmerische Funktionen oder Teilfunktionen wahrnehmen darf und auch faktisch wahrnimmt (vgl. zu § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG: BAGE 27, 13, 22 = AP Nr. 5 zu § 5 BetrVG 1972, zu III 4 der Gründe; zu § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG: BAG Urteil vom 11. März 1982 - 6 AZR 136/79 - AP Nr. 28 zu § 5 BetrVG 1972, zu B I der Gründe; zu § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG: BAGE 32, 381, 388 = AP Nr. 22 zu § 5 BetrVG 1972, zu II 3 b der Gründe). In der Literatur wird diese Auffassung weitgehend geteilt (vgl. Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 5 Rz 122 ff., 131 ff.; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 5 Rz 142, 145 f.; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 5 Rz 36 ff., 51; GK-Kraft, BetrVG, 4. Aufl., § 5 Rz 56; Müller, DB 1981, Beilage 23, S. 10; G. Hueck, SAE 1977, 77, 79; Hromadka, SAE 1981, 27, 29 f.; Fischer, DB 1980, 1988, 1990; a.A. Hess/ Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 5 Rz 41; Grüll, RdA 1972, 171, 174).

Für die Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG ergibt sich unter Berücksichtigung des Eingangssatzes, daß sog. Titularprokuristen, die aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung oder Weisung des Arbeitgebers von der Prokura keinen Gebrauch machen dürfen, allein aufgrund ihrer Bestellung zum Prokuristen nicht zum Kreis der leitenden Angestellten i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG gehören (BAGE 27, 13, 22 = AP Nr. 5 zu § 5 BetrVG 1972, zu III 4 der Gründe; BAGE 32, 381, 388 = AP Nr. 22 zu § 5 BetrVG 1972, zu B II 3 b der Gründe; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 5 Rz 136; GK-Kraft, aaO, § 5 Rz 61; Hueck, SAE 1977, 77, 79; Müller, DB 1983, 1597, 1601; a.A. Hess/Schlochauer/Glaubitz, aaO, § 5 Rz 41; Grüll, RdA 1972, 171, 174).

Außer den sog. Titularprokuristen fallen auch solche Prokuristen, die "nach Dienststellung und Dienstvertrag" nicht befugt sind, die mit der Prokuraerteilung verbundene Vertretungsmacht im Innenverhältnis zum Arbeitgeber uneingeschränkt wahrzunehmen, nicht unter die Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG. Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts, nach der - außer den Titularprokuristen - nur solche Prokuristen von dem Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG ausgeschlossen sind, denen im Innenverhältnis die Ausübung der Prokura nur auf einem minimalen, für den Betrieb unbedeutenden Sektor gestattet ist oder denen bei der Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen kein nennenswerter Spielraum gelassen wird, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Die gesetzliche Regelung fordert eine Deckungsgleichheit zwischen dem in § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG angesprochenen Außenverhältnis und dem im Eingangssatz durch die Tatbestandsmerkmale "nach Dienststellung und Dienstvertrag" bezeichneten Innenverhältnis. Für die vom Landesarbeitsgericht vertretene Teil-Deckungsgleichheit ergeben sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Systematik der durch einen einheitlichen Eingangssatz miteinander verknüpften Tatbestandsgruppen irgendwelche Anhaltspunkte.

Für eine völlige Deckungsgleichheit von Außen- und Innenverhältnis im Rahmen der Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG spricht auch die historische Entwicklung. Bereits das Betriebsrätegesetz vom 4. Februar 1920 enthielt in § 12 Abs. 2 die Regelung, daß nicht als Angestellter i.S. des Gesetzes "die Geschäftsführer und Betriebsleiter, soweit sie zur selbständigen Einstellung und Entlassung der übrigen im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmer berechtigt sind oder soweit ihnen Prokura oder Generalvollmacht erteilt ist" gelten. Hieraus wurde abgeleitet, daß zur Stellung eines Geschäftsführers oder Betriebsleiters die zusätzliche Erteilung einer Prokura oder Generalvollmacht treten müsse, während letzteres allein nicht genüge (vgl. Flatow/Kahn-Freund, BRG, 13. Aufl., § 12 Anm. 7; Mansfeld, BRG, 2. Aufl., § 12 Anm. 3 b).

Das Betriebsverfassungsgesetz 1952 enthielt in § 4 Abs. 2 c die Regelung, daß als Arbeitnehmer i.S. des Gesetzes nicht gelten "die leitenden Angestellten, wenn sie zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt sind oder wenn ihnen Generalvollmacht oder Prokura erteilt ist oder wenn sie Aufgaben wahrnehmen, die regelmäßig wegen ihrer Bedeutung für den Bestand und die Entwicklung des Betriebs nur aufgrund besonderen persönlichen Vertrauens des Arbeitgebers bestimmten Personen im Hinblick auf deren besondere Erfahrungen und Kenntnisse übertragen werden". Die damals herrschende Meinung (vgl. Bulla in Festschrift für Herschel, S. 147; Fitting/Kraegeloh/Auffarth, BetrVG, 9. Aufl., § 4 Rz 13, 16; Galperin/Siebert, BetrVG, 4. Aufl., § 4 Anm. 20; Gaul, DB 1961, 271 f.; Monjau, DB 1953, Beilage 14, S. 2; LAG Bremen, AP Nr. 9 zu § 76 BetrVG) verlangte zusätzlich zur Prokuraerteilung das Vorliegen der allgemeinen Merkmale eines leitenden Angestellten. Als solcher wurde ein Arbeitnehmer angesehen, der für den ganzen Betrieb oder doch einen wesentlichen Aufgabenbereich des Betriebes unter eigener Verantwortung Arbeitgeberfunktionen mit einer gewissen Selbständigkeit wahrnimmt (vgl. Bulla, aaO, S. 140; Fitting/Kraegeloh/Auffarth, aaO, Rz 13). Demgegenüber ließ eine Mindermeinung in der Literatur die reine Prokuraerteilung genügen (vgl. Dietz, BetrVG, 4. Aufl., § 4 Rz 60; Hueck, RdA 1953, 445; Erdmann, BetrVG, § 4 Anm. 5; Meissinger, BetrVG, § 4 (5) Anm. 11 c).

Die Entstehungsgeschichte des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 spricht ebenfalls für die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung. Sowohl der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. VI/1786, S. 4) als auch der der CDU/CSU Fraktion (BT-Drucks. VI/1806, S. 4) und auch die Formulierungsvorschläge etwa des DGB, der Arbeitgeberverbände und der Union der leitenden Angestellten - ULA - verzichteten bei der Begriffsbestimmung des leitenden Angestellten auf jeden Hinweis auf Generalvollmacht und Prokura (vgl. die Darstellung bei Hromadka, Das Recht der leitenden Angestellten, S. 259 ff.; und bei Wiedemann, RdA 1972, 210, 211 f.). Dabei wurde in der Begründung des Regierungsentwurfs ausdrücklich betont, daß durch die Einfügung neuer objektivierender Kriterien gegenüber dem geltenden Recht eine eindeutigere Abgrenzung gewährleistet werden soll, "ohne daß dabei der Personenkreis gegenüber dem geltenden Recht wesentlich verändert wird" (BT-Drucks. VI/1786, S. 36). Da dies auch für den Gesetzentwurf der Opposition zutrifft, wird ersichtlich, daß der Gesetzgeber der Erteilung von Generalvollmacht und Prokura im Verhältnis zu den sonstigen Abgrenzungsmerkmalen, insbesondere den allgemeinen funktionsbezogenen in der Nr. 3, keine nennenswerte Bedeutung beimaß. Erst in der Beratung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung wurde der Regierungsentwurf dahingehend modifiziert, daß im Hinblick auf den bisherigen Gesetzeswortlaut die Generalvollmacht und Prokura wieder ausdrücklich aufgenommen werden sollte, wobei in dem schriftlichen Bericht (BT-Drucks. VI/2729, S. 11) hervorgehoben wird, daß diese Personen "im Hinblick auf ihre unternehmensrechtlichen Vollmachten ausschließlich geschäftsleitende Funktionen wahrnehmen". Auch hierin kommt zum Ausdruck, daß nicht allein die Erteilung einer Generalvollmacht oder einer Prokura bei einem Arbeitnehmer die Eigenschaft eines leitenden Angestellten begründen soll. Es bedarf vielmehr der Wahrnehmung von unternehmensrechtlichen Vollmachten im Innenverhältnis.

Für das Erfordernis einer völligen Deckungsgleichheit zwischen Innen- und Außenverhältnis im Rahmen der Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG sprechen auch der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Personen, die von den umfassenden Vollmachten (Generalvollmacht oder Prokura) auch im Innenverhältnis Gebrauch machen dürfen und diese auch faktisch wahrnehmen, üben eigenverantwortlich unternehmerische Funktionen oder Teilfunktionen aus. Beschränkt der Arbeitgeber die umfassenden Vollmachten (Generalvollmacht oder Prokura) im Innenverhältnis, so engt dies den unternehmerischen Entscheidungsspielraum der betreffenden Angestellten ein. Da das Gesetz selbst keinerlei Anhaltspunkte dafür enthält, bis zu welchem Rahmen eine Einschränkung im Innenverhältnis für die Anwendung des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG unschädlich sein soll, fehlt es an den erforderlichen gesetzlichen Kriterien für die Annahme einer Teil-Deckungsgleichheit von Außen- und Innenverhältnis. Eine Anknüpfung an die in § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG enthaltenen funktionalen Kriterien hätte zur Folge, daß die Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG überflüssig werden würde. Für einen derartigen Willen des Gesetzgebers bietet aber die Entstehungsgeschichte des Betriebsverfassungsgesetzes keinen Anhalt (vgl. insbesondere den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung BT-Drucks. VI/2729, S. 11). Für die Schaffung eigenständiger funktionaler Merkmale, die etwa einen geringeren Grad von unternehmerischer Eigenverantwortung fordern, enthält das Gesetz keine Abgrenzungskriterien. Dabei verkennt der Senat nicht, daß das Erfordernis einer völligen Deckungsgleichheit zwischen Außen- und Innenverhältnis in der Praxis dazu führt, daß nur ein verhältnismäßig kleiner Personenkreis unter die Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG fällt (vgl. Martens, Das Arbeitsrecht der leitenden Angestellten, S. 286; Zöllner, Anm. zu AP Nr. 5 zu § 5 BetrVG 1972; LAG Rheinland-Pfalz vom 20. Januar 1981, EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 36). In größeren Unternehmen mit dezentralisierter Organisationsstruktur gibt es oft viele Prokuristen, die im Innenverhältnis Beschränkungen unterworfen sind. Wie der Streitfall zeigt, ist dies insbesondere im Bankenbereich weitgehend üblich.

Das Abstellen auf eine völlige Deckungsgleichheit zwischen dem Außen- und Innenverhältnis bewahrt der Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG zwar einen engen, aber nicht unwesentlichen Anwendungsbereich. Dies ergibt sich daraus, daß auch gesetzlich mögliche Beschränkungen im Außenverhältnis (Gesamtprokura, Niederlassungsprokura) bei entsprechenden Befugnissen im Innenverhältnis dazu geeignet sind, bei einem Arbeitnehmer die Eigenschaft eines leitenden Angestellten i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG zu begründen.

c) Eine Anwendung dieser Grundsätze führt im Streitfall zu dem Ergebnis, daß der Beteiligte B kein leitender Angestellter i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG ist.

Dies folgt nicht bereits aus dem Umstand, daß dem Beteiligten B eine Gesamtprokura (§ 48 Abs. 2 HGB) erteilt worden ist, denn auch eine derartige Form der Prokuraerteilung ist - bei deckungsgleichem Außen- und Innenverhältnis - dazu geeignet, einen Arbeitnehmer als leitenden Angestellten i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG zu qualifizieren (vgl. Müller, DB 1983, 1597, 1601; ders., DB 1981, Beilage Nr. 23, S. 10). Auch die nach § 50 Abs. 3 HGB mögliche Begrenzung der Prokura auf den Betrieb der Niederlassung E steht einer Beurteilung des Beteiligten B als leitender Angestellter i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG nicht entgegen. Nach den insoweit eindeutigen Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Beteiligte B aber nicht dazu befugt, die mit der ihm für die Niederlassung E erteilten Gesamtprokura im Außenverhältnis verbundene Vertretungsmacht (§ 49 Abs. 1 HGB) im Innenverhältnis in vollem Umfange wahrzunehmen. Nach Dienstvertrag und Dienststellung erstreckt sich sein Aufgabengebiet nicht auf alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb einer Bankniederlassung mit sich bringt. Als stellvertretender Leiter der Wertpapierabteilung beschränkt sich der Aufgabenbereich des Beteiligten B auf die Groß- und Firmenkundenberatung in der Wertpapierabteilung. Auch der Umstand, daß die Kreditkompetenz des Beteiligten B auf die Gewährung von Krediten bis zu einem Betrag von 500.000,-- DM beschränkt ist, stellt eine Beschränkung im Innenverhältnis dar, die im Außenverhältnis gegenüber Dritten unwirksam ist. Damit fehlt es an der für die Tatbestandsgruppe des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG notwendigen Deckungsgleichheit zwischen Außen- und Innenverhältnis.

d) Soweit das Beschwerdegericht offengelassen hat, ob der Beteiligte B leitender Angestellter i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG ist, kann der Senat mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen keine abschließende Entscheidung treffen. Es bedarf daher insoweit einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Es wird sich hierbei an den Grundsätzen zu orientieren haben, die der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts zuletzt in dem Beschluß vom 23. Januar 1986 (BAGE 51, 19 = AP Nr. 30 zu § 5 BetrVG 1972) für die Auslegung des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG aufgestellt hat. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Da nicht abzusehen ist, zu welchen Tatsachenfeststellungen das Beschwerdegericht nach einer erneuten Anhörung der Beteiligten gelangen wird, sieht der Senat von weiteren Hinweisen ab.

Dr. Seidensticker Dr. Steckhan Dr. Becker

Wagner Kordus

 

Fundstellen

Haufe-Index 441016

BAGE 58, 203-217 (LT1-2)

BAGE, 203

BB 1988, 2030-2032 (LT1-2)

DB 1988, 2003-2004 (LT1-2)

NJW 1989, 998

NJW 1989, 998 (L)

BetrR 1988, Nr 6/7, 8-11 (LT1-2)

ASP 1988, 371 (K)

EWiR 1988, 957-957 (L1-2)

JR 1989, 88

NZA 1988, 809-811 (LT1-2)

RdA 1988, 381

WM IV 1988, 1514-1519 (ST1-2)

WuB, IX C 3 § 5 BetrVG 1.88 (LT)

ZIP 1988, 1143

AP § 5 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 37

EzA § 5 BetrVG 1972, Nr 47 (LT1-2)

MDR 1989, 97-97 (LT1-2)

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