Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung in den MTV für das private Versicherungsgewerbe

 

Orientierungssatz

1. Soweit das Tätigkeitsbeispiel „Leiter … eines Arbeitsbereichs” zu Gehaltsgruppe VII MTV voraussetzt, dass „die überwiegende Zahl der Arbeitnehmer des geleiteten Arbeitsbereichs in Gehaltsgruppe VI tariflich einzugruppieren ist”, kommt es auf die zutreffende Einordnung der Arbeitnehmer in die tarifliche Entgeltordnung und nicht auf die ihnen tatsächlich gezahlte Vergütung an.

2. Für diese Zuordnung der unterstellten Arbeitnehmer zu einer Gehaltsgruppe des MTV genügt eine summarische Prüfung oder eine am Durchschnitt orientierte Bewertung der Tätigkeiten nicht. Die abstrakte Bewertung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ist keine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

3. Ob sich aus einer mit ausdrücklicher vorheriger Zustimmung des Betriebsrats im Rahmen eines Eingruppierungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 BetrVG erfolgten Zuordnung der unterstellten Arbeitnehmer eine Indizwirkung dafür ergeben kann, dass es sich dabei auch um die „zutreffende” Eingruppierung im Sinne dieses Tätigkeitsbeispiels handelt, und welche konkreten Auswirkungen eine solche hätte, musste nicht entschieden werden.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe (MTV) § 4; Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe (MTV) Anhang zu § 4

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Beschluss vom 25.04.2014; Aktenzeichen 9 TaBV 77/13)

ArbG Köln (Beschluss vom 20.08.2013; Aktenzeichen 14 BV 16/13)

 

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 25. April 2014 – 9 TaBV 77/13 – aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Der Antragsteller (Arbeitgeber) erstrebt die Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Beteiligten zu 2. (Betriebsrat) zur Eingruppierung des Mitarbeiters M in die Gehaltsgruppe VI nach § 4 Ziff. 1 des Manteltarifvertrags für das private Versicherungsgewerbe (MTV).

Der Arbeitgeber ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit mit Sitz in C. In K unterhält er eine Schadenaußenstelle. In diesem Betrieb findet der MTV Anwendung.

Mit E-Mail vom 17. Oktober 2012 beantragte der Arbeitgeber beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung und Eingruppierung des Arbeitnehmers M mit Wirkung zum 1. Januar 2013 als Gruppenleiter der Gruppe S 205 der Schadenaußenstelle mit einer Vergütung nach Gehaltsgruppe VI des § 4 Ziff. 1 MTV, 23. Berufsjahr. Mit E-Mail vom 24. Oktober 2012 stimmte der Betriebsrat der Einstellung/Versetzung zu, verweigerte jedoch seine Zustimmung zur Eingruppierung mit der Begründung, der Mitarbeiter/Arbeitnehmer sei in die Gehaltsgruppe VII MTV einzugruppieren, da die überwiegende Zahl der Angestellten des von ihm geleiteten Arbeitsbereichs in die Gehaltsgruppe VI MTV tariflich „einzugruppieren” seien.

Seit dem 1. Januar 2013 wird der Mitarbeiter M als Gruppenleiter der Gruppe S 205 der Schadenaußenstelle eingesetzt und nach Gehaltsgruppe VI MTV vergütet. Von den ihm in seiner Abteilung unterstellten sechzehn Mitarbeitern waren dreizehn in der Gehaltsgruppe VI, einer in der Gehaltsgruppe VII und zwei in der Gehaltsgruppe V MTV eingruppiert.

Mit dem beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Arbeitgeber die Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Mitarbeiters M in die Gehaltsgruppe VI MTV (23. Berufsjahr) beantragt und hierzu die Auffassung vertreten, dieser sei in diese Gehaltsgruppe einzugruppieren, weil die ihm unterstellten Mitarbeiter richtigerweise höchstens der Gehaltsgruppe V MTV zuzuordnen seien. Nach dem Wortlaut des MTV komme es nicht darauf an, nach welcher Tarifgruppe die Mitarbeiter tatsächlich vergütet würden, sondern in welche Tarifgruppe sie „einzugruppieren” seien. Soweit die Mitarbeiter tatsächlich Entgelt nach den Gehaltsgruppen VI und VII MTV erhielten, beruhe dies auf den Vorgaben des MTV sowie den Absprachen mit dem Gesamtbetriebsrat aus dem Jahr 2005 und diene allein einem Besitzstandsschutz. Damals habe man sich darauf verständigt, die Gehaltsgruppe V MTV als Regeleingruppierung anzuwenden. Seit 2005 seien deshalb alle neuen Schadensachbearbeiter mit der Gehaltsgruppe V MTV gestartet. Im Übrigen seien die Tätigkeiten der dem Gruppenleiter S 205 unterstellten Mitarbeiter im Durchschnitt gleich gelagert. Die Fallbearbeitung umfasse im Wesentlichen die Regulierung von Schäden, die Prüfung von Deckung und Haftung sowie der Schadenhöhe in bestimmten Sparten, die Festlegung von Rückstellungen, die Erkennung von betrugsrelevanten Sachverhalten und deren Bearbeitung, die fallabschließende Bearbeitung der Schäden, die Durchführung von Schadensmanagement, aktives Telefonieren und Steuern der Partnerkontakte, das Prüfen der mit Werkstätten, Sachverständigen, usw. vereinbarten Konditionen. Eine feste Zuordnung eines Schadenfalls zu einem Schadensachbearbeiter, der diesen Schadenfall von der Schadenmeldung bis zum Abschluss bearbeite, gebe es nur noch in 30 % aller Schadenfälle, in 70 % handele es sich um „Team-Schäden”, die auf alle Mitarbeiter verteilt würden. Zudem sei die Schadensachbearbeitung teilweise zentralisiert. Schäden, die rechtlich komplex und/oder zeitaufwändig seien, würden an die Zentrale abgegeben, wie etwa bestimmte Kraftfahrt-Haftpflichtschäden mit Personenschäden, Kasko-Schäden im Fall einer Totalentwertung mit oder ohne Wiederauffinden, die Bearbeitung von Prozessen, von Schäden, in denen eine Haushaltshilfe benötigt werde und KH-Schäden zur Differenztheorie/Quotenvorrecht. Weiterhin seien die Versicherungsverträge vereinfacht worden und damit leichter verständlich und umzusetzen. Fast jeder dritte Kaskoschaden betreffe einen einfach zu bearbeitenden Glasschaden. Verträge mit Werkstattbindung führten dazu, dass die Abwicklung der Kaskoschäden in der Regel mit zwei Arbeitsschritten erledigt werden könne. Dies wiederum bedinge, dass die Anzahl der beantworteten eingehenden Gespräche pro Tag bei 24,6 liege und ca. drei Minuten 31 Sekunden dauerten. Die Bearbeitung dieser Routinevorgänge setze deshalb keine besonders gründlichen Kenntnisse voraus.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Arbeitsnehmers M in die Tarifgruppe TG VI Berufsjahr 23 des Manteltarifvertrags für das private Versicherungsgewerbe zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat zur Begründung seines Zurückweisungsantrags die Auffassung vertreten, es komme bei der tariflichen Anforderung allein darauf an, in welche Gehaltsgruppe die unterstellten Mitarbeiter tatsächlich eingruppiert seien. Auch seien die dem Gruppenleiter S 205 unterstellten Mitarbeiter zu Recht überwiegend in die Gehaltsgruppe VI MTV eingruppiert. Der Arbeitgeber habe auch nicht dargelegt, dass die ihm unterstellten Mitarbeiter – entgegen der tatsächlichen Handhabung – nicht in die Gehaltsgruppe VI MTV „einzugruppieren” seien. Es komme insoweit auf die Tätigkeit und Bewertung jedes einzelnen Mitarbeiters an; eine pauschale Beschreibung und Bewertung der Tätigkeit, die in dem Arbeitsbereich stattfindet, genüge nicht. Dabei sei zu beachten, dass die betreffenden Mitarbeiter nicht lediglich für die Kfz-Schadenbearbeitung zuständig seien, sondern auch für den Bereich der Haftpflicht- und Sachversicherung. Allein in dem Bereich der Kfz-Versicherung müssten sie ca. 20 verschiedene Tarife kennen und unterscheiden. Sie leisteten eine qualifizierte Schadensachbearbeitung iSd. Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe VI MTV. Im Übrigen könne nach § 4 Ziff. 2 Buchst. b MTV ein Angestellter, der länger als sechs Monate in einer Gehaltsgruppe eingestuft sei, bei gleichwertiger Tätigkeit nur aus einem wichtigen Grund und im Einvernehmen mit dem Betriebsrat tatsächlich niedriger tariflich eingruppiert werden.

Die Vorinstanzen haben dem Antrag des Arbeitgebers stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Ziel der Antragsabweisung weiter.

 

Entscheidungsgründe

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte dem zulässigen Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers nicht mit der von ihm gegebenen Begründung stattgeben. Ob der Betriebsrat seine Zustimmung zu Unrecht verweigert hat, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, weil die hierfür erforderlichen Tatsachen vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden sind. Das führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 ZPO).

I. Der Zustimmungsersetzungsantrag ist zulässig. Die vom Arbeitgeber beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme (Umgruppierung) unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Das vom Arbeitgeber ordnungsgemäß eingeleitete Zustimmungsverfahren umfasst auch die Zuordnung der Anzahl der Berufsjahre zu einer bestimmten Vergütungsgruppe, weil sich daraus ein unterschiedliches Entgelt ergibt (vgl. dazu BAG 19. Oktober 2011 – 4 ABR 119/09 – Rn. 20 mwN; 13. November 2013 – 4 ABR 16/12 – Rn. 13). Der Betriebsrat hat die begehrte Zustimmung nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen in § 99 Abs. 3 BetrVG wirksam verweigert. Auch seine Begründung genügt den gesetzlichen Anforderungen, da sie sich hinreichend klar auf einen der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Widerspruchsgründe bezieht. Soweit ein Betriebsrat – wie hier – sich auf einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG beruft, müssen diese nicht ausdrücklich benannt, sondern lediglich ihrem Inhalt nach angedeutet werden (BAG 30. September 2014 – 1 ABR 32/13 – Rn. 32, BAGE 149, 182; 9. Oktober 2013 – 7 ABR 1/12 – Rn. 37). Mit der Benennung der seinerseits für zutreffend gehaltenen Gehaltsgruppe des maßgeblichen Entgeltschemas und seine auf ein tariflich vereinbartes Tätigkeitsbeispiel bezogenen Ausführungen über die „zutreffende” Eingruppierung der dem betr. Arbeitnehmer unterstellten Mitarbeiter genügt der Betriebsrat diesen Anforderungen.

II. Ob der Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers begründet ist, kann auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung durfte ihm nicht stattgegeben werden.

1. Die Eingruppierung des Arbeitnehmers M richtet sich nach der im MTV geregelten Entgeltordnung mit den jeweiligen Anforderungen und Tätigkeitsmerkmalen. Die entsprechenden Regelungen lauten auszugsweise wie folgt:

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Gehaltsgruppenmerkmale und Eingruppierung

1.

Gehaltsgruppenmerkmale

Die Gehälter der Angestellten richten sich nach folgenden Gehaltsgruppenmerkmalen:

III

Tätigkeiten, die Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im Allgemeinen durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch einschlägige Erfahrung erworben werden.

IV

Tätigkeiten, die vertiefte Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im Allgemeinen durch zusätzliche Berufserfahrung nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann oder einer ihrer Art entsprechenden Berufsausbildung oder durch die Aneignung entsprechender Kenntnisse für den jeweiligen Tätigkeitsbereich erworben werden.

V

Tätigkeiten, die gründliche oder vielseitige Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie durch mehrjährige einschlägige Erfahrungen erworben werden, oder Tätigkeiten, die umfassende theoretische Kenntnisse erfordern.

VI

Tätigkeiten, die besonders gründliche oder besonders vielseitige Fachkenntnisse erfordern, oder Tätigkeiten, die den Anforderungen der Gehaltsgruppe V entsprechen und mit besonderer Entscheidungsbefugnis verbunden sind.

Dem gleichzusetzen sind Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern.

VII

Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erweiterter Fach- oder Führungsverantwortung verbunden sind.

VIII

Tätigkeiten, die in den Anforderungen an das fachliche Können und in der Fach- oder Führungsverantwortung über diejenigen der Gehaltsgruppe VII hinausgehen.

Richtlinien für die Anwendung der Gehaltsgruppeneinteilung sind im Anhang zum Manteltarifvertrag enthalten.

2.

Eingruppierung

a)

Für die Eingruppierung in die Gehaltsgruppen I – VIII ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend. Umfasst diese mehrere Einzeltätigkeiten, die für sich allein betrachtet jeweils unterschiedlichen Gehaltsgruppen zuzuordnen wären, richtet sich die Eingruppierung nach der überwiegenden Einzeltätigkeit oder, wenn keine überwiegt, nach derjenigen Einzeltätigkeit, die der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt. Dauert eine vorübergehend ausgeübte Tätigkeit, die einer höheren Gehaltsgruppe entspricht, ununterbrochen länger als 6 Monate, so ist die/der Angestellte vom Beginn des 7. Monats an in die höhere Gehaltsgruppe einzustufen. Eine abgeschlossene Ausbildung gibt für sich allein noch keinen Anspruch auf Bezahlung nach einer bestimmten Gehaltsgruppe. Sie ist auch keine Voraussetzung für die Eingruppierung in eine bestimmte Gehaltsgruppe.

b)

War eine Angestellte/ein Angestellter länger als 6 Monate in eine Gehaltsgruppe eingestuft, so ist bei gleichwertiger Tätigkeit eine niedrigere tarifliche Eingruppierung nur aus einem wichtigen Grunde und im Einvernehmen mit dem Betriebsrat zulässig.

…”

Im Anhang zu § 4 Ziff. 1 MTV heißt es:

„Tätigkeitsbeispiele zu den Gehaltsgruppen

Die nachstehenden Tätigkeitsbeispiele sind nicht erschöpfend. Sie geben die übereinstimmende Auffassung der Tarifvertragsparteien für typische Zuordnungen wieder. Ist eine Tätigkeit als Beispiel zu einer Gehaltsgruppe genannt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie in diese Gehaltsgruppe einzustufen ist. Von diesem Grundsatz kann zu Ungunsten des Arbeitnehmers nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Der überwiegende Teil der Beispiele findet sich durchgehend in mehreren Gehaltsgruppen, wobei durch die Zusätze .einfach', ,mit erhöhten Anforderungen', .qualifiziert' und .besonders qualifiziert' zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich jeweils um unterschiedliche Schwierigkeitsgrade der betreffenden Tätigkeit handelt. Tätigkeitsbeispiele ohne Zusatz bedeuten, dass es sich um den normalen Schwierigkeitsgrad der betreffenden Tätigkeit handelt.

Die differenzierenden Zusätze beziehen sich in keinem Fall auf die Mitarbeiter/innen und ihre persönliche Qualifikation, sondern ausschließlich auf die jeweiligen von ihnen ausgeübten Tätigkeiten. Das gilt auch für die Worte .qualifiziert' und .besonders qualifiziert'.

Gehaltsgruppe IV

Beispiele:

  • Schaden- und Leistungssachbearbeitung

Gehaltsgruppe V

Beispiele:

  • Schaden- und Leistungssachbearbeitung mit erhöhten Anforderungen

Gehaltsgruppe VI

Beispiele:

  • Qualifizierte Schaden- und Leistungssachbearbeitung

  • Tätigkeit als Leiter oder Leiterin eines Arbeitsbereichs, sofern die überwiegende Zahl der Arbeitnehmer des geleiteten Arbeitsbereichs in Gehaltsgruppe V tariflich einzugruppieren ist. Wenn keine Eingruppierung überwiegt, kommt es auf die tariflich zutreffende Eingruppierung der für den Arbeitsbereich prägenden Tätigkeiten an. Die Tätigkeit als Leiter setzt voraus, dass fachliche und personelle Führungsverantwortung für die Arbeitnehmer des geleiteten Arbeitsbereichs ausgeübt wird.

Gehaltsgruppe VII

… Beispiele:

  • Besonders qualifizierte Schaden- und Leistungssachbearbeitung

  • Tätigkeit als Leiter oder Leiterin eines Arbeitsbereiches, sofern die überwiegende Zahl der Arbeitnehmer des geleiteten Arbeitsbereichs in Gehaltsgruppe VI tariflich einzugruppieren ist. Wenn keine Eingruppierung überwiegt, kommt es auf die tariflich zutreffende Eingruppierung der für den Arbeitsbereich prägenden Tätigkeiten an. Die Tätigkeit als Leiter setzt voraus, dass fachliche und personelle Führungsverantwortung für die Arbeitnehmer des geleiteten Arbeitsbereichs ausgeübt wird.”

2. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Arbeitnehmers M in die Gehaltsgruppe VI MTV zu ersetzen, ist nicht frei von Rechtsfehlern, was zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung führt.

a) Das Landesarbeitsgericht hat dem Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 4 BetrVG mit der Begründung stattgegeben, der Arbeitnehmer M sei nicht in die Gehaltsgruppe VII MTV eingruppiert, da er einen Arbeitsbereich leite, in dem die überwiegende Zahl der Arbeitnehmer in die Gehaltsgruppe V MTV und nicht in die Gehaltsgruppe VI MTV „einzugruppieren” sei. Die Tätigkeiten der ihm unterstellten Mitarbeiter seien nicht mit einer besonderen Entscheidungsbefugnis verbunden und sie erforderten auch weder besonders gründliche oder besonders vielseitige Fachkenntnisse noch gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Damit erfülle er nur das letzte Tätigkeitsbeispiel der Gehaltsgruppe VI MTV und damit auch die Voraussetzungen dieser Gehaltsgruppe, hingegen nicht die der Gehaltsgruppe VII MTV.

b) Gegen diese Auffassung wendet sich die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats im Ergebnis mit Erfolg.

aa) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass – entgegen der vom Betriebsrat in der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung – der Arbeitnehmer M nicht schon deshalb das letzte Tätigkeitsbeispiel zu der Gehaltsgruppe VII MTV erfüllt, weil die überwiegende Zahl der Mitarbeiter der von ihm geleiteten Abteilung S 205 vom Arbeitgeber tatsächlich in die Gehaltsgruppe VI MTV eingestuft sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich diese Mitarbeiter auf die Regelung des § 4 Ziff. 2 Buchst. b MTV berufen können.

(1) Das letzte Tätigkeitsbeispiel zur Gehaltsgruppe VII MTV ist dahingehend auszulegen (zu den Kriterien der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags: vgl. etwa BAG 10. Dezember 2014 – 4 AZR 503/12 – Rn. 19 ff., BAGE 150, 184; 7. Juli 2004 – 4 AZR 433/03 – zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 111, 204), dass es auf die tariflich zutreffende Bewertung der Tätigkeit der unterstellten Mitarbeiter ankommt und nicht auf eine eventuell fehlerhafte tatsächliche Eingruppierung, wie sie der Arbeitgeber – ggf. sogar im Einvernehmen mit dem Betriebsrat – vorgenommen hat (ebenso Seifert Tarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe 6. Aufl. Teil A § 7 MTV Rn. 2).

(a) Dafür spricht bereits der Wortlaut des Tätigkeitsbeispiels. Hiernach ist entscheidend, wie die überwiegende Zahl der Arbeitnehmer des Arbeitsbereichs „tariflich einzugruppieren ist”. Eine Eingruppierung ist allgemein ein gedanklicher wertender Vorgang, bei dem eine bestimmte Tätigkeit in ein abstraktes Vergütungsschema eingeordnet wird, indem die dort zu einzelnen Entgeltgruppen aufgestellten abstrakten Merkmale mit den Anforderungen verglichen werden, die die zu bewertende Tätigkeit an den sie ausführenden Arbeitnehmer stellt (BAG 16. März 2016 – 4 ABR 32/14 – Rn. 23, BAGE 154, 235). Durch die Infinitivkonstruktion wird deutlich, dass es nicht darauf ankommen soll, wie der Arbeitgeber die Tätigkeit der Mitarbeiter bisher bewertet bzw. in welche Gehaltsgruppe er sie eingestuft hat und nach welcher er ihnen ein Entgelt zahlt, sondern wie die „Eingruppierung”, also die abstrakte Bewertung der Tätigkeit und die Einordnung in das Vergütungsschema, vorzunehmen ist.

Dafür spricht im Übrigen auch, dass die Tarifvertragsparteien in den Regelungen des MTV, in denen die Einreihung in das Entgeltschema gerade abweichend von der gedanklichen Zuordnung einer Tätigkeit zu den abstrakten Merkmalen der Gehaltsgruppen erfolgt (zB § 4 Ziff. 2 Buchst. a Sätze 3, 5 und 6 MTV, § 4 Ziff. 2 Buchst. b MTV sowie Satz 3 der Einleitung zum Anhang zu § 4 Ziff. 1 MTV), nicht den Begriff „eingruppieren”, sondern den Begriff „einstufen” verwenden.

(b) Der Wortlaut wird von der Systematik und dem Sinn und Zweck des Tätigkeitsbeispiels gestützt. Nach den Einleitungssätzen zum Anhang zu § 4 Ziff. 1 MTV geben die Tätigkeitsbeispiele eine typische Zuordnung der Tätigkeit zu den abstrakten Merkmalen der Gehaltsgruppen wieder (allgemein dazu vgl. etwa BAG 20. Juni 2012 – 4 AZR 438/10 – Rn. 16 mwN). Ist das Tätigkeitsbeispiel erfüllt, sind typischerweise auch die abstrakten Anforderungen aus der entsprechenden Gehaltsgruppe erfüllt (vgl. dazu ausf. BAG 28. Januar 2009 – 4 ABR 92/07 – Rn. 27 mwN, BAGE 129, 238). Dieser Schluss gilt bei den jeweils letzten Tätigkeitsbeispielen zu den Gehaltsgruppen VI und VII MTV, aber nur bezogen auf die zutreffende Bewertung der Tätigkeit der Mitarbeiter in der jeweiligen Abteilung. Nicht aus der erhöhten Vergütung der nachgeordneten Mitarbeiter, sondern aus den höheren Anforderungen an deren Tätigkeit folgen erhöhte Anforderungen an die Tätigkeit des Arbeitsbereichsleiters, der die fachliche und personelle Führung ausübt (zB an dessen fachliches Können und die mit der Tätigkeit verbundene Fach- oder Führungsverantwortung). Bei der entsprechenden Anforderung des Tätigkeitsbeispiels geht es – wie das Landesarbeitsgericht insoweit zutreffend annimmt – um die Wertigkeit der konkreten Tätigkeit des Arbeitnehmers und nicht um die Sicherung einer innerbetrieblichen Hierarchie (sog. „Abstandsgebot”).

(c) Auch Satz 2 des jeweils letzten Tätigkeitsbeispiels zu den Gehaltsgruppen VI und VII MTV, wonach es auf die tariflich zutreffende Eingruppierung der für den Arbeitsbereich prägenden Tätigkeiten ankommt, wenn keine Eingruppierung überwiegt, macht deutlich, dass die Tarifvertragsparteien in Satz 1 dieses Tätigkeitsbeispiels auf die Wertigkeit der Tätigkeit der nachgeordneten Mitarbeiter abstellen wollten.

(2) Dieses Auslegungsergebnis wird auch nicht durch Praktikabilitätserwägungen in Zweifel gezogen. Zwar ist dem Betriebsrat zuzugeben, dass Tätigkeitsbeispiele durch ihre Typisierung die Eingruppierung erleichtern und dadurch Rechtsklarheit und Rechtssicherheit schaffen sollen (vgl. BAG 20. Juni 2012 – 4 AZR 438/10 – Rn. 16). Eine Erleichterung ist nicht immer gegeben, wenn Streit über die zutreffende Eingruppierung der Abteilungsmitarbeiter herrscht und im Rahmen der Prüfung des Tätigkeitsbeispiels – statt auf die vom Arbeitgeber ggf. auch unzutreffend vorgenommene Zuordnung zu den Gehaltsgruppen abzustellen – inzidenter die zutreffende Eingruppierung einer Vielzahl von Mitarbeitern erfolgen müsste. Angesichts des klaren Wortlauts, der Systematik und des Sinn und Zwecks des Tätigkeitsbeispiels gibt es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien zur Vermeidung einer im Einzelfall aufwändigen Prüfung offenkundig unbillige Ergebnisse in Kauf nehmen wollten, wie etwa in dem vom Landesarbeitsgericht gebildeten Beispielfall zweier Arbeitsbereiche mit unterschiedlichen Eingruppierungen aus Besitzstandswahrungsgründen, oder der Konstellation, dass durch den Austausch nur eines Mitarbeiters bei gleichbleibender Tätigkeit aller Mitarbeiter und des Leiters des Arbeitsbereichs sich dessen Gehaltsgruppe ändern könnte. Dass die Tarifvertragsparteien der Praktikabilität durch die Anwendung der typisierenden Tätigkeitsbeispiele nicht absoluten Vorrang gegenüber den abstrakten Merkmalen einräumen wollten, zeigt schließlich Satz 4 der Einleitung zum Anhang zu § 4 Ziff. 1 MTV, wonach „in begründeten Ausnahmefällen” von dem grundsätzlichen Vorrang des Tätigkeitsbeispiels zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Es ist grundsätzlich die Sache allein der Tarifvertragsparteien, durch eine geänderte Regelung eine erhöhte Praktikabilität der Vorschrift herzustellen.

(3) Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Betriebsrats auch nicht aus § 4 Ziff. 2 Buchst. b MTV, nach dem Mitarbeitern, die länger als sechs Monate bei gleichwertiger Tätigkeit in eine Gehaltsgruppe „eingestuft” sind, dadurch Bestandsschutz gewährt wird, dass eine Herabgruppierung nur unter besonderen Voraussetzungen möglich ist. Das ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut dieser Norm, die – anders als das hier in Betracht kommende Tätigkeitsbeispiel – an eine zu hohe „Einstufung” anknüpft und gerade nicht an die „Eingruppierung” iSd. zutreffenden Zuordnung der Tätigkeit zu den Tätigkeitsmerkmalen der Gehaltsgruppen. Zum anderen deutet nichts darauf hin, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien diese tarifliche Ausnahmeregelung über ihren Schutzzweck zugunsten des einzelnen betroffenen Arbeitnehmers hinaus auch mittelbar zu einer unzutreffenden – der Wertigkeit der Tätigkeit nicht entsprechenden – Eingruppierung von Arbeitsbereichsleitern führen soll.

bb) Die weitere vom Landesarbeitsgericht gewählte Begründung des Beschwerdebeschlusses ist jedoch rechtsfehlerhaft, soweit sie von der „Nichterfüllung” der tariflichen Anforderungen der dem Arbeitnehmer M unterstellten Mitarbeiter hinsichtlich der Gehaltsgruppe VI MTV ausgeht.

(1) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, eine besondere Entscheidungsbefugnis sei mit der Tätigkeit der dem Mitarbeiter M unterstellten Mitarbeiter nicht verbunden, da es sich bei der Schadensachbearbeitung um Routineaufgaben handele, während umfangreiche und/oder komplexe Sachverhalte an die Zentrale weitergegeben werden müssten. Es sei auch „nicht erkennbar”, dass die von den Mitarbeitern der Abteilung S 205 auszuübenden Tätigkeiten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erforderten. Es fehle an „hinreichenden Anhaltspunkten” für ein Bedürfnis an (besonders) gründlichen Fachkenntnissen „für die in Rede stehende übliche Schadensachbearbeitung”, also über vertiefte Fachkenntnisse hinausgehende Erfordernisse. In gleicher Weise sei „nicht erkennbar”, dass für die in Rede stehenden Tätigkeiten (besonders) vielseitige Fachkenntnisse erforderlich wären. Der Umstand, dass neben der Kfz-Schadenregulierung weitere Versicherungszweige wie die private Haftpflicht, Hausratsversicherung, Glasversicherung, Fahrraddiebstahlversicherung und Wohngebäudeversicherung mit einer Vielzahl verschiedener Tarife zu den Aufgaben der Mitarbeiter gehöre, genüge nicht.

(2) Diese Begründung hält einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand. Für die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Tätigkeitsbeispiel der Gehaltsgruppe VI MTV sei in der Person des Arbeitnehmers M erfüllt, weil die ihm unterstellten Mitarbeiter zutreffend in der Gehaltsgruppe V MTV eingruppiert seien, fehlt es an tatsächlichen Feststellungen. Insbesondere mangelt es an einer konkreten Zuordnung der jeweiligen Tätigkeiten der dem Arbeitnehmer M unterstellten Mitarbeiter zu den einzelnen Anforderungen der Gehaltsgruppe V MTV.

(a) Vorliegend besteht sowohl hinsichtlich der für die dem Arbeitnehmer M unterstellten Mitarbeiter in Betracht kommenden Tätigkeitsbeispiele als auch hinsichtlich der Oberbegriffe der Gehaltsgruppen V und VI MTV ein deutliches Stufenverhältnis.

(aa) Die Tätigkeitsbeispiele unterscheiden sich danach ua. in „Schaden- und Leistungssachbearbeitung mit erhöhten Anforderungen” (Gehaltsgruppe V MTV) und „Qualifizierte Schaden- und Leistungssachbearbeitung” (Gehaltsgruppe VI MTV).

(bb) Die allgemeinen Anforderungen in den Oberbegriffen differenzieren zwischen dem Erfordernis von „gründlichen oder vielseitigen Fachkenntnissen” oder „umfassenden theoretischen Kenntnissen” (Gehaltsgruppe V MTV) und „besonders gründlichen oder besonders vielseitigen Fachkenntnissen” oder „gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen” (Gehaltsgruppe VI MTV).

(b) Für die Zurückweisung der Beschwerde des Betriebsrats hätte es der Entscheidung bedurft, dass zumindest die Mehrheit der dem Arbeitnehmer M unterstellten sechzehn Mitarbeiter/innen, von denen der Arbeitgeber dreizehn nach der Gehaltsgruppe VI MTV, zwei nach Gehaltsgruppe V MTV und eine nach Gehaltsgruppe VII MTV vergütet, in ihrer konkreten, jeweils einzeln zuzuordnenden Tätigkeit nicht die tariflichen Anforderungen der Gehaltsgruppe VI MTV, sondern – allenfalls – der Gehaltsgruppe V MTV erfüllen, wofür ein jeweiliger Abgleich der Tätigkeiten mit den Anforderungen der in Betracht kommenden Tätigkeitsbeispiele oder der allgemeinen Oberbegriffe der Gehaltsgruppen erforderlich wäre.

Dementsprechend hätte zunächst die Feststellung getroffen werden müssen, welche Fachkennnisse in welcher Tiefe und Breite für die Ausübung welcher Einzeltätigkeiten der unterstellten Mitarbeiter erforderlich sind. Ausgehend davon wäre ein wertender Vergleich mit den „Normalanforderungen” anzustellen. Als Ausgangspunkt für die Bewertung, ob die in dem Oberbegriff der Gehaltsgruppe VI MTV aufgeführten „gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse” bzw. die der „besonders gründlichen oder besonders vielseitigen Fach-kenntnisse” erforderlich sind, dienen nach der tariflichen Systematik die Fachkenntnisse eines Angestellten mit der Ausbildung eines Versicherungskaufmanns und einer Berufserfahrung gemäß Gehaltsgruppe IV MTV. Gegenüber diesen Fachkenntnissen bedarf es einer Erweiterung der Breite und Tiefe nach (vgl. BAG 20. April 1993 – 1 ABR 53/92 – zu B III 1 d der Gründe). Da es dabei um die Erfüllung der Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals für den betroffenen Arbeitsbereichsleiter geht, können insoweit auch nicht nur summarische Prüfungen vorgenommen werden. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien geht es – wie es auch Landesarbeitsgericht und Arbeitgeber richtigerweise annehmen – um die „zutreffende Eingruppierung” der unterstellten Mitarbeiter. Auch eine allgemeine Arbeitsplatzbewertung, die von Durchschnittsanforderungen an die unterstellten Mitarbeiter ausgeht, ist hierfür nicht ausreichend. Die Tarifvertragsparteien haben mit der entsprechenden Auffangregelung in Satz 2 des betreffenden Tätigkeitsbeispiels deutlich gemacht, dass vor einer tariflichen Bewertung der „für den Arbeitsbereich prägenden Tätigkeiten” die Eingruppierung der konkreten unterstellten Mitarbeiter zu prüfen ist. Die abstrakte Bewertung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ist aber keine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (BAG 17. November 2010 – 7 ABR 123/09 – Rn. 27 ff. mwN, BAGE 136, 200), auf welche die Tarifvertragsparteien bei der „zutreffenden” Eingruppierung der unterstellten Mitarbeiter abstellen.

Ob von einer vorherigen mit Zustimmung des Betriebsrats vorgenommenen Eingruppierung der einzelnen unterstellten Mitarbeiter eine gewisse Indizwirkung ausgehen kann, die den Prüfungsumfang einzuschränken geeignet ist, war hier nicht zu entscheiden, da der Arbeitgeber die betroffenen Mitarbeiter – mehrheitlich mit Zustimmung des Betriebsrats – gerade in die höhere und nicht in die von ihm nunmehr für richtig gehaltene Gehaltsgruppe eingruppiert hat.

(c) Die hierzu notwendigen Feststellungen und Erwägungen lassen sich dem Beschwerdebeschluss nicht entnehmen. Das Landesarbeitsgericht hat zwar – im Grundsatz zutreffend – das beschriebene Stufenverhältnis zumindest hinsichtlich der allgemeinen Anforderungen der Oberbegriffe der Gehaltsgruppen VI und V MTV seinen weiteren Erwägungen vorangestellt. Die folgenden Ausführungen, mit denen begründet werden soll, dass die dem Arbeitnehmer M unterstellten sechzehn Mitarbeiter die Anforderungen der Gehaltsgruppe VI MTV nicht erfüllen, sind nicht geeignet, die getroffene Entscheidung zu begründen. Das Landesarbeitsgericht beschränkt sich insoweit darauf, die – nach Teil I des angefochtenen Beschwerdebeschlusses streitig gebliebenen – Ausführungen des Arbeitgebers zu wiederholen und zu bewerten. Diese befassen sich jedoch nicht mit einem einzigen konkreten der dem Arbeitnehmer M unterstellten Mitarbeiter, von denen der Arbeitgeber einen sogar in die Gehaltsgruppe VII MTV eingruppiert hat, sondern beziehen sich auf die „im Durchschnitt gleich gelagerten” Teiltätigkeiten der Mitarbeiter der „Schaden- und Leistungssachbearbeitung”.

(d) Auf die Tatsache, dass sich das Landesarbeitsgericht mit der Erfüllung des konkreten Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe VI MTV „Qualifizierte Schaden- und Leistungssachbearbeitung” durch die unterstellten Mitarbeiter, auf welche sich der Betriebsrat noch in der Instanz berufen hat, nicht befasst hat, kommt es danach nicht mehr entscheidend an.

III. Eine eigene abschließende Entscheidung über den Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers ist dem Senat nicht möglich. Hierfür mangelt es an den erforderlichen Tatsachenfeststellungen, die das Landesarbeitsgericht nach der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zu treffen haben wird.

1. Dabei wird das Landesarbeitsgericht beim Arbeitgeber auf die Darlegung der tatsächlichen Grundlagen für die „zutreffende” Eingruppierung der „überwiegenden Zahl der Arbeitnehmer” des vom Arbeitnehmer M geleiteten Arbeitsbereichs hinzuwirken haben. Das erfordert den Bezug auf die konkreten, dort tätigen und namentlich zu benennenden und bewertenden Mitarbeiter und die von ihnen jeweils „tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten” (§ 4 Ziff. 2 Buchst. a Satz 1 MTV). Dann wird das Landesarbeitsgericht zunächst auf Grundlage des § 83 ArbGG von Amts wegen zu ermitteln haben, welche Einzeltätigkeiten die Mitarbeiter des Fachbereichs S 205 ausüben und welche Fachkenntnisse in welcher Tiefe und Breite dafür erforderlich sind. Sodann wird es zu bewerten haben, ob die Tätigkeiten der Mitarbeiter „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse” oder „besonders gründliche oder besonders vielseitige Fachkenntnisse” iSd. Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe VI MTV erfordern. Als Ausgangspunkt für diese Bewertung dienen nach der tariflichen Systematik die Fachkenntnisse eines Angestellten mit der Ausbildung eines Versicherungskaufmanns und einer Berufserfahrung gemäß Gehaltsgruppe IV MTV. Gegenüber diesen Fachkenntnissen bedarf es einer Erweiterung der Breite und Tiefe nach (vgl. BAG 20. April 1993 – 1 ABR 53/92 – zu B III 1 d der Gründe). Insoweit wird ein wertender Vergleich durchzuführen sein. Das Landesarbeitsgericht wird ferner zu berücksichtigen haben, dass eine Eingruppierung der unterstellten Mitarbeiter in die Gehaltsgruppe VI MTV auch durch die Erfüllung des Tätigkeitsbeispiels der „Qualifizierten Schaden- und Leistungssachbearbeitung” möglich sein kann.

Der Senat verkennt nicht, dass dies mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann. Angesichts der – auch vom Arbeitgeber und dem Landesarbeitsgericht geteilten – zutreffenden Auslegung des Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe VII MTV, das auf die „tariflich zutreffende Eingruppierung” abstellt, ist nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine summarische oder typisierende, am Durchschnitt orientierte Bewertung der Tätigkeit als solcher jedoch nur im Rahmen der hierfür ausdrücklich vorgesehenen Konstellation vorgesehen, in der „keine Eingruppierung überwiegt” (Satz 2 des letzten Tätigkeitsbeispiels zur Gehaltsgruppe VII MTV); diese Voraussetzung ist im Streitfall jedoch nicht festgestellt.

2. Das Landesarbeitsgericht wird ferner zu berücksichtigen haben, dass der Arbeitgeber die Feststellungslast für das Nichtbestehen der vom Betriebsrat zur Begründung seines Widerspruchs vorgetragenen Gründe trägt (vgl. BAG 20. April 1993 – 1 ABR 53/92 – zu B II der Gründe mwN; ebenso Fitting 28. Aufl. § 99 Rn. 290 mwN; ErfK/Kania 17. Aufl. § 99 BetrVG Rn. 42; Schaub/Koch ArbR-HdB 16. Aufl. § 241 Rn. 57; NK-GA/Preuss § 99 BetrVG Rn. 225; ebenso bereits die Gesetzesbegründung BT-Drs. VI/1786 S. 51). Die Folgen der Nichterweislichkeit von erforderlichen Tatsachen trotz der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes im Zustimmungsersetzungsverfahren treffen den Arbeitgeber. Soweit das Landesarbeitsgericht dem Antrag des Arbeitgebers stattgegeben hat, hat es sich ua. darauf gestützt, dass mehrere, einzeln abgehandelte Umstände, die geeignet sein könnten, die unterstellten Mitarbeiter der Gehaltsgruppe VI MTV zuzuordnen, „nicht erkennbar” seien, dass es „an hinreichenden Anhaltspunkten” fehle usw. Soweit dies dahin zu verstehen sein sollte, dass das Landesarbeitsgericht dem Betriebsrat insoweit die Feststellungslast zuordnen wollte, wäre dies unrichtig. Das Fehlen der Widerspruchsgründe des Betriebsrats muss für eine Stattgabe des Zustimmungsersetzungsverfahrens positiv festgestellt werden. Die entsprechende Feststellungslast trägt der Arbeitgeber.

 

Unterschriften

Eylert, Klose, Creutzfeldt, Th. Hess, Klotz

 

Fundstellen

Haufe-Index 10869040

FA 2017, 251

AP 2017

EzA-SD 2017, 15

NZA-RR 2017, 408

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