Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftlicher Betrieb mehrerer Unternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

  • Der Annahme einer konkludenten Leitungsvereinbarung zur Führung eines gemeinschaftlichen Betriebes mehrerer Unternehmen steht die formale Ausübung von Arbeitgeberbefugnissen durch den jeweiligen Vertragsarbeitgeber nicht entgegen. Ob eine einheitliche Leitung hinsichtlich wesentlicher Arbeitgeberfunktionen vorliegt, beurteilt sich nach der innerbetrieblichen Entscheidungsfindung und deren Umsetzung.
  • Sind an einem gemeinschaftlichen Betrieb sowohl eine juristische Person des Privatrechts als auch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts beteiligt, findet das BetrVG Anwendung, wenn sich die Betriebsführung mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auf der Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft vollzieht.
 

Normenkette

BetrVG 1972 §§ 1, 19 Abs. 1, § 24 Abs. 1, § 130

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 09.01.1995; Aktenzeichen 15 TaBV 5/94)

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 14.06.1994; Aktenzeichen 23 BV 62/94)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 9. Januar 1995 – 15 TaBV 5/94 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen der Anfechtung einer Betriebsratswahl streitig, ob das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in S… (IAO) und das Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT) der Universität S… als gemeinsamer Betrieb der Beteiligten zu 1) und zu 6) geführt wird.

Die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung (FhG) ist ein eingetragener Verein. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört die Förderung der angewandten Forschung. Er betreibt in S… ein Institutszentrum. In dessen Räumen ist das IAO zusammen mit dem von der Universität S… betriebenen IAT gemeinsam untergebracht.

Zwischen der Universität S… und der FhG wurde 1984 eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen. Darin heißt es unter anderem in der Präambel:

“Die satzungsgemäße Aufgabe der FhG … ist die Förderung der angewandten Forschung einschließlich der Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis. Angewandte Forschung ist aber nur dann systematisch und sinnvoll durchführbar, wenn eine enge Zusammenarbeit mit der grundlagenorientierten Forschung erfolgt.”

Daher … “betrachten die Vertragspartner eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Institut der Universität und der FhG als wünschenswert.” …

“Die Vertragspartner wollen deshalb die bestehenden Verbindungen zwischen der Universität und der FhG ausbauen und festigen und neue Verbindungen schaffen, um das gemeinsame Ziel, nämlich

  • enge Verbindung von Forschung, Lehre und Praxis
  • Verbesserung des Informationsstandes in den jeweiligen Fachgebieten
  • optimale Nutzung der Forschungseinrichtungen
  • zu erreichen.

Sie werden nach Maßgabe folgender Bestimmungen tätig:

“§ 1

Die Kooperation der Vertragspartner soll vor allem durch eine personelle Verknüpfung auf Institutsleiterebene, weitgehende gegenseitige Informationen, Mitbenutzung von Räumen, Geräten, Einrichtungen und Dienstleistungen und eine gegenseitige Beteiligung an den Aufgaben – was auch eine gegenseitige Mitarbeit und personelle Zusammenarbeit beinhaltet – unter Berücksichtigung der haushaltsrechtlichen Verpflichtungen der Vertragspartner verwirklicht werden.”

Des weiteren bestimmt die Vereinbarung:

“§ 2 Abs. 4

Die Mitarbeiter unterliegen während ihrer Tätigkeit an den Einrichtungen des jeweils anderen Vertragspartners den dortigen ordnungs- und sicherheitsrechtlichen Bestimmungen und, soweit das für die Durchführung der Arbeiten erforderlich ist, auch den fachlichen Weisungen der dortigen verantwortlichen Mitarbeiter. Im übrigen werden die jeweiligen dienstrechtlichen und arbeitsvertraglichen Beziehungen dadurch nicht berührt.

§ 3

  • Die Universität und die FhG gestatten sich gegenseitig die Mitbenützung von Räumen, Geräten und Einrichtungen sowie die Inanspruchnahme von Dienstleistungen unter vorrangiger Berücksichtigung der eigenen Interessen und Aufgaben. Näheres regeln Institutsordnungen bzw. Dienstanweisungen.

§ 4

  • Die Universität und die FhG streben an, daß die gegenseitigen Leistungen gleichwertig sind. Sie werden jährlich gemeinsam prüffähig feststellen, ob und inwieweit die gegenseitigen Leistungen zwischen den Vertragspartnern ausgeglichen sind bzw. ausgeglichen werden müssen.

Beide Institute befassen sich mit Auftragsforschung im Bereich der Unternehmensführung, der Produktionsplanung, der Arbeitsgestaltung, der Informationssysteme und des Technologie-, Personal- sowie des Forschungs- und Entwicklungsmanagements. Geleitet werden die Institute von Prof. Dr. Bu…. Er steht in Diensten der FhG und ist zugleich ordentlicher Professor an der beteiligten Universität. Die Institute sind in zwei Fachbereichen institutsübergreifend zusammengefaßt. Der Leiter des Fachbereichs “Produktionsmanagement” steht in den Diensten der FhG, der Leiter des Fachbereichs “Informationsmanagement” steht in den Diensten der Universität und hat zugleich einen Arbeitsvertrag mit der FhG. In beiden Fachbereichen sind nachgeordnete Abteilungen gebildet. Deren Leiter haben Arbeitsverträge mit der FhG abgeschlossen. Davon ausgenommen ist eine Abteilung “Forschung und Lehre” mit sechs Universitätsmitarbeitern, die originäre Hochschulaufgaben wahrnimmt und getrennt von den übrigen Gruppen bzw. Abteilungen ihre Aufgaben verfolgt.

In beiden Instituten sind etwa 400 Arbeitnehmer beschäftigt; davon sind ca. 100 bei der Universität S… für das IAT zumeist befristet eingestellt. Die organisatorische Zuordnung der einzelnen Mitarbeiter zu den Fachbereichen, den Abteilungen oder deren Untergruppierungen erfolgt unabhängig von der jeweiligen arbeitsvertraglichen Bindung. Das gilt auch für die Projektabwicklung und -bearbeitung sowie ungeachtet dessen, für welches Institut der Auftrag akquiriert worden ist. Einstellungsgespräche führt der Institutsleiter bzw. der jeweilige Fachbereichsleiter. Sie entscheiden auch über die Vertragsverlängerung der befristet eingestellten Mitarbeiter. Die Verträge werden von den jeweils zuständigen Stellen der FhG oder der Universität ausgefertigt, die auch die anfallenden Personalangelegenheiten bearbeiten.

Am 3. und 4. März 1994 haben beim IAO Betriebsratswahlen stattgefunden, für die nach der Wählerliste 449 Personen wahlberechtigt waren. Darunter befanden sich auch 99 Mitarbeiter des IAT, die einen Arbeitsvertrag mit der beteiligten Universität abgeschlossen hatten. Nach dem am 7. März 1994 bekanntgegebenen Wahlergebnis wurden in den Betriebsrat unter anderem die Arbeitnehmer B…, H… und F… gewählt, die in einem Arbeitsverhältnis zur Universität stehen. Erstes Ersatzmitglied ist der Arbeitnehmer W…, der einen Arbeitsvertrag mit der FhG hat.

Mit der am 16. März 1994 beim Arbeitsgericht eingereichten Antragsschrift hat die FhG die Betriebsratswahl angefochten. Wahlberechtigt seien nur die in ihren Diensten stehenden 263 Mitarbeiter. Sie habe sich mit der Universität rechtlich nicht zur Führung eines gemeinsamen Betriebes verbunden. Es bestünden keine einheitlichen Arbeitsverhältnisse zu einem einzigen Arbeitgeber. Eine einheitliche Leitung liege nicht vor. Personalwirtschaftliche und disziplinarische Angelegenheiten würden vom jeweiligen Vertragsarbeitgeber und entsprechend der jeweiligen arbeitsvertraglichen Zuordnung bearbeitet. Der Kern der Arbeitgeberfunktion werde weder in sozialen noch in personellen Angelegenheiten von einer einheitlichen Leitung ausgeübt.

Die FhG hat beantragt,

die Betriebsratswahl am Fraunhoferinstitut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) vom 3./4. März 1994 für unwirksam zu erklären;

hilfsweise:

festzustellen, daß anstelle der Betriebsratsmitglieder … B…, H… und … F…, die Betriebsratsmitglieder … W…, … G… und … S… gewählt worden sind.

Der Betriebsrat und die beteiligten Betriebsratsmitglieder haben beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, die FhG und die beteiligte Universität hätten sich nach dem Inhalt der Kooperationsvereinbarung und deren tatsächlichen Handhabung zur Führung eines gemeinschaftlichen Betriebes zusammengeschlossen. Dessen arbeitstechnischer Zweck sei die Akquisition und Bearbeitung von Projekten ausschließlich drittmittelfinanzierter Auftragsforschung. Der Einsatz der Mitarbeiter werde von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert, dem auch die fachliche Weisungsbefugnis zustehe. Der Einsatz der Mitarbeiter erfolge unabhängig von ihrer arbeitsvertraglichen Zuordnung. Über den Personalbedarf des einheitlichen Betriebes entscheide der Institutsleiter in Absprache mit den Abteilungsleitern. Diese entschieden faktisch auch darüber, ob es zu Vertragsverlängerungen, Neueinstellungen oder Entlassungen komme.

Die beteiligte Universität hat sich dem Antrag der FhG angeschlossen.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Betriebsrats und der beteiligten Betriebsratsmitglieder hat das Landesarbeitsgericht die arbeitsgerichtliche Entscheidung abgeändert und den Antrag abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Antragsteller die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Betriebsrat und die beteiligten Betriebsratsmitglieder haben die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Wahlanfechtungsantrag des Beteiligten zu 1) zu Recht abgewiesen.

1. Die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Beteiligten zu 3) begegnet keinen rechtlichen Bedenken, weil das Arbeitsverhältnis zwischen Frau B… und der beteiligten Universität durch Fristablauf zwischenzeitlich beendet worden ist und damit auch ihre Mitgliedschaft im Betriebsrat nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG erloschen ist.

2. Die formellen Voraussetzungen für die Durchführung des Wahlanfechtungsverfahrens sind gewahrt. Die FhG hat als Arbeitgeberin am 16. März 1994 und damit innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 19 Abs. 2 BetrVG das am 7. März 1994 bekanntgegebene Ergebnis der am 3. und 4. März 1996 durchgeführten Betriebsratswahl angefochten.

3. Ein Wahlanfechtungsgrund nach § 19 Abs. 1 BetrVG liegt jedoch nicht vor. Die in den Diensten der beteiligten Universität stehenden und dem IAT zugeordneten Arbeitnehmer waren an der angefochtenen Betriebsratswahl im IAO zu beteiligen, weil das IAT und das IAO als gemeinsamer Betrieb geführt werden.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefaßt, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Dazu müssen sich die Beteiligten Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Diese einheitliche Leitung muß sich auf die wesentlichen Funktionen eines Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten erstrecken (BAG ständige Rechtsprechung, zuletzt Beschluß vom 14. Dezember 1994 – 7 ABR 26/94 – AP Nr. 3 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, m.w.N.). Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht ausgegangen; Einwände dagegen hat die Rechtsbeschwerde nicht erhoben.

b) Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat das Landesarbeitsgericht die von der Rechtsprechung aufgestellten Merkmale zum Vorliegen eines gemeinsamen Betriebes mehrerer Unternehmen bei der Würdigung aller Umstände des Einzelfalles nicht verkannt.

aa) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß die von dem Betriebsbegriff in erster Linie geforderte Einheit der Organisationsstruktur zur Verfolgung zumindest eines arbeitstechnischen Zweckes vorliegt. Das von der FhG gegründete IAO und das zu der beteiligten Universität zählende IAT sind in gemeinsamen Räumlichkeiten im … Institutszentrum der FhG untergebracht. Dort werden die wesentlichen materiellen und immateriellen Betriebsmittel, die teils dem IAO teils dem IAT gehören, gemeinsam genutzt. Betriebszweck ist die Durchführung von Auftragsforschung auf den Gebieten der Unternehmensführung, der Produktionsplanung, der Arbeitsgestaltung, der Informationssysteme, des Technologie-, Personal- sowie des Forschungs- und Entwicklungsmanagements. Zur Erfüllung dieses arbeitstechnischen Zwecks werden wissenschaftliche und technische Dienst- und Werkleistungen erbracht, die inhaltlich und in ihrem Zusammenwirken organisiert und koordiniert werden. Dazu sind die notwendigen Arbeitsabläufe beider Institute personell, technisch und organisatorisch miteinander verknüpft. Die Mitarbeiter des IAT und des IAO arbeiten wechselseitig an und in Projekten des jeweils anderen Instituts und auch unabhängig davon mit, wer Auftragnehmer des jeweiligen Forschungsprojektes ist. Das geschieht auf der Grundlage der Kooperationsvereinbarung, die auf eine Zusammenarbeit von Universität und FhG im Rahmen angewandter Forschung zu gegenseitigem Nutzen, optimalem Einsatz von Forschungseinrichtungen und enger Verknüpfung von Theorie und Praxis angelegt ist. Dieses Ziel wird durch einen gemeinsamen und jeweils institutsübergreifenden Einsatz der Betriebsmittel und der personellen Ressourcen erreicht. Dazu sind die Mitarbeiter beider Institute ungeachtet ihrer arbeitsvertraglichen Zuordnung den jeweiligen Fachbereichen und deren Abteilungen zugeteilt, die ihrerseits einer Institutsleitung nachgeordnet sind, die durch Arbeitsvertrag bzw. Berufung sowohl der FhG als auch der Universität verbunden ist.

bb) Die FhG und die Universität haben auch einen einheitlichen Leitungsapparat geschaffen, der diesen Arbeitseinsatz steuert. Dazu müssen sie sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einer gemeinsamen Führung des Betriebes rechtlich verbunden haben. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt nicht (BAGE 60, 191, 198 = AP Nr. 77 zu § 613a BGB, zu I 2a bb der Gründe). Allerdings fehlt es nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts an einer ausdrücklichen Vereinbarung hierüber. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist jedoch anerkannt, daß die Existenz einer solchen Führungsvereinbarung auch konkludent aus den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles hergeleitet werden kann (BAG Urteil vom 18. Januar 1990 – 2 AZR 355/89 – AP Nr. 9 zu § 23 KSchG 1969, zu III 1 der Gründe, m.w.N.). Kennzeichnend für eine Leitungsvereinbarung ist danach, daß der Kern der Arbeitgeberfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung ausgeübt wird. Dafür ist vor allem entscheidend, ob ein arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz praktiziert wird, der charakteristisch für den normalen Betriebsablauf ist. Dagegen ergibt sich eine institutionalisierte und einheitliche Betriebsführung nicht schon aus einer gemeinsamen räumlichen Unterbringung. Hierbei handelt es sich allenfalls um ein Indiz für die Annahme eines von einer einheitlichen Organisation getragenen Betriebs (BAG Beschluß vom 23. September 1982, BAGE 40, 163, 168 = AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG 1972, zu III 2d der Gründe).

cc) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht unter Würdigung aller Gesamtumstände zu der Annahme einer konkludenten Leitungsvereinbarung gelangt. Nach den mit der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts werden sowohl das IAO als auch das IAT von Prof. Dr. Bu… geleitet. Der Institutsleiter steht in den Diensten der FhG und ist zugleich ordentlicher Professor der Universität S…. Der Institutsleitung nachgeordnet sind die Fachbereiche Produktionsmanagement und Informationsmanagement; die Fachbereichszuordnung ist ebenso wie die Zuordnung der Mitarbeiter institutsübergreifend; in ihnen sind sowohl Arbeitnehmer des IAT als auch des IAO gemeinsam tätig. In beiden Fachbereichen sind Abteilungen gebildet, deren Leiter Arbeitsverträge mit der FhG abgeschlossen haben. Die Zuordnung der Arbeitnehmer der Universität (IAT) und der FhG (IAO) erfolgt nicht nur fachbereichs- sondern auch abteilungsübergreifend. Sie wird von den Abteilungs- bzw. Gruppenleitern ausschließlich projektbezogen und unabhängig davon vorgenommen, ob dem IAT oder dem IAO die Durchführung eines Forschungsauftrags obliegt. Über die jeweils projektbezogene Zuordnung der Mitarbeiter entscheiden Bedarf und deren fachliche Qualifikation; ihre arbeitsvertragliche Zuordnung ist hierfür unerheblich. Der Zugriff auf ihre Arbeitsleistung erfolgt ohne eine Änderung der Vertragsverhältnisse. Damit bestimmen letztlich die der Institutsleitung nachgeordneten und ihr gegenüber verantwortlichen Abteilungsleiter ohne Rücksicht auf arbeitsvertragliche Bindungen über den Einsatz der jeweiligen Mitarbeiter. Mit diesen selbständigen Entscheidungen über den jeweiligen Personaleinsatz korrespondieren auch weitere mitbestimmungspflichtige Arbeitgeberentscheidungen, die ausschließlich auf Institutsebene getroffen werden. Wie der beteiligte Betriebsrat dargelegt hat, entscheiden die Abteilungsleiter bzw. die ihnen unterstehenden Gruppenleiter über die zeitliche Lage des Urlaubs. Ihnen obliegt nicht nur die Diensteinsatzplanung und damit das Aufstellen von Vertretungsregelungen, sondern auch die Urlaubsplanung der ihnen unterstellten Mitarbeiter des IAO und des IAT.

Der Institutsleiter übt über die nachgeordneten Abteilungsleiter auch die Fachaufsicht über die Mitarbeiter beider Institute aus. Das läßt den Schluß auf ein umfassendes Weisungsrecht auch hinsichtlich Inhalt, Umfang und Qualität der geforderten Arbeitsleistung zu (BAG Beschluß vom 18. Januar 1989, BAGE 60, 368, 381 = AP Nr. 2 zu § 14 AÜG, zu B III 2b aa der Gründe). Der flexible und und abteilungs- bzw. fachbereichsübergreifende Personaleinsatz zur Erbringung wissenschaftlicher und technischer Dienst- und Werkleistungen läßt sich nur durch die Ausübung entsprechender Weisungsrechte auch hinsichtlich Ort, Zeit, Umfang und Güte der zu erbringenden Arbeitsleistung bewerkstelligen. Das verkennt die Rechtsbeschwerde, die bei ihrer Bewertung der auch von ihr anerkannten fachlichen Weisungsbefugnisse die damit zwangsläufig verbundene Personaleinsatzplanung und Leistungsbewertung außer Acht läßt.

Ebenfalls in den Händen der Abteilungsleiter und damit der Institutsleistung liegt die Personalbedarfsplanung, die abhängig von der Auftragslage und der jeweiligen kapazitiven Projektauslastung erfolgt. Danach entscheidet sich auch die arbeitsvertragliche Zuordnung der einzustellenden Arbeitnehmer. Eigenständige Entscheidungen in diesem Bereich werden extern weder von der Universität noch von der FhG getroffen.

Schließlich werden auch die Einstellungsgespräche von der Institutsleitung geführt, die entsprechend den Vorschlägen der Fachbereichsleiter bzw. Abteilungsleiter über Einstellungen, Vertragsverlängerungen oder -beendigungen befindet. An die Personalvorschläge des Institutsleiters sind die FhG und die Universität nicht nur faktisch, sondern auch in rechtlicher Hinsicht weitgehend gebunden. Nach § 21 Abs. 2h der Satzung der FhG macht die Institutsleitung für die Einstellung und Entlassung der Mitarbeiter gegenüber dem Vorstand Vorschläge. Darüber kann sich der Vorstand nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen bei Vorliegen rechtlicher oder sonstiger schwerwiegender Hindernisse hinwegsetzen. Vergleichbares gilt auch für die Universität. Für die hier praktizierte Drittmittelforschung verlangt § 59 Abs. 3 Universitätsgesetz Baden-Württemberg eine weitgehende Personalverantwortung der Institutsleitung. Auch wenn die aus Mitteln Dritter bezahlten hauptberuflichen Mitarbeiter als Personal der Universität eingestellt werden, kann deren Einstellung nur aufgrund eines entsprechenden Personalvorschlags desjenigen erfolgen, der das Forschungsvorhaben durchführt. Entscheidet damit die Institutsleitung über die Begründung und Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen, spricht die praktische Ausführung dieser Arbeitgeberentscheidungen durch den jeweiligen Vertragsarbeitgeber nicht gegen das Vorliegen eines einheitlichen Leitungsapparates. Auch wenn der FhG und der beteiligten Universität die mit der Arbeitgeberstellung verbundenen Befugnisse zur Ausfertigung von Arbeitsverträgen, zur Vornahme der Vertragsverlängerungen, zur Ausführung disziplinarischer Maßnahmen und zur Bearbeitung aller Personalangelegenheiten verbleiben, hat es das Landesarbeitsgericht zu Recht für unerheblich gehalten, ob auch die formalen Arbeitgeberbefugnisse auf die Institutsleitung übertragen worden sind. Ein einheitlicher Betrieb verlangt gerade nicht, daß alle Arbeitgeberentscheidungen in einer Hand liegen und dort vollzogen werden. Für den einheitlichen Betrieb ist stets kennzeichnend, daß die Arbeitsverhältnisse zu den beteiligten Arbeitgebern fortbestehen und die damit verbundenen formalen Befugnisse tatsächlich beibehalten werden oder vom Vertragsarbeitgeber ausgeübt werden können. Ob eine einheitliche Leitung hinsichtlich wesentlicher Arbeitgeberbefugnisse praktiziert wird, entscheidet die innerbetriebliche Entscheidungsfindung und deren innerbetriebliche Umsetzung in personellen und sozialen Angelegenheiten, durch die der jeweilige arbeitstechnische Zweck verfolgt wird (vgl. Oetker, SAE 1987, 305, 307; Herrmann, Der gemeinsame Betrieb mehrerer Unternehmen, S. 37 f.).

c) Die Annahme einer konkludenten Führungsvereinbarung wird durch eine intern praktizierte Kostenverrechnung für Sachmittel und Personal nicht in Frage gestellt. Eine interne Kostenverrechnung beeinflußt den wirtschaftlichen Erfolg der beteiligten Institute, ändert aber nichts daran, daß deren gemeinsame Leitung die vorhandenen Arbeitsmittel zusammenfaßt, gezielt und geordnet zur Erreichung des Betriebszwecks einsetzt und nicht der jeweilige Vertragsarbeitgeber, sondern die Institutsleitung den personellen Arbeitseinsatz plant und steuert.

Zur Begründung ihrer entgegenstehenden Rechtsauffassung kann sich die FhG auch nicht auf die Senatsentscheidung vom 18. Januar 1989 (aaO, zu II 2b der Gründe) berufen. Darin hat der Senat in einer für möglich gehaltenen Eingliederung mehrerer Universitätsmitarbeiter in einen Krankenhausbetrieb im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung eine nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 14 AÜG erblickt. Das hat zur Folge, daß die in die fremde Betriebsorganisation eingegliederten Arbeitnehmer keine betriebsangehörigen Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG sind. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Eingliederung in eine fremde, sondern um eine von FhG und Universität gemeinsam getragene Betriebsorganisation.

4. Gegen die Annahme eines gemeinsamen Betriebes wendet die Rechtsbeschwerde vor allem ein, das Landesarbeitsgericht habe es nicht ungeprüft lassen dürfen, ob die Kooperationsvereinbarung oder deren tatsächliche Handhabung zur Bildung einer BGB-Gesellschaft geführt habe, weil ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen stets Zuordnung zu einem einheitlichen Rechtsträger verlange. Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Kennzeichnend für den Betrieb im Sinne des BetrVG ist die Einheitlichkeit einer Organisationsstruktur zum Erreichen arbeitstechnischer Zwecke (BAG Beschluß vom 14. Dezember 1994, aaO, zu B I 1a der Gründe). Dafür bedarf es keiner Zuordnung zu einem einheitlichen Rechtsträger, wie sie das Betriebsverfassungsgesetz etwa für den Unternehmensbegriff (BAG Beschluß vom 1. August 1990, BAGE 65, 304 = AP Nr. 8 zu § 106 BetrVG 1972, m.w.N.) verlangt. Vielmehr ist der gemeinsame Betrieb mehrerer Unternehmen durch eine einheitliche Leitung in allen wesentlichen personellen und sozialen Angelegenheiten gekennzeichnet. Die hierzu notwendige Leitungsvereinbarung führt nicht zur Schaffung eines einheitlichen Rechtsträgers. Die Rechtsfigur des gemeinschaftlichen Betriebes mehrerer Unternehmen wäre ansonsten entbehrlich (Kraft, GK-BetrVG, 5. Aufl., § 4 Rz 26; Herrmann, aaO, S. 73).

5. Vorliegend sind an dem gemeinschaftlichen Betrieb mit der FhG eine juristische Person des Privatrechts und mit der Universität eine Körperschaft des öffentlichen Rechts beteiligt. Das schließt die Geltung des BetrVG nicht aus. Nach § 130 BetrVG findet das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung auf Körperschaften des öffentlichen Rechts. Diese Vorschrift grenzt den Geltungsbereich des BetrVG gegenüber dem Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder ab, wobei dem BetrVG keine Ersatz- oder Auffangfunktion zukommt (BAG Beschluß vom 30. Juli 1987, BAGE 56, 1 = AP Nr. 3 zu § 130 BetrVG 1972). Anknüpfungspunkt der Kollisionsnorm ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und einhelliger Auffassung in der Literatur die formelle Rechtsform des Betriebes, nicht hingegen, wem wirtschaftlich gesehen Inhaber des Betriebes ist oder zu wem die Arbeitsverhältnisse der in diesem Betrieb Beschäftigten bestehen (BAGE 27, 316 = AP Nr. 1 zu § 130 BetrVG 1972; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, aaO, § 130 Rz 4; Fabricius, GK-BetrVG, 5. Aufl., § 130 Rz 3 ff., m.w.N.). Danach bestimmt sich auch die Abgrenzung zum Personalvertretungsrecht des Bundes bzw. der Länder. Wird der Betrieb von einer Verwaltung geführt und ist er öffentlich-rechtlich organisiert, gilt das Personalvertretungsrecht (vgl. Lorenzen/Schmitt/Etzel/Gerhold/Albers/Schlotmann, BPersVG, Stand Januar 1996, § 1 Rz 49 ff.).

Vorliegend haben sich die Universität und der FhG durch die Schaffung eines einheitlichen Leitungsapparates zur Verfolgung gemeinsamer arbeitstechnischer Zwecksetzungen verbunden. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte vollzieht sich diese Vereinbarung regelmäßig in Form einer BGB-Gesellschaft (BAG Urteil vom 5. März 1987, BAGE 55, 117 = AP Nr. 30 zu § 15 KSchG 1969). Deren Gesellschaftszweck ist die gemeinsame Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke durch einen einheitlichen Leitungsapparat. Nicht erforderlich ist, daß diese Gesellschaft auch Eigentümerin der jeweiligen Betriebsstätte oder der Betriebsmittel ist. Eine BGB-Gesellschaft muß nach den Vorschriften der §§ 705 ff. BGB weder Gesamthandsvermögen noch wenigstens wirtschaftlich gemeinsames Vermögen besitzen. Auch kommt es durch die Gründung der BGB-Gesellschaft nicht zu einem Arbeitgeberwechsel im Verhältnis zu den Arbeitnehmern. Damit erfolgt die Beteiligung der Universität und ihre Betätigung innerhalb des Gemeinschaftsbetriebs auf der Grundlage privatrechtlicher Vereinbarungen in der Form einer BGB-Gesellschaft und damit in privatrechtlicher Rechtsform. Das führt gem. § 130 BetrVG zur Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes.

Die Beteiligung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an einer BGB-Gesellschaft zur gemeinsamen Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke mit einer Personenvereinigung des Privatrechts und die daraus folgende Anwendung des BetrVG (vgl. Däubler, Der Gemeinschaftsbetrieb im Arbeitsrecht, Festschrift für Zeuner, 1994, S. 19, 30; Herrmann, aaO, S. 138) scheitert auch nicht an verfassungs- oder verwaltungsrechtlichen Vorgaben zu Handlungs- oder Organisationsformen öffentlich-rechtlicher Verwaltungen. Öffentlich-rechtliche Verwaltungen und damit auch Körperschaften des öffentlichen Rechts dürfen sich privatrechtlicher Handlungsformen bedienen, soweit keine öffentlich-rechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze entgegenstehen (Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl., § 23 Rz 5 ff.). Weder dem Baden-Württembergischen Universitätsgesetz noch dem Landespersonalvertretungsrecht sind Bestimmungen zu entnehmen, die dazu zwingen, drittmittelfinanzierte Auftragsforschung ausschließlich in öffentlich-rechtlich geführten Instituten durchzuführen. Das gilt auch für die haushaltsrechtlichen Regelungen zur Beteiligung landesunmittelbarer juristischer Personen an privatrechtlich geführten Unternehmen (§ 105 in Verb. mit § 65 LandeshaushaltsO).

Auch das Hochschulrahmengesetz schließt eine solche Vereinbarung nicht aus. In § 25 Abs. 1 HRG wird die Drittmittelforschung neben der etatfinanzierten Forschung als gleichwertiger Bestandteil der Hochschulforschung anerkannt. Allerdings gewährt diese Vorschrift einen Anspruch auf Durchführung drittmittelfinanzierter Forschung nur, soweit der Hochschullehrer die Drittmittel angeworben hat und sich das Forschungsvorhaben mit seinen übrigen dienstlichen Verpflichtungen vereinbaren läßt (§ 25 Abs. 1u. Abs. 2 HRG). Einen Rechtsanspruch auf die Zuteilung von Drittmitteln steht dem Hochschullehrer nicht zu (Hailbronner, HRG, Stand November 1995, § 25 Rz 5 ff., m.w.N.). Mit dieser Konzeption wollte der Gesetzgeber das System der Forschungsfinanzierung flexibilisieren, die Eigenverantwortung des Hochschullehrers stärken, den Zwang zu einer qualitätsorientierten Forschung erhöhen und einen beschleunigten Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse hin zu wirtschaftlichen Anwendungszwecken fördern (BT-Drucks. 10/225, S. 3 ff.). Dieser Zweck läßt eine Zusammenarbeit wie die vorliegende zu.

Im übrigen hatte der Senat aus Anlaß des vorliegenden Wahlanfechtungsverfahrens keine Veranlassung, über die Abgrenzung der Mitbestimmungsrechte von Betriebsrat und Personalrat zu befinden. Das gilt auch hinsichtlich der Berechtigung der beteiligten Universität zum Einsatz von Beamten innerhalb des einheitlichen Betriebes.

6. Das Arbeitsgericht hatte die Betriebsratswahl auch deshalb für unwirksam erklärt, weil es einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften darin gesehen hatte, daß die sechs in der Abteilung “Forschung und Lehre” tätigen Mitarbeiter nicht wahlberechtigt gewesen seien. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind diese Arbeitnehmer nicht dem gemeinschaftlichen Betrieb zuzuordnen. Sie nehmen unabhängig von dessen arbeitstechnischer Zwecksetzung originäre Hochschulaufgaben wahr und sind auch nicht in die gemeinsame Arbeitsorganisation von IAT und IAO eingegliedert.

 

Unterschriften

Steckhan, Schmidt, Bröhl, Olga Berger, Niehues

 

Fundstellen

BAGE, 112

NZA 1996, 1110

PersR 1997, 26

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