Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung von Aufgaben auf gemeinsame Ausschüsse

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Entscheidung des Betriebsrats, welche Aufgaben er an weitere oder gemeinsame Ausschüsse überträgt, unterliegt keiner Zweckmäßigkeits-, sondern nur einer Rechtskontrolle. Neben den ausdrücklich normierten Einschränkungen der Aufgabenübertragung hat der Betriebsrat lediglich die allgemeine Schranke des Rechtsmißbrauchs zu beachten. Der Betriebsrat darf sich nicht aller wesentlichen Befugnisse dadurch entäußern, daß er seine Aufgaben weitgehend auf Ausschüsse überträgt; er muß als Gesamtorgan in einem Kernbereich der gesetzlichen Befugnisse zuständig bleiben. Dabei ist nicht auf einen einzelnen Mitbestimmungstatbestand, sondern auf den gesamten Aufgabenbereich des Betriebsrats abzustellen (Fortführung von BAG Beschluß vom 1. Juni 1976 - 1 ABR 99/74 = AP Nr 1 zu § 28 BetrVG 1972, zu III 2 der Gründe).

2. Die Bildung und Zusammensetzung eines gemeinsamen Ausschusses von Betriebsrat und Arbeitgeber (§ 28 Abs 3 BetrVG) ist nicht davon abhängig, ob weitere Ausschüsse im Sinne des § 28 Abs 1 BetrVG bestehen und wie sie besetzt sind.

3. Aus § 28 Abs 3 in Verbindung mit § 28 Abs 2 Satz 1 und § 27 Abs 2 BetrVG ergibt sich, daß einem gemeinsamen Ausschuß in der Regel mindestens zwei Betriebsratsmitglieder angehören müssen. Die Festlegung der Mitgliederzahl eines gemeinsamen Ausschusses ist nicht schon deshalb rechtsmißbräuchlich, weil sich Betriebsrat und Arbeitgeber mit der Mindestzahl von Ausschußmitgliedern begnügen und auf eine im Betriebsrat vertretene Liste kein Ausschußmitglied entfällt. Ebenso ist es unschädlich, wenn die kleinste Gruppierung (Liste), nicht aber eine größere Gruppierung ein Ausschußmitglied stellt.

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 12.03.1993; Aktenzeichen 15 TaBV 251/92)

ArbG Wuppertal (Beschluss vom 12.10.1992; Aktenzeichen 4 BV 15/92)

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auf einen gemeinsamen Ausschuß von Betriebsrat und Arbeitgeber übertragen werden können und wie ein derartiger Ausschuß zu besetzen ist.

Der beteiligte Betriebsrat besteht aus 27 Mitgliedern, die über die Liste 1 (unabhängige Arbeitnehmer), die Liste 2 (Belegschaftsliste) und die Liste 3 (Mehrheitsfraktion) gewählt wurden. Antragsteller sind alle Betriebsratsmitglieder der Liste 2.

Der Betriebsrat bildete einen Betriebsausschuß und mehrere weitere Ausschüsse, u. a. den "Ausschuß Neue Technologien", dem ein Betriebsratsmitglied der Liste 1, zwei Betriebsratsmitglieder der Liste 2 und vier Betriebsratsmitglieder der Liste 3 angehören. Außerdem wurde eine paritätische Technologie-Kommission eingesetzt, die sich aufgrund einer Absprache zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber aus zwei Betriebsratsvertretern und zwei Arbeitgebervertretern zusammensetzt. Der Betriebsrat beschloß in seiner Sitzung vom 10. Oktober 1991, je einen Angehörigen der Liste 1 und 3 als Mitglied dieser Kommission zu benennen.

Nr. 10.3.7 der Geschäftsordnung des Betriebsrats vom 29. August 1991, die bei Einleitung des vorliegenden Beschlußverfahrens galt, regelte die Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse des Ausschusses Neue Technologien und der paritätischen Technologie-Kommission wie folgt:

"Ausschuß Neue Technologien

Der Ausschuß nimmt die Mitbestimmungs- und Mit-

beratungsrechte des Betriebsrates auf dem Gebiet

der Gestaltung von Arbeit und Arbeitsabläufen im

Rahmen Neuer Technologien wahr. Betriebsvereinba-

rungen und Regelabsprachen im Rahmen der aufge-

führten Aufgaben werden vom Ausschuß zur Be-

schlußfassung im Betriebsrat vorbereitet. Der vom

Betriebsrat eingesetzten paritätischen Technolo-

gie-Kommission werden folgende Aufgaben zur selb-

ständigen Erledigung übertragen:

1. Überprüfen von DV-Systemen auf die Einhaltung

von Gesetzen, BV usw.

2. Zustimmung zu DV-Systemen, die die Gesetze, BV

usw. einhalten.

3. Zustimmung oder Ablehnung von Erweiterungen zu

bestehenden und genehmigten DV-Systemen.

Beschlüsse sind nur dann wirksam, wenn alle be-

nannten BR-Mitglieder in der Technologie-Kommis-

sion anwesend waren und zugestimmt haben."

In der Geschäftsordnung des Betriebsrats vom 3. September 1992 wurde Nr. 10.3.7 wie folgt gefaßt:

"Ausschuß Neue Technologien

Der Ausschuß nimmt die Mitbestimmungs- und Mitbe-

ratungsrechte des Betriebsrates auf dem Gebiet

der Gestaltung von Arbeit und Arbeitsabläufen im

Rahmen neuer Technologien wahr. Betriebsvereinba-

rungen und Regelabsprachen im Rahmen der aufge-

führten Aufgaben werden vom Ausschuß zur Be-

schlußfassung im Betriebsrat vorbereitet. Der vom

Betriebsrat eingesetzten paritätischen Technolo-

gie-Kommission werden folgende Aufgaben zur selb-

ständigen Erledigung übertragen:

1. Überprüfen von bestehenden DV-Systemen auf die

Einhaltung von Gesetzen, BV usw.

2. Zustimmung zu DV-Systemen, die die Gesetze, BV

usw. einhalten.

3. Zustimmung oder Ablehnung von Erweiterungen zu

bestehenden und genehmigten DV-Systemen.

Die Betriebsratsvertreter in der paritätischen

Technologie-Kommission geben den Mitgliedern des

Ausschusses "Neue Technologien" rechtzeitig vor

Beschlußfassung über anstehende Entscheidungen

nach Punkt 2 und 3 Kenntnis. Der Ausschuß "Neue

Technologien" kann wegen grundsätzlicher Bedeu-

tung der anstehenden Sache die Behandlung und

Entscheidung an sich ziehen.

Beschlüsse sind nur dann wirksam, wenn alle be-

nannten BR-Mitglieder in der Technologie-Kommis-

sion anwesend waren und zugestimmt haben."

Die Betriebsratsmitglieder der Liste 2 haben die Auffassung vertreten, die in Nr. 10.3.7 der Geschäftsordnung des Betriebsrats vom 3. September 1992 vorgesehene Übertragung von Beteiligungsrechten auf die paritätische Technologie-Kommission sei unwirksam. Die paritätische Technologie-Kommission habe letztlich die gesamte mögliche Mitbestimmungstätigkeit aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG übernommen. Dem Betriebsrat als Gesamtorgan verbleibe nicht der Kernbereich der gesetzlichen Befugnisse des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Selbst wenn die Aufgabenzuweisung rechtens sei, habe die paritätische Technologie-Kommission anders besetzt werden müssen. Sämtliche Mitglieder des "Ausschusses Neue Technologien" müßten auch der paritätischen Technologie-Kommission angehören. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Juli 1984 (- 2 AZR 320/83 - AP Nr. 32 zu § 102 BetrVG 1972). Zumindest müsse der Betriebsrat ein weiteres Ausschußmitglied benennen und dadurch der Liste 2 ermöglichen, ebenfalls in der paritätischen Technologie-Kommission vertreten zu sein. Dem in §§ 27, 28 BetrVG verankerten Minderheitenschutz widerspreche es, daß der Betriebsrat trotz der Listenverhältnisse im "Ausschuß Neue Technologien" (ein Mitglied der Liste 1, zwei Mitglieder der Liste 2 und vier Mitglieder der Liste 3) nur jeweils ein Mitglied der Listen 1 und 3 für die paritätische Technologie-Kommission benannt habe. Die gesetzlich vorgeschriebene Verhältniswahl habe nicht stattgefunden.

Die Betriebsratsmitglieder der Liste 2, deren Antragsschrift am 5. März 1992 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, haben zuletzt beantragt,

1. festzustellen, daß die Übertragung von Mitbe-

stimmungsrechten/Mitwirkungsrechten/Aufgaben

zur selbständigen Erledigung auf die paritäti-

sche Technologie-Kommission, bestehend aus Be-

triebsratsmitgliedern und Arbeitgebervertre-

tern gemäß Ziffer 10.3.7 der Geschäftsordnung

des Betriebsrates in der Fassung vom

03.09.1992 "Ausschuß Neue Technologien" un-

wirksam ist,

2. hilfsweise

festzustellen, daß die Übertragung von Mitbe-

stimmungsrechten/Mitwirkungsrechten/Aufgaben

zur selbständigen Erledigung auf die paritäti-

sche Technologie-Kommission, bestehend aus Be-

triebsratsmitgliedern und Arbeitgebervertre-

tern gemäß Ziffer 10.3.7 der Geschäftsordnung

des Betriebsrates in der Fassung vom

03.09.1992 insoweit unwirksam ist, als nicht

sämtliche Betriebsratsmitglieder des "Aus-

schusses Neue Technologien" auch als Betriebs-

ratsmitglieder in der paritätischen Technolo-

gie-Kommission vertreten sind,

3. hilfsweise,

den Antragsgegner zu verpflichten, für die Be-

triebsratsmitglieder der Liste 2 - Beleg-

schaftsliste - in der mit bisher zwei Be-

triebsratsmitgliedern besetzten paritätischen

Technologie-Kommission einen dritten Platz zur

Verfügung zu stellen.

Der Betriebsrat hat beantragt, diese Anträge abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, daß die in Nr. 10.3.7 Satz 3 der Geschäftsordnung des Betriebsrats vom 3. September 1992 aufgeführten Aufgaben rechtswirksam der paritätischen Technologie-Kommission zur selbständigen Erledigung übertragen worden seien. In den Kernbereich der gesetzlichen Befugnisse des Betriebsrats sei nicht eingegriffen worden. Die paritätische Technologie-Kommission sei auch ordnungsgemäß besetzt worden. Der gesetzliche Gruppenschutz beziehe sich auf die Gruppen der Arbeiter und der Angestellten, nicht aber auf die Listen, denen die Betriebsratsmitglieder angehörten. Nach den betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften müßten nicht alle Mitglieder des "Ausschusses Neue Technologien" in die paritätische Technologie-Kommission entsandt werden. Die Zahl der vom Betriebsrat zu benennenden Kommissionsmitglieder beruhe auf einer zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat getroffenen Absprache und müsse nicht zugunsten der Liste 2 erhöht werden. Bei der Benennung der Kommissionsmitglieder habe es keiner Verhältniswahl bedurft, weil aus der Gruppe der Arbeiter und der Angestellten jeweils nur ein Vertreter für die Wahl durch den Betriebsrat vorgeschlagen worden sei.

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag der Betriebsratsmitglieder der Liste 2 stattgegeben. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht sowohl den Hauptantrag als auch die Hilfsanträge zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Betriebsratsmitglieder der Liste 2 ihre Anträge weiter, während der Betriebsrat Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt.

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht sowohl den Hauptantrag als auch die Hilfsanträge der Betriebsratsmitglieder der Liste 2 zurückgewiesen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:

Die Übertragung von Beteiligungsrechten auf die paritätische Technologie-Kommission gemäß Nr. 10.3.7 der Geschäftsordnung des Betriebsrats in der Fassung vom 3. September 1992 sei wirksam. Der Wortlaut des § 28 BetrVG enthalte keine Einschränkung der Möglichkeit zur Übertragung bestimmter Beteiligungsrechte auf einen gemeinsamen Ausschuß von Betriebsrat und Arbeitgeber. Der Umfang der Aufgabenübertragung liege im pflichtgemäßen Ermessen des Betriebsrats, das allenfalls insoweit begrenzt sei, als sich der Betriebsrat nicht aller wesentlichen Befugnisse entäußern dürfe. Im vorliegenden Fall sei der Betriebsrat als Gesamtorgan in einem Kernbereich der gesetzlichen Befugnisse zuständig geblieben. Zum einen habe schon der "Ausschuß Neue Technologien" praktisch keine den Betriebsrat bindenden Entscheidungen im Mitbestimmungsbereich treffen können. Zum anderen sei der paritätischen Technologie-Kommission nur ein kleiner Teil der Aufgaben des "Ausschusses Neue Technologien" übertragen worden, und das noch mit erheblichen Einschränkungen. Der Umfang der übertragenen Aufgaben sei auch hinreichend bestimmt umschrieben gewesen. Ebensowenig verstoße die Zusammensetzung der paritätischen Technologie-Kommission gegen betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften. Bei der Bildung gemeinsamer Ausschüsse bleibe es den Betriebspartnern vorbehalten, eine Absprache über die Zahl der Mitglieder zu treffen. In einem gemeinsamen Ausschuß nach § 28 Abs. 3 BetrVG müßten nicht alle Mitglieder eines ansonsten zuständigen weiteren Ausschusses im Sinne des § 28 Abs. 1 BetrVG vertreten sein. Ansonsten würde letztlich die in § 28 Abs. 3 BetrVG vorgesehene Möglichkeit zur Bildung gemeinsamer Ausschüsse und zur Übertragung von Aufgaben auf gemeinsame Ausschüsse unterlaufen. Der Betriebsrat sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Betriebsratsmitgliedern der Liste 2 in der nur mit zwei Vertretern des Arbeitgebers und des Betriebsrats besetzten paritätischen Technologie-Kommission einen dritten Platz zur Verfügung zu stellen. Einen entsprechenden Minderheitenschutz für die einzelnen im Betriebsrat vertretenen Listen gebe es nicht. Im übrigen könne der Betriebsrat allein die Zahl der Mitglieder der paritätischen Technologie-Kommission nicht erhöhen. Die Mitgliederzahl sei im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber festgelegt worden.

Dieser Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung zu folgen.

II. Die Übertragung der in Nr. 10.3.7 Abs. 1 Satz 3 der Geschäftsordnung des Betriebsrats vom 3. September 1992 genannten Aufgaben auf die paritätische Technologie-Kommission zur selbständigen Erledigung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

1. Die paritätische Technologie-Kommission ist ein gemeinsamer Ausschuß von Arbeitgeber und Betriebsrat. Nach § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 BetrVG können auf Betriebsratsmitglieder gemeinsamer Ausschüsse Aufgaben zur selbständigen Entscheidung übertragen werden, sofern der Betriebsrat mindestens neun Mitglieder hat, deshalb nach § 27 Abs. 1 BetrVG einen Betriebsausschuß bilden kann und auch tatsächlich gebildet hat. Diese Voraussetzung ist erfüllt.

2. Die nach § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 27 Abs. 3 Satz 3 BetrVG notwendige Schriftform für die umstrittene Aufgabenübertragung ist gewahrt; denn die Aufgabenübertragung ist in der Geschäftsordnung des Betriebsrats, die nach § 36 BetrVG ebenfalls der Schriftform bedarf, enthalten (BAGE 27, 209, 211 f. = AP Nr. 4 zu § 102 BetrVG 1972, zu I 2 der Gründe).

3. Der Umfang der Aufgabenübertragung ist, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, durch Nr. 10.3.7 der Geschäftsordnung des Betriebsrats hinreichend bestimmt. Zum einen sind die übertragenen Aufgaben thematisch eingegrenzt, zum anderen wird danach differenziert, welche Tragweite die zu treffende Entscheidung hat und ob sich die anstehende Maßnahme darauf beschränkt, bereits bestehende Regelungen und Genehmigungen lediglich umzusetzen. Mit dem Sinn und Zweck des § 28 BetrVG, die Betriebsratsarbeit zu intensivieren (vgl. BT-Drucks. VI/1786, S. 39), steht es im Einklang, wenn der Betriebsrat der Vielfalt des Arbeitslebens Rechnung trägt und durch entsprechende Aufgabenübertragung für Flexibilität und praxisgerechte Betriebsratsarbeit sorgt. Allein die Verwendung auslegungsfähiger und auslegungsbedürftiger Begriffe führt noch nicht zu einer mit dem Gebot der Rechtssicherheit unvereinbaren Unklarheit der Zuständigkeitsverteilung.

4. Der Betriebsrat entscheidet in eigener Verantwortung, welche Aufgaben er an weitere oder gemeinsame Ausschüsse überträgt. In der Literatur wird zum Teil von freiem Ermessen des Betriebsrats (vgl. u. a. Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 27 Rz 79 und § 28 Rz 6; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 28 Rz 5), zum Teil von pflichtgemäßem Ermessen des Betriebsrats gesprochen (vgl. u. a. Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 28 Rz 6 und 25; Wiese, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 28 Rz 7; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 4. Aufl., § 28 Rz 18 und 30). Keinesfalls sind die Gerichte befugt, die Entscheidung des Betriebsrats auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Aufgabenübertragung unterliegt ausschließlich einer Rechtskontrolle. Die vorliegende Übertragung von Aufgaben zur selbständigen Erledigung an den gemeinsamen Ausschuß "Technologie-Kommission" verstößt jedoch nicht gegen Rechtsvorschriften.

a) Die nach § 28 BetrVG gebildeten weiteren oder gemeinsamen Ausschüsse können grundsätzlich mit der Wahrnehmung jeder Aufgabe betraut werden, für die der Betriebsrat zuständig ist. Der Abschluß von Betriebsvereinbarungen kann ihnen zwar nach § 28 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 in Verbindung mit § 27 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG nicht übertragen werden. Diesem Verbot hat der Betriebsrat in Nr. 10.3.7 Satz 2 seiner Geschäftsordnung aber auch Rechnung getragen. Ebensowenig sind der "Ausschuß Neue Technologien" und die paritätische Technologie-Kommission mit Entscheidungen befaßt, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz der Mehrheit der Stimmen des gesamten Betriebsrats bedürfen.

b) Neben den ausdrücklich normierten Einschränkungen hat der Betriebsrat lediglich die allgemeine Schranke des Rechtsmißbrauchs zu beachten. Der Betriebsrat darf sich nicht aller wesentlichen Befugnisse dadurch entäußern, daß er seine Aufgaben weitestgehend auf Ausschüsse überträgt; er muß als Gesamtorgan in einem Kernbereich der gesetzlichen Befugnisse zuständig bleiben (BAG Beschluß vom 1. Juni 1976 - 1 ABR 99/74 - AP Nr. 1 zu § 28 BetrVG 1972, zu III 2 der Gründe; ebenso die Literatur, vgl. u.a. Blanke in Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 3. Aufl., § 27 Rz 35; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 28 Rz 6; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 27 Rz 81; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 28 Rz 7; Wiese, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 28 Rz 7; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 4. Aufl., § 27 Rz 53 und § 28 Rz 19; Stege/Weinspach, BetrVG, 6. Aufl., § 28 Rz 5). Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht einen derartigen Mißbrauch der Befugnis zur Aufgabenübertragung verneint.

aa) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeführer ist nicht auf den einzelnen Mitbestimmungstatbestand, sondern auf den gesamten Aufgabenbereich des Betriebsrats abzustellen. Die punktuelle Betrachtung der Rechtsbeschwerdeführer würde eine Einschränkung der Übertragungsbefugnis des Betriebsrats bedeuten, die weder mit dem Gesetzeswortlaut noch mit dem Sinn und Zweck des § 28 BetrVG zu vereinbaren wäre.

§ 28 Abs. 1 und 3 BetrVG ermöglichen es dem Betriebsrat ausdrücklich, weitere Ausschüsse oder die Betriebsratsmitglieder in gemeinsamen Ausschüssen mit selbständigen Entscheidungen und damit auch mit der Ausübung von Mitbestimmungsrechten zu betrauen. Der Gesetzgeber hat den Umfang der Aufgabenübertragung grundsätzlich dem Betriebsrat überlassen. Der Betriebsrat entscheidet eigenverantwortlich darüber, inwieweit er im Interesse einer effektiven, flexiblen Betriebsratsarbeit die Übertragung von Aufgaben an weitere Ausschüsse oder an die Betriebsratsmitglieder in gemeinsamen Ausschüssen für zweckmäßig erachtet. Die immanente Schranke des Rechtsmißbrauchs erfaßt Ausnahmefälle und soll lediglich verhindern, daß der Betriebsrat durch umfassende Aufgabenübertragung zur Bedeutungslosigkeit verkümmert.

Auch der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seinem Beschluß vom 1. Juni 1976 (- 1 ABR 99/74 - AP Nr. 1 zu § 28 BetrVG 1972, zu III 2 der Gründe) keine punktuelle Betrachtung vorgenommen, sondern den gesamten Aufgabenbereich des Betriebsrats berücksichtigt. Im damaligen Verfahren war einem Ausschuß für personelle Einzelmaßnahmen die Durchführung sämtlicher personeller Einzelmaßnahmen im Rahmen der §§ 99 bis 105 BetrVG übertragen worden. Der Erste Senat verneinte einen Rechtsmißbrauch der Übertragungsbefugnis, weil dem Betriebsrat als solchem "zum Beispiel allein im personellen Bereich die allgemeinen personellen Angelegenheiten nach §§ 92 bis 95 BetrVG" verblieben. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung ist der Betriebsrat auch im vorliegenden Fall noch für einen Kernbereich seiner gesetzlichen Aufgaben zuständig. Im übrigen hat sich der Betriebsrat selbst nach der punktuellen Betrachtung der Rechtsbeschwerdeführer nicht aller wesentlichen Befugnisse aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG begeben.

bb) Der Betriebsrat hat in Nr. 10.3.7 seiner Geschäftsordnung der paritätischen Technologie-Kommission auf einem thematisch begrenzten Aufgabengebiet eingeschränkte Entscheidungsbefugnisse eingeräumt. Die paritätische Technologie-Kommission ist - im Gegensatz zum "Ausschuß Neue Technologien" - nicht einmal für das gesamte Gebiet der "Gestaltung von Arbeit und Arbeitsabläufen im Rahmen neuer Technologien" (vgl. Nr. 10.3.7 Satz 1 der Geschäftsordnung) zuständig, sondern ausschließlich für "DV-Systeme" und damit nur für einen Teil der technischen Einrichtungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Zuständigkeit der paritätischen Technologie-Kommission besteht - wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat - vor allem in der Umsetzung vorgegebener Entscheidungen des Betriebsrats. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und der Systematik der Geschäftsordnung. Die paritätische Technologie-Kommission nimmt nach Nr. 1 ihres Aufgabenkatalogs die Kontrollaufgaben des Betriebsrats wahr. Beim Betrieb der DV-Systeme kann sie nur im Rahmen der vorliegenden Betriebsvereinbarungen und Regelungsabsprachen eine erforderlich werdende Zustimmung erteilen (vgl. Nr. 2 ihres Aufgabenkatalogs). Soweit dabei Fragen auftauchen, die einer generellen Regelung bedürfen und noch nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung oder Regelungsabsprache waren, ist der Betriebsrat als Gesamtorgan nach Nr. 10.3.7 seiner Geschäftsordnung zuständig. Der Betriebsrat hat sich in Nr. 10.3.7 Satz 2 seiner Geschäftsordnung sowohl den Abschluß von Betriebsvereinbarungen, den er nach § 28 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 in Verbindung mit § 27 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG ohnehin nicht übertragen konnte, als auch "Regelabsprachen" vorbehalten. Auch die Einführung neuer DV-Systeme fällt nicht in die Zuständigkeit der paritätischen Technologie-Kommission. Nr. 3 ihres Aufgabenkatalogs umfaßt nur die Zustimmung oder Ablehnung von Erweiterungen zu bestehenden und genehmigten DV-Systemen.

Die begrenzten Befugnisse der paritätischen Technologie-Kommission werden noch dadurch eingeschränkt, daß der "Ausschuß Neue Technologien wegen grundsätzlicher Bedeutung der anstehenden Sache die Behandlung und Entscheidung an sich ziehen kann". Bei der Bewertung der Bedeutung einer Angelegenheit steht dem "Ausschuß Neue Technologien" ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Die in Nr. 10.3.7 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung vorgeschriebene rechtzeitige Unterrichtung durch die paritätische Technologie-Kommission soll sicherstellen, daß der Ausschuß Neue Technologien von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch machen kann. Auch der "Ausschuß Neue Technologien" ist weder für Betriebsvereinbarungen noch für "Regelabsprachen" zuständig. Sie hat der "Ausschuß Neue Technologien" nach Nr. 10.3.7 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung des Betriebsrats lediglich zur Beschlußfassung im Betriebsrat vorzubereiten. Über die Leitlinien entscheidet der Betriebsrat als Gesamtorgan. Ihm verbleiben damit im Bereich des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG wesentliche Befugnisse.

III. Auch die Hilfsanträge, die sich gegen die Zusammensetzung der paritätischen Technologie-Kommission richten, haben keinen Erfolg.

1. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß nicht sämtliche Betriebsratsmitglieder des "Ausschusses Neue Technologien" der paritätischen Technologie-Kommission angehören müssen.

a) Daran ändert entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeführer das Urteil des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Juli 1984 (- 2 AZR 320/83 - AP Nr. 32 zu § 102 BetrVG 1972) nichts. In dem damals entschiedenen Fall hatte der Betriebsrat einen Personalausschuß als weiteren Ausschuß nach § 28 Abs. 1 BetrVG gebildet, dem u. a. das Beteiligungsrecht nach § 102 BetrVG übertragen worden war. Der Arbeitgeber hörte vor Ausspruch einer Kündigung aber nicht diesen Ausschuß, sondern einen daneben bestehenden sog. paritätischen Personalausschuß (einen gemeinsamen Ausschuß im Sinne des § 28 Abs. 3 BetrVG) an. Die Mitglieder des Personalausschusses waren gleichzeitig Mitglieder des sog. paritätischen Personalausschusses. Sie nahmen auch als Mitglieder des paritätischen Personalausschusses die Aufgaben wahr, die bereits dem Personalausschuß zur selbständigen Erledigung übertragen worden waren. Der Zweite Senat hat in seinem Urteil vom 12. Juli 1984 (aaO, zu II 2 a der Gründe) ausgeführt, daß gegen eine derartige Delegation keine durchgreifenden Bedenken bestehen, auch wenn auf diese Weise dem eigentlichen Personalausschuß wesentliche Funktionen entzogen werden.

Im vorliegenden Fall sind jedoch die Aufgaben, die beiden Ausschüssen übertragen wurden, nicht identisch. Vielmehr sind dem "Ausschuß Neue Technologien" und der paritätischen Technologie-Kommission unterschiedliche, sich ergänzende Kompetenzen eingeräumt worden. Der Zweite Senat hat sich im Urteil vom 12. Juli 1984 (aaO) mit einer derartigen Fallgestaltung nicht auseinandergesetzt und auch nicht als obiter dictum die Auffassung vertreten, die Mitglieder des weiteren Ausschusses müßten auch hier einem daneben bestehenden gemeinsamen Ausschuß von Arbeitgeber und Betriebsrat angehören.

b) Jedenfalls wenn sich die dem weiteren und die dem gemeinsamen Ausschuß übertragenen Befugnisse unterscheiden, müssen die beiden Ausschüsse nicht mit denselben Betriebsratsmitgliedern besetzt werden. Arbeitgeber und Betriebsrat legen einvernehmlich nach ihrem Ermessen die Zahl der Mitglieder des gemeinsamen Ausschusses fest. Nach den betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften ist die Bildung und Zusammensetzung eines gemeinsamen Ausschusses von Arbeitgeber und Betriebsrat nicht davon abhängig, ob weitere Ausschüsse im Sinne des § 28 Abs. 1 BetrVG bestehen und wie sie besetzt sind.

c) Es gibt auch keine ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die zu einer derartigen Verknüpfung führen könnten. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn sich die Zuständigkeiten der beiden Ausschüsse auf die gleiche Sachmaterie beziehen und die Bedeutung des weiteren Ausschusses neben dem gemeinsamen Ausschuß nur gering ist. Weitere Ausschüsse können, müssen aber nicht nach § 28 Abs. 1 BetrVG gebildet werden. Der Betriebsrat kann sich darauf beschränken, einen gemeinsamen Ausschuß nach § 28 Abs. 3 BetrVG zu schaffen, von der Bildung eines weiteren Ausschusses nach § 28 Abs. 1 BetrVG absehen und die Betriebsratsmitglieder im gemeinsamen Ausschuß mit der Wahrnehmung aller übertragbaren Aufgaben betrauen. Demgemäß liegt es im Ermessen des Betriebsrats, wie er die Aufgaben auf einen weiteren Ausschuß und einen daneben bestehenden gemeinsamen Ausschuß verteilt.

d) Ein nach § 28 Abs. 3 BetrVG gebildeter gemeinsamer Ausschuß des Betriebsrats und des Arbeitgebers ist eine eigenständige Einrichtung der Betriebsverfassung und - im Gegensatz zu den nach § 28 Abs. 1 BetrVG gebildeten weiteren Ausschüssen - kein zusätzliches Organ des Betriebsrats (vgl. u. a. Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 28 Rz 29; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 28 Rz 25; Wiese, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 28 Rz 31; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 4. Aufl., § 28 Rz 27). Über die Größe eines weiteren Ausschusses entscheidet allein der Betriebsrat. Über die Größe eines gemeinsamen Ausschusses entscheiden Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam. Das Bestehen eines weiteren Ausschusses schränkt die Entscheidungsfreiheit des Betriebsrats und des Arbeitgebers nicht ein. Sie können eigenverantwortlich die im Interesse einer zügigen, praxisgerechten Aufgabenerfüllung für zweckmäßig erachtete Zahl der Ausschußmitglieder festlegen. Die Auffassung der Rechtsbeschwerdeführer würde entgegen dem Wortlaut des § 28 BetrVG und entgegen dem Gesetzeszweck diese Entscheidungsfreiheit beseitigen, Arbeitgeber und Betriebsrat zu größeren und schwerfälligeren Ausschüssen zwingen und die Eigenständigkeit gemeinsamer Ausschüsse unter Umständen bis zur praktischen Bedeutungslosigkeit einschränken.

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Betriebsrat nicht für verpflichtet erachtet, für die Betriebsratsmitglieder der Liste 2 in der paritätischen Technologie-Kommission einen dritten Platz zur Verfügung zu stellen.

a) Der von den Betriebsratsmitgliedern der Liste 2 geltend gemachte Rechtsverstoß (Wahl zu weniger Ausschußmitglieder durch Mehrheits statt Verhältniswahl) läßt sich nicht dadurch beseitigen, daß lediglich ein weiteres Betriebsratsmitglied gewählt wird. Die von den Betriebsratsmitgliedern der Liste 2 verlangte veränderte Besetzung erfordert eine Neuwahl, die nur möglich wäre, wenn die bereits durchgeführte Wahl der Ausschußmitglieder des Betriebsrats nichtig wäre oder für unwirksam erklärt würde. Sie ist jedoch weder nichtig noch rechtzeitig angefochten.

aa) Der Senat hat in jüngster Zeit mehrfach entschieden, daß Gesetzesverstöße bei einer betriebsratsinternen Wahl (hier der Wahl der vom Betriebsrat benannten Mitglieder des gemeinsamen Ausschusses), sofern sie nicht zur Nichtigkeit der Wahl führen, in entsprechender Anwendung des § 19 BetrVG innerhalb einer Frist von zwei Wochen in einem Wahlanfechtungsverfahren gerichtlich geltend gemacht werden müssen (Beschlüsse vom 13. November 1991 - 7 ABR 8/91 - AP Nr. 9 zu § 26 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu B 1 der Gründe, und - 7 ABR 18/91 - AP Nr. 3 zu § 27 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu B II 1 der Gründe; Beschluß vom 15. Januar 1992 - 7 ABR 24/91 - AP Nr. 10 zu § 26 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu B II 2 der Gründe; Beschluß vom 11. März 1992 - 7 ABR 50/91 - AP Nr. 11 zu § 38 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu B II 1 der Gründe; Beschluß vom 8. April 1992 - 7 ABR 71/91 - AP Nr. 11 zu § 26 BetrVG 1972, zu B I der Gründe; Beschluß vom 29. April 1992 - 7 ABR 74/91 - AP Nr. 15 zu § 38 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu B I der Gründe; Beschluß vom 28. Oktober 1992 - 7 ABR 2/92 -, zur Veröffentlichung bestimmt, zu B I der Gründe). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest.

Auch bei der Wahl der vom Betriebsrat benannten Mitglieder eines gemeinsamen Ausschusses gebietet es die Rechtssicherheit, die Anfechtungsregelung des § 19 BetrVG auf die vorgeschriebene Wahl entsprechend anzuwenden mit der Folge, daß die Wahl der vom Betriebsrat benannten Mitglieder des gemeinsamen Ausschusses ebenso wie die Wahl des Betriebsrats selbst nur in besonderen Ausnahmefällen nichtig ist und im Regelfall die vom Betriebsrat benannten Ausschußmitglieder so lange im Amt bleiben, bis ihre Wahl aufgrund einer fristgebundenen Anfechtung durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung für unwirksam erklärt worden ist.

bb) Die zweiwöchige Anfechtungsfrist ist nicht gewahrt, obwohl sich die Hilfsanträge dahingehend auslegen lassen, daß sie auch eine Wahlanfechtung enthalten. Der Betriebsrat wählte die von ihm zu benennenden Ausschußmitglieder am 10. Oktober 1991. Die Antragsschrift ging jedoch erst am 5. März 1992 beim Arbeitsgericht ein.

cc) Die Wahl der Ausschußmitglieder ist auch nicht nichtig. Da bereits die fristgebundene Wahlanfechtung eine Verletzung wesentlicher Wahlvorschriften voraussetzt, kann die Nichtigkeit einer Wahl, die jedermann ohne zeitliche Begrenzung zu jeder Zeit und in jeder Form geltend machen kann, nur in besonderen, eng begrenzten Ausnahmefällen angenommen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muß gegen allgemeine Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden sein, daß auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt (vgl. u. a. BAGE 1, 317, 319 = AP Nr. 1 zu § 18 BetrVG und BAG Beschluß vom 13. November 1991 - 7 ABR 18/91 - AP Nr. 3 zu § 27 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu B II 2 a aa der Gründe, m.w.N.). Ein derartiger Rechtsverstoß läge selbst dann nicht vor, wenn die Zahl der Ausschußmitglieder höher sein müßte und statt einer Mehrheitswahl eine Verhältniswahl durchzuführen gewesen wäre.

b) Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, daß die Größe des gemeinsamen Ausschusses (je zwei Mitglieder des Betriebsrats und des Arbeitgebers) rechtlich nicht zu beanstanden ist.

aa) Vorschriften zur Zusammensetzung gemeinsamer Ausschüsse sind in § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 1 und § 27 Abs. 2 BetrVG enthalten. Nach § 27 Abs. 2 Satz 2 BetrVG müssen die Gruppe der Arbeiter und die Gruppe der Angestellten mindestens durch je ein Mitglied vertreten werden. Daraus ergibt sich, daß der Betriebsrat mindestens zwei Ausschußmitglieder entsenden muß. Die vorliegende Geschäftsordnung genügt dieser Mindestanforderung.

bb) Von weitergehenden Vorgaben zur Größe gemeinsamer Ausschüsse hat der Gesetzgeber abgesehen und die Festlegung der Mitgliederzahl in das Ermessen des Arbeitgebers und des Betriebsrats gestellt (vgl. u. a. Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 28 Rz 9 und 33; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 28 Rz 15 und 26; Wiese, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 28 Rz 24 und 35). Ihre Zweckmäßigkeitserwägungen unterliegen keiner gerichtlichen Überprüfung. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat den ihnen eingeräumten Ermessensspielraum voll ausschöpfen, indem sie sich mit der Mindestzahl an Ausschußmitgliedern begnügen. Ihre Entscheidung ist nicht schon deshalb rechtsmißbräuchlich, weil auf eine im Betriebsrat vertretene Liste keine Ausschußmitglieder entfallen.

cc) Der Minderheitenschutz, der zu einer Mindestzahl an Ausschußmitgliedern führt, bezieht sich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend hervorhebt, auf die Gruppen der Arbeiter und Angestellten. Einen entsprechenden Listenschutz enthält das Betriebsverfassungsgesetz nicht. Die Zahl der Ausschußmitglieder ist nach § 28 BetrVG nicht von der Zahl der bei den Betriebsratswahlen erfolgreichen Listen abhängig, obwohl die Grundsätze der Verhältniswahl um so mehr zum Tragen kommen, je größer die Ausschüsse sind. Mit Gesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2312) ist der Minderheitenschutz zwar verstärkt worden. Der Gesetzgeber hat es aber nicht für erforderlich gehalten, die Wahlchancen mehrerer konkurrierender, im Betriebsrat vertretener Listen bei der Ausschußbesetzung durch Einführung von Vorschriften über die Größe weiterer und gemeinsamer Ausschüsse zu erhöhen. Eine Verpflichtung des Betriebsrats, für eine Vergrößerung der paritätischen Technologie-Kommission zu sorgen, läßt sich ohne eine gesetzliche Grundlage nicht mit Billigkeitserwägungen begründen.

dd) Ungeschriebene betriebsverfassungsrechtliche Grundsätze erfordern ebenfalls keine höhere Mitgliederzahl des gemeinsamen Ausschusses "Technologie-Kommission". Insbesondere ist für eine ausreichende Vertretung der Arbeitnehmer gesorgt. Der gemeinsame Ausschuß Technologie-Kommission ist paritätisch besetzt. Der Betriebsrat hat seine Ausschußmitglieder allein und demokratisch gewählt. Von den gewählten Ausschußmitgliedern des Betriebsrats wird erwartet (vgl. § 2 Abs. 1 und § 75 Abs. 1 BetrVG), daß sie die Interessen aller Arbeitnehmer vertreten, ohne Rücksicht darauf, wer sie gewählt hat (BAG Beschluß vom 1. Juni 1976 - 1 ABR 99/74 - AP Nr. 1 zu § 28 BetrVG 1972, zu III 1 der Gründe).

ee) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführer ist der Betriebsrat auch nicht aufgrund einer "Selbstbindung" verpflichtet, "der Liste 2 der Antragsteller eine Minderheitenschutzposition dergestalt einzuräumen, daß jedenfalls auch ein Vertreter dieser Liste in die paritätische Kommission als Betriebsratsmitglied entsendet wird". Weder die von den Rechtsbeschwerdeführern angenommene "Selbstbindung" noch der von ihnen geforderte Minderheitenschutz bestehen. Es müssen nicht alle Listen ein Ausschußmitglied stellen. Ebenso ist es unschädlich, wenn die kleinste Gruppierung (Liste), nicht aber eine größere Gruppierung ein Ausschußmitglied stellt. Die Betriebsratsmitglieder der Mehrheitsliste müssen weder ihre Mehrheit ausreizen noch sind sie gehindert, für ein Betriebsratsmitglied der kleinsten Gruppierung zu stimmen.

c) Die Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerdeführer, das Landesarbeitsgericht sei ihrem Vorbringen, daß entgegen § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 BetrVG keine Verhältniswahl stattgefunden habe, nicht nachgegangen und habe dadurch seine Amtsermittlungspflicht aus § 90 Abs. 2 in Verbindung mit § 83 Abs. 1 ArbGG verletzt, greift nicht durch. Ein Verstoß gegen die Vorschriften über die Verhältniswahl hätte innerhalb von zwei Wochen gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

d) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch darauf hingewiesen, daß der Betriebsrat nicht einseitig die Zahl der von ihm zu benennenden Betriebsratsmitglieder erhöhen kann. Der Arbeitgeber muß sich mit einer Änderung der Zahl der Ausschußmitglieder einverstanden erklären, wozu er nicht verpflichtet ist. Selbst wenn der Ausschuß zu klein wäre und schon deshalb die vom Betriebsrat durchgeführte Wahl seiner Ausschußmitglieder rechtsfehlerhaft wäre, hätten die Rechtsbeschwerdeführer die Wahl der vom Betriebsrat benannten Ausschußmitglieder rechtzeitig anfechten müssen. Auch nach einer erfolgreichen Wahlanfechtung müßten Arbeitgeber und Betriebsrat die Mitgliederzahl des gemeinsamen Ausschusses nicht erhöhen, sondern könnten auf die Bildung eines neuen gemeinsamen Ausschusses mit mehr Mitgliedern verzichten. § 28 Abs. 3 BetrVG eröffnet nur die Möglichkeit zur Bildung eines gemeinsamen Ausschusses. Eine Verpflichtung hierzu besteht aber nicht.

Dr. Seidensticker Dr. Steckhan Kremhelmer

Neumann Stappert

 

Fundstellen

BAGE 00, 00

BAGE, 1

DB 1994, 989-992 (LT1-3)

BetrVG, (2) (LT1-3)

JR 1994, 352

JR 1994, 352 (L)

NZA 1994, 567

NZA 1994, 567-671 (LT1-3)

AP § 28 BetrVG 1972 (LT1-3), Nr 5

AR-Blattei, ES 530.10 Nr 76 (LT1-3)

EzA § 28 BetrVG 1972, Nr 4 (LT1-3)

JuS 1994, 1083 (L)

MDR 1994, 808 (L)

ZfPR 1994, 196 (L)

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