Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbot der Diskriminierung befristet Beschäftigter. Teilweise Parallelsache zu den Senatsurteilen vom 11. Dezember 2003 – 6 AZR 19/03 –, – 6 AZR 24/03 –, – 6 AZR 64/03 –, – 6 AZR 245/03 –, – 6 AZR 638/02 –, – 6 AZR 651/02 – und vom 15. Juli 2004 – 6 AZR 25/03 –, – 6 AZR 224/03 –. Besitzstandszulage

 

Leitsatz (redaktionell)

  • Die Regelung in § 23 des Entgelttarifvertrags für die Arbeiter der Deutschen Post AG, die Arbeiter für die Dauer eines über den 31.12.2000 hinausgehenden befristeten Arbeitsverhältnisses von der Gewährung der Besitzstandszulagen Lohn und Zuschläge ausnimmt, sie aber den über die Jahreswende 2000/2001 hinaus unbefristet beschäftigten Arbeitern gewährt, verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 2 S. 2 TzBfG und ist insoweit unwirksam.
  • Begründen die Parteien später ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, so liegt ab diesem Zeitpunkt kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 S. 2 TzBfG mehr vor. Der Arbeitgeber kann frei darüber entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen er dem Arbeitnehmer den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags anbietet.
 

Normenkette

ZPO § 91a Abs. 1 S. 1; BGB § 611 Abs. 1; TzBfG § 4 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 15.11.2002; Aktenzeichen 3 Sa 746/02)

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 12.04.2002; Aktenzeichen 1 Ca 2052/01)

 

Tenor

Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 31/36 und die Beklagte 5/36 zu tragen.

 

Tatbestand

I. Die Parteien haben über tarifliche Besitzstandszulagen gestritten.

Der Kläger ist seit Oktober 1998 bei der Beklagten als Zusteller tätig. Das Arbeitsverhältnis war zunächst mehrfach befristet, zuletzt bis zum 31. Mai 2001. Seit dem 1. Juni 2001 ist der Kläger unbefristet beschäftigt. Auf Grund beiderseitiger Tarifgebundenheit finden die zwischen der Beklagten und der Deutschen Postgewerkschaft abgeschlossenen Tarifverträge für die Arbeiter Anwendung.

Mit dem am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Entgelttarifvertrag für die Arbeiter der Beklagten (Dritter Teil des Tarifvertrags Nr. 75d) vom 20. Oktober 2000 (ETV-Arb) wurden die bisherigen Grundvergütungen abgesenkt und leistungsabhängige variable Entgeltbestandteile eingeführt. In diesem Zusammenhang ist in ETV-Arb bestimmt:

“§ 23

Geltungsbereich für § 24 und § 25

Für Arbeiter, die am 31.12.2000 bereits und am 01.01.2001 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post AG standen und stehen, finden die Regelungen der §§ 24 und 25 für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung.

§ 24

Besitzstand Lohn

Der Arbeiter erhält eine monatlich zu zahlende Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Lohn) gemäß Anlage 6.

§ 25

Besitzstand Zulagen, Zuschläge und Entschädigungen

Der Arbeiter erhält eine monatlich zu zahlende Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Zuschläge) gemäß Anlage 9.” Der Kläger erhielt seit dem 1. Januar 2001 weder die Besitzstandszulage Lohn noch die Besitzstandszulage Zuschläge. Er hat deshalb gemeint, die Zahlung der Zulagen nur an Arbeiter, die sowohl am 31. Dezember 2000 als auch am 1. Januar 2001 unbefristet beschäftigt gewesen seien, diskriminiere befristet beschäftigte Arbeitnehmer.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

  • die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.544,24 Euro brutto (Besitzstandszulage Lohn) zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
  • festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn jeweils am 15. eines jeden Kalendermonats, beginnend mit dem 15. März 2002, Besitzstandszulage Lohn gemäß § 24 iVm. Anlage 6, Dritter Teil des Entgelttarifvertrags (ETV-Arb) Nr. 75d zu zahlen,
  • die Beklagte zu verurteilen, an ihn Besitzstandszulage Zuschläge für die Zeit von Januar bis Oktober 2001 in Höhe von 716,20 Euro brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Zahlung der Besitzstandszulagen für die Monate Januar 2001 bis Juni 2001 verlangt hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat der Kläger sein Klageziel weiter verfolgt.

Während des Revisionsverfahrens haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

 

Entscheidungsgründe

II. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 31/36 und die Beklagte 5/36 zu tragen.

  • Nach übereinstimmender Erledigungserklärung entscheidet das Gericht über die Kosten gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Dafür ist der mutmaßliche Ausgang des Rechtsstreits maßgebend.
  • Auf Grund des bisherigen Sach- und Streitstandes wäre bei streitiger Entscheidung der zulässigen Revision des Klägers stattzugeben gewesen, soweit dieser die Zahlung der tariflichen Besitzstandszulagen für die restliche Laufzeit des befristeten Arbeitsverhältnisses verlangt hat. Im Übrigen wäre die Revision des Klägers zurückzuweisen gewesen.

    a) Der Kläger hat für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Mai 2001 gemäß § 611 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung einer Besitzstandszulage Lohn nach § 24 iVm. Anlage 6 ETV-Arb und einer Besitzstandszulage Zuschläge nach § 25 iVm. Anlage 9 ETV-Arb. Der Ausschluss befristet Beschäftigter von der Gewährung dieser Zulagen verstößt für die Dauer der befristeten Beschäftigung gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG (BAG 11. Dezember 2003 – 6 AZR 64/03 – AP TzBfG § 4 Nr. 7 = EzA TzBfG § 4 Nr. 8, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II der Gründe).

    b) Ab der Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses fehlt es an einem Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG (BAG 11. Dezember 2003 – 6 AZR 64/03 – AP TzBfG § 4 Nr. 7 = EzA TzBfG § 4 Nr. 8, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu III der Gründe). Der Kläger kann deshalb ab dem 1. Juni 2001 die tariflichen Besitzstandszulagen nicht mehr beanspruchen. Nach § 23 ETV-Arb finden die Regelungen der §§ 24 und 25 ETV-Arb für Arbeiter, die am 31. Dezember 2000 bereits und am 1. Januar 2001 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen und stehen, für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht. Er wird erst ab dem 1. Juni 2001 unbefristet beschäftigt.

 

Unterschriften

Schmidt, Dr. Armbrüster, Brühler

 

Fundstellen

Haufe-Index 1319576

ArbRB 2005, 132

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