Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung einer Kassiererin im Einzelhandel des Landes Niedersachsen

 

Orientierungssatz

Von der in § 4 Gehalts- und Lohntarifvertrag für den Einzelhandel im Land Niedersachsen eingeführten Regelung, wonach für Angestellte nach abgeschlossener Berufsausbildung nach dem Berufsbild zum Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel bei erstmaliger Eingruppierung ab 1. Mai 1991 nach erfolgreicher Abschlußprüfung das 2. Berufsjahr als zurückgelegt gilt, werden nur die Angestellten erfaßt, die nach dem Stichtag erstmalig eine einschlägige Berufstätigkeit aufgenommen haben. Als einschlägige Berufstätigkeit ist auch die Tätigkeit im Einzelhandel außerhalb des Tarifbereichs in einem anderen Bundesland (hier Baden-Württemberg) anzusehen.

 

Normenkette

BetrVG § 99

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Beschluss vom 20.08.2001; Aktenzeichen 8 TaBV 19/01)

ArbG Wilhelmshaven (Beschluss vom 29.01.2001; Aktenzeichen 2 BV 10/00)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. August 2001 – 8 TaBV 19/01 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

I. Die Arbeitgeberin (Antragstellerin – Beteiligte zu 1.) begehrt im vorliegenden Beschlußverfahren die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats (Beteiligter zu 2.) zur Umgruppierung der Mitarbeiterin Rosemarie S.

Die Arbeitgeberin stellte Frau S zum 22. November 1999 in ihrem Betrieb in J als Kassiererin ein. Frau S war, nachdem sie davor eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau abgeschlossen hatte, von 1972 bis 1976 in H in einem Betrieb des Einzelhandels (Firma T) als Einkaufssachbearbeiterin beschäftigt gewesen. Im Rahmen ihrer Einstellung bei der Arbeitgeberin stufte diese sie zunächst in die Gehaltsstufe G II 7. Berufsjahr gemäß § 4 des allgemeinverbindlichen Gehalts- und Lohntarifvertrages für den Einzelhandel im Land Niedersachsen ein.

Soweit hier von Bedeutung, lauten die Vorschriften des Gehalts- und Lohntarifvertrages für den Einzelhandel im Land Niedersachsen vom 19. August 1999 wie folgt:

„4

Gehaltsgruppen

Gehaltsgruppe II

Angestellte mit abgeschlossener einschlägiger Berufsausbildung bzw. nach dreijähriger Tätigkeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Gehaltsgruppe I.

Beispiele: VerkäuferInnen, KassiererInnen (auch in Selbstbedienungsabteilungen) mit einfacher Tätigkeit …, Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit in Verwaltung, Datenverarbeitung, Warenannahme, Lager-, Versand- und Werbeabteilungen …

G II

Berufsjahre sind einschlägige Tätigkeitsjahre nach Abschluß der Berufsausbildung.

Ab 1. Mai 1991 erstmals eingruppierte Angestellte mit einer abgeschlossenen Verkäuferausbildung werden in das 2. Berufsjahr eingestuft. Ab 1. Mai 1988 wurden entsprechende Angestellte in das 1. Berufsjahr eingestuft.

Nach abgeschlossener Berufsausbildung nach dem Berufsbild zum Kaufmann im Einzelhandel/zur Kauffrau im Einzelhandel vom 14. Januar 1987 oder nach dem Berufsbild Einzelhandelskaufmann vom 27. März 1968 … oder bei sonstiger einschlägiger dreijähriger Berufsausbildung gilt bei erstmaliger Eingruppierung ab 1. Mai 1991 nach erfolgreicher Abschlußprüfung das 2. Berufsjahr als zurückgelegt. Diese Angestellten werden in das 3. Berufsjahr der Gehaltsgruppe II eingestuft. Im übrigen werden mit Wirkung vom 1. Mai 1988 die Eingruppierungen nach der Zahl der tatsächlich zurückgelegten Berufsjahre durchgeführt.”

Noch im November 1999 gelangte die Arbeitgeberin zu der Auffassung, die für Frau S zutreffende Eingruppierung sei Gehaltsstufe G II 5. Berufsjahr. Ihrem Verlangen, der Korrektur der Eingruppierung zuzustimmen, widersprach der Betriebsrat mit Schreiben vom 2. Dezember 1999 mit der Begründung, Frau S sei erstmalig bei der Arbeitgeberin eingruppiert worden, so daß das 2. Berufsjahr als zurückgelegt gelte; daher sei die Eingruppierung in Gehaltsgruppe G II 7. Berufsjahr zutreffend. Die von der Arbeitgeberin beabsichtigte Korrektur der Eingruppierung verstoße gegen die Vorschriften des Tarifvertrages.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, Frau S befinde sich auf Grund ihrer vierjährigen Tätigkeit bei der Firma T nunmehr im 5. Berufsjahr. Die tarifvertragliche Regelung, nach der bei erstmaliger Eingruppierung ab dem 1. Mai 1991 nach erfolgreicher Abschlußprüfung das 2. Berufsjahr als zurückgelegt gilt, sei nicht einschlägig, denn Frau S sei bereits bei Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der Firma T eingruppiert worden, also vor dem tarifvertraglichen Stichtag. Es sei nicht ausschlaggebend, daß es sich dabei um eine Tätigkeit in einem anderen Tarifgebiet gehandelt habe, denn für den Zweck der Regelung komme es hierauf nicht an. Dieser bestehe darin, für diejenigen Angestellten, die ihre Ausbildung abgeschlossen hätten, den Zeitraum bis zum Erreichen des Endgehaltes zu verkürzen. Den Arbeitnehmern, die bereits früher ihre Ausbildung beendet hätten, solle diese Vergünstigung nicht zugute kommen. Unerheblich sei dabei das Bundesland, in welchem der Arbeitnehmer zuvor beschäftigt gewesen sei.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Umgruppierung der Mitarbeiterin Rosemarie S in die Gehaltsgruppe G II 5 ab November 1999 zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Er hat vorgetragen, Frau S sei im Tarifsinne erstmals bei der Arbeitgeberin eingruppiert worden, nicht im Rahmen ihrer zurückliegenden Tätigkeit im Einzelhandel. Frau S sei in das 7. Berufsjahr einzustufen, denn auf Grund ihrer erstmaligen Eingruppierung bei der Antragstellerin sei sie nach dem Tarifvertrag von vornherein in das 3. Berufsjahr einzustufen; hinzuzurechnen sei die Zeit ihrer von 1972 bis 1976 zurückgelegten Berufstätigkeit bei der Firma T. Der Lohn- und Gehaltstarifvertrag für den niedersächsischen Einzelhandel habe nur Eingruppierungen im Tarifgebiet regeln können und wollen, so daß es auf die Tätigkeit in einem anderen Tarifgebiet nicht ankomme.

Das Arbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Arbeitnehmerin S ersetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren, den Antrag zurückzuweisen, weiter.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Betriebsrat hat die von der Arbeitgeberin erbetene Zustimmung zur Umgruppierung zu Unrecht verweigert.

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Insbesondere ist das auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu prüfende (vgl. BAG 2. September 1980 – 6 ABR 37/78 – AP ArbGG 1979 § 89 Nr. 1 = EzA ArbGG 1979 § 89 Nr. 1; 29. Juli 1982 – 6 ABR 51/79 – BAGE 39, 259 = AP ArbGG 1979 § 83 Nr. 5 = EzA ArbGG 1979 § 81 Nr. 2; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl. § 96 Rn. 8) allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag gegeben. Dies gilt unabhängig von der im Verhältnis zwischen der Arbeitgeberin und der Arbeitnehmerin S bestehenden Rechtslage, etwa der Frage, ob die Arbeitgeberin auf Grund der Umgruppierung lediglich das daraus folgende geringere Arbeitsentgelt schuldet. Die Verfolgung und Durchsetzung des individualrechtlichen Anspruchs ist nicht Sinn und Zweck des Mitbestimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG. Maßgebend ist vielmehr die Überprüfung der Eingruppierung wegen des kollektiven Interesses an der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit (BAG 9. Februar 1993 – 1 ABR 51/92 – BAGE 72, 187, 199 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 103 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 111). Dieses Interesse bleibt unberührt von der Frage, welchen Nutzen die Parteien des Arbeitsvertrages im Einzelfalle hieraus ziehen können (vgl. BAG 9. Februar 1993 – 1 ABR 51/92 – aaO).

2. Der Antrag der Arbeitgeberin ist auch begründet. Der Betriebsrat hat der beabsichtigten Umgruppierung zu Unrecht widersprochen, denn die Arbeitnehmerin S ist zutreffenderweise nach § 4 Gehaltsgruppe II des Gehalts- und Lohntarifvertrages Einzelhandel Niedersachsen in das 5. Berufsjahr einzustufen, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben.

a) Bei der Korrektur der zunächst vorgenommenen Eingruppierung bezüglich des Berufsjahres handelt es sich um eine Umgruppierung im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Hierunter versteht man die Feststellung des Arbeitgebers, daß die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht oder nicht mehr den Merkmalen derjenigen Vergütungsgruppe entspricht, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist, sondern denjenigen einer anderen – höheren oder niedrigeren – Vergütungsgruppe. Darauf, aus welchem Anlaß der Arbeitgeber diese Feststellung trifft, kommt es nicht an; auch die Korrektur einer nach Ansicht des Arbeitgebers fehlerhaften Eingruppierung bedarf daher der Zustimmung des Betriebsrats (BAG 2. April 1996 – 1 ABR 50/95 – AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 137; 20. März 1990 – 1 ABR 20/89 – BAGE 64, 254, 258 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 79 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 87; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt BetrVG 21. Aufl. § 99 Rn. 90 mwN).

b) Die form- und fristgerecht erfolgte Ablehnung des Betriebsrats, der Umgruppierung zuzustimmen, erfolgte jedoch zu Unrecht. Die Vorinstanzen haben die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung in Ergebnis und Begründung zutreffend ersetzt, indem sie erkannt haben, daß bei der Ermittlung der Berufsjahre der Arbeitnehmerin S zwar deren Tätigkeit im Einzelhandel außerhalb des Tarifgebietes zu berücksichtigen ist, nicht jedoch darüber hinaus zwei fiktive weitere Berufsjahre.

aa) Gem. § 4 Gehaltsgruppe II des Tarifvertrages sind Berufsjahre als einschlägige Tätigkeitsjahre nach Abschluß der Berufsausbildung definiert. Darüber hinaus ist geregelt, daß nach einschlägiger dreijähriger Berufsausbildung – über die die Arbeitnehmerin S nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten verfügt – bei der erstmaligen Eingruppierung ab dem 1. Mai 1991 nach erfolgreicher Abschlußprüfung das 2. Berufsjahr als zurückgelegt gilt und diese Angestellten in das 3. Berufsjahr der Gehaltsgruppe II eingestuft werden. Die Begriffe der „einschlägigen Tätigkeitsjahre” sowie der „erstmaligen Eingruppierung” bedürfen der Auslegung.

bb) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Daher ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mitzuberücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben (21. März 2001 – 10 AZR 41/00 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 75 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 43; 19. November 1997 – 10 AZR 249/97 – EzB TVG § 4 Nr. 50). Ferner ist auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden (21. März 2001 – 10 AZR 41/00 – aaO). Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (20. April 1994 – 10 AZR 276/93 – AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 11).

(1) Nach zutreffender Auffassung beider Beteiligter handelt es sich bei der im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses mit der Firma T erbrachten Tätigkeit der Arbeitnehmerin S um einschlägige Tätigkeitsjahre. „Einschlägig” bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch „bezüglich”, „zutreffend” und „dazugehörig” (Wahrig Deutsches Wörterbuch 6. Aufl. S. 404; vgl. auch BAG 20. Februar 2002 – 4 AZR 37/01 – AP MTL II § 21 Nr. 6). Danach, wie auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sind Tätigkeiten nicht nur dann einschlägig, wenn sie der jeweils ausgeübten Tätigkeit entsprechen – im Falle der Arbeitnehmerin S also als Kassiererin –; vielmehr sind einschlägig alle der Gehaltsgruppe II im Einzelhandel unterfallenden Tätigkeiten (BAG 21. März 2001 – 10 AZR 41/00 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 75 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 43). Als Einkaufssachbearbeiterin bei der Firma T war die Arbeitnehmerin S Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit und daher mit solchen Aufgaben betraut, wie sie in Gehaltsgruppe II des Gehalts- und Lohntarifvertrages für den niedersächsischen Einzelhandel genannt sind.

(2) Jedoch sind nicht zwei weitere Jahre bei der Einstufung hinzuzurechnen, denn Frau S wurde bereits vor dem Stichtag 1. Mai 1991 im Sinne des Tarifvertrages erstmalig eingruppiert.

Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ist nach dem Wortsinne zwar eine Auslegung möglich, nach der mit „erstmaliger Eingruppierung” die zum ersten Male stattfindende Einreihung in die Vergütungssystematik des vorliegenden Tarifvertrages gemeint ist. Dem Landesarbeitsgericht ist aber dahin zu folgen, daß eine solche Auslegung nicht dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht, wie sie im Tarifvertrag selbst zum Ausdruck gekommen ist.

Der Sinn der Regelung besteht darin, die später abgeschlossene einschlägige Ausbildung höher zu bewerten, als dies vor Einführung der Stichtagsregelung der Fall war (BAG 6. August 1997 – 10 AZR 703/96 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 62 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 35 zu vergleichbarer tariflicher Regelung für den hessischen Einzelhandel). Es soll vermieden werden, daß Arbeitnehmer ungeachtet ihrer abgeschlossenen Ausbildung in der untersten Stufe der Berufsjahre beginnen sollen. Ab dem Stichtag sollen ausgebildete Arbeitnehmer – anders als solche, die auf Grund dreijähriger Tätigkeit in Gehaltsgruppe I in die Gruppe II aufrücken – nicht mehr die gesamte Staffel der Berufsjahre durchlaufen müssen, um die Endstufe zu erreichen. Der Abschluß einer einschlägigen Ausbildung soll belohnt werden (vgl. BAG 28. September 1994 – 4 AZR 738/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 51); Ausbildungszeit wird von den Tarifvertragsparteien höher bewertet als ohne Ausbildung zurückgelegte Tätigkeitszeit in Gruppe I, indem sie der „einschlägigen” Tätigkeit gleichgesetzt wird.

Mit der rechtlich nicht zu beanstandenden Stichtagsregelung, die nur diejenigen Arbeitnehmer an der Vergünstigung teilhaben läßt, die ab dem 1. Mai 1991 erstmalig eingruppiert wurden, sollten die durch die tarifliche Aufwertung entstehenden wirtschaftlichen Belastungen in überschaubaren Grenzen gehalten werden (BAG 28. September 1994 – 4 AZR 738/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 51). Dieses Ziel würde unterlaufen, wendete man ungeachtet der Stichtagsregelung beide begünstigenden Tatbestände – Anerkennung echter und fiktiver Tätigkeitsjahre – kumulativ an.

Auch die Tarifgeschichte belegt, daß die Tarifvertragsparteien nicht eine nochmalige Begünstigung bereits in den Berufsjahren aufgerückter Arbeitnehmer im Sinn hatten. In ihrer jetzigen Form findet sich die Stichtagsregelung nämlich unverändert seit dem Gehalts- und Lohntarifvertrag Einzelhandel Niedersachsen vom 4. Juni 1992. Auch der Tarifvertrag vom 25. Juni 1991 – gültig ab 1. Mai 1991 – sah den Stichtag 1. Mai 1991 schon vor, seinerzeit verbunden mit einer günstigeren Staffelung der Berufsjahre für ab dem Stichtag erstmalig eingruppierte Arbeitnehmer. Aus der zeitlichen Übereinstimmung von Stichtag und Beginn der Geltung des ersten Tarifvertrages, der diesen Stichtag regelte, folgt, daß nach der Vorstellung der Tarifvertragsparteien kein ab dem Stichtag erstmals eingruppierter Arbeitnehmer bereits Berufsjahre zurückgelegt hatte. Auch dies spricht dafür, daß der Begriff der erstmaligen Eingruppierung hier im Sinne erstmaliger Aufnahme einschlägiger Berufstätigkeit zu verstehen ist.

 

Unterschriften

Hauck, Dr. Wittek, Laux, Morsch, R. Iskra

 

Fundstellen

Haufe-Index 1134507

NZA 2004, 943

EzA

NJOZ 2004, 2813

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