Leitsatz (amtlich)

Der Feststellungsausspruch in einem Beschluss, der wegen der unzutreffenden Annahme eines (Teil-)Rechtsverhältnisses keine Rechtswirkungen erzeugen kann, ist in der Rechtsmittelinstanz grundsätzlich auch insoweit aufzuheben, als der Ausspruch zugunsten des Rechtsmittelführers ergangen ist. Das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) greift in solch einem Fall nicht.

 

Orientierungssatz

1. Der auf die Feststellung der Unwirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs gerichtete Antrag betrifft ein Rechtsverhältnis. Er umfasst die Prüfung, ob der Spruch der Einigungsstelle ganz oder teilweise unwirksam ist.

2. Die Teilunwirksamkeit eines Spruchs der Einigungsstelle führt nach dem der Vorschrift des § 139 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken zur Unwirksamkeit der Gesamtregelung, wenn nicht der verbleibende Teil auch ohne die unwirksamen Bestimmungen eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält.

3. Der gerichtliche Feststellungsausspruch zur Unwirksamkeit einzelner Regelungen eines Spruchs der Einigungsstelle, der wegen der unzutreffenden Annahme einer bloßen Teilunwirksamkeit und damit eines (Teil-)Rechtsverhältnisses keine Rechtswirkungen erzeugen kann, ist in der Rechtsmittelinstanz grundsätzlich auch insoweit aufzuheben, als der Ausspruch zugunsten des Rechtsmittelführers ergangen ist. Das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) greift in solch einem Fall nicht.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 2 S. 2 Hs. 1, §§ 76, 87, 87 Abs. 1 Eingangshalbs., Abs. 1 Nrn. 2-3, Abs. 2, § 99 Abs. 2-4, § 100 Abs. 1-2; ZPO § 256 Abs. 1, § 313 Abs. 1 Nr. 4, § 322 Abs. 1, §§ 528, 557; BGB § 139

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 07.11.2013; Aktenzeichen 21 TaBV 3/13)

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 07.03.2013; Aktenzeichen 23 BV 160/12)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 7. November 2013 – 21 TaBV 3/13 – wird mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass die Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle vom 14. Mai 2012 über eine Betriebsvereinbarung zur Regelung von Arbeitszeiten, der Pausen, der Personaleinsatzplanung sowie der Verfahren bei Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeiten festgestellt ist.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs zur Arbeitszeit und Personaleinsatzplanung.

Die Arbeitgeberin ist ein Textilhandelsunternehmen. Sie betreibt bundesweit mehr als 380 als eigenständige Betriebe organisierte Filialen. In der Filiale 694, in der etwa 150 Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist der antragstellende Betriebsrat gebildet.

Durch Einigungsstellenspruch vom 14. Mai 2012 kam es zu einer „Betriebsvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeiten, der Pausen, der Personaleinsatzplanung sowie der Verfahren bei Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeiten” (BV 2012). Diese legt in ihrem § 1 Ziel und Zweck, ihrem § 2 den Geltungsbereich und ihrem § 8 das Inkrafttreten fest und lautet im Übrigen:

㤠3 Personaleinsatzplanung

1.

Die Personaleinsatzplanung wird für einen Zeitraum von jeweils einem Kalendermonat im Voraus erstellt.

2.

Die Filialleitung legt dem Betriebsrat den Entwurf der Personaleinsatzplanung bis spätestens Donnerstag, 9:00 Uhr, der dritten Woche vor Beginn des Planungszeitraums vor. Soweit Mitarbeiter in größerem zeitlichem Umfang eingesetzt werden, als dies in ihren Arbeitsverträgen vereinbart ist, werden die diesbezüglichen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zusammen mit denen bei der PEP wahrgenommen (Ohne dass diese dadurch eingeschränkt werden).

3.

Der Betriebsrat hat, falls der Entwurf rechtzeitig eingereicht wurde, zur Personaleinsatzplanung bis spätestens Dienstag, 18:00 Uhr der zweiten Woche vor Beginn des Planungszeitraums Stellung zu nehmen.

4.

Tut er dies nicht, gilt die Personaleinsatzplanung als genehmigt. Stimmt der Betriebsrat der Personaleinsatzplanung nicht zu, hat er die Gründe hierfür der Filialleitung schriftlich mitzuteilen.

5.

§ 4 Änderung der Personaleinsatzplanung

1.

Änderungen der PEP, einschließlich des ursprünglichen Entwurfs der PEP des Arbeitgebers, müssen zusätzlich eingereicht werden und bedürfen der Zustimmung des BR gem. § 87 BetrVG.

2.

Soweit der Arbeitgeber die Änderung der PEP mindestens 4 Tage im Voraus schriftlich beantragt, ist der Betriebsrat verpflichtet hierzu innerhalb von 3 Tagen, oder zum Zeitpunkt des § 3 Abs. 3, schriftlich Stellung zu nehmen. Sofern der Betriebsrat nicht binnen 3 Tagen nach Zugang des Änderungswunsches schriftlich widerspricht, gilt die Änderung des Personaleinsatzplanes als zugestimmt.

3.

Für Eil- und Sonderfälle gilt Folgendes:

a.

Dringende Abschlussarbeiten, wie z.B. das Zu-Ende-Bedienen, der Kassenabschluss oder andere Tagesabschlussarbeiten, die nicht von Mitarbeitern der nächsten Schicht übernommen werden können, gelten im zeitlichen Umfang von bis zu 15 Minuten als genehmigt.

b.

Im Fall eines der folgenden technischen Probleme gelten – in dem Umfang und nur für die tatsächlich notwendigen Mitarbeiter – Zeiten die zur Behebung des Grundes für den Einsatz erforderlich sind, als genehmigt:

aa.

Probleme bei Defekten an der Kasse nach Ladenschluss;

bb.

Probleme bei Einschalten der Alarmanlage nach Ladenschluss;

cc.

Probleme bei Abschließen der Filiale nach Ladenschluss.

Der Betriebsrat ist hierüber unverzüglich, spätestens am folgenden Arbeitstag unter Darlegung der Notwendigkeit textlich zu informieren.

c.

Bei kurzfristigen (weniger als 4 Tage) Änderungen der Personaleinsatzplanung in Folge von Arbeitsunfähigkeit oder bei einem ähnlich plötzlich auftretenden sonstigen Arbeitsausfall oder aufgrund dringender betrieblicher Gründe ist diese unverzüglich beim Betriebsrat zu beantragen. Dieser kann Maßnahmen treffen, die eine Entscheidung hierüber durch einzelne Betriebsratsmitglieder (per Delegation) sicherstellen. Ist dies nicht geschehen, oder geht bis zum Beginn des notwendigen Personaleinsatzes keine Antwort ein, kann die Maßnahme vorläufig durchgeführt werden, bis eine Entscheidung des Betriebsrats vorliegt.

§ 5 Grundsätze der Personaleinsatzplanung

I.

Allgemeine Grundsätze

1.

Die flexiblen Teilzeitmitarbeiter teilen ihrem jeweiligen Department Manager schriftlich bis spätestens Freitag, 9:00 Uhr, der vierten Woche vor Beginn des Planungszeitraums mit, an welchen Tagen des nächsten Planungszeitraums sie nicht arbeiten wollen. Dies kann auch in pauschaler Form als Dauerwunsch geschehen. Bei diesen Mitteilungen handelt es sich um für H unverbindliche Wünsche. H wird sich gleichwohl bemühen, diesen Wünschen Folge zu leisten, sofern betriebliche Belange und/oder die Wünsche oder die festgelegten Arbeitszeiten anderer Mitarbeiter diesen nicht entgegenstehen.

2.

Am 24.12. und/oder am 31.12. arbeiten die Mitarbeiter wahlweise entweder am 24. Dezember oder am 31. Dezember in der Zeit von 07:00 Uhr bis 14:00 Uhr (24.12.) bzw. 16:30 Uhr (31.12.). Freiwillig kann auch an beiden Tagen gearbeitet werden.

II.

Regelungen für Vollzeitkräfte

1)

Verkauf

1.

Der Mitarbeiter arbeitet im Laufe einer Woche an höchstens fünf Arbeitstagen. Im Laufe der Arbeitswoche hat er einen festen freien Arbeitstag (nicht der Samstag). Bei der Festlegung des festen freien Tages soll der Wunsch des Mitarbeiters berücksichtigt werden, soweit dies die betrieblichen Belange zulassen.

2.

Der Mitarbeiter hat Anspruch auf einen 2 freie Samstage pro Monat. Lediglich in zu begründenden Ausnahmefällen kann nur ein freier Samstag gewährt werden. Dies darf allerdings nicht in zwei aufeinanderfolgenden Monaten geschehen.

3.

Die Mitarbeiter arbeiten bei einem 2-Schicht-System im wöchentlichen Wechsel jeweils in einer Woche in der Frühschicht und in der darauf folgenden Woche in der Spätschicht bzw. umgekehrt, je nachdem, welches Rhythmusschema für den Mitarbeiter zutrifft.

4.

Arbeitszeit

Montag bis Freitag:

Früh: 07:00 Uhr bis 16:15 Uhr

Spät: 11:45 Uhr bis 20:30 Uhr

Samstag:

Früh: 07:00 Uhr bis 16:15 Uhr

Spät: 11:00 Uhr bis 20:30 Uhr

2)

Lager

1.

Arbeitszeit: Montag bis Samstag: 05:30 Uhr bis 14:35 Uhr oder 06:00 Uhr bis 15:20 Uhr

Für einige Mitarbeiter im Lager beginnt die Arbeitszeit morgens um 05:30 Uhr, während für die übrigen Mitarbeiter des Lagers die Arbeitszeit morgens um 06:00 Uhr beginnt. Welche Mitarbeiter wann morgens beginnen, ergibt sich aus der Personaleinsatzplanung.

Der Mitarbeiter arbeitet im Laufe einer Woche an höchstens 5 Arbeitstagen. Im Laufe der Arbeitswoche hat er einen festen freien Arbeitstag (nicht der Samstag). Bei der Festlegung des festen freien Tages soll der Wunsch des Mitarbeiters berücksichtigt werden, soweit dies die betrieblichen Belange zulassen.

2.

Der Mitarbeiter hat Anspruch auf 2 freie Samstage pro Monat. Lediglich in zu begründenden Ausnahmefällen kann nur ein freier Samstag gewährt werden. Dies darf allerdings nicht in zwei aufeinanderfolgenden Monaten geschehen.

3)

Storecontroller

Montag bis Freitag:

Früh: 07:00 Uhr bis 16:15 Uhr

Spät: 11:45 Uhr bis 20:30 Uhr

Samstag:

Früh: 07:00 Uhr bis 16:15 Uhr

Spät: 11:00 Uhr bis 20:30 Uhr

Der Mitarbeiter arbeitet im Laufe einer Woche an höchstens fünf Arbeitstagen. Im Laufe der Arbeitswoche hat er einen festen freien Arbeitstag (nicht der Samstag). Bei der Festlegung des festen freien Tages soll der Wunsch des Mitarbeiters berücksichtigt werden, soweit dies die betrieblichen Belange zulassen.

1.

Der Mitarbeiter hat Anspruch auf 2 freie Samstage pro Monat. Lediglich in zu begründenden Ausnahmefällen kann nur ein freier Samstag gewährt werden. Dies darf allerdings nicht in zwei aufeinanderfolgenden Monaten geschehen.

2.

Der Mitarbeiter arbeitet bei einem Zweischichtsystem im wöchentlichen Wechsel jeweils in einer Woche in der Frühschicht und in der darauf folgenden Woche in der Spätschicht bzw. umgekehrt, je nachdem, welches Rhythmusschema für den Mitarbeiter zutrifft.

4)

Visual Merchandiser

Arbeitszeit Montag – Freitag 07:00 Uhr – 15:30 Uhr

III.

Regelungen für Teilzeitkräfte

1.

Dem Betriebsrat werden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Betriebsvereinbarung, arbeitsvertraglich bereits geschlossenen Vereinbarungen über die feste Lage von Arbeitszeiten bei Teilzeitverträgen, nach Abschluss dieser Betriebsvereinbarung schriftlich mitgeteilt. Zukünftige Änderungen der individuellen Arbeitszeit (Dauer und feste Lage) sind dem Betriebsrat, spätestens mit der PEP, ebenfalls schriftlich mitzuteilen.

2.

Die Arbeitszeit der in Teilzeit tätigen Mitarbeiter liegt innerhalb des in dieser Betriebsvereinbarung für die Vollzeitmitarbeiter bestimmten Arbeitszeitrahmens. Sie werden im Übrigen in dem jeweiligen Arbeitsvertrag bestimmt und ergeben sich bei Mitarbeitern, die flexibel arbeiten (z.B. aufgrund eines Arbeitsvertrages mit Jahresarbeitszeitregelung, mit einer stundenweisen Entlohnung oder mit einer geringfügigen oder einer kurzfristigen Beschäftigung) auf der Grundlage der jeweiligen Personaleinsatzplanung. Einschlägige tarifvertragliche Vorgaben sind zu beachten.

§ 6 Pausen

1.

Die Pausen werden nicht bezahlt und betragen bei einer Arbeitszeit

  • ab fünf Stunden 15 Minuten
  • ab sechs Stunden 30 Minuten
  • ab sieben Stunden 45 Minuten
  • ab acht Stunden 60 Minuten.

2.

Für die Pausen gelten folgende Rahmenbedingungen:

Die erste Pause wird frühestens 2,5 Stunden ab Arbeitsbeginn genommen.

Die zweite Pause frühestens 2 Stunden (bei Vollzeitkräften 2,5 Stunden) ab Beendigung der ersten Pause.

3.

Die letzte Pause für alle Arbeitnehmer muss spätestens 1,5 Stunden vor Arbeitsende stattgefunden haben.

4.

Auf Wunsch des Mitarbeiters und in Absprache mit der jeweiligen Führungskraft kann in Ausnahmefällen von diesen Pausenkorridoren abgewichen werden (z. B. Mitarbeiter muslimischen Glaubens möchten gerne während der Fastenzeit erst später Pause machen).

5.

Die Pausen werden für die einzelnen Mitarbeiter zu Beginn des Tages durch die zuständige Führungskraft im Tagesplan festgelegt, die hierbei unter Berücksichtigung des Beginns und Ende der jeweiligen Arbeitszeit der Mitarbeiter auf eine ausgewogene Einteilung zu achten haben. Am Ende einer jeden Woche, hat der Arbeitgeber alle Tagespläne der Woche dem Betriebsrat unaufgefordert vorzulegen.

6.

Eine Verschiebung der Pause ist im Einvernehmen aller Betroffenen möglich.

7.

Während der Pause dürfen keine Arbeitsanweisungen erteilt werden.

§ 7 Überstunden

Die Anordnung von Überstunden bedarf grundsätzlich der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.”

Der vom Vorsitzenden unterzeichnete Einigungsstellenspruch wurde dem Bevollmächtigten des Betriebsrats am 16. Mai 2012 zugeleitet.

Mit seiner am 30. Mai 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift hat der Betriebsrat den Einigungsstellenspruch angefochten. Er hat die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle sei für den Regelungsgegenstand unzuständig gewesen. Hierzu bestehe – in Gestalt eines per Telefaxformular dem Betriebsrat übermittelten Schreibens der damaligen Filialleiterin vom 25. August 2008 mit dem Antrag auf eine Änderung des bestehenden Arbeitszeitmodells und der am 27. August 2008 unterzeichneten Zustimmungserklärung des Betriebsrats auf dem Schriftstück – bereits eine Betriebsvereinbarung, die nicht gekündigt sei. Im Übrigen habe die Einigungsstelle die Vorgaben des § 87 Abs. 2 BetrVG missachtet. Der Spruch sei auch ermessensfehlerhaft, weil er berechtigte Belange der Arbeitnehmer bei der Pausengestaltung und der Personaleinsatzplanung für umsatzstarke Zeiten missachte.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 14. Mai 2012 zum Regelungsgegenstand „Betriebsvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeiten, der Pausen, der Personaleinsatzplanung sowie der Verfahren bei Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeiten” unwirksam ist.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde des Betriebsrats – unter deren Zurückweisung im Übrigen – festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 14. Mai 2012 in § 3 Nr. 3 und Nr. 4 BV 2012 sowie in § 4 Nr. 2 und Nr. 3c BV 2012 unwirksam ist. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Arbeitgeberin zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt diese die vollständige Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses.

 

Entscheidungsgründe

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die von der Einigungsstelle in § 3 Nr. 3 und Nr. 4 BV 2012 sowie in § 4 Nr. 2 und Nr. 3c BV 2012 getroffenen Regelungen unwirksam sind. Anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen, führt dies zur Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs vom 14. Mai 2012 insgesamt. Dies war durch eine entsprechende Maßgabe in der Beschlussformel klarzustellen.

I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Einigungsstelle im Umfang ihrer Zuständigkeit beschlossenen Regelungen teilweise unwirksam sind.

1. Anders als der Betriebsrat meint, steht die von ihm vorgebrachte, auf einem von der damaligen Filialleiterin unterschriebenen Telefaxformular erklärte Zustimmung zu einer Änderung des Arbeitszeitmodells vom 27. August 2008 der von der Einigungsstelle beschlossenen BV 2012 nicht entgegen. Die hier deklarierten Erklärungen der Betriebsparteien sind keine Betriebsvereinbarung zu derselben Regelungsmaterie. Ungeachtet der Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass es an einem hinreichend deutlich ausgedrückten Willen zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung mangele, fehlt es bereits an der nach § 77 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG erforderlichen und unverzichtbaren Schriftform. Sollte es sich auf der Seite des Faxformulars mit den „Eckdaten zum Arbeitszeitmodell” bei der Unterschrift – unter den von der damaligen Filialleiterin unterzeichneten Angaben sowie unter den Zeilen „Änderung!” und „wir stimmen zu” – um eine dem Betriebsrat zuzurechnende Unterzeichnung handeln, bezöge sie sich jedenfalls nicht auf das in den beiliegenden Seiten wiedergegebene Arbeitszeitmodell. Bei diesen (mehreren) Seiten ist nicht im Ansatz ersichtlich, inwieweit sie Bestandteil einer – formbedürftigen – Betriebsvereinbarung sein sollen.

2. Die von der Einigungsstelle beschlossene BV 2012 betrifft nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten.

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist der Betriebsrat – soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht – zu beteiligen bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.

aa) Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfasst die Aufstellung von Dienstplänen sowie das Abweichen von bereits aufgestellten Plänen (BAG 25. September 2012 – 1 ABR 49/11 – Rn. 19 mwN). Bei der Ausgestaltung von Schichtarbeit erstreckt es sich nicht nur auf die Frage, ob im Betrieb in mehreren Schichten gearbeitet werden soll, sondern auch auf die Festlegung der zeitlichen Lage der einzelnen Schichten und die Abgrenzung des Personenkreises, der Schichtarbeit zu leisten hat. Mitbestimmungspflichtig sind der Schichtplan und dessen nähere Ausgestaltung bis hin zur Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Schichten sowie die Änderung von bereits aufgestellten Dienstplänen (vgl. BAG 9. Juli 2013 – 1 ABR 19/12 – Rn. 16 mwN, BAGE 145, 330).

bb) Die Betriebsparteien haben bei der inhaltlichen Ausgestaltung ihrer Regelungen zur Schichtarbeit ein Wahlrecht. Sie können entweder für jeden Schichtplan die mitbestimmungsrechtlich relevanten Voraussetzungen im Einzelnen selbst regeln. Zulässig ist es auch, konkrete Grundregeln festzulegen, die der Arbeitgeber bei der Aufstellung von Schichtplänen einzuhalten hat. Diese müssen aber den Anforderungen an die ordnungsgemäße Ausübung der in Betracht kommenden Beteiligungsrechte des Betriebsrats genügen. Dies erfordert regelmäßig abstrakte und verbindliche Bestimmungen über die Ausgestaltung der unterschiedlichen Schichten und die Zuordnung von Arbeitnehmern zu den einzelnen Schichten. Vereinbaren die Betriebsparteien solche Regularien, kann die Aufstellung der einzelnen Schichtpläne dem Arbeitgeber überlassen werden. Dieser hat dann die vereinbarten Vorgaben im Schichtplan zu vollziehen. Die von den Betriebsparteien getroffenen inhaltlichen Maßgaben können sich auch auf Verfahrensregelungen beschränken, die für die Vorlage des Schichtplans gelten, dem der Betriebsrat zustimmen muss. Bei diesen bleibt die Aufstellung des Schichtplans Sache des Arbeitgebers. Gegenstand der betrieblichen Regelung ist dann ausschließlich das Verfahren über die Schichtplanaufstellung und die sich anschließende Beteiligung des Betriebsrats (vgl. BAG 9. Juli 2013 – 1 ABR 19/12 – Rn. 17 mwN, BAGE 145, 330).

cc) Für Teilzeitbeschäftigte gilt nichts anderes. Diese unterscheiden sich nur durch den zeitlichen Umfang ihrer Arbeitsverpflichtungen von Vollzeitbeschäftigten. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bezieht sich auf die Lage der vorgegebenen wöchentlichen Arbeitszeit und umfasst deren Verteilung auf die einzelnen Wochentage einschließlich der Bestimmung arbeitsfreier Tage. Auch erstreckt es sich auf die Frage, ob an einem Arbeitstag zusammenhängend oder in mehreren Schichten gearbeitet werden soll, und auf die Festlegung der Mindestdauer der täglichen Arbeitszeit im Gegensatz zur mitbestimmungsfreien Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit (Fitting BetrVG 28. Aufl. § 87 Rn. 124 mwN). Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG wird auch nicht durch die Regelung über die Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG ausgeschlossen (BAG 19. Juni 2012 – 1 ABR 19/11 – Rn. 18 mwN, BAGE 142, 87).

b) Wird durch eine Schichtplanregelung auch die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend verkürzt oder verlängert, hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitzubestimmen. Maßgeblich ist, ob die bisherige betriebsübliche Arbeitszeit die „übliche” bleibt und die Arbeitszeitverteilung bezüglich der einzelnen Arbeitnehmer weiterhin prägt (BAG 9. Juli 2013 – 1 ABR 19/12 – Rn. 18 mwN, BAGE 145, 330).

3. Kommt eine Einigung der Betriebsparteien über die Ausgestaltung von Schichtarbeit nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Deren Spruch ersetzt nach § 87 Abs. 2 BetrVG die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Vor einer solchen Entscheidung der Einigungsstelle darf der Arbeitgeber den Schichtplan nicht durchführen. Der Einhaltung des in dieser Vorschrift vorgesehenen Verfahrens bedarf es auch bei einem kurzfristig und unerwartet auftretenden Regelungsbedarf. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist in Eilfällen nicht ausgeschlossen. Die Betriebsparteien – und im Konfliktfall die Einigungsstelle – müssen daher regelmäßig Regelungen treffen, wie bei der Abweichung von einem beschlossenen Schichtplan verfahren werden soll (vgl. BAG 9. Juli 2013 – 1 ABR 19/12 – Rn. 19 mwN, BAGE 145, 330).

4. Soweit sich ein Spruch der Einigungsstelle auf Verfahrensregelungen beschränkt, ist zu beachten, dass die in § 87 Abs. 2 BetrVG enthaltenen Vorgaben zur Auflösung von Konflikten der Betriebsparteien zwingend sind. Die Äußerung des Betriebsrats gegenüber einem Ersuchen des Arbeitgebers in den Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG bedarf keiner bestimmten Form und muss auch nicht binnen einer bestimmten Frist erfolgen. Eine für personelle Angelegenheiten mit § 99 Abs. 3 BetrVG vergleichbare Zustimmungsfiktion ist in § 87 Abs. 2 BetrVG ebenso wenig vorgesehen wie die Angabe von Gründen, auf denen das fehlende Einverständnis des Betriebsrats beruht. Ebenso darf eine Maßnahme, die der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegt, erst nach dessen Zustimmung oder deren Ersetzung durch die Einigungsstelle durchgeführt werden. Eine einseitige Regelungsbefugnis des Arbeitsgebers oder dessen Möglichkeit, eine von § 87 Abs. 1 BetrVG erfasste Maßnahme vorläufig durchzuführen, sieht das Gesetz im Bereich der sozialen Angelegenheiten nicht vor. Vor diesem Hintergrund sind, soweit sich der Spruch der Einigungsstelle auf Verfahrensregelungen beschränkt, an § 99 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4, § 100 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG angelehnte Verfahrensregelungen unwirksam (vgl. BAG 9. Juli 2013 – 1 ABR 19/12 – Rn. 30, BAGE 145, 330).

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die im Tenor des angefochtenen Beschlusses aufgeführten Regelungen der von der Einigungsstelle beschlossenen BV 2012 unwirksam.

a) Dies gilt zunächst für § 3 Nr. 3 und Nr. 4 BV 2012.

aa) Die dort getroffenen Festlegungen betreffen das Verfahren der Beteiligung des Betriebsrats bei der Erstellung der Personaleinsatzplanung. Mit § 3 Nr. 3 BV 2012 ist dem Betriebsrat eine Frist zur Stellungnahme zu der von der Arbeitgeberin zu erstellenden Personaleinsatzplanung gesetzt. § 3 Nr. 4 Satz 1 BV 2012 verknüpft das Verstreichen dieser Frist mit der Fiktion der Zustimmung des Betriebsrats zu der Personaleinsatzplanung. § 3 Nr. 4 BV 2012 legt für den Betriebsrat eine Pflicht zur schriftlichen Mitteilung der Gründe fest, wenn er der Personaleinsatzplanung nicht zustimmt.

bb) Allerdings trifft der Einigungsstellenspruch nicht nur diese Verfahrensregelungen. Vielmehr sind in § 5 BV 2012 auch die von der Arbeitgeberin einzuhaltenden Grundsätze der Personaleinsatzplanung näher festgelegt.

cc) Diese wiederum genügen aber hinsichtlich der sog. flexiblen Teilzeitmitarbeiter iSd. § 5 I. Nr. 1 BV 2012 bzw. der Teilzeitkräfte iSd. § 5 III. BV 2012 nicht den Anforderungen an die ordnungsgemäße Ausübung der in Betracht kommenden Beteiligungsrechte. Den Regularien der Personaleinsatzplanung lassen sich weder Beginn und Ende der Arbeitszeit der (flexiblen) Teilzeitkräfte noch ihre Zuordnung zu den einzelnen Schichten hinreichend konkret entnehmen. § 5 III. Nr. 2 Satz 1 BV 2012 bestimmt zu Beginn und Ende der Arbeitszeit der in Teilzeit tätigen Mitarbeiter lediglich, dass diese innerhalb des in der BV 2012 für die Vollzeitmitarbeiter bestimmten Arbeitszeitrahmens liegt. Eine abstrakt-verbindliche Bestimmung wird damit gerade nicht getroffen; vielmehr kann die Arbeitgeberin die Schichten dieser Mitarbeiter innerhalb der Arbeitszeit der Vollzeitmitarbeiter beliebig festlegen. Dieses Verständnis wird von § 5 III. Nr. 2 Satz 2 BV 2012 bestätigt. Danach soll sich die Arbeitszeit der Mitarbeiter, die etwa aufgrund eines Arbeitsvertrags mit Jahresarbeitszeitregelung, mit einer stundenweisen Entlohnung oder mit einer geringfügigen oder kurzfristigen Beschäftigung flexibel arbeiten, erst auf der Grundlage der jeweiligen Personaleinsatzplanung ergeben. Auch bei der Zuordnung der flexiblen Teilzeitmitarbeiter zu einer Schicht legt § 5 I. Nr. 1 BV 2012 nur fest, dass diese zeitgebunden oder dauerhaft einen – für die Arbeitgeberin unverbindlichen – Wunsch von Zeiten ihres Nichteinsatzes mitzuteilen haben. Abstrakt-bindende Vorgaben sind nicht getroffen.

dd) Damit beschränken sich die Festlegungen im Einigungsstellenspruch bei der die flexiblen Teilzeitmitarbeiter bzw. Teilzeitkräfte betreffenden Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG auf die Verfahrensbestimmungen von § 3 Nr. 3 und Nr. 4 BV 2012 und regeln – entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin – kein „Mehr” an Mitbestimmung. Das nach § 3 Nr. 3 und Nr. 4 BV 2012 etablierte Verfahren der Beteiligung des Betriebsrats steht nicht in Einklang mit § 87 Abs. 2 BetrVG. Entgegen dieser Vorschrift sieht es für die Äußerung des Betriebsrats gegenüber einem Ersuchen der Arbeitgeberin in der mitbestimmten Angelegenheit des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG eine bestimmte Form und Frist, eine Begründungspflicht sowie eine mit § 99 Abs. 3 BetrVG vergleichbare Zustimmungsfiktion vor. Auf einen von § 87 Abs. 2 BetrVG abweichenden Konfliktlösungsmechanismus können sich die Betriebsparteien aber nur einvernehmlich verständigen; er kann nicht durch Spruch der Einigungsstelle bestimmt werden.

b) Auch § 4 Nr. 2 und Nr. 3c BV 2012 ist unwirksam.

aa) Die Vorschrift legt das Procedere bei der Beteiligung des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Änderung der Personaleinsatzplanung fest. Hierzu enthält die BV 2012 keine Grundregeln. So bestimmt sie schon nicht, welche Mitarbeiter bei einer erforderlichen Änderung nach welchen Grundsätzen heranzuziehen sind.

bb) Die in § 4 Nr. 2 und Nr. 3c BV 2012 getroffenen Verfahrensreglungen stehen nicht in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben. Zwar legt § 4 Nr. 1 BV 2012 eine Zustimmungspflicht für Änderungen der Personaleinsatzplanung fest. Die in § 4 Nr. 2 BV 2012 an § 99 BetrVG und in § 4 Nr. 3c BV 2012 an § 100 BetrVG angelehnten Regelungen widersprechen aber wegen der für den Betriebsrat festgelegten formellen Anforderungen einer Zustimmungsverweigerung § 87 Abs. 2 BetrVG. Auch darf eine Maßnahme, die der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegt, erst nach dessen Zustimmung oder deren Ersetzung durch die Einigungsstelle durchgeführt werden. Eine einseitige Regelungsbefugnis des Arbeitsgebers oder dessen Möglichkeit, eine von § 87 Abs. 1 BetrVG erfasste Maßnahme vorläufig durchzuführen, sieht das Gesetz im Bereich der sozialen Angelegenheiten – auch für Eil- und Sonderfälle – nicht vor.

II. Aus der Unwirksamkeit der § 3 Nr. 3 und Nr. 4 BV 2012 sowie § 4 Nr. 2 und Nr. 3c BV 2012 folgt die Unwirksamkeit des gesamten Spruchs der Einigungsstelle. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die verbleibenden Teile des Einigungsstellenspruchs würden eine in sich geschlossene und sinnvolle Regelung bilden. Der Rechtsfehler bedingt eine Zurückweisung der Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin mit der klarstellenden Maßgabe, dass die Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle vom 14. Mai 2012 festgestellt ist. Das verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius.

1. Die Unwirksamkeit der von der Einigungsstelle beschlossenen Vorschriften über das Verfahren bei der Personaleinsatzplanung und bei deren Änderung führt nach dem der Vorschrift des § 139 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken zur Unwirksamkeit des gesamten Einigungsstellenspruchs, weil der verbleibende Teil ohne die unwirksamen Bestimmungen keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält. Angesichts des einheitlichen Regelungsauftrags der Einigungsstelle genügt es nicht, sich auf Regelungen für die Vollzeitkräfte zu beschränken. Auch sind nach der BV 2012 selbst keine für Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte getrennt zu erstellenden Personaleinsatzplanungen vorgesehen. Darüber hinaus stellen die Grundsätze der Personaleinsatzplanung und die Pausenbestimmungen ohne die konkret festgelegte Personaleinsatzplanung und deren Änderung sowie das hierzu geltende Verfahren keine praktikable Regelung der im Betrieb der Beklagten gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG mitbestimmten Angelegenheit dar. Mit den für nicht unwirksam befundenen Regelungen kann keine der Mitbestimmung genügende Dienstplangestaltung unter Einbezug der Teilzeitbeschäftigten erfolgen. Die Unwirksamkeit erstreckt sich auch auf § 7 BV 2012, der ohnehin lediglich die Wiedergabe der gesetzlich vorgegebenen Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG enthält.

2. Indem das Landesarbeitsgericht lediglich von der die Regelungen des § 3 Nr. 3 und Nr. 4 sowie § 4 Nr. 2 und Nr. 3c BV 2012 betreffenden Teilunwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs ausgegangen ist und einen entsprechenden Feststellungsausspruch getroffen hat, hat es gegen § 313 Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 256 Abs. 1, § 322 Abs. 1 ZPO verstoßen. Ein solcher Verstoß ist im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BAG 12. Januar 2011 – 7 ABR 25/09 – Rn. 17).

a) Nach der auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren Bestimmung des § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO enthält ein verfahrensbeendender Beschluss eine Beschlussformel (BAG 12. Januar 2011 – 7 ABR 25/09 – Rn. 18). Bei dem Beschluss, der einem Antrag (ganz oder teilweise) stattgibt, ist der Inhalt des Ausspruchs regelmäßig in der Beschlussformel wiederzugeben. Dies dient ua. dem Zweck, den Umfang der materiellen Rechtskraft iSv. § 322 Abs. 1 ZPO und damit die Entscheidungswirkungen feststellen zu können. Hat ein positiver Feststellungsantrag Erfolg, erwächst die Feststellung in Rechtskraft, dass das in dem Beschluss bezeichnete Recht oder Rechtsverhältnis besteht (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 31. Aufl. § 322 Rn. 6 mwN). Insoweit ist aber zu beachten, dass nach dem auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO Gegenstand des Feststellungsantrags und dementsprechend des Feststellungsbeschlusses grundsätzlich ein Rechtsverhältnis sein muss. Bezieht sich ein gerichtlicher Feststellungsausspruch nicht auf ein Rechtsverhältnis, ist er – auch wenn er formell rechtskräftig wird – der materiellen Rechtskraft nicht fähig.

b) Der auf die Unwirksamkeit der Feststellung eines Einigungsstellenspruchs gerichtete Antrag betrifft ein Rechtsverhältnis (vgl. zB BAG 18. November 2014 – 1 ABR 21/13 – Rn. 10, BAGE 150, 74). Ein Spruch der betrieblichen Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Betriebsparteien streiten im Fall seiner Anfechtung um das (Nicht-)Bestehen eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO (BAG 22. Juli 2014 – 1 ABR 96/12 – Rn. 10 mwN, BAGE 148, 341). Der auf die Feststellung der Unwirksamkeit eines Spruchs der Einigungsstelle gerichtete Antrag umfasst die Prüfung, ob dieser ganz oder teilweise unwirksam ist (BAG 12. November 2013 – 1 ABR 59/12 – Rn. 18, BAGE 146, 271). Entsprechend bestehen gegen die Feststellung einer Teilunwirksamkeit oder auch gegen eine von vornherein mit dem Feststellungsbegehren des Antragstellers eingeschränkte Teil„anfechtung” des Spruchs einer Einigungsstelle keine grundsätzlichen Bedenken. Ebenso wie bei der Geltung einer Betriebsvereinbarung, die nach § 256 Abs. 1 ZPO zum Gegenstand eines Feststellungsantrags in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren erhoben werden kann, muss sich die Anfechtung eines Einigungsstellenspruchs nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken. Sie kann sich als Teilanfechtung auch auf Teilrechtsverhältnisse beschränken (vgl. zur Geltendmachung der Unwirksamkeit einzelner Vorschriften einer Betriebsvereinbarung BAG 9. Juli 2013 – 1 ABR 2/13 [A] – Rn. 17 mwN; vgl. zum Einigungsstellenspruch BAG 22. Juli 2014 – 1 ABR 96/12 – Rn. 10, BAGE 148, 341). Voraussetzung ist aber, dass sie sich auf eine eigenständige Teilregelung – und in diesem Sinn auf ein Teilrechtsverhältnis – bezieht (vgl. BAG 22. Juli 2014 – 1 ABR 96/12 – Rn. 10, aaO). Hiervon kann bei Regelungen, die unterschiedliche Mitbestimmungstatbestände betreffen, regelmäßig eher ausgegangen werden als bei ein- und dieselbe Angelegenheit ausgestaltenden Regelungen.

c) Im vorliegenden Fall betrifft die vom Landesarbeitsgericht ausgesprochene Feststellung kein der materiellen Rechtskraft fähiges (Teil-)Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Die von ihm – zu Recht – als unwirksam angesehenen Bestimmungen nach § 3 Nr. 3 und Nr. 4 BV 2012 sowie nach § 4 Nr. 2 und Nr. 3c BV 2012 sind keine eigenständigen Teilregelungen, sondern bedingen die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs insgesamt.

d) Bezieht sich der Feststellungsausspruch des Landesarbeitsgerichts damit nicht auf ein (Teil-)Rechtsverhältnis, ist der darin liegende Verfahrensfehler im Rechtsbeschwerdeverfahren auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten. Sonst besteht die Gefahr, dass die Grenzen der Rechtskraft einer Entscheidung später nicht mehr zuverlässig feststellbar sind. Der Verfahrensfehler führt vorliegend nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Rechtsbeschwerdegericht kann den Fehler beheben, indem es den Tenor des beschwerdegerichtlichen Beschlusses korrigiert und zwar auch insoweit, als das Beschwerdegericht den Feststellungsantrag des Betriebsrats im Übrigen abgewiesen hat. Hiergegen spricht nicht, dass allein die Arbeitgeberin Rechtsmittelführerin ist.

aa) Ein Urteil, das keine Rechtswirkungen erzeugen kann, ist in der Rechtsmittelinstanz grundsätzlich aufzuheben und zwar auch insoweit, als es zugunsten der Partei ergangen ist, die das Rechtsmittel eingelegt hat (vgl. BGH 22. Februar 2001 – IX ZR 293/99 – zu I der Gründe mwN; 19. Januar 1996 – V ZR 298/94 – zu I der Gründe). Das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelklägers (reformatio in peius) greift in solch einem Fall nicht. Es schützt den Rechtsmittelführer davor, auf sein eigenes Rechtsmittel hin über die mit der angegriffenen Entscheidung vorhandene Beschwer hinaus weiter beeinträchtigt zu werden (ausf. BGH 27. Oktober 1982 – IVb ZB 719/81 – BGHZ 85, 180). Das Verbot schützt Vorteile aus einer angegriffenen Entscheidung, die den Besitzstand des Rechtsmittelklägers bilden und ihm ohne Fortführung des Verfahrens sicher gewesen wären, weil sie an anderer Stelle – vor allem wegen der Rechtskraftwirkungen – hätten beachtet werden müssen. Notwendig ist, dass das Urteil überhaupt Rechtswirkungen entfaltet (BGH 19. Januar 1996 – V ZR 298/94 – zu I der Gründe). Daher vermag in Ausnahmefällen – wenn die Sache sonst entscheidungsreif ist – der Tenor der angegriffenen Entscheidung vom Rechtsmittelgericht insgesamt korrigiert zu werden, und zwar auch insoweit, als eine Entscheidung zugunsten des Rechtsmittelführers ergangen ist (BGH 19. Januar 1996 – V ZR 298/94 – zu I der Gründe; Zöller/Heßler ZPO 31. Aufl. § 528 Rn. 24 mwN). Entsprechendes gilt im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren und in der Rechtsbeschwerdeinstanz.

bb) Der Entscheidungsausspruch des Landesarbeitsgerichts betrifft nicht nur im Umfang der getroffenen Feststellung, sondern auch in seinem Gegenstück – der Antragsabweisung – kein der materiellen Rechtskraft fähiges (Teil-)Rechtsverhältnis iSv. § 322 Abs. 1, § 256 Abs. 1 ZPO. Die Beschwerdeentscheidung kann deshalb insgesamt keine Rechtswirkungen erzeugen. Danach war im Rechtsbeschwerdeverfahren die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs insgesamt festzustellen.

 

Unterschriften

Schmidt, Koch, K. Schmidt, Ralf Stemmer, Olaf Kunz

 

Fundstellen

Haufe-Index 9484663

BAGE 2016, 318

BB 2016, 1524

DB 2016, 7

FA 2016, 224

FA 2016, 256

AP 2016

EzA-SD 2016, 16

EzA-SD 2016, 9

EzA 2016

NZA-RR 2016, 5

AUR 2016, 381

AUR 2016, 382

ArbRB 2016, 202

AP-Newsletter 2016, 141

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