Nach § 3 Abs. 1 MiLoG können Ausschlussfristen im Bereich des Mindestlohngesetzes (MiLoG) weder durch Tarifvertrag noch durch Individualvereinbarung wirksam vereinbart werden. Dies kann bei arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen allerdings weitreichendere Konsequenzen als bei tariflichen Ausschlussfristen[1] haben. Denn im Bereich individualvertraglich vereinbarter Ausschlussfristen stellt sich zusätzlich regelmäßig die Frage der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB und insbesondere der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Da individualvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen bisher regelmäßig nicht zwischen Mindestlohnansprüchen und sonstigen Ansprüchen differenziert haben, werden diese für nicht ausreichend transparent nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gehalten.[2] Auch wenn § 3 Abs. 1 MiLoG selbst durch die Verwendung der Formulierung "insoweit unwirksam" davon ausgeht, der den Mindestlohn übersteigende Entgeltanspruch könne verfallen, kann dieses Ergebnis damit gerechtfertigt werden, dass nur so gewährleistet ist, das im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltende Verbot geltungserhaltender Reduktion[3] unwirksamer Klauseln zu verwirklichen. Im Übrigen ist eine Ausschlussfrist, die auch solche Ansprüche erfasst, die sie nicht erfassen darf, geeignet, den Anspruchsinhaber von der Geltendmachung von Ansprüchen insgesamt abzuhalten. Schließlich könnte der Arbeitnehmer, der sich kurz nach Ablauf der Ausschlussfrist mit den Formulierungen seines Arbeitsvertrags beschäftigt, zu dem unzutreffenden Schluss kommen, sämtliche Ansprüche seien bereits verfallen.[4]

Zu beachten ist, dass es hier allein um die Formulierung der Ausschlussfrist geht: Nimmt diese Mindestlohnansprüche nicht ausdrücklich von ihrem Geltungsbereich aus, ist die Klausel insgesamt unwirksam, also auch dann, wenn sich in dem konkreten Rechtsstreit Fragen des Mindestlohns überhaupt nicht stellen. Das BAG hat diese Rechtsfolge allerdings bisher nur für Verträge angenommen, die auch unter dem Regime des MiLoG geschlossen wurden[5], wobei inzwischen davon auszugehen ist, dass diese Rechtsfolge schon ab Inkrafttreten des MiLoG am 16.8.2014 (und nicht erst mit Geltung des Mindestlohns ab dem 1.1.2015) anzunehmen ist.[6]

Damit spricht aber zugleich einiges dafür, dass vor dem 16.8.2014 geschlossene Verträge nicht anzupassen sind. Bei diesen tritt dann lediglich eine Teilunwirksamkeit hinsichtlich des Mindestlohns ein, sodass die Rechtsfolge mit derjenigen bei undifferenzierten tariflichen Ausschlussfristen vergleichbar ist.

Die vorstehenden Ausführungen zum MiLoG wurden in der Rechtsprechung zunächst nicht bei anderen Verstößen gegen zwingende gesetzliche Vorschriften nachvollzogen.[7] Diese Rechtsprechung hatte den Vorteil einer praktischen Handhabbarkeit von Ausschlussfristen, da – wie das BAG anmerkte – die sich im Zusammenhang insbesondere mit § 309 Nr. 7 BGB stellenden Fragen eher theoretischer Natur sind.[8] Dogmatisch konsequent hat das BAG diese Rechtsprechung allerdings nunmehr zumindest teilweise aufgegeben. Zwar hält das BAG daran fest, dass eine Ausschlussfrist nicht allein deswegen unwirksam ist, weil die Vorgaben des § 309 Nr. 7 BGB nicht vollständig in der Klausel verwirklicht wurden.[9] Berücksichtigt die Formulierung der Ausschlussfrist dagegen das Verbot nach § 202 Abs. 1 BGB nicht, wonach nicht im Voraus die Haftung wegen Vorsatzes ausgeschlossen werden darf, ergibt sich die Unwirksamkeit der gesamten Ausschlussfrist bereits aus § 134 BGB, weil mit der Klausel gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen wurde. Vorsätzliche Pflichtverletzungen müssen daher ausdrücklich vom Geltungsbereich der Ausschlussfrist ausgenommen werden, sonst ist die Ausschlussfrist insgesamt unwirksam.[10]

Die meisten gängigen einzelvertraglichen Ausschlussfristen dürften daher unwirksam sein.

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