Die Frage der unangemessenenen Benachteiligung durch Ausschlussfristen in Formulararbeitsverträgen stellt sich häufiger und in verschiedenen Konstellationen. Bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen, weil der Arbeitnehmer Verbraucher i. S. v. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ist.[1]

4.2.5.1 Einzelfälle zum Verbot der unangemessenen Benachteiligung

Das BAG hat aus dem Verbot der unangemessenen Benachteiligung folgende Grundsätze abgeleitet:

  1. Ist der Fristbeginn in sich widersprüchlich geregelt und daher unklar, ob die Frist nun mit der "Fälligkeit" des Anspruchs oder mit der "Entstehung" des Anspruchs beginnt, ist die Ausschlussfrist intransparent und daher unwirksam.[1]
  2. Einseitige Ausschlussfristen in Formulararbeitsverträgen, die nur für den Arbeitnehmer zum Anspruchsverlust führen, widersprechen einer ausgewogenen Vertragsgestaltung und sind deshalb unwirksam[2];
  3. Eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von weniger als 3 Monaten ab Fälligkeit verlangt, ist unwirksam[3];
  4. Ausschlussfristen, die für den Beginn des Fristlaufs nicht die Fälligkeit der Ansprüche berücksichtigen, sondern allein auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellen, sind mit dem in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für das Verjährungsrecht zum Ausdruck kommenden Grundgedanken unvereinbar, dass für den Fristbeginn die "Fälligkeit" der Ansprüche maßgebend ist.[4] Ein Anspruch ist jedoch grundsätzlich erst dann im Sinne einer Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann. Hierzu muss die Forderung des Gläubigers regelmäßig fällig sein. An der Bezifferbarkeit kann es bei einer Klausel fehlen, die für den Beginn der Ausschlussfrist nicht die Fälligkeit der Ansprüche berücksichtigt, sondern allein auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellt. Dies bedeutet aber nicht, dass das BAG generell Klauseln für unwirksam hält, die auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellen. Diese sind nach wie vor zulässig. Jedoch muss klargestellt sein, dass der Fristlauf für die auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellende Ausschlussfrist erst beginnt, wenn der Gläubiger die Forderung zumindest annähernd beziffern kann.

4.2.5.2 Einzelvertragliche Ausschlussfristen, MiLoG und andere zwingende Vorschriften

Nach § 3 Abs. 1 MiLoG können Ausschlussfristen im Bereich des Mindestlohngesetzes (MiLoG) weder durch Tarifvertrag noch durch Individualvereinbarung wirksam vereinbart werden. Dies kann bei arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen allerdings weitreichendere Konsequenzen als bei tariflichen Ausschlussfristen[1] haben. Denn im Bereich individualvertraglich vereinbarter Ausschlussfristen stellt sich zusätzlich regelmäßig die Frage der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB und insbesondere der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Da individualvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen bisher regelmäßig nicht zwischen Mindestlohnansprüchen und sonstigen Ansprüchen differenziert haben, werden diese für nicht ausreichend transparent nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gehalten.[2] Auch wenn § 3 Abs. 1 MiLoG selbst durch die Verwendung der Formulierung "insoweit unwirksam" davon ausgeht, der den Mindestlohn übersteigende Entgeltanspruch könne verfallen, kann dieses Ergebnis damit gerechtfertigt werden, dass nur so gewährleistet ist, das im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltende Verbot geltungserhaltender Reduktion[3] unwirksamer Klauseln zu verwirklichen. Im Übrigen ist eine Ausschlussfrist, die auch solche Ansprüche erfasst, die sie nicht erfassen darf, geeignet, den Anspruchsinhaber von der Geltendmachung von Ansprüchen insgesamt abzuhalten. Schließlich könnte der Arbeitnehmer, der sich kurz nach Ablauf der Ausschlussfrist mit den Formulierungen seines Arbeitsvertrags beschäftigt, zu dem unzutreffenden Schluss kommen, sämtliche Ansprüche seien bereits verfallen.[4]

Zu beachten ist, dass es hier allein um die Formulierung der Ausschlussfrist geht: Nimmt diese Mindestlohnansprüche nicht ausdrücklich von ihrem Geltungsbereich aus, ist die Klausel insgesamt unwirksam, also auch dann, wenn sich in dem konkreten Rechtsstreit Fragen des Mindestlohns überhaupt nicht stellen. Das BAG hat diese Rechtsfolge allerdings bisher nur für Verträge angenommen, die auch unter dem Regime des MiLoG geschlossen wurden[5], wobei inzwischen davon auszugehen ist, dass diese Rechtsfolge schon ab Inkrafttreten des MiLoG am 16.8.2014 (und nicht erst mit Geltung des Mindestlohns ab dem 1.1.2015) anzunehmen ist.[6]

Damit spricht aber zugleich einiges dafür, dass vor dem 16.8.2014 geschlossene Verträge nicht anzupassen sind. Bei diesen tritt dann lediglich eine Teilunwirksamkeit hinsichtlich des Min...

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