Bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfes oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG):

Für die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte muss es sich auch hier zunächst um bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten handeln. Für Streitigkeiten aus dem Einsatz hoheitlicher Gewalt bei Arbeitskampfmaßnahmen sind die Arbeitsgerichte nicht zuständig. Kommt es anlässlich von Arbeitskämpfen zu strafbaren Handlungen, sind für diesbezügliche Verfahren die ordentlichen Gerichte zuständig (§ 13 GVG). Umstritten ist die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Schadensersatzansprüche aus § 839 BGB aus dem Einsatz hoheitlicher Gewalt bei Arbeitskämpfen. Da nach Art. 34 Satz 3 GG für Amtshaftungsansprüche jedoch der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden darf und die Arbeitsgerichtsbarkeit gegenüber der ordentlichen Gerichtsbarkeit eigenständig ist, sind für derartige Schadensersatzansprüche ausschließlich die ordentlichen Gerichte zuständig. Auch eine Verweisungszuständigkeit nach § 17 GVG kommt nicht in Betracht, weil ein Gericht eines anderen Rechtsweges über derartige Ansprüche nicht entscheiden darf (§ 17 Abs. 2 Satz 2 GVG).

Ansprüche können mit der Feststellungs- oder Leistungsklage im Urteilsverfahren oder im einstweiligen Verfahren geltend gemacht werden.

Der Begriff der unerlaubten Handlung ist nicht mit dem Begriff der unerlaubten Handlung nach dem BGB gleichzusetzen. Er wird hier weit ausgelegt, weil alle Rechtsstreitigkeiten aus der Beteiligung der Koalitionen am Arbeitskampf und aus ihrer Betätigung am Arbeitsleben erfasst werden sollen, deren Zuständigkeit oder Rechtmäßigkeit umstritten sind. In Betracht kommen daher nicht nur unerlaubte Handlungen nach § 823 BGB, sondern jedes rechtswidrige Verhalten zum Zweck des Arbeitskampfes.

 
Praxis-Beispiel

Verhalten im Arbeitskampf, das gegen Rechte der anderen Arbeitskampfpartei verstößt.[1]

Für die Frage der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte und damit der Zulässigkeit einer Klage kommt es nicht darauf an, ob die unerlaubte Handlung rechtswidrig und schuldhaft begangen worden ist. Dies ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Auch Ansprüche, die kein Verschulden voraussetzen, können Gegenstand eines Rechtsstreits aus unerlaubter Handlung zum Zweck des Arbeitskampfes sein.

 
Praxis-Beispiel

Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO nach Aufhebung einer einstweiligen Verfügung

Der Begriff des Arbeitskampfes wird ebenfalls weit ausgelegt. Über den Streik, die Aussperrung und den Boykott hinaus, unterfällt ihm jede kollektive Druckausübung seitens der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, durch die das Arbeitsverhältnis berührt wird. Auf das verfolgte Ziel kommt es nicht an.

 
Praxis-Beispiel

Protestdemonstrationen, Warnstreik, politischer Streik, mit dem Druck auf die Bundesregierung oder die Gesetzgebung ausgeübt werden soll, Sympathiestreik, kollektive Arbeitsniederlegung

Maßnahme des Arbeitskampfes ist der Arbeitskampf selbst sowie jede andere Handlung oder jedes Unterlassen im Rahmen des Arbeitskampfes.

 
Praxis-Beispiel

Werkbesetzung, Verweigerung von Notdienstarbeiten, Behinderung von Tarifvertrags- oder Schlichtungsverhandlungen

Parteien der Rechtsstreitigkeiten des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG sind entweder die Tarifparteien selbst oder eine Tarifvertragspartei und ein Dritter. Sie muss i. S. d. § 2 Abs. 13 TVG zu den Tarifvertragsparteien gehören können, nicht aber im konkreten Einzelfall tariffähig sein. Es können jedoch auch Tarifvertragsparteien der gleichen Seite des Arbeitskampfes Parteien des Rechtsstreits sein.

 
Praxis-Beispiel

Streit über den Arbeitskampf oder über gemeinsame Maßnahmen konkurrierender Gewerkschaften

Partei kann auch der Arbeitgeber sein. Hier kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber Mitglied eines Arbeitgeberverbands ist oder ob der Arbeitskampf wegen eines Tarifvertrags des Unternehmens stattfindet. Dritter kann jeder sein, nicht jedoch der Betriebsrat oder andere betriebsverfassungsrechtliche Organe.

In die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen auch Streitigkeiten aus unerlaubten Handlungen, die Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen. Unerlaubte Handlung ist hier in weiter Auslegung jede Maßnahme, welche die Vereinigungsfreiheit, die positive und die negative Koalitionsfreiheit oder das Betätigungsrecht der Koalitionen verletzen kann.

 
Praxis-Beispiel

Ehrverletzende Behauptungen während einer Betriebsratswahl

Fragen der Vereinigungsfreiheit oder des Betätigungsrechts einer Koalition sind betroffen bei Streitigkeiten darüber, ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber sich in einer Koalition zusammenschließen dürfen oder dieses Recht der Koalitionsfreiheit beeinträchtigt wird. Hierunter fällt auch ein Streit, ob sich eine Koalition in einer...

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