2.3.1 Form der Ankündigung

 

Rz. 28

Wenn ein Beschäftigter Pflegezeit in Anspruch nehmen möchte, muss er dies schriftlich ankündigen. Nach dem Zweck der Regelung dient sie dazu, dass die nötige Klarheit über Zeitpunkt und Dauer der Pflegezeit deutlich wird. Im Hinblick auf die erheblichen Folgen der Inanspruchnahme der Pflegezeit – Sonderkündigungsschutz, Ruhen des Arbeitsverhältnisses und damit Vergütungsverlust – ist die Beachtung der gesetzlichen Schriftform – alternativ der notariellen Beurkundung oder der elektronischen Form des § 126a BGB – zwingend[1], denn eine so weitreichende Erklärung verträgt keine Unsicherheit über ihren Inhalt. Die Anforderungen an die gesetzliche Schriftform richten sich nach § 126 BGB. Notwendig ist eine eigenhändig unterschriebene Urkunde; ein Fax genügt nicht, ein E-Mail nur mit qualifizierter elektronischer Signatur (§§ 126 Abs. 3, 126a BGB).

Ist die Form nicht gewahrt, ist die Inanspruchnahme unwirksam und eine Pflegezeit kommt nicht zustande (so für die gleich gelagerte Situation bei der Elternzeit (BAG, Urteil v. 10.5.2016, 9 AZR 145/15; BAG, Urteil v. 26.06.2008, 2 AZR 23/07 und BAG, Urteil v. 27.4.2004, 9 AZR 21/04)). Es bleibt dann bei der Arbeitspflicht. Auch der Sonderkündigungsschutz (§ 5 PflegeZG) tritt nicht ein.

[1] KR/Treber, 12. Aufl. 2019, PflegeZG, Rz. 46; ErfK/Gallner, 21. Aufl. 2021, § 3 PflegeZG, Rz. 2; a. A. Küttner/Poeche, Personalbuch 2021, 28. Aufl. 2021, Pflegezeit, Rz. 25, der die Textform ausreichen lässt; zweifelnd auch Preis/Nehring, NZA 2008, 729.

2.3.2 Ankündigungsfrist

 

Rz. 29

Die schriftliche Ankündigung muss mindestens 10 Arbeitstage vor dem gewünschten Beginn der Pflegezeit erfolgen. Für die Fristwahrung entscheidend ist der Zugang der Ankündigung beim Arbeitgeber. Der Tag des Zugangs wird nicht mitgerechnet (§ 187 Abs. 1 BGB).[1] Eine verspätete Ankündigung ist nicht unwirksam. Der Beginn der Pflegezeit verschiebt sich lediglich um die fehlenden Arbeitstage.[2]

 

Rz. 30

Fraglich ist, was als "Arbeitstag" anzusehen ist. Grundsätzlich sind dies Tage, an denen der Beschäftigte eine Arbeitspflicht hat. Dies würde allerdings Teilzeitbeschäftigte, die nur an bestimmten Tagen in der Woche arbeiten, unter Umständen deutlich schlechter stellen. So müsste z. B. eine Teilzeitkraft mit 16 Wochenstunden, die immer nur montags und dienstags arbeitet, die gewünschte Pflegezeit 5 Wochen (= 10 individuelle Arbeitstage) vorher ankündigen. Dies wäre eine unzulässige Benachteiligung Teilzeitbeschäftigter (§ 4 Abs. 1 TzBfG).

Nach der Gesetzesbegründung soll die Ankündigungsfrist den Arbeitgeber in die Lage versetzen, während der Frist die notwendigen organisatorischen Maßnahmen vorzunehmen. Kann die beabsichtigte Pflegezeit nicht durch eine Umverteilung der Arbeit aufgefangen werden, soll er die Möglichkeit haben, während der Ankündigungsfrist eine entsprechende Ersatzkraft für die Dauer der Pflegezeit zu suchen.[3]

Um die Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten, die nur an bestimmten Wochentagen arbeiten, zu vermeiden, wird man als "Arbeitstage" im Zusammenhang mit der Ankündigungsfrist die Tage ansehen müssen, an denen im Betrieb des Arbeitgebers eine Vollzeitkraft in der Regel arbeitet.[4] Wird im Betrieb des Arbeitgebers in der 5-Tage-Woche montags bis freitags gearbeitet, entspricht die Ankündigungsfrist von 10 Arbeitstagen einem Zeitraum von 2 Wochen, vorausgesetzt in diesem Zeitraum liegen keine Feiertage. Diese Frist gilt für alle Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob sie tatsächlich auch 5 Tage pro Woche arbeiten oder weniger.

 

Rz. 31

Die Erklärung, Pflegezeit in Anspruch zu nehmen wird nach § 130 BGB wirksam, wenn sie dem Arbeitgeber zugeht. Dabei genügt auch der Zugang bei Personen, die vom Arbeitgeber typischerweise nach ihrer Funktion zur Entgegennahme von Erklärungen in Personalangelegenheiten beauftragt sind, z. B. die Mitarbeiter der Personalabteilung. Kein Zugang beim Arbeitgeber erfolgt, wenn die Erklärung beim Betriebsrat oder dem direkten Vorgesetzten abgegeben wird. Mit dem Zugang beim Arbeitgeber wird die Inanspruchnahme verbindlich und kann vom Arbeitnehmer nicht mehr einseitig "widerrufen" werden.

 

Rz. 32

Eine Höchstfrist innerhalb der der Beschäftigte die Absicht zur Inanspruchnahme frühestens mitteilen darf, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Denkbar wäre z. B. der Extremfall, dass der Beschäftigte am ersten Tag des Arbeitsverhältnisses seinem Arbeitgeber mitteilt, dass er beabsichtigt, in einem Jahr Pflegezeit in Anspruch zu nehmen. Dies hätte insbesondere wegen des damit eventuell verbundenen absoluten Sonderkündigungsschutzes Bedeutung.

 
Hinweis

Die Kombination des Anspruchs auf Pflegezeit nach § 3 PflegeZG mit dem Anspruch auf Fernbleiben von der Arbeit nach § 2 PflegeZG ist möglich. Bei Vorliegen einer akuten Pflegesituation und der sonstigen Voraussetzungen für ein Fernbleiben von der Arbeit kann der Beschäftigte zunächst für (maximal) 10 Arbeitstage der Arbeit fernbleiben und anschließend die Pflegezeit in Anspruch nehmen. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass der Beschäftigte bereits mit de...

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