Rz. 19

HI1996277 Pflegebedürftigkeit

Pflegebedürftig i. S. d. PflegeZG sind zunächst Personen, die die Voraussetzungen nach den §§ 14, 15 SGB XI erfüllen (§ 7 Abs. 4 Satz 1 PflegeZG). Danach ist pflegebedürftig, wer wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf. Seit 1.1.2017 gilt der Pflegebedürftigkeitsbegriff des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes. Die (früheren) 3 Pflegestufen wurden durch 5 Pflegegrade abgelöst (vgl. § 15 Abs. 2 SGB XI). Die Voraussetzungen des § 3 PflegeZG erfüllen Personen, bei denen mindestens Pflegegrad I festgestellt ist[1], dessen Anforderungen unter den der bis 31.12.2016 erforderlichen Pflegestufe I liegen.[2]

 
Hinweis

Die Prüfung, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welche Stufe der Pflegebedürftigkeit vorliegt, obliegt den Pflegekassen, welche diese durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) erledigen lassen. Das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist in § 18 SGB XI geregelt.

 

Rz. 20

Anders als beim Anspruch auf Fernbleiben von der Arbeit nach § 2 PflegeZG genügt für die Pflegezeit eine voraussichtlich zu erwartende Pflegebedürftigkeit i. S. d. §§ 14, 15 SGB XI nicht. Das bedeutet, die Pflegebedürftigkeit muss objektiv vorliegen, d. h. bereits eingetreten sein und zwar zu Beginn der gewünschten Freistellung.[3]

 

Rz. 21

Der Beschäftigte ist verpflichtet, die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen nachzuweisen. Das Gesetz verlangt insoweit die Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (§ 3 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG). Ist der Pflegebedürftige in einer privaten Pflegekasse, ist ein entsprechender Nachweis zu erbringen. Anders als beim Anspruch auf Fernbleiben von der Arbeit nach § 2 PflegeZG besteht die Nachweispflicht des Beschäftigten durch eine entsprechende Bescheinigung unabhängig von einem entsprechenden Verlangen des Arbeitgebers. Die Vorlage der Bescheinigung ist allerdings keine Voraussetzung für den Antritt der Pflegezeit. Der Beschäftigte kann den Anspruch vielmehr auch bereits geltend machen und die Pflegezeit antreten, wenn das MDK-Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Er trägt dann allerdings das Risiko, dass die Pflegebedürftigkeit nicht bescheinigt wird.

 

Rz. 22

HI1996280 Naher Angehöriger

Nahe Angehörige, deren häusliche Pflege zur Inanspruchnahme der Pflegezeit berechtigt, sind nach § 7 Abs. 3 PflegeZG (seit 1.1.2016 erweitert)

  • Großeltern und (Stief-)Eltern,
  • Schwiegereltern und Schwiegerkinder,
  • Ehegatten, Geschwister der Ehegatten und Lebenspartner, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft,
  • Geschwister, Ehegatten und Lebenspartner der Geschwister,
  • eigene Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder,
  • die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners,
  • Enkelkinder.

Der Katalog ist abschließend; d. h. eine tatsächliche persönliche Beziehung genügt nicht (z. B. Vater der Verlobten). Auch Onkel und Tanten sowie Nichten und Neffen sind nicht erfasst.[4] Ebenso wenig die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Partners einer ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft. Sie fallen aufgrund des eindeutigen Wortlauts von § 7 Abs. 3 PflegeZG – anders als der Partner selbst – nicht in die Kategorie "nahe Angehörige". Lebenspartner sind solche im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes.

[1] ErfK/Gallner, 21. Aufl. 2021, § 2 PflegeZG, Rz. 2; Küttner/Poeche, Personalbuch 2021, 28. Aufl. 2021, Pflegezeit, Rz. 5.
[2] Vgl. hierzu Müller, BB 2016, 1338.
[3] ErfK/Gallner, 21. Aufl. 2021, § 3 PflegeZG, Rz. 1; Joussen, NZA 2009, 69, 71; Marburger, PersV 2008, 377.
[4] ErfK/Gallner, 21. Aufl. 2021, § 7 PflegeZG, Rz. 2 und § 3 PflegeZG, Rz. 1.

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