Rz. 13

Eine Frist zur Vorlage des ärztlichen Attests ist gesetzlich nicht vorgeschrieben.

Die Regeln des Entgeltfortzahlungsrechts über die Anzeige- und Nachweispflichten[1] sind nicht entsprechend anwendbar.[2] Im Gegensatz zu § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG dient § 9 BUrlG nicht dem Zweck, dass der Arbeitgeber schnellstmöglich vom krankheitsbedingten Fernbleiben des Arbeitnehmers in Kenntnis gesetzt wird, um sich darauf einrichten und unter Umständen wegen des Ausfalls des betreffenden Arbeitnehmers notwendig werdende Umorganisationen bzw. Änderungen des Arbeitsablaufs noch rechtzeitig vornehmen zu können.[3] Der Arbeitgeber hat aber so lange ein Leistungsverweigerungsrecht, bis der Arbeitnehmer das gesetzlich vorgesehene Attest vorlegt. Sollte der Arbeitnehmer die Fristen versäumen, innerhalb derer der Urlaubsanspruch besteht, d. h. in der Regel das Kalenderjahr und gegebenenfalls der Übertragungszeitraum bis 31. März des Folgejahres, erlischt der eventuell bestehende Anspruch auf Nachgewährung. Nach Auffassung des BAG kann aber tarifvertraglich vorgesehen werden, dass nur dann keine Anrechnung erfolgt, wenn der Arbeitnehmer die Erkrankung unverzüglich anzeigt.[4]

 
Hinweis

Seit dem 1.1.2023 ist im Zusammenhang mit der Nachweispflicht nach § 5 Abs. 1 EFZG für gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte die Pflicht zur Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entfallen.[5] An die Stelle der bisher von den Beschäftigten vorzulegenden AU-Bescheinigung in Papierform tritt die elektronische AU-Bescheinigung eines (Kassen-)Arztes, die der Arbeitgeber bei der Krankenkasse abrufen kann. Nach dem Wortlaut der gesetzlichen (Neu-)Regelung gilt dies allerdings lediglich für die sich aus § 5 Abs. 1 Satz 2 – 4 EFZG ergebenden Pflichten. Obwohl die Regeln des Entgeltfortzahlungsrechts über die Anzeige- und Nachweispflichten[6] im Rahmen des § 9 BUrlG in Bezug auf die Vorlagefrist nicht entsprechend anwendbar sind, dürfte die Mitteilung des Arbeitnehmers zunächst genügen, die während des Urlaubs aufgetretene Arbeitsunfähigkeit sei von einem Vertragsarzt der gesetzlichen Krankenversicherung festgestellt und elektronisch an die Krankenkasse übermittelt worden. Der Arbeitgeber kann und muss diese dann über den Kommunikationsserver der Krankenkasse abrufen. Sollte die elektronische AU-Bescheinigung von der Krankenkasse trotz ordnungsgemäßer Anfrage des Arbeitgebers nicht übermittelt werden, ist der Arbeitgeber nicht zur Nichtanrechnung der vom Arbeitnehmer behaupteten AU-Tage verpflichtet. Es ist dann am Arbeitnehmer, den Nachweis der während des Urlaubs aufgetretenen Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen.

Bei privat krankenversicherten Beschäftigten ändert sich an der Vorlagepflicht nichts. Für gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte ändert sich bei einer Erkrankung während des Urlaubs im Ausland oder bei Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen inländischen Privatarzt ebenfalls nichts. Denn nur (inländische) Vertragsärzte der gesetzlichen Krankenkassen sind an das System der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeschlossen, nicht aber ausländische Ärzte. Insoweit bedarf es also weiterhin der Vorlage einer AU-Bescheinigung in Papierform, ausgestellt vom ausländischen Arzt bzw. inländischen Privatarzt, der die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat.

Der Urlaubsanspruch geht als befristeter Freistellungsanspruch spätestens mit Ablauf des Übertragungszeitraums unter.[7] Gleiches gilt für den Nachgewährungsanspruch nach § 9 BUrlG.

 
Hinweis

Tritt während des festgesetzten Urlaubs eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit auf, so nahm die frühere Rechtsprechung des BAG an, dass der Übertragungszeitraum nicht verlängert wird.[8] Diese Rechtsprechung ist aber durch die EuGH-Rechtsprechung in Sachen Schultz-Hoff[9] und KHS/Schulte[10] teilweise überholt.[11] Nach der unionsrechtlich erforderlichen Rechtsfortbildung des BAG verfällt jedenfalls der gesetzliche Mindesturlaub, der aufgrund einer Erkrankung weder im Urlaubsjahr noch im Übertragungszeitraum genommen werden konnte, nicht automatisch mit Ablauf des Übertragungszeitraums. Der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigende Urlaub verfällt allerdings weiterhin, soweit im Arbeits- oder im anwendbaren Tarifvertrag zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen differenziert wird; insoweit tritt eine Verlängerung der Übertragungsfrist nicht ein.[12]

 

Beispiel

Arbeitnehmer A, tätig in der 5-Tage-Woche, konnte wegen der besonderen Auftragslage 10 Tage seines 30 Tage umfassenden Urlaubs des Jahres 2023 nicht nehmen. Der Urlaub wird in das Jahr 2024 übertragen und vom Arbeitgeber unter Berücksichtigung des Wunsches des Arbeitnehmers auf die Zeit vom 11. bis 22.3.2024 festgelegt. Am 14.3. erkrankt der Arbeitnehmer arbeitsunfähig; die Erkrankung dauert bis 5.4. an. Im anwendbaren Tarifvertrag wird der Verfall von nicht rechtzeitig angetretenem Urlaub angeordnet, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist.

Lö...

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