3.5.1 Untergang am Ende des Kalenderjahres

 

Rz. 158

Liegt keiner der Übertragungsgründe nach § 7 Abs. 3 BUrlG vor, so geht der bei Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten wirksam befristete Urlaubsanspruch mit Ende des Kalenderjahres unter.

Dies gilt nur dann nicht, wenn aufgrund sonstiger Vereinbarungen eine Übertragung erfolgt. An dieser Rechtslage hat sich auch als Folge der geänderten Rechtsprechung des BAG bei Arbeitsunfähigkeit nichts geändert.

Insbesondere kann der geänderten Rechtsprechung nicht entnommen werden, dass der Urlaubsanspruch nicht untergeht, wenn ein Arbeitnehmer im Laufe des Kalenderjahres arbeitsunfähig erkrankt war.[1] Kann der Arbeitnehmer nach Ende der Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Kalenderjahres den Urlaub nehmen, geht dieser nur dann nicht unter, wenn ein sonstiger Übertragungsgrund nach § 7 Abs. 3 BUrlG vorliegt.

 

Beispiel

Dem Arbeitnehmer wird antragsgemäß im Juli der restliche Jahresurlaubsanspruch von 3 Wochen für die Zeit vom 1.9. bis 21.9. bewilligt. Anschließend ist der Arbeitnehmer in der Zeit vom 15.8. bis 30.9. arbeitsunfähig erkrankt. Damit wird der restliche Jahresurlaubsanspruch nicht im beantragten Zeitraum erfüllt. Dies führt jedoch nicht zur Übertragung des restlichen Jahresurlaubsanspruchs in das erste Quartal des Folgejahres. Der Arbeitnehmer hat den restlichen Urlaubsanspruch im Zeitraum vom 1.10. bis 31.12. zu nehmen, es sei denn, es liegt ein Übertragungsgrund nach § 7 Abs. 3 BUrlG vor.

Dieses Ergebnis ist auch mit dem Unionsrecht vereinbar, da in diesem Fall der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte, den Urlaub in Anspruch zu nehmen, und dessen Passivität nicht geschützt wird.[2]

[2] So zutreffend ErfK/Gallner, 19. Aufl. 2019, § 7 BUrlG, Rz. 53; ebenso NK-ArbR/Düwell, 1. Aufl. 2016, § 7 BUrlG, Rz. 112; a. A. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.6.2014, 21 Sa 221/14.

3.5.2 Untergang am Ende des ersten Quartals des Folgejahres

 

Rz. 159

Liegt ein Übertragungsgrund vor, so ist bei Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten durch den Arbeitgeber der Urlaub im Übertragungszeitraum zu nehmen, ansonsten geht er unter. Der Urlaubsanspruch erlosch nach alter Rechtsprechung des BAG grundsätzlich auch dann, wenn dem Arbeitnehmer im Übertragungszeitraum die Inanspruchnahme von Urlaub unmöglich war. Entgegen einer Rechtsprechung des BAG aus dem Jahr 1969[1] gab es bisher keine Ausnahme von der Befristung des Urlaubsanspruchs, etwa für den Fall, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt war[2].

Befristung des Urlaubsanspruchs bei Arbeitsunfähigkeit

 

Rz. 160

Diese Rechtsprechung des BAG zum Untergang des Urlaubsanspruchs auch bei Arbeitsunfähigkeit wurde in der Vergangenheit vorgehalten, dass diese zu sozialpolitisch unangemessenen Ergebnissen führe.[3]

Als Folge von 2 Entscheidungen des EuGH zum Untergang des Urlaubsanspruchs bei Arbeitsunfähigkeit als Verstoß gegen die Arbeitszeit[4] und zur unionsrechtlichen Möglichkeit, national in diesen Fällen das unbegrenzte Ansammeln der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub zu begrenzen[5] hat das BAG seine Rechtsprechung für den Fall geändert, dass der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahrs und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist[6].

 

Rz. 161

Die geänderte Rechtsprechung betrifft den Untergang des Urlaubsanspruchs.

Dass dieser zum Ende des Kalenderjahres nicht untergeht, wenn der Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte, ist nicht neu. In diesem Fall liegt ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Übertragungsgrund nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG vor.

Neu ist, dass der Urlaubsanspruch am Ende des Übertragungszeitraums nicht untergeht, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit bis zu diesem Zeitpunkt nicht genommen werden konnte. Damit wurde im Wege der unionsrechts-konformen Rechtsfortbildung quasi ein neuer Übertragungsgrund geschaffen und insoweit die bisher klare Befristung des Urlaubsanspruchs aufgegeben.

Die damit verbundenen neuen Fragen hat das BAG inzwischen beantwortet.

 

Rz. 162

Nicht entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit im laufenden Kalenderjahr den Urlaub hätte in Anspruch nehmen können. Im Fall, der dem EuGH zur Entscheidung vorlag, war ein Arbeitnehmer von Januar bis September 2004 arbeitsfähig.

 

Beispiel

Ein Arbeitnehmer ist in der Zeit vom 1.11. eines Kalenderjahres bis zum 31.3. des Folgejahres arbeitsunfähig erkrankt.

Der Urlaubsanspruch geht hier nicht mit dem 31.3. des Folgejahres unter. Der Arbeitnehmer ist frei in der Entscheidung, wann er den Urlaub innerhalb des Kalenderjahres nehmen will. Bei zeitweiser Arbeitsunfähigkeit ist allein darauf abzustellen, ob er wegen bestehender Arbeitsunfähigkeit am Ende des Übertragungszeitraums gehindert war, den bestehenden Urlaubsanspruch bis zum Ende des Übertragungszeitraums zu nehmen.[7]

 

Rz. 163

Hieraus ergibt sich umgekehrt, dass, der Urlaubsanspruch untergeht, wenn nach bestehender Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmer im Kalenderjahr oder im Übertragungszeitraums so rechtzeitig wieder arbeitsfähig wird, sodass er im verbleibenden Zeitraum seinen Urlaub ...

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