Rz. 39

Da nach den gesetzlichen Regelungen die Freistellungserklärung durch den Arbeitgeber zu erfolgen hat, hat der Arbeitnehmer kein Recht, bei Ablehnung des Urlaubsantrags sich selbst zu beurlauben. Lehnt der Arbeitgeber die Urlaubsgewährung ab, ohne dass einer der in § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG genannten Verweigerungsgründe vorliegt, so kann der Arbeitnehmer die Abgabe der Freistellungserklärung gerichtlich durchsetzen.[1] Ein Recht auf "sofortigen Urlaubsantritt" ohne vorhergehende Freistellungserklärung durch den Arbeitgeber besteht nicht.[2] Ein Selbsthilferecht nach den §§ 229 ff. BGB oder die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB durch den Arbeitnehmer scheiden aus.[3] Diese Möglichkeiten sind durch die insoweit speziellere Regelung des § 7 Abs. 1 BUrlG ausgeschlossen. Angesichts der klaren Regelung kann der Arbeitnehmer bei Erkrankung im Urlaub auch nicht von sich aus den Urlaub im Hinblick auf § 9 BUrlG entsprechend verlängern.[4]

 

Rz. 40

Das Verbot der Selbstbeurlaubung gilt auch während der Kündigungsfrist.[5]

 

Beispiel

Der Arbeitnehmer kündigt am 1.9. zum 30.9. Zugleich erklärt er, dass er im Hinblick auf die noch offenen Urlaubsansprüche nicht mehr arbeite.

Erklärt der Arbeitgeber, er sei damit einverstanden, liegt darin die Freistellungserklärung.

Ist der Arbeitgeber nicht einverstanden, verletzt der Arbeitnehmer mit dem Fernbleiben von der Arbeit seine Arbeitspflicht.

Kündigt der Arbeitgeber hierauf außerordentlich, ist der Urlaub abzugelten, und zwar losgelöst von einer möglichen gerichtlichen Auseinandersetzung über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung im Einzelfall.

Nimmt der Arbeitgeber das unberechtigte Ausbleiben hin, entfällt für den entsprechenden Zeitraum die Pflicht zur Vergütungszahlung. Anschließende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit führen zu keinem Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Urlaub ist jedoch abzugelten.

Die Selbstbeurlaubung wird vom BAG in ständiger Rechtsprechung als Verletzung der vertraglichen Pflichten angesehen.[6] Dies kann abhängig von den Umständen des Einzelfalls sowohl eine außerordentliche als auch eine ordentliche Kündigung rechtfertigen.[7] Nach einer aktuellen und zutreffenden Entscheidung des BAG kann auch während einer vereinbarten Prozessbeschäftigung durch auflösend bedingte Fortsetzung des Arbeitsvertrags der eigenmächtige Antritt eines vom Arbeitgeber nicht gewährten Urlaubs durch den Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung rechtfertigen.[8] Entgegen der Auffassung der Vorinstanz[9] scheidet hingegen bei einer erzwungenen Prozessbeschäftigung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung eine Kündigung aus, da die Beschäftigung auf der Grundlage eines Vertragsverhältnisses erfolgt.

 
Hinweis

Das BAG lässt ausdrücklich offen, was gilt, wenn nicht die Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde, sondern eine Prozessbeschäftigung aufgrund eines weiteren zweckbefristeten Arbeitsvertrags. Dies muss sowohl bei der Vertragsgestaltung als auch bei einer beabsichtigten Kündigung berücksichtigt werden.

[1] S. hierzu unten Rz. 114 ff.
[2] BAG, Urteil v. 25.10.1994, 9 AZR 339/93, AP BUrlG § 7 Nr. 20; BAG, Urteil v. 23.1.2001, 9 AZR 287/99, NZA 2001, 1020; Schaub/Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl. 2017, § 104, Rz. 81.
[3] ErfK/Gallner, 19. Aufl. 2019, § 7 BUrlG, Rz. 9; a. A. Neumann/Fenski/Kühn/Neumann, BUrlG, 11. Aufl. 2016, § 7 BUrlG, Rz. 42 ff.
[4] MüArbR/Klose, 4. Aufl. 2018, § 86, Rz. 52.
[5] ErfK/Gallner, 19. Aufl. 2019, § 7 BUrlG, Rz. 9.
[6] BAG, Urteil v. 23.1.2001, 9 AZR 287/99, NZA 2001, 1020 m. w. N.

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