2.11.1 Anwendungsbereich des Mitbestimmungsrechts

 

Rz. 104

Der Arbeitgeber ist bei der Festlegung der Lage des Urlaubs durch die dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechte beschränkt. Ungewöhnlich an der Regelung ist, dass diese nicht nur einen kollektiven Bezug hat. Der Bogen spannt sich von den allgemeinen Urlaubsgrundsätzen über den konkreten Urlaubsplan bis hin zu Streitigkeiten über die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs eines einzelnen Arbeitnehmers.

 

Rz. 105

Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf jede Form der bezahlten oder unbezahlten Freistellung von der Arbeit[1] so wie

  • gesetzlicher, tariflicher oder einzelvertraglicher Erholungsurlaub,
  • gesetzlicher Zusatzurlaub für Schwerbehinderte,
  • bezahlter oder unbezahlter Sonderurlaub[2],
  • Bildungsurlaub nach Tarifverträgen oder Landesgesetzen[3].

Nicht erfasst von der Bestimmung werden Fragen der Elternzeit[4] und die Suspendierung von der Arbeitspflicht durch den Arbeitgeber.

 
Hinweis

Das Mitbestimmungsrecht betrifft allein die Festlegung des Urlaubs und setzt einen Urlaubsanspruch voraus. Es knüpft an einen nach Art und Umfang gesetzlich, tariflich, arbeitsvertraglich oder auch freiwillig begründeten Urlaubsanspruch an. Die Dauer des Urlaubsanspruchs ist daher dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht unterworfen.[5] Auch Höhe und Berechnung von Urlaubsentgelt sind keine Fragen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG.

[1] Fitting, BetrVG, 29. Aufl. 2018, § 87 BetrVG, Rz. 193.
[4] Friese, Urlaubsrecht, 1. Aufl. 2003, Rz. 744.

2.11.2 Allgemeine Urlaubsgrundsätze

 

Rz. 106

Allgemeine Urlaubsgrundsätze sind richtlinienartige Regelungen, nach denen der Urlaubsplan aufzustellen ist und nach denen den Arbeitnehmern im Einzelfall Urlaub zu gewähren ist. Über eine klare Regelung der Grundsatzfragen der Urlaubsfestlegung kann die Anzahl betrieblicher Konflikte zu Urlaubsfragen zumindest verringert werden.

Typische Regelungsgegenstände sind:

  • Verfahren zur Urlaubserteilung,
  • Grundsätze über die Verteilung des Urlaubs innerhalb des Kalenderjahres, wie z. B. Festlegung von Urlaubsperioden,
  • Regelungen über geteilten oder ungeteilten Urlaub,
  • Zeiten einer generellen Urlaubssperre für den Betrieb, einzelne Abteilungen oder Funktionsträger. Hier können betriebliche Gründe wie Umbaumaßnahmen, Inventurzeiten, Jahresabschluss oder andere betriebliche Gründe eine Rolle spielen.
  • Grundsätze zur Auflösung von Konfliktsituationen, wenn mehrere Arbeitnehmer zur gleichen Zeit Urlaub beanspruchen und
  • Regelung der Urlaubsvertretung.

2.11.3 Urlaubsplan

 

Rz. 107

Der Urlaubsplan enthält Regelungen zur Festlegung des Urlaubs für einen bestimmten Zeitraum für die einzelnen Arbeitnehmer. Von der Ausgestaltung des Urlaubsplans unter Einbezug des Betriebsrats hängt es ab, ob es sich bei dem Urlaubsplan nur um die vorläufige Planung oder um eine konkrete Festlegung handelt. Bei einer konkreten Festlegung bedarf es anschließend weder eines Urlaubsantrags des Arbeitnehmers noch einer Freistellungserklärung durch den Arbeitgeber.[1]

So wie die Aufstellung ist auch die Änderung eines Urlaubsplans als kollektiver Tatbestand mitbestimmungspflichtig.[2]

 

Rz. 108

Im Rahmen des Mitbestimmungsrechts haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Vorgaben des § 7 Abs. 1 und 2 BUrlG zu beachten. Für die individuellen Urlaubswünsche und Festlegungen ergeben sich folgende Konsequenzen:

  • Trotz Urlaubsplan ist eine Abänderung des im Urlaubsplan festgelegten Zeitpunkts für einen Arbeitnehmer durch Vereinbarung zwischen einem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrats möglich, wenn Interessen anderer Arbeitnehmer nicht betroffen sind und für diese keine Änderung des Urlaubsplans eintritt.[3]
  • Führen Änderungen eines Urlaubsplans zu einem Widerruf eines genehmigten Urlaubs, ist dies nur nach den individualrechtlichen Vorgaben möglich.[4]
 
Praxis-Tipp

Führt nach der Vereinbarung mit dem Betriebsrat der Urlaubsplan, der nach Ermittlung der Urlaubswünsche erstellt wurde, unmittelbar zur individualrechtlichen Genehmigung des Urlaubs, führt die Änderung des Urlaubsplans mit Zustimmung des Betriebsrats nicht zum Widerruf des genehmigten Urlaubs. Ist der Arbeitnehmer mit der Änderung nicht einverstanden, ist der Widerruf nur in Notfällen möglich.

Aus Arbeitgebersicht sollte daher in der Vereinbarung mit dem Betriebsrat geregelt werden, dass es sich bei dem Urlaubsplan um keine individualrechtliche Genehmigung handelt. In diesem Fall können Änderungen unter Einbezug des Betriebsrats interessen- und sachgerechter vorgenommen werden.

[1] Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl. 2001, § 7 BUrlG, Rz. 73; Fitting, BetrVG, 29. Aufl. 2018, § 87 BetrVG, Rz. 201.
[2] H. M., vgl. GK-BetrVG/Wiese, 11. Aufl. 2018, § 87 BetrVG, Rz. 491; Fitting, BetrVG, 29. Aufl. 2018, § 87 BetrVG, Rz. 203.
[3] Richardi, BetrVG, 16. Aufl. 2018, § 87 BetrVG, Rz. 463; GK-BetrVG/Wiese, 11. Aufl. 2018, § 87 BetrVG, Rz. 492...

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