Rz. 14

§ 6 BUrlG setzt voraus, dass durch den Arbeitgeberwechsel im Kalenderjahr überschneidende Ansprüche entstanden sind.[1] Das kann in dreierlei Weise geschehen:

 
1. Arbeitsverhältnis 2. Arbeitsverhältnis

Teilanspruch

Ausscheiden zum 31.3.

Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG erhalten

Vollanspruch

Beginn zum 1.6.

Voller Urlaubsanspruch am 1.12., da Wartezeit erfüllt

Vollanspruch

Ausscheiden zum 31.8.

Vollen Jahresurlaub erhalten

Teilanspruch

Beginn zum 1.9.

Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG

Vollanspruch

Ausscheiden zum 31.5.

Vollen Jahresurlaub schon im April erhalten

Vollanspruch

Beginn zum 15.6.

Voller Jahresurlaubsanspruch zum 15.12., da dann Wartezeit erfüllt
 

Rz. 15

Kein Fall sich überschneidender Urlaubsansprüche liegt nach der Rechtsprechung des BAG (BAG, Urteil v. 23.9.1965, 5 AZR 335/64[2]) vor, wenn der Arbeitnehmer im alten und im neuen Arbeitsverhältnis jeweils nur einen Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 erworben hat.[3] Das gilt auch dann, wenn aufgrund der Rundungsregelung des § 5 Abs. 2 BUrlG der gewährte Teilurlaub aufgerundet wurde. Eine Anrechnung des aufgerundeten Teils auf den späteren ist deswegen nicht zulässig, weil es sich immer noch um genau den Urlaub handelt, der dem Arbeitnehmer für den Zeitraum seiner Beschäftigung bei diesem Arbeitgeber zusteht.[4]

 

Beispiel

Der Arbeitnehmer scheidet zum 31.3. aus. Er hat einen vertraglichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen und hat 8 Tage Urlaub in der Kündigungsfrist erhalten. Er nimmt sofort ein neues Arbeitsverhältnis auf – Urlaubsanspruch ebenfalls 30 Tage –, das jedoch am 30.6. wieder beendet wird.

Lösung

Der Urlaubsanspruch im 2. Arbeitsverhältnis beträgt nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG 7,5 Tage – aufgerundet nach § 5 Abs. 2 BUrlG 8 Tage. Der 2. Arbeitgeber kann nicht einwenden, der Arbeitnehmer habe schon 8 Tage Urlaub erhalten, folglich schulde er nur noch 7 Tage, denn die erhaltenen 8 Tage Urlaub entsprachen dem zeitanteiligen Urlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG für das 1. Arbeitsverhältnis.

 

Rz. 16

Tatsächliche Gewährung des Urlaubs durch den bisherigen Arbeitgeber

 
Wichtig

Voraussetzung für die Anwendung des § 6 BUrlG ist immer, dass der 1. Arbeitgeber den Urlaub auch tatsächlich gewährt hat (BAG, Urteil v. 25.11.1982, 6 AZR 1254/79[5]). Die Abgeltung steht dem gleich.[6] Diese Information erhält der Arbeitgeber aus der Urlaubsbescheinigung.

Der neue Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer nicht darauf verweisen, er könne beim bisherigen Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung verlangen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer gegen den bisherigen Arbeitgeber einen vollen Urlaubsanspruch erworben hatte (BAG, Urteil v. 17.2.1966, 5 AZR 447/65[7]). Nicht einmal dann, wenn der Arbeitnehmer gegen den 1. Arbeitgeber die nicht erhaltene Urlaubsabgeltung einklagt, aber noch nicht erhalten hat, hindert das die Entstehung eines Urlaubsanspruchs beim 2. Arbeitgeber (BAG, Urteil v. 25.11.1982, 6 AZR 1254/79[8]).

 

Rz. 17

Berechnung des anzurechnenden Urlaubs

Grundregel: Anzurechnen sind durch den alten Arbeitgeber gewährte Urlaubsansprüche, soweit dadurch der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erfüllt wurde auf den Urlaubsanspruch gegenüber dem 2. Arbeitgeber.

Das macht zunächst keine Probleme, wenn identische Urlaubsansprüche im alten und neuen Arbeitsverhältnis bezogen auf das Kalenderjahr bestehen. Der im alten Arbeitsverhältnis gewährte Urlaub ist auf den Urlaubsanspruch im neuen Arbeitsverhältnis anzurechnen.

 

Beispiel 1

Gleiche Urlaubsansprüche im alten und neuen Arbeitsverhältnis

Der Arbeitnehmer scheidet am 31.7. aus und wechselt zum 1.8. zu einem anderen Arbeitgeber. Im alten wie im neuen Arbeitsverhältnis beträgt der Jahresurlaub jeweils 30 Tage.

  1. Der alte Arbeitgeber hat den ganzen Jahresurlaub gewährt – dann besteht gegen den neuen Arbeitgeber kein Urlaubsanspruch mehr.
  2. Der alte Arbeitgeber hat 22 Tage des Urlaubs gewährt – der neue Arbeitgeber schuldet nach § 5 Abs. 1a BUrlG max. den Teilurlaubsanspruch von 5/12 des Urlaubs (12,5 d. h. aufgerundet 13 Tage), da der Arbeitnehmer aber schon von 30 Tagen 22 Tage erhalten hat, schuldet der neue Arbeitgeber nur noch 8 Tage.
 

Rz. 18

Schwieriger sind die Fälle, in denen die Jahresurlaubsansprüche im alten und neuen Arbeitsverhältnis unterschiedlich sind.

In diesen Fällen führt es oft zu unzutreffenden Ergebnissen, wenn der neue Arbeitgeber von dem von ihm geschuldeten Voll- oder Teilurlaub den vom alten Arbeitgeber gewährten Urlaub einfach abzieht. Die Lösung hängt jeweils davon ab, in welchem Arbeitsverhältnis ein Vollurlaubsanspruch entstanden ist, in welchem Arbeitsverhältnis der höhere Urlaubsanspruch bestand und inwieweit die Urlaubsansprüche im 1. Arbeitsverhältnis erfüllt sind.

Die verschiedenen Fallgruppen werden im Folgenden anhand von Beispielen dargestellt.

 

Rz. 19

 

Beispiel 2

Höherer Urlaubsanspruch im 1. Arbeitsverhältnis – erfüllter Vollurlaubsanspruch im 1. Arbeitsverhältnis – Teilurlaubsanspruch im 2. Arbeitsverhältnis

Der Arbeitnehmer scheidet am 31.7. aus und wechselt zum 1....

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