Rz. 25

Das Ende der Wartezeit richtet sich nach § 188 BGB, wobei wiederum danach zu differenzieren ist, ob für den Beginn der Frist der erste Tag des Arbeitsverhältnisses mitzählt oder nicht. § 193 BGB findet auf die Berechnung der Wartezeit keine Anwendung. Der Zeitraum von 6 Monaten verlängert sich deshalb nicht, wenn sein letzter Tag auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.[1]

Für den Normalfall der Praxis, dem Beginn des Arbeitsverhältnisses mit dem Anfang des Tages der vereinbarten Arbeitsaufnahme, bestimmt § 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB, dass die Frist mit dem Ablauf des Tages endet, welcher dem Tag vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

 

Beispiel

Das Arbeitsverhältnis beginnt am 15.5. des Jahres. Die Wartezeit endet an dem Tag um 24 Uhr, der dem Tag vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

Lösung

Der Anfangstag der Frist ist der 15.; der Tag, der diesem Tag vorhergeht ist der 14. Da die Frist 6 Monate dauert, endet sie also am 14.11. des Jahres.

 

Beispiele

 
Erster Tag des Arbeitsverhältnisses Ende der Wartefrist um 24 Uhr
1.1. 30.6.
15.10. 14.4.
31.10. 30.4.
29.2. 28.8.[2]
1.3. 31.8.
1.9. 28./29.2. (§ 188 Abs. 3 BGB)
 

Rz. 26

Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob ein Arbeitnehmer, der am letzten Tag der Frist ausscheidet, auch die Wartezeit erfüllt hat.

 

Beispiel

Der Arbeitnehmer wird vom 1.1. bis zum 30.6. befristet beschäftigt; das Arbeitsverhältnis wird nicht fortgesetzt. Er hat noch keinen Urlaub erhalten. Kann er nun die Abgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG) des vollen Urlaubsanspruchs von 24 Werktagen verlangen?

Die Antwort hierauf war umstritten. Das BAG[3] ist in einer älteren Entscheidung davon ausgegangen, dass ein Arbeitnehmer, der mit dem Tag der erfüllten Wartezeit, hier also dem 30.6. ausscheidet, die Wartezeit erfüllt hat. Auf diese Entscheidung berufen sich die Autoren, die weiterhin in diesem Fall einen Anspruch auf den vollen Jahresurlaub bzw. dessen Abgeltung annehmen wollen.

Demgegenüber ist der überwiegende Teil der Literaturstimmen der Auffassung, dass in diesem Fall die Wartezeit im Zeitpunkt des Ausscheidens noch nicht erfüllt ist, da der volle Urlaubsanspruch nach erfüllter Wartezeit, nicht aber mit Erfüllung der Wartezeit entsteht.[4]

Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass das Ende der Wartezeit und das Entstehen des Vollurlaubs nicht auf denselben Tag fallen können.

Das BAG ist nunmehr dieser Auffassung ausdrücklich gefolgt. Die Rechtsprechung aus dem Jahr 1967 hat es aufgegeben.[5]

 

Rz. 27

Konsequenterweise kann daher in einem Arbeitsverhältnis, das am 1.7. des Jahres begonnen wurde, im laufenden Jahr nicht die Wartezeit erfüllt werden, denn der 31.12. ist der letzte Tag der Wartezeit, am 1.1. des folgenden Jahres beginnt aber ein neues Urlaubsjahr. Aus dem Vorjahr ist nach § 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG mangels Erfüllung der Wartezeit nur ein Teilurlaubsanspruch entstanden, der dann nach § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG auf Verlangen des Arbeitnehmers auf das Folgejahr übertragen wird. Im Folgejahr hat der Arbeitnehmer dann aber ab dem 1.1. einen Vollurlaubsanspruch, da die Wartezeit nun erfüllt ist.

Scheidet der Arbeitnehmer jedoch schon im Januar wieder aus dem Arbeitsverhältnis aus, hat er nur einen Anspruch auf die Abgeltung des Teilurlaubs aus dem Vorjahr. Urlaubsanspruch für das Folgejahr hat er keine, da er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte des Kalenderjahres ausgeschieden ist – § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG. Ein Teilurlaubsanspruch entsteht dann aber nur, wenn das Arbeitsverhältnis im laufenden Jahr wenigstens einen vollen Monat gedauert hat.[6]

 

Rz. 28

Zu beachten ist, dass die Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses auch nur einen Tag über die Wartezeit hinaus dazu führt, dass der Arbeitnehmer den vollen Jahresurlaubsanspruch erwirbt, wenn die Wartezeit nicht ausnahmsweise erst am 31.12. des Jahres endet.

 

Beispiel

Der Arbeitnehmer wird am 1.1. des Jahres eingestellt; die ersten 6 Monate gelten als Probezeit. Der Arbeitnehmer soll zum 30.6. des Jahres gekündigt werden. Dem Arbeitnehmer geht die Kündigung jedoch erst am 17.6. zu. Damit endet die 2-wöchige Kündigungsfrist mit Ablauf des 1.7., dem letzten Tag des Arbeitsverhältnisses (Kündigungsfrist in der Probezeit 14 Tage nach § 622 Abs. 3 BGB). Der Arbeitnehmer hat damit bei seinem Ausscheiden die Wartezeit erfüllt und hat einen vollen Urlaubs(abgeltungs-)anspruch.

[2] BGH, NJW 1984, 1358.
[3] BAG, Urteil v. 26.1.1967, 5 AZR 395/66, BAG AP Nr. 1 zu § 4 BUrlG: Die Entscheidung betraf den Schleswig-Holsteinischen Melkertarifvertrag.
[4] ErfK/Gallner, 24. Aufl. 2024, § 5 BUrlG, Rz. 9; HK-ArbR/Holthaus, 5. Aufl. 2022, § 4 BUrlG, Rz. 5.

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