Rz. 3

Die Wartezeit verhindert das Entstehen eines vollen Urlaubsanspruchs nach § 3 BUrlG in den ersten 6 Monaten – dieser Anspruch wird nicht etwa aufgeschoben, sondern er existiert nicht; stattdessen hat der Arbeitnehmer aber unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 BUrlG einen Teilurlaubsanspruch.

 

Rz. 4

Soweit andere Auffassungen hierzu vertreten werden, nach denen der Urlaubsanspruch durch die Wartezeit aufschiebend bedingt sei oder in der Wartezeit eine Anwartschaft auf den Vollurlaub entsteht[1], hat das für die Praxis keine nennenswerte Bedeutung. Sollte der Arbeitgeber tatsächlich die Erfüllung der Wartezeit treuwidrig vereiteln, so ist der Rechtsgedanke des § 162 BGB entsprechend anzuwenden.[2] Derartige Fälle dürften aber kaum auftreten.

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt, in dem noch kein Kündigungsschutz besteht, ist jedenfalls keine treuwidrige Vereitelung des Vollurlaubsanspruchs. Davon kann allenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis allein deswegen kündigt, damit der volle Urlaubsanspruch nicht entsteht, den Arbeitnehmer aber kurz darauf wieder einstellt. Hier hätte der Arbeitgeber den Anspruch auf den vollen Urlaub treuwidrig vereitelt[3], sodass er sich auf den von ihm selbst herbeigeführten Umstand der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses nicht berufen kann und der Arbeitnehmer nach der 6-monatigen Dauer des Arbeitsverhältnisses den vollen Urlaub verlangen kann. Dafür hat dann aber der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast.

 

Rz. 5

Soweit das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer älteren Entscheidung andeutet[4], bei einer unwirksamen Kündigung durch den Arbeitgeber könne der Arbeitnehmer gleichwohl gegen diesen Arbeitgeber den vollen Urlaubsanspruch erworben haben, reicht die Unwirksamkeit der Kündigung alleine nicht aus, um dem Arbeitgeber ein treuwidriges Vereiteln der Erfüllung der Wartezeit vorwerfen zu können. Im Übrigen wird eine solche Kündigung regelmäßig wirksam sein, da der Arbeitnehmer mangels Erfüllung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG noch keinen Kündigungsschutz genießt.

[1] Übersicht bei Neumann/Fenski/Kühn, BUrlG, 12. Aufl. 2021, § 4 BUrlG, Rz. 6.
[2] Neumann/Fenski/Kühn, BUrlG, 12. Aufl. 2021, § 4 BUrlG, Rz. 8.
[3] Sofern man nicht schon die Auffassung vertritt, dass kürzere rechtliche Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses unbeachtlich sind, so Neumann/Fenski/Kühn, BUrlG, 12. Aufl. 2021, § 4 BUrlG, Rz. 43; s. dazu Rz. 21 ff.
[4] BAG, Urteil v. 4.10.1963, 1 AZR 488/62, AP Nr. 2 zu § 19 JArbSchG.

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