Rz. 11

Bei Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG) können Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat. Die Vereinbarung muss kraft Gesetzes eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart (§ 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG). Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens 3 aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen (§ 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG). In der Praxis steht nie im Vorhinein fest, an wie vielen Tagen im (Urlaubs-)Jahr gearbeitet werden muss. Daran hat auch die mit der Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie[1] mit Wirkung vom 1.8.2022[2] in § 12 Abs. 3 TzBfG neu aufgenommene Pflicht des Arbeitgebers zur Angabe eines festen Zeitrahmens, innerhalb dessen er die Arbeit abrufen kann und der durch Referenztage und Referenzstunden zu bestimmen ist, nichts geändert. Damit ist der genaue Umfang des Urlaubsanspruchs häufig erst am Jahresende ermittelbar, da erst dann feststeht, an wie vielen Tagen tatsächlich gearbeitet wurde. Vorschläge, Urlaubsdeputate auf Stundenbasis zu verwenden, verstoßen für den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch gegen die Vorgaben des BUrlG, da der Urlaubsanspruch die Beseitigung der Arbeitspflicht an Tagen (sog. Tagesprinzip) zum Inhalt hat.[3] Eine Urlaubserteilung in kleineren zeitlichen Einheiten ist im BUrlG nicht vorgesehen.[4]

Als Lösung bietet sich an, anhand der nach § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG festzulegenden täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit zu ermitteln, an wie vielen Tagen pro Woche der Arbeitnehmer durchschnittlich zu arbeiten hat.[5]

 

Beispiel

Die festgelegte vertragliche Wochenarbeitszeit beträgt 12 Stunden und die tägliche Arbeitszeit 6 Stunden. Hier hat der Arbeitnehmer durchschnittlich 2 Tage pro Woche zu arbeiten, sodass sich ein Anspruch auf 2/5 des gesetzlichen oder tariflichen Urlaubsanspruchs ergibt.

Keine Lösung bietet dieser Weg allerdings, wenn die tägliche Arbeitszeit schwankt und lediglich als Mindestdauer festgeschrieben ist. Hinzu kommen Schwierigkeiten bei der Bestimmung, wann der Urlaubsanspruch erfüllt ist, beispielsweise wenn der Arbeitnehmer nur für einen Tag frei haben möchte. Die Lösung, dass der Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum Urlaub beantragt und der Arbeitgeber dann erklärt, ob und in welchem Umfang Urlaubstage darin liegen[6], überzeugt nicht. Beträgt der tarifliche Urlaubsanspruch 30 Arbeitstage und der anteilige Urlaubsanspruch des Abrufarbeitnehmers 20 Arbeitstage, benötigt der Abrufarbeitnehmer nicht nur die Beseitigung der Arbeitspflicht für 20 Tage, vielmehr die Beseitigung von der Pflicht, an 30 möglichen Arbeitstagen bei Abruf zur Arbeitsleistung verpflichtet zu sein. Deshalb bietet es sich als Lösung an, nicht auf die Zahl der tatsächlichen Arbeitstage, sondern auf die Tage abzustellen, die als potenzielle Arbeitstage bei Abruf in Betracht kommen:

 

Beispiel

[7]

Der Urlaubsanspruch für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer in der 5-Tage-Woche beträgt 30 Arbeitstage.

  1. Kommen alle Arbeitstage als Beschäftigungstage in Betracht, besteht ein Anspruch auf 30 Urlaubstage. Dies ist bereits deswegen konsequent, weil der Arbeitnehmer für diese Tage die Beseitigung von der Pflicht zur Arbeit bei Abruf benötigt.
  2. Es ist vertraglich geregelt, dass Einsatztage nur Mittwoch bis Freitag sind. Hier beträgt der Urlaubsanspruch 18 Urlaubstage (30 : 5 x 3). Der Arbeitnehmer benötigt in diesem Falle auch nur für die Wochentage Mittwoch bis Freitag Urlaubstage.
  3. Werden bestimmte Zeiträume oder Monate von der Arbeitspflicht ausgenommen, ist die gesetzliche oder tarifliche Urlaubsdauer durch die Anzahl der Jahresarbeitstage (bei Urlaubsanspruch in Werktagen der Jahreswerktage) zu teilen und mit den Tagen zu multiplizieren, an denen der Arbeitnehmer für Arbeit auf Abruf zur Verfügung steht. Steht der Arbeitnehmer 3 Monate mit 63 Arbeitstagen für Arbeit auf Abruf nicht zur Verfügung, ergibt sich folgende Berechnung:

    30 Urlaubstage : 260 Jahresarbeitstage x 197 mögliche Abruftage = 22,73 Urlaubstage. Der Bruchteil ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht aufzurunden[8], da § 5 Abs. 2 BUrlG nur bei der Berechnung von Teilurlaub nach § 5 BUrlG einschlägig ist.

Der Geldfaktor als Berechnungsgrundlage des Werts der am Urlaubstag ausgefallenen Stunden bestimmt sich nach § 11 Abs. 1 BUrlG.[9]

  • Über den Zeitfaktor wird festgelegt, wie viele Stunden am konkreten Urlaubstag ausgefallen sind.
  • Wird wie hier auf die Beseitigung der Pflicht zur Arbeit abgestellt, erfolgt die Erfüllung des Urlaubsanspruchs bei kontinuierlicher Vergütungszahlung durch entsprechende Kürzung des vereinbarten Stundendeputats im Bezugszeitraum.

Es bleibt offen, ob das BAG dem Lösungsansatz folgen wird. Zumindest kommt diese Lösung wie auch Urlaubsdeputate auf Stundenbasis dem wirtsch...

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