Rz. 75

Die Tarifvertragsparteien haben in § 8 Nr. 6 BRTV Bau eine Regelung hinsichtlich der Urlaubsabgeltung getroffen, durch die § 7 Abs. 4 BUrlG abbedungen ist. Die Aufzählung der Fälle, in denen ein Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht, ist abschließend. Die Tarifvertragsparteien werden zu überdenken haben, ob diese Regelung, jedenfalls in § 8 Nr. 6f mit Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG zu vereinbaren ist. Danach darf der bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. Der EuGH hat hierzu entschieden, ein nationales Gesetz, das die Möglichkeit vorsieht, nicht genommenen Mindesturlaub durch eine finanzielle Entschädigung in einem späteren Jahr zu ersetzen, sei mit Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG nicht vereinbar (EuGH, Urteil v. 6.4.2006, C-124/05[1]). Nichts anderes haben die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in § 8 Nr. 6f BRTV Bau vereinbart. Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung, wenn sie nicht mehr vom Geltungsbereich des BRTV Bau erfasst werden, ohne dass ihr Arbeitsverhältnis endet und sie nicht innerhalb von 3 Monaten erneut vom BRTV Bau erfasst werden. Insbesondere im Rahmen der Arbeitnehmerentsendung dürfte dieser Fall zum Tragen kommen, wenn der nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer länger als 3 Monate den räumlichen Geltungsbereich des BRTV Bau verlässt, jedoch das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber fortbesteht, der den Arbeitnehmer bereits nach Deutschland entsandte und dort beschäftigte. Dann handelt es sich um eine von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG verbotene Ersetzung des Urlaubsanspruchs durch eine finanzielle Vergütung.[2] Jedenfalls dürfte fraglich sein, ob die Regelung durch die Tariföffnungsklausel des § 13 Abs. 2 BUrlG gedeckt ist, weil bereits eine 3-monatige Entfernung aus dem Anwendungsbereich des Tarifvertrags schädlich ist.[3]

Alle Urlaubsansprüche und die Urlaubsabgeltungsansprüche verfallen mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Jahr der Entstehung des Anspruchs folgt (§ 8 Nr. 7 BRTV Bau). Die Tarifvertragsparteien haben bereits auf die längere Übertragungsfrist von 15 Monaten bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern (BAG, Urteil v. 7.8.2012, 9 AZR 353/10[4]) reagiert und neu geregelt, dass die entsprechenden Ansprüche für Ausfallstunden wegen unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit erst nach Ablauf von weiteren 3 Monaten (und damit insgesamt 15 Monaten) verfallen. Nach Verfall der Urlaubs- und Abgeltungsansprüche kann noch binnen eines weiteren Jahres ein Entschädigungsanspruch gegenüber der ULAK in Höhe der Urlaubsvergütung geltend gemacht werden, soweit Beiträge für die Urlaubsansprüche gezahlt worden sind (§ 8 Nr. 8 BRTV Bau). Die ULAK unterliegt dabei Aufklärungspflichten hinsichtlich des von den Arbeitnehmern einzuhaltenden Verfahrens und der Fristen. Verletzt sie diese, können Schadensersatzansprüche entstehen (BAG, Urteil v. 20.8.1996, 9 AZR 222/95[5]).

§ 8 Nr. 9 BRTV Bau regelt die Vererblichkeit der Ansprüche des verstorbenen Arbeitnehmers auf Urlaubsvergütung, Urlaubsabgeltung oder Entschädigung.[6]

[1] NZA 2006 S. 719.
[2] Vgl. Fenski, DB 2007, S. 689 f.
[3] S. Rz. 74, insbesondere den Hinweis.
[4] NZA 2012 S. 1216; bestätigt mit BAG, Urteil v. 11.6.2013, 9 AZR 855/11; s. ausführlich Arnold, § 7, Rz. 160 ff.
[5] NZA 1997 S. 211.
[6] Vgl. hierzu kritisch Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl. 2001, § 13 BUrlG, Rz. 128 mit Verweis auf BAG, Urteil v. 18.7.1989, 8 AZR 44/88, NZA 1990 S. 238; zu Urlaubsansprüchen beim Tod des Arbeitnehmers generell s. Zimmermann, § 1, Rz. 67 ff.

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