Rz. 73

Das Urlaubsentgelt beträgt ab dem Jahr 2019 gem. § 8 Nr. 4.1 BRTV Bau 14,25 % – bei schwerbehinderten Menschen 16,63 % – des Bruttolohns und setzt sich zusammen aus Urlaubsentgelt i. H. v. 11,4 % des Bruttolohns – bei schwerbehinderten Menschen 13,3 % – und dem zusätzlichen Urlaubsgeld i. H. v. 25 % des Urlaubsentgelts. Hinzu kommen Regelungen, die z. B. für den Fall, dass ein Arbeitnehmer ohne Lohnanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber langzeitig erkrankt ist, eine Mindesturlaubsvergütung vorsehen (§ 8 Nr. 5.1 BRTV Bau). Das Urlaubsentgelt wird finanziert und abgerechnet über die ULAK. Die notwendigen Beiträge werden von den Arbeitgebern des Baugewerbes gem. § 18 VTV an die ZVK gezahlt, die als Einzugsstelle fungiert (§ 3 Abs. 3 VTV). Diese leitet die Beträge an die ULAK bzw. an die UKB und SoKa Berlin weiter.

 

Rz. 74

Das Urlaubsentgelt im Baugewerbe ist immer wieder Gegenstand unionsrechtlich geprägter Rechtsstreitigkeiten gewesen. So hat sich das BAG daran gehindert gesehen, die Frage, ob die gesetzlichen Öffnungsklauseln des § 13 Abs. 1 und 2 BUrlG und die tariflichen Regelungen der §§ 5, 6 der Urlaubsregelung für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe in Bayern vom 21.11.1983 i. d. F. v. 19.5.2006 die Zielvorgabe eines "bezahlten Mindestjahresurlaubs von 4 Wochen" in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG umsetzen, dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen (BAG, Urteil v. 17.11.2009, 9 AZR 844/08[1]). Die tariflichen Regelungen berücksichtigen bei der Berechnung des Urlaubsentgelts Verdienstausfälle z. B. aufgrund von Saison-Kurzarbeit. Das BAG unterstellte zugunsten des Arbeitnehmers, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG während des Mindesturlaubs von 4 Wochen einen Anspruch auf Fortzahlung des gewöhnlichen Arbeitsentgelts ohne Minderung z. B. durch Kurzarbeit verbürgt.[2] Eine Auslegung oder Rechtsfortbildung der gesetzlichen Öffnungsklausel des § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BUrlG und der anzuwendenden Tarifbestimmungen mit einem ebensolchen Verständnis sei jedoch wegen der eindeutigen Zielsetzung dieser Normen nicht möglich: Den Tarifvertragsparteien solle gem. § 13 Abs. 2 BUrlG ein weiterer Gestaltungsspielraum eingeräumt werden als § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 1 BUrlG ihn vorsehen. Dazu gehöre auch, dass die Tarifvertragsparteien zulasten der Arbeitnehmer von § 1 BUrlG abweichen und bei der Höhe des Urlaubsentgelts berücksichtigen, dass im Berechnungszeitraum Arbeit saisonbedingt ausgefallen und beim Verdienst des Arbeitnehmers Kürzungen eingetreten waren. Die Klage des Arbeitnehmers, der die Berechnung des Urlaubsentgelts ohne Berücksichtigung des saisonbedingten Arbeits- und damit Verdienstausfalls begehrte, wies das BAG deshalb ab.[3]

Der EuGH hat auf eine Vorlage des Arbeitsgerichts Verden (ArbG Verden, Beschluss v. 19.6.2017, 1 Ca 142/16, n. v.) erneut zur Frage der Kürzung des Urlaubsentgelts wegen teilweiser "Kurzarbeit Null" im Referenzzeitraum entschieden, dass das Urlaubsentgelt für den unionsrechtlichen Mindesturlaub nicht geringer ausfallen darf als der Durchschnitt des gewöhnlichen Entgelts (EuGH, Urteil v. 13.12.2018, C-385/17[4]). Die wegen der Kurzarbeit geringere Vergütung im Referenzzeitraum muss daher unberücksichtigt bleiben. Der EuGH hat dabei sowohl auf Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG als auch Art. 31 Abs. 2 GRC Bezug genommen. Er ist aber auch den Weg, ausfallende Arbeitszeit bei der Berechnung der Dauer des Mindesturlaubs zu berücksichtigen, konsequent weitergegangen[5]: Der Arbeitnehmer hatte wegen Kurzarbeit 26 Wochen nicht gearbeitet. Damit reduziert sich sein unionsrechtlicher Mindesturlaubsanspruch von 4 auf 2 Wochen entsprechend. Da allerdings nach nationalem Recht eine längere Dauer des Urlaubsanspruchs entstanden war, kam der vom EuGH aufgezeigte Rechenweg der Arbeitgeberin nicht zugute. Andererseits hat der EuGH es auch nicht zugelassen, dass die nach nationalem Recht längere Urlaubsdauer mit der nach nationalem Recht geringere Urlaubsvergütung "verrechnet" wird. So sind dem Arbeitnehmer aufgrund nationalen Rechts mehr Urlaubstage als nach Unionsrecht und nach Unionsrecht eine höhere Urlaubsvergütung als nach nationalem Recht zugutegekommen. Er hat also "das Beste aus 2 Welten" erhalten, ohne dass dies Rosinenpickerei wäre. Folgt das Arbeitsgericht Verden der Auffassung des BAG (BAG, Urteil v. 17.11.2009, 9 AZR 844/08[6]), dass eine richtlinienkonforme Auslegung des § 13 Abs. 2 BUrlG nicht in Betracht kommt, muss es § 13 Abs. 2 BUrlG unangewendet lassen (EuGH, Urteil v. 6.11.2018, C-569/16, C-570/16[7]). Hinzukommt, dass sich ein Arbeitnehmer bzgl. der Urlaubsvergütung auf Art. 31 Abs. 2 GRC berufen kann, der als Primärrecht ohnehin vorgeht.[8]

Richtig wäre es, bereits bei den Grundsatznormen der §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG anzusetzen und durch Kurzarbeit ausfallende Arbeitszeit nach § 3 Abs. 1 BUrlG auf die Urlaubsdauer umzurechnen. Unionsrecht stünde dem nicht entgegen (EuGH, Urteil v. 13.12.2018, C-385/17[9]). Dann verringerte sich die Dauer des gesetzli...

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