Rz. 61

 

Beispiel

Ein Tarifvertrag beinhaltet u. a. folgende Regelungen:

  1. Die Arbeitszeit beträgt 37,5 Stunden in der Woche und ist auf 5 Arbeitstage in der Woche zu verteilen.
  2. Urlaubsansprüche von weniger als einem halben Tag werden auf volle Tage abgerundet.

Ein Arbeitnehmer arbeitet in der 5-Tage-Woche. Er ist seit dem Jahr 2014 beschäftigt und scheidet zum 28.2.2019 aus. Der Arbeitgeber will ihm 3 Tage Urlaub gewähren, der Arbeitnehmer meint, ihm stünden 3,33 Tage zu.

Abwandlung: Der Tarifvertrag sieht zusätzlich vor, dass der jährliche Urlaubsanspruch 22 Tage beträgt. Eine Arbeitnehmerin ist teilzeitbeschäftigt. Sie erbringt ihre Arbeitsleistung an einem Tag in der Woche. Der Arbeitgeber will ihr nur 4 Tage Jahresurlaub gewähren, die Arbeitnehmerin verlangt 4,4 Tage.

Lösung

Im Ausgangsfall hat der Arbeitnehmer Anspruch auf 3,33 Tage gesetzlichen Mindesturlaub (20 Tage[1]: 12 Monate × 2 Monate). Dem Arbeitnehmer steht zwar nach der Zwölftelungsregelung des § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG nur ein gekürzter Anspruch zu. Auch bei diesem handelt es sich jedoch um den (gekürzten) Vollurlaubsanspruch des § 3 Abs. 1 BUrlG, von dem die Tarifvertragsparteien nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht abweichen dürfen.[2] Dem Arbeitnehmer steht deshalb ein Anspruch auf 3,33 Tage zu.

Soweit der Tarifvertrag höhere Urlaubsansprüche regelt als § 3 Abs. 1 BUrlG, ist die Abrundungsregelung wirksam, sofern sie sich nur auf den tariflichen Mehrurlaubsanspruch auswirkt, den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch also unberührt lässt.[3]

In der Abwandlung steht der Arbeitnehmerin nur ein Anspruch von 4 Tagen zu. Das entspricht dem gesetzlichen Mindesturlaub (24 Tage : 6 = 4). Die Umrechnung des tariflich geregelten Urlaubsanspruchs führt zwar zu einem Anspruch von 4,4 Tagen (22 Tage : 5). Im Bereich des übergesetzlichen Urlaubsanspruchs sind die Tarifvertragsparteien jedoch frei, Abrundungsregelungen zu treffen. Sie dürfen nur nicht in den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch eingreifen.

[1] § 3 Abs. 1 BUrlG geht von der 6-Tage-Woche aus, sodass eine Umrechnung auf die 5-Tage-Woche stattfinden muss.
[2] S. im Einzelnen Arnold, § 5, Rz. 26 ff.; zur Unwirksamkeit einer vertraglichen Regelung nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG, die trotz Ablauf der 6-monatigen Wartezeit (§ 4 BUrlG) nur einen anteiligen Urlaubsanspruch im Jahr des Eintritts in das Arbeitsverhältnis vorsieht, obwohl der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 BUrlG nicht eröffnet ist, vgl. BAG, Urteil v. 16.12.2014, 9 AZR 295/13, NZA 2015 S. 827.
[3] S. das Beispiel bei Arnold, § 5, Rz. 38.

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