Rz. 104

§ 11 Abs. 2 BUrlG ist nicht nur eine von § 614 BGB abweichende Bestimmung des Fälligkeitstermins für die Zahlung des Urlaubsentgelts, sondern bringt den urlaubsrechtlichen Grundsatz zum Ausdruck, dass die Erfüllung des Urlaubsanspruchs voraussetzt, dass der Arbeitgeber grundsätzlich auch bereit ist, für diese Zeit das geschuldete Urlaubsentgelt vorbehaltlos zu zahlen.[1] Das geht aber nicht so weit, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers ohne vorherige Auszahlung des Urlaubsentgelts nicht erfüllt werden könnte. Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Urlaubsentgelt nicht vor Urlaubsantritt aus, ist die Urlaubserteilung des Arbeitgebers jedenfalls im bestehenden Arbeitsverhältnis nach Treu und Glauben gesetzeskonform so zu verstehen (§ 157 BGB), dass der Arbeitgeber damit zugleich streitlos stellt, dass er für den gewährten Urlaub dem Grunde nach zur Zahlung von Urlaubsentgelt nach den gesetzlichen Vorgaben und etwaigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist, sofern dem nicht konkrete Anhaltspunkte entgegenstehen.[2]

Das ist auch mit dem Verständnis des EuGH vereinbar sein: Der EuGH betrachtet den Anspruch auf Erholungsurlaub bei Fortzahlung des Entgelts zwar als 2 Teile eines einzigen Anspruchs – allerdings ohne damit der "Einheitstheorie" in das Wort zu reden. Vielmehr steht für den EuGH im Vordergrund, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt in Form von Urlaubsgeld während des Urlaubs weiter erhält, um so gestellt zu werden, als würde er weiter arbeiten.[3] Damit ist es auch vereinbar, dass das Urlaubsentgelt wie das Arbeitsentgelt gezahlt wird – ggf. also auch erst am Monatsende.

 

Rz. 105

Verstößt der Arbeitgeber daher – wie so häufig – gegen die Fälligkeitsregelung des § 11 Abs. 2 BUrlG, beschränkt sich die Rechtsfolge darauf, dass der Arbeitnehmer Verzugsschaden geltend machen kann, der in der Regel vernachlässigbar ist. Eine erhebliche Folge des Annahmeverzugs kann aber eintreten, wenn der Arbeitnehmer die Kosten seiner gebuchten Urlaubsreise wegen der verspäteten Zahlung des Urlaubsentgelts nicht vollständig zahlen und deshalb die Reise nicht antreten kann und seine Anzahlung verliert.

Ein Recht zur Annahmeverweigerung des Arbeitnehmers bezüglich der Urlaubserteilung besteht nicht, der Arbeitnehmer kann also den Urlaubsantritt nicht verweigern und Nacherfüllung verlangen.[4] § 11 Abs. 2 BUrlG kann durch Tarifverträge nach § 13 Abs. 1 BUrlG auch zum Nachteil des Arbeitnehmers abgeändert werden, nicht aber durch einzelvertragliche Vereinbarung.

Zur Fälligkeit des Urlaubsentgelts während der Ansparphase eines Sabbatjahres siehe BAG Urteil v. 18.9.2018, 9 AZR 159/18.[5]

[3] EuGH Urteile v. 16.3.2006, C-131/04 und C-257/04, NZA 2006, 481 Robinson-Steele.
[5] NZA 2019, 262.

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