Rz. 70

Zeiten unverschuldeter Arbeitsversäumnis des Arbeitnehmers bleiben für die Berechnung des Geldfaktors außer Betracht. Um Fälle unverschuldeter Arbeitsversäumnis handelt es sich, wenn der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht aufgrund von Umständen, die er nicht zu vertreten hat, nicht nachkommen kann. Im Gegensatz zum Arbeitsausfall, der regelmäßig eine Gruppe von Arbeitnehmern betrifft, handelt es sich bei der unverschuldeten Arbeitsversäumnis um die Nichterfüllung der Arbeitsleistung durch einzelne Arbeitnehmer. Sofern der Arbeitnehmer wegen der unverschuldeten Arbeitsversäumnis einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 1 Abs. 1, § 3 EFZG oder einen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung nach § 616 BGB hat, wirkt sich die unverschuldete Arbeitsversäumnis für den zu ermittelnden Verdienst nicht aus. Eine unverschuldete Arbeitsversäumnis, die sich auf den Geldfaktor auswirkt, liegt in folgenden Fällen vor (sofern nicht ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung nach § 616 BGB besteht, weil die Ausfallzeit nicht erheblich ist und – in der Regel 5 Tage – nicht überschreitet):

  • Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums[1]
  • Arbeitsausfall wegen der Betreuung eines kranken Kindes
  • Arbeitsausfall zur Pflege eines nahen Angehörigen nach § 2 Abs. 1 Pflegezeitgesetz
  • Arbeitsausfall nach § 275 Abs. 3 BGB, z. B. zur Betreuung eines Kleinkindes bei Ausfall der Betreuungsperson
  • unbezahlter Sonderurlaub[2]; Das BAG[3] hat diese Rechtsprechung aufgegeben: Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf 6 Tage in der Woche auf 24 Werktage. Dies entspricht einem gesetzlichen Jahresurlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer 5-Tage-Woche. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf weniger oder mehr als 6 Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, muss die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten. Der Senat hat diese Umrechnung in Fällen des Sonderurlaubs bisher nicht vorgenommen. An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht fest. Befindet sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub, ist bei der Berechnung der Urlaubsdauer zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt haben. Dies führt dazu, dass einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befindet, mangels einer Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zusteht. Daher spielt die Vereinbarung von Sonderurlaub für die Berechnung des Urlaubsentgelts nur dann noch eine Rolle, wenn der Sonderurlaub in die Zeit des Referenzzeitraums gefallen ist.
 

Rz. 71

In allen Fällen besteht eine unverschuldete Arbeitsversäumnis nur dann, wenn den Arbeitnehmer nicht der Vorwurf trifft, gröblich gegen Verhaltenspflichten verstoßen zu haben, deren Einhaltung von jedem verständigen Menschen im eigenen Interesse, sich nicht selbst zu schädigen, erwartet werden kann.[4] Ein Arbeitsversäumnis ist damit noch nicht verschuldet, wenn der Arbeitnehmer sich nur fahrlässig gegen sich selbst verhält.

 

Rz. 72

Ein verschuldetes Arbeitsversäumnis liegt beispielsweise dann vor, wenn der Arbeitnehmer infolge einer Trunkenheitsfahrt verunfallt und dadurch arbeitsunfähig erkrankt, aber auch, wenn er inhaftiert ist, unentschuldigt zu spät oder gar nicht zur Arbeit erscheint oder wenn er infolge von Alkohol- oder Drogenkonsums die Arbeitsleistung nicht erbringen kann (sofern nicht eine Suchterkrankung vorliegt). Um einen Fall der unverschuldeten Arbeitsversäumnis handelt es sich, wenn der Arbeitnehmer aufgrund von nicht vorhersehbaren Verkehrsstörungen wie z. B. Zugverspätungen oder Sperrungen infolge von Unfällen, Arbeit versäumt. Die Aussage, dass das Wegerisiko immer den Arbeitnehmer trifft[5], besagt nur etwas darüber, dass er für diese Zeit gegen den Arbeitgeber keinen Vergütungsanspruch hat. Die Frage, ob das Versäumen der Arbeitszeit verschuldet oder unverschuldet ist, ist damit nicht beantwortet. Es ist stattdessen danach zu differenzieren, ob die Verspätung vom Arbeitnehmer vorhersehbar war. Ist das der Fall, handelt es sich um verschuldete Arbeitsversäumnis. Ist die Verspätungsursache unvorhersehbar, handelt es sich um unverschuldete Arbeitsversäumnis, die nicht zur Minderung des Geldfaktors führt.

 

Rz. 73

Da das Gesetz eindeutig anordnet, dass nur die unverschuldete Arbeitsversäumnis im Referenzzeitraum für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht bleibt, ergibt sich daraus im Gegenschluss, dass sich jede Form der verschuldeten Arbeitsversäumnis nachteilig für das Urlaubsentgelt des Arbeitnehmers auswirkt. Dies beruht darauf, dass im Referenzzeitraum durch die verschuldete Arbeitsversäumnis weniger Entgelt erzielt wird und dieses geringere Entgelt durch Stunden...

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