Rz. 67

Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG bleiben auch Verdienstkürzungen im Referenzzeitraum, die infolge von Arbeitsausfällen eingetreten sind, für die Berechnung des Geldfaktors außer Betracht. Arbeitsausfälle sind dabei zunächst die Ereignisse, die in der betrieblichen oder wirtschaftlichen Risikosphäre des Arbeitgebers liegen, wie sich aus dem Vergleich mit dem Begriff der "unverschuldeten Arbeitsversäumnis" ergibt, der die persönliche Risikosphäre des Arbeitnehmers beschreibt. Derartige Arbeitsausfälle sind beispielsweise Unterbrechungen des Betriebsablaufs durch technische Defekte, durch Störungen in der Energieversorgung, aber auch durch Produktionsunterbrechungen infolge von unterbliebenen Lieferungen von Vorprodukten. Da der Arbeitgeber nach der Betriebsrisikolehre in aller Regel das Entgeltrisiko eines Arbeitsausfalls aus betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründen zu tragen hat[1], kommt es nach § 615 Satz 3 BGB schon gar nicht zu einem Verdienstausfall, weil der Arbeitnehmer hier einen Anspruch auf Fortzahlung der Arbeitsvergütung hat. Etwas anderes gilt nur dann, wenn für derartige Fälle ein anwendbarer Tarifvertrag den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers entfallen lässt. Hier ist der Arbeitsverdienst im Referenzzeitraum in der Weise zu ermitteln, dass auch die fiktive Vergütung einberechnet wird, die der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn nicht der Arbeitgeber von der Vergütungszahlung frei geworden wäre.[2] Auch diese Regelung betrifft wieder nur den Fall, dass im Referenzzeitraum die Arbeit ausfällt. Für Arbeitsausfälle während des Erholungsurlaubs siehe Rz. 78.

 

Rz. 68

Als ein "Arbeitsausfall" wird aber auch der rechtmäßige Arbeitskampf betrachtet. Er führt zu einer Suspendierung der Arbeitspflicht und damit zu einem Arbeitsausfall.[3] Entsprechendes gilt für eine rechtmäßige Aussperrung als Folge eines Arbeitskampfes. Als Folge der Teilnahme am Arbeitskampf erhält der Arbeitnehmer keine Vergütung. Für die Berechnung des Geldfaktors werden auch hier die Tage oder Stunden der ausgefallenen Arbeitszeit mit dem Entgelt in den Verdienst im Referenzzeitraum eingerechnet, den der Arbeitnehmer erzielt hätte, wenn er nicht am Arbeitskampf teilgenommen hätte. Nimmt der Arbeitnehmer nicht selbst am Arbeitskampf teil, sondern fällt seine Arbeit infolge eines Streiks in anderen Bereichen (Fernwirkung des Arbeitskampfes) aus, so ist die Rechtsprechung des BAGs zum Arbeitskampfrisiko zu beachten.[4] Fällt die Arbeit im Referenzzeitraum aufgrund eines Arbeitskampfes im selben Betrieb oder in demselben Tarifgebiet aus, verliert der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch. Sonstige Fernwirkungen eines Arbeitskampfes, der nicht dieselbe Branche betrifft, führen nicht zu einem Wegfall des Vergütungsanspruchs.[5]

 

Rz. 69

Etwas anderes gilt bei Teilnahme an einem wilden Streik. In diesem Fall wird die Arbeitspflicht nicht suspendiert und der Arbeitnehmer fehlt unentschuldigt. Das führt wie jede Form des unentschuldigten Fehlens zu einer Verminderung des Geldfaktors, weil einerseits kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, das für den Arbeitsverdienst im Referenzzeitraum berücksichtigt werden kann, gleichzeitig aber das geringere erzielte Arbeitsentgelt trotzdem durch die Zahl der angefallenen Arbeitstage zu teilen ist.

[2] Leinemann/Linck, BUrlG 2. Aufl. 2001, § 11 Rz. 67.
[3] Leinemann/Linck, BUrlG 2. Aufl. 2001, § 11 Rz. 68, ErfK/Gallner, 19. Aufl. 2019, § 11 BUrlG, Rz. 26.
[5] Ausführlich: HK-BUrlG/Oppermann, 3. Aufl. 2013, § 11 BUrlG Rz. 77.

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