Rz. 62

Für Verdienstkürzungen trifft das Gesetz eine nochmals abweichende Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum (Referenzzeitraum) infolge von Kurzarbeitsarbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben danach für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Diese Regelung bezieht sich zunächst nur auf Verdienstkürzungen, die im Referenzzeitraum eintreten. Treten Verdienstkürzungen während der Zeit des Erholungsurlaubs ein, z. B. durch den Wegfall von Zulagen, so spielen diese für die Berechnung des Urlaubsentgelts keine Rolle.[1]

 

Rz. 63

Die für die Berechnung des Geldfaktors neutralen Verdienstkürzungen sind in § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG abschließend aufgezählt und nicht erweiterungsfähig. Es sind:

  • Kurzarbeit
  • Arbeitsausfall
  • unverschuldete Arbeitsversäumnis

Alle anderen Verdienstkürzungen im Referenzzeitraum wirken sich nachteilig für die Berechnung des Urlaubsentgelts des Mitarbeiters aus. Fehlt der Mitarbeiter beispielsweise an einigen Tagen unentschuldigt, so erzielt er an diesen Tagen kein Entgelt. Gleichwohl bleibt es dabei, dass das im Referenzzeitraum von 13 Wochen erzielte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Arbeitstage in diesem Zeitraum zu dividieren ist. Das führt zu einem geringeren Entgeltfaktor.

[1] BAG, Urteil v. 20.9.2000, 5 AZR 924/98 zu 1 c) bb) d. Gründe, NZA 2001, 657.

4.5.1 Kurzarbeit

 

Rz. 64

Kurzarbeit liegt vor, wenn die betriebsübliche regelmäßige Arbeitszeit vorübergehend aus betrieblichen Gründen vermindert wird und auch der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers entsprechend gekürzt wird. Die Regelungen der §§ 95 ff. SGB III können zur Bestimmung herangezogen werden. Maßgeblich ist, dass die Arbeitszeitverkürzung zur Überbrückung einer "konjunkturellen Delle" erfolgt. Kurzarbeit liegt nicht zwingend vor, wenn durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine Verkürzung der Arbeitszeit – auch für eine bestimmte Zeit – vereinbart wird, gleich ob mit oder ohne (vollständigen) Lohnausgleich. Im Zweifelsfall kann davon ausgegangen werden, dass immer dann, wenn die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld vorliegen, die Arbeitsvertrags- oder Betriebsparteien auch Kurzarbeit im arbeitsförderungsrechtlichen Sinne nach dem § 95 ff. SGB III vereinbaren wollen.

 

Rz. 65

Während der Kurzarbeit erhält der Arbeitnehmer in aller Regel Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit, das jedoch keine Leistung des Arbeitgebers ist und daher den Arbeitsverdienst im Referenzzeitraum und im Ergebnis das Urlaubsentgelt mindert. Diese nachteiligen Folgen einer Kurzarbeit i. S. v. § 95 ff. SGB III will § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG ausschließen. Die Regelung gilt nur für den Fall, dass Kurzarbeit in den Referenzzeitraum fällt, nicht aber, wenn im Urlaubszeitraum Kurzarbeit angeordnet wird.

 

Rz. 66

Über die Berechnungsweise für den Fall der Anordnung von Kurzarbeit im Referenzzeitraum besteht keine Einigkeit. Nach zutreffender Auffassung sind die Ausfalltage mit dem Eurobetrag in die Berechnung einzubeziehen, den der Arbeitnehmer bei Fortsetzung der Arbeit regelmäßig verdient hätte, wenn keine Kurzarbeit angeordnet worden wäre. Diese Lösung ist praktikabel und lässt sich sowohl auf den Fall einer Kurzarbeit "Null" als auch auf den Fall einer täglichen reduzierten Arbeitsdauer anwenden.[1] Nach abzulehnender Auffassung werden die infolge von Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitstage dadurch nicht berücksichtigt, dass sie bei der Zahl der Arbeitstage, durch die das im Referenzzeitraum verdiente Entgelt dividiert wird, abgezogen werden.[2]

[1] ErfK/Gallner, 19. Aufl. 2019, § 11 BUrlG, Rz. 24.
[2] Zur Kurzarbeit während des Urlaubszeitraums s. Rz. 76.

4.5.2 Arbeitsausfälle

 

Rz. 67

Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG bleiben auch Verdienstkürzungen im Referenzzeitraum, die infolge von Arbeitsausfällen eingetreten sind, für die Berechnung des Geldfaktors außer Betracht. Arbeitsausfälle sind dabei zunächst die Ereignisse, die in der betrieblichen oder wirtschaftlichen Risikosphäre des Arbeitgebers liegen, wie sich aus dem Vergleich mit dem Begriff der "unverschuldeten Arbeitsversäumnis" ergibt, der die persönliche Risikosphäre des Arbeitnehmers beschreibt. Derartige Arbeitsausfälle sind beispielsweise Unterbrechungen des Betriebsablaufs durch technische Defekte, durch Störungen in der Energieversorgung, aber auch durch Produktionsunterbrechungen infolge von unterbliebenen Lieferungen von Vorprodukten. Da der Arbeitgeber nach der Betriebsrisikolehre in aller Regel das Entgeltrisiko eines Arbeitsausfalls aus betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründen zu tragen hat[1], kommt es nach § 615 Satz 3 BGB schon gar nicht zu einem Verdienstausfall, weil der Arbeitnehmer hier einen Anspruch auf Fortzahlung der Arbeitsvergütung hat. Etwas anderes gilt nur dann, wenn für derartige Fälle ein anwendbarer Tarifvertrag den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers entfallen lässt. Hier ist der Arbeitsverdienst im Referenzzeitraum in der Weise zu ermitteln, dass auch die fiktive Vergütung einberechnet wird, die der Arbeitnehmer e...

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