Rz. 52

Die Parteien eines Arbeitsverhältnisses können nach Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber und nach Ablauf der Kündigungsfrist einen neuen, befristeten Vertrag abschließen oder vereinbaren, dass der frühere Vertrag auflösend bedingt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses fortgesetzt werden solle.

Ob die Parteien die Variante eines befristeten Arbeitsverhältnisses wählen oder aber von einer auflösenden Bedingung ausgehen, ergibt sich aus der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung. Treffen sie etwa eine Regelung über die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits, so ist hierin ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag zu sehen. Anders ist es dagegen zu sehen, wenn die Parteien die Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage vereinbaren. Dann ist von einer auflösenden Bedingung des Arbeitsverhältnisses auszugehen, da aus der Sicht der Parteien der Ausgang des Rechtstreits sich als ungewiss darstellt. Dasselbe gilt, wenn der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers keine ausdrückliche Vereinbarung zugrunde liegt. Fordert der Arbeitgeber z. B. einen gekündigten Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist auf, seine Tätigkeit bis zur Entscheidung über die Kündigungsschutzklage fortzuführen, geht der Wille der Parteien regelmäßig dahin, das Arbeitsverhältnis, das der Arbeitgeber durch die Kündigung beenden möchte, bis zur endgültigen Klärung, ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt die Kündigung wirksam geworden ist, fortzusetzen oder für die Dauer des Rechtsstreits ein befristetes Arbeitsverhältnis zu begründen.[1]

In der Zeit bis geklärt ist, ob die Kündigung wirksam war, besteht ein reguläres Arbeitsverhältnis.[2] Das bedeutet, dass Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers entstehen. Deren Umfang richtet sich in der Regel nach den Vereinbarungen des gekündigten Vertrags, wenn die Parteien in dem befristeten oder auflösend bedingten Arbeitsvertrag Einzelheiten hierzu nicht ausdrücklich geregelt haben.[3]

 
Praxis-Tipp

Einer ausdrücklichen Vereinbarung über die Weiterbeschäftigung bedarf es nicht. Wie die vom BAG entschiedenen Sachverhalte zeigen, reicht auch die bloße Fortsetzung der Tätigkeit des Arbeitnehmers über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus und die entsprechende Vergütung durch den Arbeitgeber.[4] Angesichts dessen, dass bei der Vereinbarung einer befristeten Weiterbeschäftigung Schriftform erforderlich ist, wenn das Zustandekommen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses vermieden werden soll[5], ist jedoch dringend anzuraten

  • die befristete Weiterbeschäftigung schriftlich zu regeln, wenn die befristete Beschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens vereinbart werden soll, oder
  • die auflösend bedingte Weiterbeschäftigung schriftlich zu regeln, wenn die Beschäftigung bis zur rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage erfolgen soll.
[2] ErfK/Preis, 19. Aufl. 2019, § 611a BGB, Rz. 148; a. A. für den Fall, dass die Wirksamkeit der Kündigung sich herausstellt HK-ArbR/Holthaus, 4. Aufl. 2017, § 2 BUrlG, Rz. 16 m. V. a. BAG, Urteil v. 15.1.1986, 5 AZR 237/84, NZA 1986, 561: Danach soll im Fall der Abweisung der Kündigungsschutzklage "bei der Abrede über die Weiterbeschäftigung die vertragliche Grundlage des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses für die Einigung der Beteiligten über die Weiterbeschäftigung bereits weggefallen" sein, sodass die Grundsätze des faktischen Arbeitsverhältnisses Anwendung fänden. Dieser Auffassung folgte der 7. Senat des BAG im Urteil v. 22.10.2003, 7 AZR 113/03, NZA 2004, 1275 jedenfalls für die befristete Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses oder den Abschluss eines neuen befristeten Arbeitsvertrags für die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses nicht; vgl. hierzu auch Ricken, NZA 2005, 329 f. Dieser Auffassung sind die bereits in Rz. 48 "Hinweis" dargestellten Bedenken entgegenzusetzen.
[3] Vgl. hierzu BAG, Urteil v. 15.1.1986, 5 AZR 237/84, NZA 1986, 561.
[5] Vgl. dazu BAG, Urteil v. 22.10.2003, 7 AZR 113/03, NZA 2004, 1275.

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