Rz. 6

Das am 1.1.2001 in Kraft getretene Gesetz über die Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) enthält neben der Begriffsdefinition der Teilzeitarbeit und dem Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften (erstmals) auch einen gesetzlichen Anspruch für alle Arbeitnehmer auf Reduzierung ihrer persönlichen Arbeitszeit.[1]

Mit dem am 1.1.2019 in Kraft getretenen Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit[2] wurde mit § 9a TzBfG ein gesetzlicher Anspruch auf eine zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit eingeführt.[3]

Von den Teilzeit-Regelungen des TzBfG können die Tarifvertragsparteien nach § 22 TzBfG nur bezüglich der Vorschriften über Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG) sowie Arbeitsplatzteilung (§ 13 TzBfG) zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen.[4] Außerdem hat der Gesetzgeber den Tarifparteien in § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG einen gewissen Gestaltungsspielraum zuerkannt. Die Vorschrift ermächtigt sie, die Gründe für die Ablehnung der Verringerung der Arbeitszeit zu konkretisieren und dabei den spezifischen Erfordernissen des jeweiligen Wirtschaftszweigs Rechnung zu tragen. In § 11 TVöD sind bislang allerdings keine weiteren, über §§ 8 Abs. 4 Satz 1 und 2, 9a Abs. 2 TzBfG hinausgehende bzw. diese konkretisierende Ablehnungsgründe aufgenommen worden, sieht man einmal davon ab, dass durch den Ablehnungsgrund der "dringenden" dienstlichen bzw. betrieblichen Belange an eine Ablehnung höhere Anforderungen als "betriebliche Gründe" gestellt werden.

 

Rz. 7

§ 11 TVöD wird nicht durch §§ 8 Abs. 4, 9a Abs. 2 TzBfG verdrängt. Die in §§ 8 Abs. 4, 9a Abs. 2 TzBfG geregelten Ansprüche des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung ist zwar zwingend und bindet auch die Tarifvertragsparteien (§ 22 Abs. 1 TzBfG). Auch sind tarifliche Regelungen, die dem gesetzlichen Verringerungsanspruch widersprechen, unwirksam (BAG, Urteil v. 16.12.2014, 9 AZR 915/13[5]). Da die Benennung einer Anspruchsgrundlage durch den Beschäftigten nicht erforderlich ist, ist aus Arbeitgebersicht dringend zu empfehlen, unmittelbar nach Antragseingang zu prüfen, ob neben § 11 TVöD/TV-L auch § 8 oder § 9a TzBfG als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, da für eine entsprechende Ablehnung dann besondere Anforderungen gelten.[6]

 

Rz. 8

Günstigere Vereinbarungen sind aber nicht ausgeschlossen. Hierzu gehört § 11 Abs. 1 TVöD. Abweichend von § 8 Abs. 4 TzBfG wird dem Arbeitnehmer ermöglicht, die Arbeitszeit befristet herabzusetzen.[7] Für den Anspruch nach § 8 Abs. 4 TzBfG gilt das nicht. Hätte der Gesetzgeber einen Anspruch des Arbeitnehmers auch auf eine nur vorübergehende Verringerung der Arbeitszeit einführen wollen, hätte das nach Auffassung des Bundesarbeitsgericht (BAG) – vergleichbar dem Anspruch von Eltern auf Elternzeit nach § 15 Abs. 7 BEEG – ausdrücklich bestimmt werden müssen (BAG, Urteil v. 18.3.2003, 9 AZR 126/02[8]).

§ 11 Abs. 1 TVöD ist für Arbeitnehmer auch gegenüber § 9a Abs. 2 TzBfG günstiger. Der Zeitraum der Arbeitszeitverkürzung muss nach § 9a TzBfG mindestens 1 Jahr und darf höchstens 5 Jahre betragen. Eine Verlängerungsmöglichkeit besteht nicht. Nach Ablauf des befristeten Zeitraums muss der Beschäftigte zunächst 1 Jahr mit der ursprünglich vereinbarten höheren Arbeitszeit arbeiten, bevor er wieder einen Antrag auf begrenzte oder unbegrenzte Reduzierung der Arbeitszeit stellen kann (vgl. § 9a Abs. 5 Satz 1 TzBfG).[9]

 
Hinweis

Neben dem mit dem TzBfG eingeführten allgemeinen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit kommt § 11 TVöD/TV-L/TV-H durchaus eine eigenständige Bedeutung zu. So gibt es z. B. in den ersten 9 Monaten des Arbeitsverhältnisses nach §§ 8, 9a TzBfG keinen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit (6 Monate Wartezeit und 3 Monate Ankündigungsfrist). Außerdem kann im Anwendungsbereich des TVöD/TV-L/TV-H ein Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit nur aus "dringenden dienstlichen bzw. betrieblichen Belangen" abgelehnt werden; nach §§ 8 Abs. 4 Satz 1, 9a Abs. 2 TzBfG reichen für die Ablehnung "betriebliche Gründe" aus. Für den Teilzeitanspruch nach § 11 gilt auch die 2-jährige Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG[10] nicht.[11]

[2] BGBl I 2018 S. 2384.
[3] S. Vossen, § 9a TzBfG, Rz. 1 ff.
[4] S. Rambach, § 22 TzBfG, insbes. Rz. 3-4.
[5] ZTR 2015, 327.
[6] S. Rz. 20.
[8] ZTR 2003, 227.
[9] Hierzu Vossen, § 9a TzBfG, Rz. 15.
[10] S. Vossen, § 8 TzBfG, Rz. 165 ff.
[11] Laux/Schlachter/Laux, TzBfG, 2. Aufl. 2011, § 23 TzBfG, Anhang 1, Rz. 27; Burger/Nollert-Borasio, TVöD/TV-L, 4. Aufl. 2020, § 11 TVöD, Rz. 4.

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