Rz. 97

Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, sich auf betriebliche Gründe zu berufen, wenn beispielsweise die wesentliche Beeinträchtigung der Organisation und Arbeitsabläufe oder die Verursachung unverhältnismäßiger Kosten vermieden werden können.

 

Rz. 98

Nach der vom BAG entwickelten 3-Stufen-Prüfung[1] ist der Arbeitgeber zu einer Prüfung dahingehend verpflichtet, ob durch eine ihm zumutbare Änderung von betrieblichen Abläufen oder des Personaleinsatzes der betrieblich als erforderlich angesehene Arbeitszeitbedarf unter Wahrung des Organisationskonzepts mit dem individuellen Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers zur Deckung gebracht werden kann.[2] Der Arbeitgeber muss damit versuchen, durch Umorganisation und andere Verteilung der Arbeitszeit den Beeinträchtigungen des Arbeitsablaufs sowie der betrieblichen Organisation entgegenzuwirken.

 

Rz. 99

Insoweit stellt es zwar in einem Produktionsbetrieb mit Mehrschichtarbeitszeit ein gültiges Organisationskonzept dar, jede Schicht mit einer bestimmten Zahl von Mitarbeitern derselben Funktion zu besetzen. Ein solches Konzept wird aber nach der Rechtsprechung dann nicht beeinträchtigt, wenn der Arbeitgeber eine geeignete Ersatzkraft einstellen kann. Eine Ersatzkraft ist geeignet, wenn sie die für den Arbeitsplatz notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat oder dem Arbeitgeber zuzumuten ist, sie entsprechend zu schulen. Die Schulung darf keine unverhältnismäßigen Kosten verursachen.[3]

 
Hinweis

Ein Ausgleich durch Mehrarbeit anderer Mitarbeiter ist dagegen nicht erforderlich, da entsprechend der Rechtslage bei Kündigungen davon auszugehen ist, dass die anderen Mitarbeiter voll ausgelastet sind und keine Arbeit mit übernehmen können.

 

Rz. 100

Der Arbeitnehmer kann auch nicht verlangen, dass der Arbeitgeber zum Ausgleich der verringerten Arbeitszeit eine Vollzeitkraft bei gleichzeitigem Abbau von Überstunden anderer Arbeitnehmer einstellt oder den Arbeitszeitausfall durch dauernde Überstunden anderer Arbeitnehmer ausgleicht.[4] Denn der Gesetzgeber erstrebt mit den Regelungen des TzBfG eine Entlastung des Arbeitsmarkts durch Schaffung zusätzlicher (Teilzeit-)Arbeitsplätze, nicht aber eine Mehrbelastung anderer Arbeitnehmer.[5] So kann der Arbeitnehmer auch nicht erfolgreich entgegenhalten, die Einstellung einer Ersatzkraft erübrige sich deshalb, weil er durch Arbeitsverdichtung oder Arbeitsbereitschaft außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit das bisherige Arbeitspensum auch in der verkürzten Arbeitszeit erledigen könne.[6]

 

Rz. 101

Der Arbeitgeber ist des Weiteren grundsätzlich nicht gehalten, Leiharbeitnehmer oder Leistungen im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags in Anspruch zu nehmen.[7] Die unternehmerische Entscheidung, den Betrieb mit eigenen oder mit Leiharbeitnehmern zu führen, ist lediglich auf Willkür überprüfbar.[8]

Setzt der Arbeitgeber aber regelmäßig Subunternehmer oder Leiharbeitnehmer für vergleichbare Tätigkeiten ein, kann er den Einsatz im Fall des Teilzeitwunschs nicht pauschal ablehnen.[9] Vielmehr muss er dann nachvollziehbar darlegen, warum er im konkreten Fall keine Subunternehmer oder Leiharbeitnehmer in Anspruch nehmen will.

 

Rz. 102

Der Arbeitgeber ist zur Ermöglichung der Teilzeit des Weiteren verpflichtet, eine Ersatzkraft einzustellen, sofern dies zum Ausgleich erforderlich ist. Könnte der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch allein mit der Begründung ablehnen, die anfallende Arbeitsmenge würde bei Gewährung der Teilzeit nicht bewältigt, würde der Zweck des § 8 TzBfG, die Beschäftigungsförderung, leerlaufen. Der Arbeitgeber muss daher grundsätzlich eine Ersatzkraft einstellen. Er kann sich aber auf das Fehlen einer geeigneten Ersatzkraft berufen. Der Arbeitgeber muss dann nachweisen, dass eine dem Berufsbild des Arbeitnehmers, der seine Arbeitszeit reduziert, entsprechende zusätzliche Arbeitskraft auf dem für ihn maßgeblichen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht.[10]

 
Hinweis

An das Merkmal "geeignete Ersatzkraft" sind nicht zu hohe Anforderungen zu stellen. Geeignet ist eine Ersatzkraft, die in der Lage ist, die anfallenden Arbeitsaufgaben nach der Einweisung in den Arbeitsplatz (Unterrichtung i. S. v. § 81 BetrVG) zu erledigen. Geeignet ist regelmäßig aber auch eine Ersatzkraft, die dem Anforderungsprofil entspricht, das der Arbeitgeber üblicherweise bei der Nachbesetzung von Stellen aufstellt.[11]

 

Rz. 103

Sofern der Arbeitgeber überzogene Anforderungen an die Ersatzkraft stellt, ist die Unmöglichkeit der Neubesetzung unbeachtlich, da sie der Arbeitgeber selbst verursacht hat.[12]

Die Entscheidung des Arbeitgebers ist gerichtlich nur auf grobe Unsachlichkeit oder Willkür überprüfbar.[13] Es bedarf aber einer nachvollziehbaren Begründung, weshalb es an der fachlichen oder persönlichen Eignung fehlt.[14] Der bloße Hinweis auf die fehlende Eignung genügt nicht.

 

Rz. 104

Der Arbeitgeber muss sich daher rechtzeitig und tatsächlich bei der zuständigen Arbeitsagentur nach geeigneten Ersatzkräften erkundigen.[15] Ein Beweisantritt des Arbeitgebers wie "Auskunft der ...

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