Rz. 5

Früher sahen einzelne Gesetze lediglich ausnahmsweise spezielle Regelungen in Bezug auf die Reduzierung der Arbeitszeit nur für bestimmte Personengruppen vor. Beispielsweise haben Eltern seit dem 1.1.2001 Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit nach § 15 Abs. 6 BEEG.[1] Insoweit kann der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch ablehnen, wenn er dringende betriebliche Gründe hat, die dem entgegenstehen. Schwerbehinderte Menschen können die Verringerung der Arbeitszeit nach § 164 Abs. 5 SGB IX[2] durchsetzen, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art und Schwere der Behinderung notwendig ist. Eine solche Notwendigkeit liegt nicht bereits dann vor, wenn das vom schwerbehinderten Arbeitnehmer begehrte neue Arbeitszeitmodell im Hinblick auf die Schwerbehinderung als wünschenswert, vorteilhafter und der Behinderung besser als eine Vollzeitbeschäftigung angepasst scheint. Vielmehr werden mit dem Maßstab der Notwendigkeit deutlich strengere Anforderungen gestellt. Zur Begründung der Notwendigkeit einer Maßnahme gehört dementsprechend die Gegenüberstellung derjenigen Folgen, die sich einerseits ergeben, wenn die bestehende Lage beibehalten wird und wie sich die Lage andererseits darstellt, wenn die fraglichen Änderungen realisiert werden.[3] Ein solcher Anspruch ist lediglich dann ausgeschlossen, wenn die Arbeitszeitreduzierung für den Arbeitgeber unzumutbar ist oder staatliche oder berufsgenossenschaftliche Arbeitsschutzvorschriften entgegenstehen. Des Weiteren enthalten bestimmte Tarifverträge, wie z. B. die des öffentlichen Dienstes[4], Ansprüche zur Verringerung der Arbeitszeit.

 

Rz. 6

Problematisch bleibt jedoch die Frage, ob ein genereller gesetzlicher Anspruch für jeden Arbeitnehmer in einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis, der weder abdingbar noch einschränkbar ist, verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. § 8 TzBfG berührt die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers, indem er den Arbeitgeber dazu verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen seine Betriebsstruktur wider Willen zu verändern. Art. 12 Abs. 1 GG schützt nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts[5] das Interesse des Arbeitgebers, in seinem Unternehmen nur Mitarbeiter zu beschäftigen, die seinen Vorstellungen entsprechen, und das Interesse des Arbeitgebers, ihre Zahl auf das von ihm bestimmte Maß zu beschränken. Die Rechte des Arbeitnehmers hingegen sind in diesem Zusammenhang verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) geschützt. U. U. kommt das verfassungsrechtlich geschützte Recht des Arbeitnehmers nach Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 GG hinzu (Schutz der Ehe und Familie, ehelicher und nichtehelicher Kinder). Dies setzt allerdings voraus, dass die Reduzierung der Arbeitszeit ausschließlich zum Zweck der verbesserten Erfüllung familiärer Pflichten in Anspruch genommen wird.

Die verfassungsrechtliche Legitimation des § 8 TzBfG kann sich daher nur aus der strengen Handhabung des § 8 Abs. 4 TzBfG ergeben, wonach "betriebliche" Gründe des Arbeitgebers nicht entgegenstehen dürfen.[6] Ferner ergibt sich die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des durch § 8 TzBfG geschaffenen Eingriffs in die geschützten Rechte des Arbeitgebers aus den beschäftigungs- und gleichzeitig gleichstellungspolitischen Zielen des § 8 TzBfG. Der Gesetzgeber will nämlich mit der Regelung Teilzeitarbeit fördern und dadurch Entlastungseffekte auf dem Arbeitsmarkt erreichen, sodass Gründe des Gemeinwohls hier vorgehen.[7]

[1] Bis 31.12.2006: § 15 Abs. 6 BErzGG.
[2] Bis 31.12.2017: § 81 Abs. 5 SGB IX a. F.
[6] Rolfs, TzBfG, 1. Aufl. 2002, § 8 TzBfG, Rz. 4.

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