1 Allgemeines

 

Rz. 1

Nach der Definition in § 3 Nr. 1 der Europäischen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverhältnisse[1] (Richtlinie 1999/70 EG[2]) ist ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer eine Person mit einem direkt zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag oder -verhältnis, dessen Ende durch objektive Bedingungen wie das Erreichen eines bestimmten Datums, die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder das Eintreten eines bestimmten Ereignisses bestimmt wird. Diese Begriffsbestimmung erfasst u. a. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung und wurde durch § 21 TzBfG in das deutsche Befristungsrecht umgesetzt.

[1] ABl. v. 10.07.1999, L 175/45.
[2] ABl. v. 10.07.1999, L 175/43.

2 Begriff der auflösenden Bedingung

 

Rz. 2

Der Begriff der auflösenden Bedingung ist im TzBfG nicht definiert. Die Möglichkeit des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts unter einer auflösenden Bedingung ist aber in § 158 Abs. 2 BGB vorgesehen: Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endet mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.[1] Auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält allerdings keine Begriffsbestimmung. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Sprachgebrauch, der als Bedingung häufig bereits jede einzelne Vertragsbestimmung bezeichnet, über die nach dem Willen der Parteien eine Einigung stattfinden soll, meint § 158 BGB nur die Abhängigkeit des Fortbestehens der Wirkungen eines Rechtsgeschäfts von einem zukünftigen, objektiv ungewissen Ereignis.[2]

[2] MünchKomm/Westermann, Bd. 1, 9. Aufl. 2028, § 158 BGB, Rz. 8; ; Grüneberg/Ellenberger, 81. Aufl. 2022, Einf. vor § 158 BGB, Rz. 1. Vgl. insgesamt Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2. Aufl. 2011, Rz. 59.

3 Abgrenzung auflösende Bedingung/Befristung

 

Rz. 3

Schwierig ist insbesondere die Abgrenzung der auflösenden Bedingung von der Zweckbefristung. Eine Zweckbefristung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis nicht zu einem kalendermäßig bestimmten Zeitpunkt, sondern bei Eintritt eines künftigen Ereignisses enden soll. Bei einer auflösenden Bedingung hängt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls vom Eintritt eines künftigen Ereignisses ab. Zweckbefristung und auflösende Bedingung unterscheiden sich in der Frage der Gewissheit des Eintritts des künftigen Ereignisses. Im Fall einer Zweckbefristung betrachten die Vertragsparteien den Eintritt des künftigen Ereignisses als feststehend und nur den Zeitpunkt des Eintritts als ungewiss. Bei einer auflösenden Bedingung ist demgegenüber schon ungewiss, ob das künftige Ereignis, das zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, überhaupt eintreten wird. Worauf sich die Vertragsparteien geeinigt haben, ist im Zweifel durch Auslegung der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln (BAG, Urteil v. 21.3.2017, 7 AZR 222/15).[1]

 
Praxis-Beispiel

Bei einer Vereinbarung, nach der das Arbeitsverhältnis mit der Vollendung eines bestimmten Lebensjahres enden soll, handelt es sich um eine kalendermäßige Befristung, weil der Beendigungszeitpunkt hinreichend bestimmbar ist. Aus der Sicht der Parteien ist die Vollendung eines bestimmten Lebensjahres ein zukünftiges Ereignis, dessen Eintritt sie als feststehend ansehen. Allein durch die Möglichkeit einer vorherigen anderweitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wird die vereinbarte Altersgrenze nicht zu einer auflösenden Bedingung (BAG, Urteil v. 18.6.2008, 7 AZR 116/07[2]).

Demgegenüber handelt es sich bei einer Klausel in einem Arbeitsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis (vorzeitig) bei Gewährung einer Rente auf unbestimmte Dauer wegen voller Erwerbsminderung endet, um eine auflösende Bedingung, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch ungewiss war, ob die Voraussetzungen für eine vorzeitige Altersrente erfüllt sind, weil über einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente noch nicht entschieden war.[3]

 

Rz. 4

Übertragen auf das Rechtsgeschäft "Arbeitsvertrag" ermöglicht die Aufnahme einer auflösenden Bedingung die Beendigung ohne Kündigung.

Das BAG hat die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung in einem Arbeitsvertrag bereits lange vor Inkrafttreten des TzBfG grundsätzlich für zulässig erachtet, zu ihrer Wirksamkeit allerdings einen sie sachlich rechtfertigenden Grund verlangt, wenn und soweit durch sie dem Arbeitnehmer der Schutz zwingender Kündigungsschutznormen genommen wurde. Die Vereinbarung auflösender Bedingungen in Arbeitsverträgen war vor 2001 deshalb nur im Rahmen der Rechtsgrundsätze wirksam, die das BAG zur Vereinbarung der Befristung von Arbeitsverträgen entwickelt hat (vgl. BAG, Urteil v. 20.12.1984, 2 AZR 3/84[4], zu B I 4 a der Gründe, m. w. N.). Ebenso wie befristete Arbeitsverträge mussten auflösend bedingte Arbeitsverträge die sachliche Rechtfertigung für die auflösende Bedingung so in sich tragen, dass die Kündigungsschutzvorschriften hierdurch nicht beeinträchtigt wurden. Bereits bei Abschluss des jeweiligen Arbeitsvertrags musste ersichtlich sein, dass d...

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