Rz. 5

§ 16 Satz 1 2. Halbsatz und Satz 2 TzBfG regeln die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung eines unwirksam befristeten Arbeitsverhältnisses.

Vor dem Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes entsprach es der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass im Falle der Unwirksamkeit einer Befristung neben der vereinbarten Höchstdauer des Arbeitsverhältnisses zugleich eine Vereinbarung über einer Mindestdauer wirksam zustande gekommen ist (so etwa BAG, Urteil v. 14.1.1982, 2 AZR 245/80).[1] Folge dieser Auffassung war, dass Arbeitgeber wie Arbeitnehmer für die in Aussicht genommene Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses dieses durch ordentliche Kündigung beiderseits nicht beenden konnten. Insoweit bestand also – abgesehen von den Fällen der Vereinbarung einer ordentlichen Kündigungsmöglichkeit – eine für beide Vertragsparteien bindende Mindestdauer (BAG, Urteil v. 14.1.1982, 2 AZR 245/80).[2]

Diese Rechtsprechung ist durch § 16 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG überholt, denn danach bleibt die Bindung an die Mindestdauer vorbehaltlich einer Regelung nach § 15 Abs. 4 TzBfG lediglich für den Arbeitgeber erhalten.

 
Hinweis

Nur die ordentliche Kündigung des Arbeitgebers vor dem vereinbarten Ende wird durch § 16 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG ausgeschlossen.

[1] AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 64, NJW 1982, 1475, unter III. 1. der Gründe m. w. N. aus der Rspr.
[2] AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 64, NJW 1982, 1475, unter III. der Gründe.

2.1 Materiell-rechtlich unwirksame Befristung

 

Rz. 6

Im Falle einer materiell-rechtlich unwirksamen Befristung kann der Arbeitgeber wegen § 16 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG grundsätzlich frühestens zum unwirksam vereinbarten Zeitpunkt des Ablaufs des befristeten Arbeitsvertrags ordentlich kündigen. Dies führt nicht zu einem Ausschluss des Kündigungsrechts insoweit, dass die Kündigung dem Arbeitnehmer nicht vor diesem Zeitpunkt zugehen kann. Lediglich die Kündigungsfrist darf nicht vor dem vertraglich vereinbarten Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses ablaufen.[1]

 
Praxis-Beispiel

Ist ein Arbeitsverhältnis etwa wegen Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam bis zum 31.7.2023 befristet, so hindert § 16 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG den Arbeitgeber nicht, das Arbeitsverhältnis bereits im Februar 2023 ordentlich zu kündigen. Die Kündigungsfrist selbst darf aber wegen § 16 Satz 1 TzBfG nicht vor dem 31.7.2023 ablaufen.

 

Rz. 7

Nach dem Erreichen des vereinbarten Befristungsendes bindet das Gesetz auch den Arbeitgeber nicht mehr.[2]

Außerdem kann der Arbeitgeber eine Mindestbindungsfrist verhindern, indem er im befristeten Arbeitsvertrag eine Regelung nach § 15 Abs. 4 TzBfG[3] vereinbart.

 

Rz. 8

Die vom Arbeitgeber ausgesprochene ordentliche Kündigung ist stets an den Vorgaben tariflicher und gesetzlicher Kündigungsschutzbestimmungen zu messen.[4]

§ 16 Satz 1 2. Halbsatz TzBfG schließt nur die ordentliche Kündigung des Arbeitgebers vor dem vereinbarten Ende aus. Andere Beendigungsmöglichkeiten sind davon nicht erfasst, insbesondere bleiben das Recht zur außerordentlichen Kündigung erhalten und auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrags ist möglich.[5]

[1] HaKo/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, § 16 TzBfG, Rz. 7; KR/Lipke/Bubach, 13. Aufl. 2022, § 16 TzBfG, Rz. 13.
[2] Däubler/Deinert/Zwanziger/Wroblewski, KSchR, 11. Aufl. 2020, § 16 TzBfG, Rz. 3.
[4] BAG, Urteil v. 23.4.2009, 6 AZR 533/08, Rn. 31 ff., NZA 2009, 1260, AP TzBfG § 16 Nr. 2; BAG, Urteil v. 22.9.2005, 6 AZR 607/04, AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 20, NZA 2006, 429, unter II 2c der Gründe; KR/Lipke/Bubach, 13. Aufl. 2022, § 16 TzBfG, Rz. 15.
[5] HaKo/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, § 16 TzBfG, Rz. 6; HWK/Rennpferdt, 10. Aufl. 2022, § 16 TzBfG, Rz. 5.

2.2 Formell unwirksame Befristung

 

Rz. 9

Ist die Befristung oder Bedingung des Arbeitsverhältnisses lediglich aufgrund mangelnder Schriftform unwirksam, so kann nach § 16 Satz 2 TzBfG auch der Arbeitgeber bereits vor dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses dieses ordentlich kündigen. Voraussetzung dafür ist, dass die Befristung ausschließlich wegen eines Mangels der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam ist.[1] In diesem Fall können Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis jederzeit – unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften, insbesondere § 623 BGB – ordentlich kündigen.[2] Die Folgen einer unwirksamen Befristung für den Arbeitgeber sind damit im Falle der lediglich mangelnden Schriftform im Vergleich zu sonstigen Unwirksamkeitsgründen abgemildert.

[1] BAG, Urteil v. 23.4.2009, 6 AZR 533/08, Rn. 31 ff., NZA 2009, 1260, AP TzBfG § 16 Nr. 2; KR/Lipke/Bubach, 13. Aufl. 2022, § 16 TzBfG, Rz. 16; Sievers, TzBfG, 7. Aufl. 2021, § 16 TzBfG, Rz. 8; s. Gräfl, § 14, Rz. 418 ff.
[2] HWK/Rennpferdt, 10. Aufl. 2022, § 16 TzBfG, Rz. 7.

2.3 Zusammentreffen materieller und formeller Unwirksamkeitsgründe

 

Rz. 10

Treffen mangelnde Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG und sonstige Unwirksamkeitsgründe zusammen, so greift § 16 Satz 2 TzBfG nicht. § 16 Satz 2 TzBfG ist auf die Fälle beschränkt, in denen die Wirksamkeit der Befristung ausschließlich an der mangelnden Schrift...

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