[1] Bis 31.7.2022 wortgleich § 15 Abs. 4.

5.1 Anwendungsbereich

 

Rz. 52

Wird ein Arbeitsvertrag auf Lebenszeit oder für länger als 5 Jahre eingegangen, soll durch § 15 Abs. 5 TzBfG eine überlange Bindung verhindert werden und mit dem eingeräumten Kündigungsrecht dem Schutz der persönlichen Freiheit des Arbeitnehmers dienen.[1] Die Vorschrift entspricht inhaltlich § 624 BGB und verdrängt diese für alle Arbeitsverhältnisse, gleich welcher Art.

 

Rz. 53

Für Dienstverhältnisse, damit auch für arbeitnehmerähnlich Beschäftigte, gilt weiterhin § 624 BGB.[2] § 15 Abs. 5 TzBfG ist nach § 22 Abs. 1 TzBfG nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abdingbar.

§ 15 Abs. 5 TzBfG kommt nach § 21 TzBfG auch bei Verträgen mit einer auflösenden Bedingung zur Anwendung.

 

Rz. 54

Da § 15 Abs. 5 TzBfG den Arbeitnehmer vor einer übermäßig langen Bindung schützen will, kommt die Vorschrift nur dann zur Anwendung, wenn eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer innerhalb der in § 15 Abs. 5 TzBfG geregelten Laufzeiten ausgeschlossen ist. Hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung, kann bereits begrifflich kein Vertrag auf Lebenszeit einer Person oder über einen längeren Zeitraum als 5 Jahre vorliegen.

 

Rz. 55

Da es um die Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers geht, fallen einzelvertragliche oder tarifliche Regelungen, die nur die Kündigungsmöglichkeit für den Arbeitgeber einschränken, wie z. B. Ausschluss der ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber abhängig von Lebensalter und Betriebszugehörigkeit, nicht unter § 15 Abs. 5 TzBfG.[3]

[2] Meinel/Heyn/Herms/Meinel, TzBfG, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 43.
[3] KR/Krumbiegel, 13. Aufl. 2022, § 624 BGB, Rz. 22; ErfK/Müller-Glöge, 23. Aufl. 2023, § 15 TzBfG, Rz. 18.

5.2 Voraussetzungen

5.2.1 Anstellung auf Lebenszeit

 

Rz. 56

Der Vertrag auf Lebenszeit kann auf die Lebenszeit des Arbeitnehmers, des Arbeitgebers oder einer dritten Person abstellen.[1] Da der Gesetzgeber in § 15 Abs. 5 TzBfG die längerfristige Bindung des Arbeitgebers ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit zugelassen hat, führt die lange Dauer der Bindung nicht zur Sittenwidrigkeit des Vertrags nach § 138 BGB.[2]

 

Rz. 57

Die Verpflichtung auf Lebenszeit muss sich eindeutig aus den Abreden ergeben. Ein Bindungswille auf Lebenszeit ist im Arbeitsverhältnis ungewöhnlich. Dies muss bei der Auslegung berücksichtigt werden.

 
Praxis-Beispiel

Nach BAG, Urteil v. 25.3.2004, 2 AZR 153/03[3]:

"Das Arbeitsverhältnis ist nicht ordentlich kündbar. Es gilt auf Lebenszeit des Arbeitgebers und endet mit dessen Tod."

Hier liegt ein Arbeitsverhältnis auf Lebenszeit vor mit einem Sonderkündigungsrecht des Arbeitnehmers nach § 15 Abs. 5 TzBfG.

 

Rz. 58

Da es sich um eine Zweckbefristung handelt, bedarf die Vereinbarung nach § 14 Abs. 4 TzBfG der Schriftform.[4] Eine konkludente Vereinbarung, die ohnehin kaum denkbar ist[5], verstößt gegen § 14 Abs. 4 TzBfG mit der Rechtsfolge, dass der Arbeitnehmer die Kündigungsmöglichkeit nach § 16 Satz 2 TzBfG hat und auf das Sonderkündigungsrecht des § 15 Abs. 5 TzBfG nicht angewiesen ist.

 
Hinweis

Die Zusage einer Lebens- oder Dauerstellung ist keine Anstellung auf Lebenszeit nach § 15 Abs. 5 TzBfG. Durch Auslegung ist zu ermitteln, ob und welche rechtliche Bedeutung eine solche Zusage hat[6], wobei die Rechtsprechung durch Auslegung im Einzelfall zu einer ganzen Bandbreite von Möglichkeiten gekommen ist.[7]

[1] BT-Drucks. 14/4374 S. 20 zu § 15 Abs. 4 TzBfG; APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 33; KR/Krumbiegel, 13. Aufl. 2022, § 624 BGB, Rz. 9.
[3] BB 2004, 2303.
[4] APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 35; a. A. KR/Krumbiegel, 13. Aufl. 2022, § 624 BGB, Rz. 11.
[5] KR/Krumbiegel, 13. Aufl. 2022, § 624 BGB, Rz. 11; APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 34 verlangen massive Anhaltspunkte.
[6] Allgemeine Ansicht vgl. nur MünchKomm/Engshuber, Bd. 5, 9. Aufl. 2023, § 15 TzBfG, Rz. 37; Annuß/Thüsing/Maschmann, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 15 TzBfG, Rz. 13.
[7] Ausführlich KR/Krumbiegel, 13. Aufl. 2022, § 624 BGB, Rz. 13 ff.

5.2.2 Arbeitsverhältnis für mehr als 5 Jahre

 

Rz. 59

Die 2. Alternative setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis auf mehr als 5 Jahre abgeschlossen wird. Die 5-Jahresfrist beginnt mit dem vereinbarten Vertragsbeginn und nicht bereits mit Vertragsschluss.[1] Enthält der Vertrag nicht nur eine Regelung zur Mindestdauer[2] von mehr als 5 Jahren, bedarf die Befristung der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG.[3] Bei einer Zweckbefristung kann von dem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht werden, wenn der vertraglich vereinbarte Zweck nicht innerhalb von 5 Jahren erreicht wurde.

 

Rz. 60

Die Anwendung des § 15 Abs. 5 TzBfG setzt voraus, dass der Vertrag von vornherein über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren vereinbart wurde. Wird im Anschluss an einen Vertrag von bis zu 5 Jahren ein weiterer Vertrag abgeschlossen, greift § 15 Abs. 5 TzBfG nicht, wenn es dem Arbeitnehmer frei steht, sich erneut zu binden. Um eine Umgehung zu vermeiden, muss die "Verlängerung" jedoch in zeitlichem Zusa...

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