Rz. 43

Die Vereinbarung der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit ist formlos möglich, da § 15 Abs. 4 TzBfG eine bestimmte Form nicht vorsieht. Das Schriftformgebot nach § 14 Abs. 4 TzBfG bezieht sich nur auf die Befristung selbst.[1] Im Hinblick auf § 2 Abs. 1 NachwG hat der Arbeitgeber jedoch einen schriftlichen Nachweis zu erteilen, da es sich um eine wesentliche Vertragsbedingung im befristeten Arbeitsverhältnis handelt.

[1] S. Gräfl, § 14, Rz. 431.

4.2.1 Einzelvertragliche Vereinbarung

 

Rz. 44

Eine vorzeitige ordentliche Kündigungsmöglichkeit muss klar und eindeutig vereinbart sein.

 
Praxis-Beispiel

Während der Befristung ist eine ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrags für beide Seiten unter Einhaltung einer Frist von … möglich.

 

Rz. 45

Es genügt jedoch auch, wenn der beiderseitige Wille aus den Gesamtumständen eindeutig erkennbar ist.[1] Die Vereinbarung von Kündigungsfristen kann als konkludente Vereinbarung der Kündigungsmöglichkeit angesehen werden.[2]

 

Rz. 46

Bei einer Probezeitvereinbarung muss differenziert werden. Wird ein befristetes Probearbeitsverhältnis vereinbart, kann hieraus nicht auf die Vereinbarung der ordentlichen Kündigung geschlossen werden.[3] Umgekehrt kann aus einer vorgeschalteten Probezeit im befristeten Arbeitsverhältnis auf die stillschweigende Vereinbarung der ordentlichen Kündigung geschlossen werden.[4]

 
Praxis-Beispiel

In einem auf 1 Jahr befristeten Arbeitsverhältnis wird vereinbart:

"Die Probezeit beträgt 3 Monate."

Der Ablauf der Probezeit führt hier im Gegensatz zum befristeten Probearbeitsverhältnis nicht zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Nach § 622 Abs. 3 BGB gilt als Folge einer wirksamenProbezeitvereinbarung automatisch die Kündigungsfrist von 2 Wochen.[5] Dies setzt die Kündigungsmöglichkeit voraus und gibt der Probezeitvereinbarung einen rechtlich relevanten Inhalt. Die ordentliche Kündigung in der Probezeit ist daher zulässig. Für die Zeit nach Ablauf der Probezeit kann § 305c BGB einer Kündigungsmöglichkeit entgegenstehen.[6]

 

Rz. 47

Die einzelvertragliche Vereinbarung bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung. Insbesondere liegt bei vorformulierten Arbeitsverträgen kein Verstoß gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB vor, da die zweifache Beendigungsmöglichkeit (Befristung und Kündigungsmöglichkeit) den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt. Der Arbeitgeber macht nur von der in § 15 Abs. 4 TzBfG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch.[7] Die Kündigungsmöglichkeit besteht für beide Parteien. Der Bestandsschutz ist durch die allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzbestimmungen gewährleistet.[8]

 

Rz. 48

Die einseitige Vereinbarung der Kündigungsmöglichkeit nur für den Arbeitgeber ist entsprechend dem Rechtsgedanken des § 622 Abs. 6 BGB unzulässig.[9]

 

Rz. 49

Da § 15 Abs. 4 TzBfG Betriebsvereinbarungen nicht erwähnt, können diese nur bei einzelvertraglich vereinbarter Anwendung die Kündigungsmöglichkeit einräumen.[10] Entsprechende Regelungen in Betriebsvereinbarungen sind im Hinblick auf die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG ohnehin nur in Ausnahmefällen zulässig. Auch die einzelvertragliche Bezugnahme auf eine kirchliche Arbeitsvertragsregelung ist möglich.[11]

[2] Annuß/Thüsing/Maschmann, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 15 TzBfG, Rz. 11; Hromadka, BB 2001, 676.
[3] APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 24; KR/Lipke/Bubach, 13. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 42.
[4] BAG, Urteil v. 4.7.2001, 2 AZR 88/00, NZA 2002, 288; ErfK/Müller-Glöge, 23. Aufl. 2023, § 15 TzBfG, Rz. 12; Laux/Schlachter/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl. 2011, § 15 TzBfG, Rz. 16; krit. APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 24.
[5] KR/Spilger, 13. Aufl. 2022, § 622 BGB, Rz. 179.
[6] HK-ArbR/Tillmanns, 5. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 21.
[7] KR/Lipke/Bubach, 13. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 37; a. A. Däubler/Deinert/Zwanziger/Wroblewski, 11. Aufl. 2020, KSchR, § 15 TzBfG, Rz. 15; Walter, AiB 2004, 225.
[8] HaKo/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, § 15 TzBfG, Rz. 18.
[9] KR/Lipke/Bubach, 13. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 39; Däubler/Deinert/Zwanziger/Wroblewski, 11. Aufl. 2020, KSchR, § 15 TzBfG, Rz. 13.
[10] HK-TzBfG/Joussen, 6. Aufl. 2019, § 15, Rz. 58.
[11] BAG, Urteil v. 21.11.2013, 6 AZR 664/12, NZA 2014, 362, zu § 2 IV KAVO 2008.

4.2.2 Anwendbarer Tarifvertrag

 

Rz. 50

Die Kündigungsmöglichkeit kann sich auch aus einem anwendbaren Tarifvertrag ergeben. Anwendbar ist ein Tarifvertrag nicht nur bei beidseitiger Tarifgebundenheit und bei Allgemeinverbindlichkeit. Es genügt auch die einzelvertragliche Vereinbarung der Anwendbarkeit. Dies gilt auch bei vereinbarter Anwendung eines fachfremden Tarifvertrags[1] oder einer Tarifbestimmung[2].

Da auch eine einzelvertragliche Vereinbarung möglich ist, handelt es sich nicht wie bei § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG um eine Tariföffnungsklausel, bei der nur die einzelvertragliche Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags möglich ist.

 
Hinweis

Der anwendbare Tarifvertrag muss ausdrücklich die ordentliche Kündigung im befristeten Arbeitsverhältnis zulassen.

Beispiel: Sonderregelung Nr. 7 Abs. 3 SR 2y BAT "Ein Arbeitsverhältnis, das mit...

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