Rz. 448

Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG findet nur Anwendung bei vertraglich vereinbarten Befristungen.[1]

 

Rz. 449

Ergibt sich eine Befristung oder auflösende Bedingung aus einem Tarifvertrag (z. B. eine Altersgrenze), gilt diese im Falle beiderseitiger Tarifbindung nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend. Eine schriftliche Vereinbarung durch die beiderseits tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien ist daher nicht erforderlich. Gleiches gilt auch für Nichttarifgebundene, wenn der Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist.

 

Rz. 450

Ist die in dem Tarifvertrag geregelte Befristung oder auflösende Bedingung ausschließlich deshalb auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden, weil die nicht oder nicht beiderseits tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien die Geltung des Tarifvertrags vereinbart haben, gilt das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG nach der Rechtsprechung des BAG dann nicht, wenn der die Befristung enthaltende Tarifvertrag insgesamt arbeitsvertraglich in Bezug genommen worden ist.[2] Damit hat das BAG die jahrelang umstrittene Frage, ob in einem solchen Fall das Schriftformerfordernis dadurch gewahrt wird, dass die Geltung des Tarifvertrags schriftlich vereinbart wird oder ob der Wortlaut der in Bezug genommenen tariflichen Bestimmung über die Befristung oder auflösende Bedingung einzelvertraglich wiederholt oder zumindest der Text des Tarifvertrags mit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung verbunden werden muss, geklärt.[3]

Nach der Entscheidung des BAG ist die Einhaltung der Schriftform allerdings nur dann nicht erforderlich, wenn der Tarifvertrag insgesamt auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet und nicht nur einzelne, den Arbeitnehmer belastende Regelungen arbeitsvertraglich in Bezug genommen sind.[4] Wurden nur Teile des Tarifvertrags oder die Bestimmung, die die Befristung (oder auflösende Bedingung) enthält, in Bezug genommen, dürfte das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG hingegen gelten und die Schriftform dürfte nur dann gewahrt sein, wenn die in Bezug genommene tarifliche Bestimmung über die Befristung (oder auflösende Bedingung) einzelvertraglich schriftlich wiederholt wird oder zumindest der Text der Tarifbestimmung mit der schriftlichen arbeitsvertraglichen Vereinbarung verbunden ist.[5]

 

Rz. 451

Entsprechendes dürfte auch für die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Bühnentarifverträge gelten, nach denen sich das auf 1 Jahr (eine Spielzeit) befristete Arbeitsverhältnis automatisch um ein weiteres Jahr (eine weitere Spielzeit) verlängert, wenn nicht eine Vertragspartei der anderen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Nichtverlängerungsanzeige erklärt. Nach der Rechtsprechung der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit[6] ist das Schriftformerfordernis durch die schriftliche Vereinbarung der Geltung des Bühnentarifvertrags gewahrt. Diese Rechtsprechung dürfte aufgrund des Urteils des BAG vom 23.7.2014[7] überholt sein.

[1] ErfK/Müller-Glöge, 23. Aufl. 2023, § 14 TzBfG, Rz. 114; Sievers, TzBfG, 7. Aufl. 2021, § 14 TzBfG, Rz. 704.
[2] BAG, Urteil v. 23.7.2014, 7 AZR 771/12, AP TzBfG § 14 Nr. 120.
[3] Die Wahrung des Schriftformerfordernisses durch schriftliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag wurde angenommen von: 3. Auflage; Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2. Aufl. 2011, Rz. 83; Meinel/Heyn/Herms/Meinel, TzBfG, 5. Aufl. 2015, § 14 TzBfG, Rz. 338; ErfK/Müller-Glöge, 14. Aufl. 2014, § 14 TzBfG, Rz. 117; a. A. APS/Backhaus, 4. Aufl. 2012, § 14 TzBfG, Rz. 458; Sievers, TzBfG, 6. Aufl. 2019, § 14 TzBfG, Rz. 517; KR/Spilger, 9. Aufl. 2009, § 623 BGB, Rz. 175; differenzierend Annuß/Thüsing/Maschmann, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 14 TzBfG, Rz. 90.
[4] BAG, Urteil v. 23.7.2014, 7 AZR 771/12, AP TzBfG § 14 Nr. 120.
[5] HaKo/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, § 14 TzBfG, Rz. 262; a. A. wohl ErfK/Müller-Glöge, 23. Aufl. 2023, § 14 TzBfG, Rz. 117.
[6] Bühnenbezirksschiedsgericht Berlin, Urteil v. 12.4.2002, BSchG 13/01, LAGE TzBfG § 14 Nr. 6; Bühnenbezirksschiedsgericht Hamburg, Urteil v. 21.1.2002, BSchG 21/01, LAGE TzBfG § 14 Nr. 3; vgl. auch Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2. Aufl. 2011, Rz. 82.
[7] BAG, Urteil v. 23.7.2014, 7 AZR 771/12, AP TzBfG § 14 Nr. 120.

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