Rz. 192

Die Erprobung des Arbeitnehmers ist als Befristungsgrund seit langem anerkannt.[1] Damit wird dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers, die Eignung des Arbeitnehmers für die vorgesehene Tätigkeit zu überprüfen, ebenso Rechnung getragen wie dem Anliegen des Arbeitnehmers zu entscheiden, ob der Arbeitsplatz seinen Vorstellungen entspricht.

 

Rz. 193

Während der Probezeit sollen die Arbeitsvertragsparteien prüfen können, ob sie auf Dauer zusammenarbeiten wollen. Eine Befristung zur Erprobung kommt deshalb primär bei der Neueinstellung eines Arbeitnehmers in Betracht. Bei der erstmaligen Einstellung des Arbeitnehmers bei dem Arbeitgeber dürfte dem Sachgrund der Erprobung keine große praktische Bedeutung zukommen, weil bis zur Dauer von 2 Jahren eine Befristung ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig ist. Die sachgrundlose Befristung dient zwar nicht der Ermöglichung einer 2-jährigen Probezeit. Nutzt der Arbeitgeber dennoch die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung, ist diese wirksam, wenn die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 TzBfG vorliegen.[2]

 

Rz. 194

Die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG scheidet aber nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG aus, wenn der Arbeitnehmer bereits in der Vergangenheit in einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis bei dem Arbeitgeber gestanden hat. In diesem Fall kann eine Befristung zur Erprobung in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber an der erneuten Prüfung der Eignung des Arbeitnehmers ein berechtigtes Interesse hat oder wenn seit der vorangegangenen Beschäftigung des Arbeitnehmers Umstände eingetreten sind, die zu Zweifeln an der Eignung des Arbeitnehmers Anlass geben.[3]

 

Rz. 195

Im unmittelbaren Anschluss an eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist eine Befristung zur Erprobung in der Regel nicht zulässig, weil der Arbeitgeber bereits während des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit hatte, die Eignung des Arbeitnehmers zu prüfen. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Arbeitnehmer mit einer anderen als der bisherigen Tätigkeit beschäftigt werden soll, die andere Anforderungen stellt oder andere Fähigkeiten voraussetzt, wenn die zu erprobende Tätigkeit höherwertiger ist als die frühere oder wenn das vorherige Arbeitsverhältnis längere Zeit zurückliegt.[4]

 

Rz. 196

Die Wirksamkeit einer Befristung zur Erprobung setzt nicht voraus, dass der Erprobungszweck Vertragsinhalt geworden ist. Die Rechtsprechung des BAG zu dieser Frage war vor dem Inkrafttreten des TzBfG uneinheitlich. Nach einer Entscheidung aus dem Jahr 1981[5] sollte eine Vereinbarung erforderlich sein, dass der befristete Arbeitsvertrag (auch) zur Probe abgeschlossen wurde. Diese Rechtsprechung hat das BAG im Jahr 1990 zunächst ausdrücklich aufgegeben[6], später aber wieder gefordert, der Erprobungszweck müsse Vertragsinhalt geworden sein[7].

Diese Auffassung war nicht überzeugend, weil grundsätzlich die Wirksamkeit der Befristung – soweit nicht tarifliche oder gesetzliche Vorschriften etwas anderes bestimmen – nicht von der Vereinbarung des Befristungsgrundes abhängt. Es kommt nur darauf an, ob der Sachgrund bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags objektiv vorliegt.[8] Es ist kein einleuchtender Grund dafür ersichtlich, weshalb dies beim Sachgrund der Erprobung anders sein sollte. Bei Befristungen, die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG vereinbart werden, ist die Vereinbarung des Erprobungszwecks im Arbeitsvertrag daher nicht erforderlich.[9] Aus dem Schriftformerfordernis in § 14 Abs. 4 TzBfG ergibt sich nichts anderes. Danach muss nur die Befristung selbst (schriftlich) vereinbart werden, nicht aber der Befristungsgrund. Das gilt auch für den Sachgrund der Erprobung.[10]

 

Rz. 197

§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG sieht für die Befristung zur Erprobung keine Höchstdauer vor. Aus einer unangemessen langen Vertragslaufzeit kann aber geschlossen werden, dass der Sachgrund der Erprobung tatsächlich nicht besteht oder nur vorgeschoben ist. Welche Zeitspanne angemessen ist, lässt sich nicht generell sagen. Im Regelfall wird – in Anlehnung an die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG – eine Erprobungszeit von 6 Monaten angemessen sein.[11] Sie kann aber auch kürzer oder länger sein. Das hängt insbesondere von der Qualifikation des Arbeitnehmers und der Tätigkeit ab, die er ausüben soll. Handelt es sich um einfache Arbeiten, kann eine kürzere Zeit angemessen sein. Bei besonders qualifizierten Mitarbeitern, z. B. künstlerisch oder wissenschaftlich tätigen Arbeitnehmern, kann eine längere Probezeit in Betracht kommen. Dabei können einschlägige tarifliche Regelungen Anhaltspunkte geben.[12]

 

Rz. 198

Die Regelung in § 31 Abs. 1 TV-L erlaubt eine Befristung zur Erprobung in einer Führungsposition bis zur Gesamtdauer von 2 Jahren. Diese Befristungsdauer ist angesichts der zu erprobenden Tätigkeit grundsätzlich nicht unangemessen lang.[13] Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 TV-L bedarf es keiner weiteren Prüfung der Angemess...

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