Rz. 118

Die Befristung kann nach einer älteren Rechtsprechung des BAG unwirksam sein, wenn bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, den Arbeitnehmer nach Ablauf der Vertragslaufzeit weiterzubeschäftigen. Dies kann z. B. bei einem zur Dauervertretung eingestellten sog. Springer der Fall sein.[1] Dies setzt voraus, dass der befristet beschäftigte Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern beabsichtigt ist, ihn für eine bei Vertragsschluss noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. Dann kann der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben sein.[2]

 

Rz. 119

Im Übrigen wird die Wirksamkeit der Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht dadurch infrage gestellt, dass der Arbeitnehmer mehrfach zur Vertretung desselben vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers befristet beschäftigt wird. Die Anzahl der mit der Vertretungskraft abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge allein führt auch nicht dazu, dass an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, strengere Anforderungen zu stellen sind.[3] Diese Umstände können aber – neben anderen Gesichtspunkten – ein Indiz dafür sein, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist.[4]

 

Rz. 120

Das BAG hielt es aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben in § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG vorübergehend für zweifelhaft, ob es an seiner bisherigen Rechtsprechung zur wiederholten Befristung zur Vertretung für die Fälle festhalten kann, in denen in der Dienststelle, dem Betrieb oder Unternehmen aufgrund der Größe sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub von Stammpersonal auftretenden Vertretungsfälle ein ständiger, dauerhafter Vertretungsbedarf besteht, der auch durch die unbefristete Beschäftigung von Arbeitnehmern als Personalreserve abgedeckt werden könnte, der Arbeitgeber sich aber vorbehält, jeweils neu zu entscheiden, wie er auf den konkreten Ausfall von Arbeitnehmern reagiert. Es hat deshalb den EuGH um entsprechende Vorabentscheidung ersucht.[5]

 

Rz. 121

In dem Vorabentscheidungsersuchen äußerte das BAG auch Zweifel daran, ob es mit § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung vereinbar ist, uneingeschränkt an der Rechtsprechung festzuhalten, nach der für das Bestehen des Sachgrunds der Vertretung die Anzahl der aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge, die mit demselben Arbeitnehmer zur Verrichtung derselben Tätigkeit geschlossen wurden, keine Rolle spielt.

Zu dem Vorabentscheidungsersuchen des BAG hat der EuGH entschieden, dass aus dem bloßen Umstand, dass ein Arbeitgeber wiederholt oder dauerhaft auf befristete Vertretungen zurückgreifen muss und dass diese Vertretungen auch durch die Einstellung von Arbeitnehmern mit unbefristeten Arbeitsverträgen gedeckt werden könnten, weder folge, dass kein sachlicher Grund i. S. v. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung gegeben sei, noch, dass ein Missbrauch im Sinne dieser Bestimmung vorliege. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, müssten jedoch alle Umstände des Falles einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge berücksichtigt werden.[6]

Im Anschluss an dieses Urteil des EuGH hat das BAG klargestellt, dass es grundsätzlich an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Vertretungsbefristung festhält und dass allein eine große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer vereinbarten befristeten Arbeitsverträge und/oder deren Gesamtdauer nicht zur Folge haben, dass an den Sachgrund der Vertretung strengere Anforderungen zu stellen sind. Auch ein beim Arbeitgeber bestehender dauernder Vertretungsbedarf steht danach einer Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen.

Allerdings ist nach der neuen Rechtsprechung des BAG die Befristungskontrolle nach den Vorgaben des EuGH nicht in jedem Fall bereits dann abgeschlossen, wenn festgestellt werden kann, dass der Sachgrund der Vertretung vorliegt. Vielmehr sind im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen und dabei insbesondere die Anzahl und Dauer der aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass der Arbeitgeber die an sich bestehende Befristungsmöglichkeit rechtsmissbräuchlich ausnutzt.[7]

 

Rz. 122

Unabhängig davon hat das BAG bei einem ständigen Vertretungsbedarf eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG als gerechtfertigt angesehen im Falle einer Lehrkraft, die von einem Bundesland zur Vertretung eines vorübergehend ausfallenden Lehrers befristet eingestellt wurde. Wegen der unterschiedlichen Schultypen, der vielfältigen Fächerkombinationen und der großen räumlichen Diversifizierun...

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