Rz. 101

§ 12 TzBfG regelt nicht die Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Da mit Abrufarbeit die Lage der Arbeitszeit festgelegt wird, besteht bei Abrufarbeit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, welches allerdings die gesetzlichen Vorgaben des § 12 TzBfG zu beachten hat. Deswegen kann über eine Betriebsvereinbarung die Ankündigungsfrist von 4 Kalendertagen nicht verkürzt werden.

 

Rz. 102

Unter Beachtung der Besonderheiten der Abrufarbeit gilt Folgendes: Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit entzogen.[1] Die tariflichen Regelungen oder individualrechtlichen Vereinbarungen über die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit hat der Betriebsrat bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts bei Abrufarbeit als Vorgaben zu beachten.[2]

 
Hinweis

Die wöchentliche Arbeitszeit ist entsprechend § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nur als durchschnittliche Wochenarbeitszeit innerhalb des vereinbarten Bezugszeitraums zu verstehen.[3]

 

Rz. 103

Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegt jedoch nach der Rechtsprechung des BAG bereits die Entscheidung des Arbeitgebers, ob der Teilzeitbeschäftigte zu festen Zeiten oder nach Bedarf mit Abrufarbeit beschäftigt werden soll.[4] Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber den Einsatz von Arbeitnehmern in kapazitätsorientierter variabler Arbeitszeit nicht einseitig einführen kann, vielmehr hierbei auf die Zustimmung des Betriebsrats angewiesen ist und ggf. die Einigungsstelle anrufen muss. Das Mitbestimmungsrecht überlagert abweichende individualrechtliche Vereinbarungen.[5]

 

Rz. 104

Die Entscheidung des BAG ging allerdings von einem Verständnis der Abrufarbeit als Regelung zur flexiblen Verteilung der Lage der Arbeitszeit aus. Zugleich hat das BAG jedoch betont, dass der Betriebsrat individualrechtliche Vereinbarungen zur Dauer der Arbeitszeit bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts zu beachten hat. Teil der Regelung zum Arbeitszeitvolumen ist auch die Arbeitszeitdauer, die der Arbeitgeber als Folge einer vereinbarten Regelung einseitig bestimmt. Hierüber hat der Betriebsrat nicht mitzubestimmen. Auch die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts durch den Arbeitgeber unterliegt, da die Arbeitszeitdauer betroffen ist, nicht der Mitbestimmung. Die Festlegung der individuellen kapazitätsorientierten Arbeitszeitdauer innerhalb des vertraglich vereinbarten Rahmens ist nicht mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.[6]

Es liegt auch keine mitbestimmungspflichtige Veränderung der betriebsüblichen Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG vor.[7] § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG erfordert eine Veränderung der individualrechtlich vereinbarten Arbeitszeit.[8] Hier geht es um die Festlegung der Arbeitszeitdauer innerhalb der arbeitsvertraglichen Regelung. Mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist hingegen die nachträgliche Vereinbarung einer befristeten Erhöhung der Arbeitszeit zur Abdeckung eines betrieblichen Mehrbedarfs[9] oder die Anordnung von Überstunden aufgrund einer zusätzlich vereinbarten Anordnungsbefugnis.

 

Rz. 105

Bei Abrufarbeit als Teilzeitarbeit hat der Betriebsrat wie bei Vollzeitbeschäftigten mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, einschließlich der Pausen, sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Zu den mitbestimmungspflichtigen Regelungen, die die Lage der Arbeitszeit betreffen, gehören nach dem BAG beispielsweise[10]:

  • die Festlegung der Mindestdauer der täglichen Arbeitszeit,
  • die Festlegung der Höchstzahl von Tagen in der Woche, an denen teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer beschäftigt werden sollen,
  • die Festlegung der Mindestzahl arbeitsfreier Samstage,
  • die Frage der Aufteilung der täglichen Arbeitszeit (Stückelung) und
  • die Festlegung der Dauer der Pausen für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.
 

Rz. 106

Der Betriebsrat kann weiter neben der Festlegung eines Bezugsrahmens auch Regelungen zur Mindestankündigungsfrist verlangen. § 12 Abs. 2 TzBfG schließt das Mitbestimmungsrecht nicht aus. Es handelt sich um keine gesetzliche Regelung i. S. d. Eingangssatzes von § 87 Abs. 1 BetrVG. Vielmehr liegen Mindestbedingungen vor, die die individualrechtliche Zulässigkeit betreffen und insoweit von Arbeitgeber und Betriebsrat zu beachten sind.[11] Es sind daher Regelungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über längere, jedoch nicht über kürzere Ankündigungsfristen zulässig.

 
Hinweis

Die Entscheidung über Ob und Wie von Abrufarbeit haben die Betriebsparteien im Einzelfall unter Abwägung der Interessen beider Seiten vorzunehmen. Das Interesse des Arbeitgebers an Abrufarbeit ist dann gewichtig, wenn der Arbeitsanfall ungleichmäßig und nicht planbar oder vorhersehbar ist. Eine Entscheidung der Einigungsstelle, die Einführung von Abrufarbeit aus grundsätzlichen Erwägungen ohne Interessenabwägung abzulehnen, wäre ermessensfehlerhaft i. S. v. § 76 Abs. 5 BetrVG.[12]

 

Rz. 107

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