7.1 Allgemeines

 

Rz. 100

Teilzeitkräfte im Abrufarbeitsverhältnis sind Arbeitnehmer nach § 5 BetrVG und damit bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen wahlberechtigt (§ 7 BetrVG) und wählbar (§ 8 BetrVG). Das aktive Wahlrecht beginnt mit dem vertraglich vorgesehenen Beginn des Arbeitsverhältnisses unabhängig davon, wann die Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber in Anspruch genommen wird.[1] Auch die Berechnung der Betriebszugehörigkeit nach § 8 BetrVG beginnt mit diesem Zeitpunkt. Geht man von der Zulässigkeit längerer Bezugszeiträume aus, führt eine längere Zeit der Nichtbeschäftigung nicht zur Hemmung des 6-Monats-Zeitraums. Auch wenn mit der Rechtsprechung des BAG neben der rechtlichen Zugehörigkeit eine tatsächliche Einbindung in den Betrieb erforderlich ist[2] und deswegen tatsächlich längere Unterbrechungen zu einer Hemmung der Frist führen können[3], kann dies auf Abrufarbeit nicht übertragen werden.[4] Das Arbeitsverhältnis wird auch "im Tatsächlichen" nicht unterbrochen, da der Arbeitnehmer auf Abruf für Arbeitsleistungen zur Verfügung steht.

[1] Fitting, BetrVG, 31. Aufl. 2022, § 7 BetrVG, Rz. 26.
[2] BAG, Beschluss v. 28.11.1977, 1 ABR 40/76, AP BetrVG § 8 Nr 2.
[3] Fitting, BetrVG, 31. Aufl. 2022, § 8 BetrVG, Rz. 45; Löwisch/Kaiser, BetrVG, Bd. 1, 7. Aufl. 2017, § 8 BetrVG, Rz. 8 gehen von einer Unterbrechung von mindestens 2 Monaten aus.
[4] A. A. GK-TzA/Mikosch, 1987, Art. 1 § 4 BeschFG, Rz. 138.

7.2 Mitbestimmung nach § 87 BetrVG

 

Rz. 101

§ 12 TzBfG regelt nicht die Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Da mit Abrufarbeit die Lage der Arbeitszeit festgelegt wird, besteht bei Abrufarbeit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, welches allerdings die gesetzlichen Vorgaben des § 12 TzBfG zu beachten hat. Deswegen kann über eine Betriebsvereinbarung die Ankündigungsfrist von 4 Kalendertagen nicht verkürzt werden.

 

Rz. 102

Unter Beachtung der Besonderheiten der Abrufarbeit gilt Folgendes: Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit entzogen.[1] Die tariflichen Regelungen oder individualrechtlichen Vereinbarungen über die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit hat der Betriebsrat bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts bei Abrufarbeit als Vorgaben zu beachten.[2]

 
Hinweis

Die wöchentliche Arbeitszeit ist entsprechend § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nur als durchschnittliche Wochenarbeitszeit innerhalb des vereinbarten Bezugszeitraums zu verstehen.[3]

 

Rz. 103

Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegt jedoch nach der Rechtsprechung des BAG bereits die Entscheidung des Arbeitgebers, ob der Teilzeitbeschäftigte zu festen Zeiten oder nach Bedarf mit Abrufarbeit beschäftigt werden soll.[4] Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber den Einsatz von Arbeitnehmern in kapazitätsorientierter variabler Arbeitszeit nicht einseitig einführen kann, vielmehr hierbei auf die Zustimmung des Betriebsrats angewiesen ist und ggf. die Einigungsstelle anrufen muss. Das Mitbestimmungsrecht überlagert abweichende individualrechtliche Vereinbarungen.[5]

 

Rz. 104

Die Entscheidung des BAG ging allerdings von einem Verständnis der Abrufarbeit als Regelung zur flexiblen Verteilung der Lage der Arbeitszeit aus. Zugleich hat das BAG jedoch betont, dass der Betriebsrat individualrechtliche Vereinbarungen zur Dauer der Arbeitszeit bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts zu beachten hat. Teil der Regelung zum Arbeitszeitvolumen ist auch die Arbeitszeitdauer, die der Arbeitgeber als Folge einer vereinbarten Regelung einseitig bestimmt. Hierüber hat der Betriebsrat nicht mitzubestimmen. Auch die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts durch den Arbeitgeber unterliegt, da die Arbeitszeitdauer betroffen ist, nicht der Mitbestimmung. Die Festlegung der individuellen kapazitätsorientierten Arbeitszeitdauer innerhalb des vertraglich vereinbarten Rahmens ist nicht mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.[6]

Es liegt auch keine mitbestimmungspflichtige Veränderung der betriebsüblichen Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG vor.[7] § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG erfordert eine Veränderung der individualrechtlich vereinbarten Arbeitszeit.[8] Hier geht es um die Festlegung der Arbeitszeitdauer innerhalb der arbeitsvertraglichen Regelung. Mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist hingegen die nachträgliche Vereinbarung einer befristeten Erhöhung der Arbeitszeit zur Abdeckung eines betrieblichen Mehrbedarfs[9] oder die Anordnung von Überstunden aufgrund einer zusätzlich vereinbarten Anordnungsbefugnis.

 

Rz. 105

Bei Abrufarbeit als Teilzeitarbeit hat der Betriebsrat wie bei Vollzeitbeschäftigten mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, einschließlich der Pausen, sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Zu den mitbestimmungspflichtigen Regelungen, die die Lage der Arbeitszeit betreffen, gehören nach dem BAG beispielsweise[10]:

  • die Festlegung der Mindestdauer der täglichen Arbeitszeit,
  • die Festlegu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge