Rz. 53

Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist der Arbeitszeitumfang, bezogen auf die wöchentliche Arbeitszeit, genau zu vereinbaren. Ist eine Mindestdauer mit flexiblem Arbeitszeitanteil beabsichtigt[1], muss sowohl die Mindestdauer als auch der Umfang der abrufbaren Arbeitszeit vereinbart werden. Eine konkrete Stundenzahl ist sinnvoll, aber nicht erforderlich. Auch wenn die Arbeitszeit als Prozentsatz der wöchentlichen Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten[2] festgelegt wird, ist die Dauer der Arbeitszeit genau bestimmt.[3] Richtig ist, dass sich damit bei Veränderungen der tariflichen Arbeitszeit auch der Arbeitszeitumfang der Abrufarbeit ändert. Es überzeugt jedoch nicht, wenn es grundsätzlich zulässig sein soll, bei Teilzeitarbeitsverträgen die Arbeitszeitdauer in Prozent der Arbeitszeitdauer festzulegen, nicht jedoch bei Teilzeitarbeit in der Form der Abrufarbeit.[4]

 

Rz. 54

Die festzuschreibende Mindestdauer ist nicht durch § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG begrenzt. Diese Vorschrift garantiert keine Mindestarbeitszeit.[5] Vertraglich kann eine kürzere Mindestdauer vereinbart werden. Auch eine einvernehmliche Änderung ist jederzeit möglich. Deshalb ist weiterhin auch eine geringfügige Beschäftigung in Gestalt eines Abrufarbeitsverhältnisses möglich.[6]

 
Hinweis

Wird eine bestimmte Dauer vereinbart, hat der Arbeitgeber ein Flexibilisierungspotenzial, wenn er einen Bezugszeitraum wählt, der über die Woche hinausgeht.[7]

 

Rz. 55

Wird keine feste Arbeitszeitdauer vereinbart, sind Bandbreitenregelungen und Vereinbarungen mit Mindest- und Höchstdauer unwirksam, wenn der flexible Arbeitszeitanteil 25 % der Mindestarbeitszeit überschreitet.[8]

 
Hinweis

Je höher die vereinbarte Mindestarbeitszeit ist, umso größer ist das Flexibilisierungspotenzial. Bei einer Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden beträgt die zusätzlich abrufbare Arbeitsleistung 3,75 Stunden, bei 30 Wochenstunden 7,5 Stunden.

 

Rz. 56

Wird gegen die Verpflichtung zur Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeitdauer verstoßen, berührt dies nicht die Wirksamkeit der vereinbarten Arbeit auf Abruf.[9] Es gilt dann zunächst die zum Schutz des Arbeitnehmers gesetzlich in § 12 Abs. 1 Satz 3 festgelegte fingierte Arbeitszeit von 20 Wochenstunden (so ausdrücklich BAG, a. a. O.) als Auffangtatbestand. Dies gilt sowohl in den Fällen, in denen eine wöchentliche Arbeitszeitdauer überhaupt nicht festgelegt wurde als auch in den Fällen, in denen eine unzulässige Bandbreitenregelung getroffen wurde.[10] Wurde in der Vergangenheit allerdings regelmäßig mehr als 20 Stunden wöchentlich gearbeitet, würde die Anwendung von § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG und die Festschreibung von 20 Wochenstunden den Schutzzweck ins Gegenteil verkehren. Bei einer Bandbreitenregelung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 bis 30 Stunden würde die Anwendung der Fiktion dem Willen der Parteien offensichtlich widersprechen. Über eine ergänzende Vertragsauslegung ist der mutmaßliche Wille der Parteien zu bestimmen. Dabei kann zur Ermittlung auf die Vertragsabwicklung in der Vergangenheit zurückgegriffen werden[11], da § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG nur einen Mindestschutz gewährt.[12]

Nach einer aktuellen Entscheidung des BAG kommt eine ergänzende Vertragsauslegung hingegen nur dann in Betracht, wenn die Fiktion des § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG zu keiner sachgerechten Regelung führt und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer hätten bei Vertragsschluss bei Kenntnis der Regelungslücke eine andere Bestimmung getroffen. Allein aus dem Abrufverhalten des Arbeitgebers kann danach kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert und keine von § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG abweichende Bindung auf Dauer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgeleitet werden.[13]

 
Hinweis

Die gesetzlichen Vorgaben können nicht dadurch umgangen werden, dass im Arbeitsvertrag eine wöchentliche Arbeitszeit von 5 Stunden vereinbart wird, tatsächlich aber ein Einsatz mit mehr Stunden erfolgt.

So hat das LAG Bremen[14] bei vereinbarten 10 Wochenstunden und einer tatsächlichen Wochenleistung von regelmäßig 20 bis 30 Stunden über 18 Monate eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zuweisung von wöchentlich mindestens 20 Stunden angenommen.

[1] S. Rz. 17.
[2] Zur Ermittlung Arnold, § 2, Rz. 4 ff.
[3] Meinel/Heyn/Herms/Heyn, TzBfG, 6. Aufl. 2022, § 12 TzBfG, Rz. 30; a. A. Buschmann/Dieball/Stevens-Bartol, TzA, 2. Aufl. 2001, § 12 TzBfG, Rz. 63; Annuß/Thüsing/Jacobs, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 12 TzBfG, Rz. 24.
[4] So aber Buschmann/Dieball/Stevens-Bartol, TzA, 2. Aufl. 2001, § 12 TzBfG, Rz. 64.
[5] Boewer, TzBfG, 1. Aufl. 2002, § 12 TzBfG, Rz. 25; ErfK/Preis, 23. Aufl. 2023, § 12 TzBfG, Rz. 15.
[6] Uffmann/Kredig, NZA 2020, 137.
[8] S. Rz. 18.
[9] BAG, Urteil v. 24.9.2014, 5 AZR 1024/12, NZA 2014, 1328, Rz. 24.
[10] HK-TzBfG/Boecken, 6. Aufl. 2019, § 12 TzBfG, Rz. 22.
[11] BAG, Urteil v. 7.12.2005, 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423; Boewer, TzBfG, 1. Aufl. 2002, § 12 TzBfG, Rz. 25 ff.; MünchArbR/Schüren, Bd. 1, 5. Aufl. 2021, § 45, Rz...

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