Rz. 39

Nach § 11 Abs. 3 TVöD/TV-L/TV-H sollen Beschäftigte, mit denen auf ihren Wunsch anstelle der früheren Vollzeitbeschäftigung eine nicht befristete Teilzeitbeschäftigung vereinbart wurde, bei späterer Besetzung eines Vollzeitarbeitsplatzes bei gleicher Eignung und im Rahmen der dienstlichen bzw. betrieblichen Möglichkeiten bevorzugt berücksichtigt werden. Dies war auch unter der Geltung von § 15b BAT in dessen Abs. 3 bereits vorgesehen.

 

Rz. 40

Diesem tariflichen Anspruch kommt aufgrund von § 9 TzBfG allerdings praktisch keine Bedeutung zu. Danach hat der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen. Während es sich bei dem tariflichen Anspruch des § 11 Abs. 3 TVöD/TV-L/TV-H lediglich um eine Soll-Vorschrift handelt, hat der gesetzliche Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit verpflichtenden Charakter und geht deshalb weiter. Darüber hinaus gilt § 9 TzBfG für alle Teilzeitbeschäftigten; es ist nicht erforderlich, dass der Beschäftigte vor der Teilzeitbeschäftigung in Vollzeit beschäftigt war; es ist nicht einmal Voraussetzung, dass er seine Arbeitszeit zu einem früheren Zeitpunkt überhaupt einmal reduziert hat.[1] § 11 Abs. 3 TVöD/TV-L/TV-H gilt nach seinem Wortlaut dagegen nur für früher Vollzeitbeschäftigte, deren Arbeitszeit auf ihren Wunsch unbefristet reduziert worden ist. Insoweit ist er deutlich enger als § 9 TzBfG. Die beschränkte Anwendung auf unbefristete Teilzeitbeschäftigung dürfte aber eine Benachteiligung der befristet Teilzeitbeschäftigten darstellen, die gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 TzBfG verstößt.[2]

 

Rz. 41

Besetzt ein Arbeitgeber eine freie Stelle i. S. d. § 9 TzBfG und führt dies zum Untergang des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Vertragsänderung, hat er dem Arbeitnehmer Schadensersatz nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB zu leisten, sofern er das zur Unmöglichkeit führende Verhalten zu vertreten hat. Der danach zu leistende Schadensersatz richtet sich in einem solchen Falle auf den finanziellen Ausgleich der Nachteile, die der Arbeitnehmer infolge der Stellenbesetzung in kausal-adäquater Weise erleidet (BAG, Urteil v. 18.7.2017, 9 AZR 259/16[3]). In der Praxis wird der für den Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung notwendige Nachweis (mindestens) "gleicher Eignung" dem Arbeitnehmer aber nur schwer gelingen. Selbst der persönliche Eindruck im Vorstellungsgespräch beeinflusst die Eignung des Bewerbers. Dem Arbeitgeber bleiben damit zumeist ausreichend Möglichkeiten, die Stelle mit dem von ihm gewünschten Bewerber zu besetzen.

[1] S. Vossen, § 9 TzBfG, Rz. 8 ff.
[2] So zu Recht auch Laux/Schlachter/Laux, TzBfG, 2. Aufl. 2011, § 23 TzBfG, Anhang 1, Rz. 30.
[3] ZTR 2017, 739, Rz. 41; näher Vossen, § 9 TzBfG, Rz. 44 ff.

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