Rz. 23

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsverbots nach § 11 Satz 1 TzBfG trägt der Arbeitnehmer. Es fehlt eine gesetzliche Beweiserleichterung, wie sie z. B. § 22 AGG vorsieht. Eine Anwendung dieser Beweiserleichterung scheidet aus (vgl. zu § 612a BGB[1]). Der Arbeitnehmer hat daher den Kausalzusammenhang zwischen Rechtsausübung und Kündigung darzulegen.

 

Rz. 24

Diese Beweisführung fällt dem Arbeitnehmer naturgemäß schwer. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Weigerung des Arbeitnehmers und der Kündigung des Arbeitgebers wird zur Beweisführung über den Anscheinsbeweis nicht genügen.[2] Das BAG geht bei § 612a BGB zwar davon aus, dass dem Arbeitnehmer der Anscheinsbeweis zugutekommt, wenn ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen Ausübung eines Rechts und benachteiligender Maßnahme des Arbeitgebers besteht.[3]

Der Anscheinsbeweis setzt einen unstreitigen oder bewiesenen Sachverhalt voraus, der infolge der Häufigkeit gleicher Ereignisse nach der Lebenserfahrung auch gleiche Folgen auslöst.[4] Da § 11 Satz 1 TzBfG auf die innere Willensrichtung des Arbeitgebers abstellt und § 11 Satz 2 TzBfG die Kündigung aus anderen Gründen ausdrücklich zulässt, kann nach der Lebenserfahrung nicht unterstellt werden, dass wesentliches Motiv einer Kündigung die Weigerung des Arbeitnehmers war und nicht ein berechtigter Grund nach § 11 Satz 2 TzBfG.

 

Rz. 25

Da die Gründe nach § 11 Satz 2 TzBfG in der Sphäre des Arbeitgebers liegen, kann jedoch auf den Grundsatz der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zurückgegriffen werden:

  • Zunächst muss der Arbeitnehmer einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Kündigung und Weigerung vortragen.
  • Hierauf muss sich der Arbeitgeber qualifiziert auf das Vorbringen des Arbeitnehmers einlassen, ansonsten gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.[5]
  • Trägt der Arbeitgeber einen betrieblichen Grund schlüssig vor, muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen, dass der behauptete Grund tatsächlich nicht vorliegt, z. B. die behauptete Organisationsentscheidung.
 
Hinweis

Die mit der Darlegungs- und Beweislast verbundenen Probleme hat der Arbeitnehmer nicht, wenn es um eine außerordentliche Kündigung oder eine ordentliche Kündigung im Geltungsbereich des KSchG geht. Hier hat der Arbeitgeber die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB und die soziale Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG darzulegen und zu beweisen.

[2] A. A. HK-TzBfG/Joussen, § 11 TzBfG Rz. 33.
[5] Vgl. BAG, Urteil v. 22.5.2003, 2 AZR 426/02, NZA 2004, 399, unter II. 2. der Entscheidungsgründe.

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